Protokoll der Sitzung vom 17.07.2014

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: So eine Großfresse, Junge, zitieren Sie richtig und lü- gen Sie nicht das Parlament an.)

Ihr Junge bin ich nicht! Wissen Sie, Herr Mohring, Sie sollten Herr Ihrer eigenen Emotionen sein.

(Beifall DIE LINKE)

Ja, wenn Frau Taubert also von Selbstverliebten gesprochen hat, die sich nicht im Griff haben,

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Hör auf!)

habe ich eine ungefähre Vorstellung, was Frau Taubert gemeint hat. Deswegen habe ich gesagt, ich nehme den Ball gerne auf und denke darüber nach. Ich glaube, sie hat im Nahbereich Erfahrungen sammeln müssen, die mir durchaus kulturell nicht ganz bekannt sind, deswegen beobachte ich Sie und merke, wie Sie hochgehen wie ein HBMännchen und Ihren Tweet nicht einmal aushalten, dass Sie Herrn Matschie beleidigen bei der Schulpolitik und damit alle Lehrer öffentlich annageln, öffentlich ins Rampenlicht stellen und sagen, dieser Kultusminister ist daran schuld. Ich nehme es zur Kenntnis.

Aber, Herr Voß, wenn Sie immer dazwischenrufen und sagen, die Zahlen vom Gemeinde- und Städtebund stimmen nicht, die Realitäten stimmen nicht, das, was der Gemeinde- und Städtebund aufgeschrieben hat, ist nicht zutreffend, Entschuldigung, dass ich dann als Westdeutscher mal sagen muss, jetzt verstehe ich langsam, was das mit den Beschlüssen von „Überholen ohne einzuholen“ ist und wer mir hier tatsächlich hilft zu erleben, wie es früher mal gewesen sein muss, Realitäten zu beschließen und Nicht-Realitäten abzubilden. So funktioniert das bei Ihnen.

(Beifall DIE LINKE)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, 200 Gemeinden in Thüringen …

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister)

Herr Voß, warten Sie doch, ob Sie Abgeordneter werden, ob das Volk Sie in Suhl wählt, wenn Sie genügend Geschenke dort verteilen, ob diese Methode überhaupt noch funktioniert.

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin)

Frau Ministerpräsidentin, ich habe Sie ausreden lassen, ich habe sozusagen Ihre Schönfärberei ertragen, habe dazu fröhlich gelächelt, habe gesagt, jetzt verstehe ich langsam, was meine Kollegen immer sagen, wie es früher gewesen ist.

200 Gemeinden in Thüringen, Frau Ministerpräsidentin, haben alle Rücklagen verbraucht. 200 Gemeinden! Das heißt, jede vierte Gemeinde in Thüringen hat keine Rücklagen mehr. 400 Gemeinden in Thüringen mussten 2013 den Haushalt abschließen und ausgleichen, indem sie die letzten Rücklagen verbraucht haben. Das heißt, wir fahren das gesamte demokratische System völlig auf Verschleiß, damit Sie im Wahlkampf sagen können, Sie haben keine Schulden gemacht.

(Beifall DIE LINKE)

Und dann, werte Frau Ministerpräsidentin, sagen Sie gestern beim Landkreistag voller Stolz und Empathie. 17 Freunde müsst ihr sein, 17 Landkreise sein, der Garant für den Erfolg in Thüringen, und reden kein Wort darüber, wie es dann mit Eisenach weitergeht, wie es mit Suhl weitergeht, wie es mit der Kreisfreiheit weitergeht.

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Die waren da!)

Die waren da. Na klar waren die da, nur, der Punkt ist, die Hilfe, die Sie hätten organisieren müssen, nämlich wenn man Rückeinkreisung von Gemeinden vornimmt, gegen die Sie Gemeindebeschlüsse gefasst haben, da werde ich gleich drauf kommen, die Rückeinkreisung führt dazu, dass Suhl ausgerechnet hat und dass Eisenach ausgerechnet hat, wenn Sie wieder dem Landkreis angehören, spart als Einziger das Land, statt die Spareinnahmen für die Rückeinkreisung für die Gemeinde zur Verfügung zu stellen, damit sie ihre Aufgaben erfüllen kann. Sie haben eben gesagt, Sie haben kein Orchester geschlossen. Nein, Frau Ministerpräsidentin, Sie lassen Eisenach gerade verhungern.

(Beifall DIE LINKE)

Die ganze Strategie, was da passiert ist, Eisenach, das Orchester, hat einen Streiktag hingelegt, jetzt lässt man hochherrschaftlich einen Sonderbonus herausgeben und lässt ein Streichorchester in dem

Zustand 25 Prozent unter dem üblichen Tarif, die müssen jetzt irgendwie gucken, wie sie durchkommen. Die Stadt Eisenach kann das nicht finanzieren, sie kann auch nicht den Busbahnhof finanzieren, es fehlt auch der Eigenanteil. Das lassen Sie alles zu und dann kommen irgendwann wieder Geschenke, wohlfeile Geschenke, denn da muss sich jemand ranwanzen und sagen, liebe Landesregierung, habt ihr mal irgendwas, wir selber können gar nicht mehr handeln. Deswegen ist die Frage von 17 Landkreisen eine aus meiner Sicht politisch motivierte Wahlkampfstrategie, um zu sagen, die anderen wollen die Landkreise kaputtmachen. Nein, wir wollen nicht die Landkreise kaputtmachen, wir wollen, dass die kommunale Familie handlungsfähig ist.

(Beifall DIE LINKE)

Ihre Form von Strukturänderung hat dazu geführt, dass die Handlungsfähigkeit von innen her zerstört worden ist. Jetzt bleibe ich noch mal am Beispiel. Sie haben es voller Stolz gesagt. Die Gemeindefusionen sind von den Bürgern getragen worden.

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: So ist es. Realitäten.)

Ja, so ist es, Herr Voß, so ist es. Na klar, das Gewerbegebiet Eisenach, ja - die Realität, Herr Voß, die Realität an den Tatsachen messen und nicht an Ihrem Geschwätz, sehr geehrter Herr Voß.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Wenn Sie … die kommunale Familie repräsentieren, dann gäbe es …)

Das Gewerbegebiet Eisenach, das den Namen Eisenach trägt, gehört wem, Herr Voß, wem?

(Zuruf Dr. Voß, Finanzminister: Kraut- hausen.)

Genau, der Gemeinde Krauthausen. Und wo zahlen die Gewerbetreibenden des Gewerbegebiets Eisenach ihre kommunalen Steuern hin? Nicht nach Eisenach, aber Eisenach muss das Theater finanzieren, Eisenach muss das Krankenhaus finanzieren, muss die Schulen finanzieren, muss alles finanzieren.

(Unruhe DIE LINKE)

Aber Sie haben zugelassen, dass Gemeinden als Kragengemeinden gegen die Stadt gebildet worden sind. Das ist Ihre Form von selbstorganisierter Demokratie und Sie gefährden damit das demokratische Gemeinwesen. Dasselbe gilt hier, sehr geehrter Herr Voß: Das Erfurter Kreuz trägt den Namen Erfurt. Sie wissen, wer die Gewerbesteuern bekommt. Das Erfurter Kreuz ist ausgelastet, komplett ausgelastet und die Gemeinde Ichtershausen - der Bürgermeister ist da, erfolgreiche Stadtpolitik, gönne ich dieser Gemeinde Ichtershausen. Ichters

hausen ist die Gemeinde, ich sage immer scherzhaft, die können jetzt

(Unruhe CDU)

ich komme gleich auf Wachsenburg, ich weiß, wie es genau heißt -, aber Ichtershausen verlängert sich seine Laternen, damit sie noch genügend Blumenampeln dranhängen können.

(Heiterkeit CDU)

Dann sagen die den Bürgern in der Gemeinde im Amt Wachsenburg: Wenn ihr mit uns fusioniert, bekommt ihr die Kita-Beiträge gesenkt. Die Frage, wie Arnstadt die Aufgaben erfüllen will, klären Sie gar nicht. Also die Frage, ob man die Region zugunsten der beiden Städte, nämlich Erfurt und Arnstadt, so sortiert, dass Arnstadt handlungsfähig ist, diese Aufgaben haben Sie nicht erfüllt. Ja, Sie haben sich um die Landkreise gekümmert, soweit die Ihr Parteibuch haben, den Rest lassen Sie faktisch vor die Hunde gehen.

(Beifall DIE LINKE)

Das, meine Damen und Herren, ist ein innerer Zerstörungsprozess. Da können Sie sich gar nicht aus der Affäre ziehen, das ist einfach so.

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Also das ist ja wohl die Höhe.)

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Des- wegen geht es dem Land auch so gut, ja.)

Deswegen geht es dem Landtag so gut, na klar. Wissen Sie, dass Sie so verächtlich über die Sorgen von Arnstadt reden, dass Sie so verächtlich über die Sorgen von Eisenach reden,

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Auch Unsinn.)

das, finde ich, ist das eigentlich Empörende, mit welcher Arroganz Sie hier sitzen und sagen: „Alles Unsinn, alles Unsinn!“

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Das ist em- pörend.)

(Unruhe CDU)

Die Stadträte von Eisenach können keine Entscheidungen treffen, weil sie faktisch handlungsunfähig gemacht worden sind. Die Stadträte von Gera, die um Hilfe gebeten haben, hat man ein Jahr lang in Ruhe gelassen, hat man ein Jahr in die Irre laufen lassen, nur damit Frau Dr. Viola Hahn, die auf dem CDU-Ticket Oberbürgermeisterin wurde, am Ende sagen kann, wir haben jetzt Insolvenz angemeldet. Die Frage, wie Ernst & Young mittlerweile 1,8 Mio. € aus dem Stadtwerkeverbund hat abziehen können und niemand, keine Kommunalaufsicht, niemand hat das zur Kenntnis nehmen wollen, obwohl unsere Gemeinde- und Stadträte das

deutlich angemeldet haben, deutlich gesagt haben, was da passiert.

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Herr Ramelow.)

Dann erzählt mir Herr Geibert, es gibt kein Wertgutachten für die GWB „Elstertal“, mit der man tatsächlich einen Verkauf an einen öffentlichen Träger hätte vornehmen können. Da frage ich mich nur, wofür hat Ernst & Young die Gutachten geschrieben? Nein, das ist Selbstbedienungsmentalität par excellence und Weggucken, solange es nützt, um dann hinterher zu sagen: Wir sind die Sparweltmeister und wer hat es gemacht? Dieser Finanzminister! Da sage ich: Sparen auf dem Rücken der gesamten kommunalen Familie ist eine Unverschämtheit, Herr Voß!

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Herr Ramelow, war ich an den 230 Mio. Schulden der Stadtwerke beteiligt?)