Bodo Ramelow
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Frau Präsidentin, ich würde mich gern zu meinem Abstimmverhalten erklären. Ich habe dem Antrag auf Vertagung zugestimmt, weil auch wir als Fraktion DIE LINKE und ich als Fraktionsvorsitzender der Meinung waren, dass man
- es gibt einen Unterschied, Kollege Barth, hoffe ich, nach dem 14. September, dass Sie dann die Landtagssitzungen nicht mehr stören und wir dann inhaltlich debattieren können.
Ich habe für die Vertagung gestimmt, weil ich der Auffassung bin, dass das, was wir in Gesetzesänderungen durchsetzen wollten, nämlich eine ungerade Zahl von Direktoren, die für die innere Demokratie des Rechnungshofes steht, über einen anderen Weg zu erreichen ist, als eine neue Direktorenstelle mit einem neuen kompletten Apparat aufzubauen. Herr Dette hat Vorschläge von uns darüber bekommen, wir wären gerne mit Herrn Dette und dem ganzen Rechnungshof darüber in die Diskussion gekommen. Wir hätten den gleichen Effekt erfüllen können und die Kosten einsparen können, die Herr Dette einsparen wollte, wenn wir die überörtliche Prüfung zum abstimmberechtigten Teil des Hofes hätten umbauen wollen. Dazu war Herr Dette nicht bereit und der Rechnungshof hat uns signalisiert, dass er damit nicht einverstanden ist.
Deswegen hatte ich den Respekt, dass die Koalition noch im Verständigungsprozess ist.
Da wir den Antrag, das Rechnungshofgesetz zu ändern, zu dritt gestellt haben, das waren die CDU, die SPD und DIE LINKE, habe ich mich dem Diskussionsbedarf angeschlossen. Ich glaube, dass wir unser Anliegen, den Hof zu stärken, die Unabhängigkeit des Hofes zu stärken, das Geld einzusparen, was Herr Dette einsparen wollte, und wieder die ungerade Zahl der Abstimmungsberechtigten in dem Kollegialorgan, besser erreichen können, wenn es noch einmal ein grundlegendes Gespräch der Parlamentarier mit dem Hof gibt. Deswegen bin ich für Vertagung. Vielen Dank.
Werte Kolleginnen und Kollegen, nach den Ausführungen der Ausschussvorsitzenden - Frau Marx, ich versichere Ihnen, es ist eher für mich ein Quälen gewesen, Ihnen zuhören zu müssen, nicht, weil Sie so unklar formuliert haben, sondern weil Sie klar formuliert haben und weil Sie deutlich gemacht haben, wie sehr sich der Ausschuss gequält hat mit Akten, nicht weil sich der Thüringer Landtag drücken wollte, sondern weil der Thüringer Landtag und alle Fraktionen die Verantwortung übernommen haben im Untersuchungsausschuss, sich der Wahrheit, soweit es nach den Aktenlagen und den Unterlagen und den Umständen, die Sie beschrie
ben haben, möglich war. Sie haben einen Sachstand für den ganzen Ausschuss vorgelegt, das ist eine Dokumentation, die in Deutschland in dieser Form einmalig ist, dass ein Parlament die Verantwortung übernimmt in einem Tatgeschehen, das ich mir vor 20 Jahren nicht vorstellen konnte, dass einmal brauner Terror mordend und brandschatzend durch Deutschland zieht und Angst und Sorge und Missgunst unter den Opfern verbreitet wird, dass in diesem Land türkische Familien, kurdische Familien, griechische Familien einfach nur, weil sie nicht deutscher Herkunft sind, einer Situation ausgesetzt sind, dass ihre Angehörigen ermordet werden und hinterher noch staatliche Stellen die Verantwortung den Familien und den Getöteten zuweisen. Das hätte ich mir nicht vorstellen können und deswegen ist es so ein quälender Prozess, den der ganze Ausschuss gemacht hat.
Ich will in den Dank ausdrücklich die Landesregierung, Frau Lieberknecht und die Minister, mit einbeziehen. Frau Lieberknecht hat von Anfang an, als das bekannt wurde - Frau Marx, Sie haben ja die Umstände von Stregda dokumentiert, die rätselhaften Umstände -, alle Fraktionsvorsitzenden eingeladen, wir haben uns sofort in der Staatskanzlei getroffen und haben gesagt, wie gehen wir damit um. Daraus entstand die Idee, Herrn Schäfer als Sonderermittler einzusetzen. Über diese Sonderermittlung ist eine erste Aktenaufarbeitung erfolgt, was nicht verhindert hat, dass das hektische Schreddern in ganz Deutschland - insoweit müssen wir auch darüber reden, was nicht nur in Thüringen nicht passiert ist, sondern was auf einmal überall passiert ist -, dass diese Schreddermaschinen das Tatgeschehen nach dem Aufdecken auf einmal stark beeinflusst haben. Deswegen sage ich ausdrücklich Danke an die Landesregierung. Ich will da einbeziehen, Sie haben es angedeutet, dass die Unterlagen, die dem Ausschuss zur Verfügung gestellt wurden, nicht an den Bundestagsuntersuchungsausschuss gebracht werden sollten und dass eine clowneske, nein, es ist viel schlimmer, dass eine Situation eingetreten ist, dass unser Innenminister die Anweisung von anderen Innenministern bekommen hat, dass die Akten ungeschwärzt nicht nach Berlin gehen sollten und dass man das Gefühl haben sollte, dass die von Thüringen auf den Weg gebrachten Unterlagen an den Bundestagsuntersuchungsausschuss nicht in Berlin ankommen sollten. Die Vorstellung, dass Polizisten und Polizeiwagen Thüringer Akten auf der Autobahn abfangen, diese Vorstellung gehört noch zu dem quälenden Element dazu. Deswegen ausdrücklich meinen Dank an die Thüringer Landesregierung verbunden mit dem Dank an die klaren Worte von Frau Landtagspräsidentin Diezel, dass wir in dieser Legislatur die Verantwortung übernommen haben und dass wir mit der Verantwortung auch deutlich gemacht haben, es beginnt nicht erst, als die Toten identifiziert sind, sondern schon am
ersten Tag dieser Legislatur haben wir mit unserer ersten Erklärung gesagt, dass wir uns in die Verantwortung begeben, gegen Rassismus und gegen Nationalsozialismus und Neonazis gemeinsam Gesicht zu zeigen. Denn der Thüringer Heimatschutz war niemals eine Trachtenvereinigung und „Blood&Honour“ war nie eine Musikband. Und „Combat 18“ - C18 - war nie ein Videospiel oder PC-Game; das waren Terroristen, Nazis und ein braunes Milieu, das in Thüringen über einen längeren Prozess gewachsen ist. Bedauerlicherweise hat man viel zu lange zugelassen, dass dieses braune Milieu Geld bekommen hat, staatliches Geld. Immerhin jedes vierte Mitglied im Thüringer Heimatschutz war bezahlter Spitzel und Zuträger vom Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz. Tino Brand brüstet sich heute noch damit, dass er 200.000 Mark bekommen hat, die er direkt in den Aufbau dieser Strukturen investiert hat. Aus diesen Strukturen ist das entstanden, auf was Frau Marx für den Untersuchungsausschuss hingewiesen hat. Es ist also nicht aus dem Nichts entstanden, sondern es gibt einen langen Vorlauf, der Anfang der Neunziger in Thüringen beginnt. Es beginnt mit dem größten Naziaufmarsch, den es nach 1945 in Deutschland gegeben hat, in Rudolstadt. Das war, als im benachbarten Bayern, in Wunsiedel, der Heß-Gedenktag verboten wurde, dann hatten wir sie auf einmal hier. Das ist also keine ostdeutsche Entwicklung, sondern es ist eine gesamtdeutsche Entwicklung, die sich auf einmal Bahn gebrochen hat und hier auf Behördenstrukturen traf, die offenkundig damit nicht umgehen konnten oder auch nicht umgehen wollten.
Deswegen ist der zweite Punkt der größte Waffenfund nach 1945 in Heilsberg, bei dem deutlich wurde, dass wir es mit gewaltbereiten neonazistischen Strukturen in Thüringen zu tun haben. Auch da ein hergekommener Neonazi oder Altnazi, der einen Laden in Saalfeld hatte, da stand - das war getarnt, als wenn es ein Antiquitätenladen wäre, der hatte noch die Originalschilder -: „Deutsche, kauft nur bei Deutschen!“. Das kann man alles noch im „SPIEGEL“ und in den damaligen Zeitungen nachlesen. Es war ein langer Streit zwischen den Parteien, wie wir damit umgehen. Wir waren uns damals nicht einig. Saalfeld, die erste Demonstration, die Ermordung von Jana in Saalfeld, die zweite Demonstration und alle möglichen Maßnahmen, wo sich die Parteien in Thüringen im Weg standen und auch die Gewerkschaft immer wieder versucht hat deutlich zu machen, wir müssen zusammenstehen. Deswegen bin ich froh, dass wir heute, in dieser Legislatur, mit einem klaren Bekenntnis begonnen haben, und da wussten wir noch nicht, dass wenige Monate später der braune Terror einen Absender hat und dieser Absender Thüringen heißt.
Deswegen bin ich dem Ausschuss dankbar, dass er sich durch all diese Dinge gequält hat, durchgear
beitet hat, akribisch, und, Frau Marx, Sie haben deutlich gemacht, es sind nur Teilerkenntnisse. Wir werden mit diesem Abschlussbericht einen Legislaturabschlussbericht haben, weil die Diskontinuität unserer Legislatur ansteht und diese Dokumente festgehalten werden müssen. Sie sind einstimmig bestätigt worden und die Schlussfolgerungen sind einstimmig bestätigt worden. Es mag sein, dass wir in wenigen Punkten parteipolitisch auseinander sind. Über diese Dinge haben wir aber weder im Ausschuss noch im Parlament aktuell zu debattieren, weil das Nebensächlichkeiten sind. Die Hauptsachen, Frau Marx, haben Sie für den Ausschuss vorgetragen und dafür sind wir Ihnen dankbar, dass es so möglich war, gegen viele Widerstände diese ganzen Akten zu bekommen, zu sichten, auszuwerten und Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.
Da haben sich nicht alle Behörden mit Ruhm bekleckert. Sie haben darauf hingewiesen, manche Zeugen hatten Erinnerungslücken und wollten Erinnerungslücken haben.
Manches würden wir noch nacharbeiten. Also die Frage, um es klar zu sagen, Sie haben Stregda erwähnt, das Ende dieser Terrorserie mit all den Fragezeichen, die Sie zu Recht beleuchtet haben, aber auch die Hinrichtung von Michèle Kiesewetter und die Umstände - Sie haben es deutlich gesagt - sind völlig ungeklärt. Versionen, die dazu erzählt werden, sind im Bundestagsuntersuchungsausschuss behandelt worden und die Kollegen im Bundestag sind nicht damit klargekommen, ob diese Version so stimmt, wie sie dann erzählt worden ist. Es sind viel mehr Fragezeichen entstanden, je mehr man angefangen hat in die Zeugenarbeit einzusteigen. Das Problem ist auch, der Bundestagsuntersuchungsausschuss ist dann an der Grenze der Diskontinuität des Parlaments zu einem Endbericht gekommen, obwohl auch da weitergearbeitet werden muss.
Meines Erachtens ist es bis heute unbegreiflich, dass sich andere Bundesländer nicht mal ansatzweise ihrer Verpflichtung unterzogen haben, eine Arbeit paralleler Tätigkeit anzupacken.
Das meine ich ausdrücklich, weil das überhaupt nichts mit irgendeiner parteipolitischen Differenz hier im Haus zu tun hat. Es ist nicht zu verstehen, dass die große Kombination zwischen Thüringen und Baden-Württemberg irgendwie nicht zum Gegenstand einer intensiveren Untersuchung führt, denn so viele Rückbindungen, Ku-Klux-Klan, die ganzen Verbindungen, die dort zu thematisieren sind, sind nicht aufgeklärt.
Manch ein Bundesland hat es sich sehr einfach gemacht und gesagt, wir lassen mal von den Sicherheitsbehörden eine Gesamtanalyse vorlegen und
damit wurde geglättet. Dieses Glätten hat dieser Untersuchungsausschuss zu keinem Zeitpunkt mitgemacht und damit wird deutlich: Wir haben als Thüringer für uns eine Verantwortung gesehen und gemeinsam getragen und wir sagen ganz deutlich, auch nach der Landtagswahl muss hier weitergearbeitet werden.
Ich will auch erwähnen, zwischen allen unterschiedlichen Verantwortungen, die wir haben, als es darum ging, wie wir den Opferfamilien helfen können, als in München der Prozess losging und die Frage war, was können wir tun, war es möglich, zwischen uns als Parlamentariern und der Landesregierung einen Weg zu finden, wie wir gemeinsam die Dinge auf den Weg bringen. Dafür meinen Dank, Frau Lieberknecht, dass das alles unproblematisch möglich war, dass wir an diesen Stellen niemals eine parteipolitische Differenz hatten, weil wir es den Familien schulden, dass wir unsere Arbeit machen und dass wir als Parlamentarier deutlich machen, die Qual, die die Angehörigen ausgehalten haben und aushalten mussten, und die quälende Frage am Ende dieses Prozesses, das Warum - dieses Warum ist unsere Verpflichtung aufzuarbeiten, warum das geschehen konnte. Einiges ist dokumentiert, einiges ist erläutert worden, einiges ist auch an Verantwortung zugewiesen. Aber ich erlaube mir zu sagen, ich habe mehr Fragezeichen, als ich tatsächlich Antworten habe, aber nicht, weil der Ausschuss nicht gearbeitet hat, sondern weil ich das Gefühl habe, dass wir auch selbst Teil eines Spiels geworden sind, eines bösen Spiels, bei dem ich nicht weiß, welche Rolle einzelne Geheimdienstmitarbeiter hatten, die aus anderen Bundesländern hierhergekommen sind.
Ich will es klar sagen, für mich ist es nicht erklärlich, dass es in der gleichen Zeit, als wir anfangen zu erkennen, was hier los ist, noch Sprengstoffdepots gibt, die in Thüringen sind, die in Bayern sind, die in Österreich sind, die ausgehoben werden. Dann muss man den Namen auch sagen, dass ein KarlHeinz Hoffmann, der schon als dubiose Figur beim Münchner Oktoberfestattentat im Raum steht, in dieser Zeit, über die wir reden, in Thüringen ist, nach Kahla zurückkehrt und hier wieder als graue Eminenz so nett erscheint und man das Gefühl hat, kann das Zufall sein oder was ist da an Entwicklung in Breite zu sehen. Immerhin ist ein Teil der Akteure, über die wir reden, regelmäßig in Südafrika auf Farmen, lernt schießen, trainiert schießen. Der Bundestagsuntersuchungsausschuss hat das dokumentiert, der Militärische Abschirmdienst hat das erfasst. Die kommen zurück aus Südafrika und sagen, wir haben alles schießen können, alles trainieren können, was das Herz begehrt, nur Handgranaten werfen, das hat nicht funktioniert, da müssen wir noch mal nach Polen fahren - und das auf drei Farmen in Südafrika.
Deswegen habe ich vorhin gesagt, „Combat 18“ und „Blood&Honour“ sind die braunen Netzwerke, die international arbeiten. Diese internationalen Netzwerke haben sich regelmäßig in Jena beim sogenannten „Fest der Völker“ getroffen, da sind sie aus und ein gegangen, auch die Akteure dieser Farmen, der eine ist regelmäßig hier gewesen. Deswegen frage ich mich - und das ist eine Frage, die mich verwundert -, dass angeblich unser Auslandsgeheimdienst weder im Bundesuntersuchungsausschuss noch bei uns in irgendeiner Form zu finden ist, obwohl klar ist, dass es regelmäßige Besprechungen gegeben hat auch unter Beteiligung des BND. Dass also die Spuren in die Schweiz, die Spuren nach Südafrika, die Spuren nach Litauen - in Stregda gibt es diese seltsame DNA-Spur -, dass das alles irgendwie unser Landesamt gewesen sein soll - bei aller Differenz, die ich persönlich zu unserem Landesamt für Verfassungsschutz habe, meine politische Auffassung dazu kennt jeder -, das scheint mir allein nicht erklärlich zu sein. Ich glaube, dass wir da auch ein Stück weit gebraucht worden sind, nach der Wende ein schöner Aufmarsch für ein neues Spiel zu sein, und dieses neue Spiel hat zehn Menschen, von denen wir wissen, dass sie direkt zugeordnet sind, das Leben gekostet. Wir wissen von vielen Opfern, aber ob das alle sind, wissen wir überhaupt nicht. Wir wissen nicht, ob das, was mit NSU zusammenhängt, wirklich die alleinige Geschichte ist, und eins, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass es wirklich nur drei sein sollen, halte ich für ausgeschlossen. Ich verstehe überhaupt nicht, dass das ganze Netzwerk aller Beteiligten nicht als terroristische Organisation behandelt wird und alle mit angeklagt sind als terroristische Organisation.
Vielen Dank für die gemeinsame Arbeit.
Werte Kolleginnen und Kollegen, unsere Vorsitzende hat ausführlich Bericht erstattet und deutlich gemacht, welchen Arbeitsprozess wir im Untersuchungsausschuss gemeinsam hinter uns gebracht, welchen Gewaltmarsch wir durch Akten absolviert haben. Die Besonderheit ist, ich glaube, das ist in dem bundesrepublikanischen Parlamentsgeschehen einmalig, dass ein Untersuchungsausschuss sämtliche Beschlüsse einstimmig getroffen hat.
Das ist ein Zeichen dafür, dass wir alle gemeinsam nach der Wahrheit gesucht haben, als wir gesehen haben, dass es Probleme gibt, die nicht einfach parteipolitisch genutzt oder benutzt werden dürfen oder können, sondern dass dahinter noch eine ganz andere Problemlage steht. Deswegen mein herzlicher Dank an die Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss. Die Vorsitzende hat auch den Mitarbeitern gedankt, dem kann ich mich inhaltlich voll anschließen. Wir haben eine hervorragende Begleitung von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung, von allen Mitarbeitern aus den
Fraktionen erfahren. Die Regierung hat sich häufig bemüht
meistens, manchmal nicht. Dann war es aber nicht der Beamte - dazu werde ich noch im Einzelnen etwas sagen -, deswegen war es auch sehr kooperativ, dass wir dann, wenn wir unterschiedlicher Auffassung als Parlamentsausschuss im Verhältnis zu den Anträgen der Regierung waren, manchmal sehr deutlich machen mussten, dass wir die Parlamentarier sind und die Anträge und die Beschlüsse stellen und es tunlichst besser wäre, gemeinsam mit den Beschlüssen umzugehen und uns im Ausschuss keine Vorträge zu halten.
Bemerkenswert ist allerdings - und das will ich im Dank ausdrücklich mit einbeziehen -, dass all das, was wir heute sehen, wissen und besichtigen können, der freien Presse geschuldet ist. Wenn Axel Hemmerling und Ludwig Kendzia nicht sehr intensiv an dem Thema drangeblieben wären und diesen VMann Kai-Uwe Trinkaus nicht medial so lange begleitet hätten, um es mal freundlich zu sagen, bis er seine Dinge vor der Kamera offenbart hat und der Mitteldeutsche Rundfunk uns über das Rechercheteam in der Öffentlichkeit nicht andere Einblicke gegeben hätte, ich glaube, das Landesamt für Verfassungsschutz hätte uns die Einblicke nicht freiwillig gegeben.
Deswegen mein ausdrücklicher Dank auch an die beiden Journalisten, weil das ohne aktive und engagierte Journalisten gar nicht funktionieren würde. Ich danke ausdrücklich auch Sebastian Haak; das war der Journalist, der durchgängig an sämtlichen Sitzungen teilgenommen hat und für die Presseagentur und verschiedene Medien berichtet hat. Ohne diese journalistische Begleitung wären unsere Arbeit und der Umfang unserer Arbeit nicht nach außen gedrungen,
dann hätten wir Parlamentsbearbeitung gemacht. Es ist eine sehr anstrengende Herangehensweise und wenn Medien nicht mehr genügend Recherche-Journalisten haben, damit sie zum Beispiel in einem so komplexen Untersuchungsausschuss auch noch mit den unterschiedlichen Medienvertretern beteiligt sind, dann merken wir, dass da noch ein anderes Problem in einer offenen Gesellschaft herrscht, bei der die vierte Gewalt, nämlich eine freie Presse, die Kraft haben muss, Recherche betreiben zu können. Deswegen die drei Namen, die ich ausdrücklich genannt habe, weil es immer eine tief gehende Begleitung entlang der Linien, die wir aufgearbeitet haben, war. Das Zusammenspiel zwischen freier Presse und dem Parlament hat uns erst die Erkenntnisse gebracht, auf die Kollegin
Groß hingewiesen hat, nämlich dass alle genannten Personen, alle, die im Verlauf der Jahre 2006, 2007, 2008 diese tief unangenehmen Erfahrungen machen mussten, von denen sie nicht genau wussten, warum geschieht mir das jetzt. Also fünf Abgeordnete unseres Hohen Hauses, davon drei aus meiner Fraktion sowie Egon Primas von der CDU, Birgit Pelke von der SPD und Frank Kuschel, Knut Korschewsky und Susanne Hennig-Wellsow waren diejenigen, die auf unterschiedlichste Art und Weise gemobbt, gejagt, in die Ecke gedrängt, niedergetreten, beleidigt, herabgewürdigt wurden. Dazu kommen noch eine ganze Reihe von genannten Vereinen und Verbänden, also ver.di, die Deutsch-Israelische Gesellschaft, der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Bund der Vertriebenen, für den Egon Primas höchst unangenehme Erfahrungen sammeln musste. Das engagierte Arbeitsbündnis, der Bürgerverein „Westliches Wachhaus“, da hat der Stadtrat - den will ich einfach einmal nennen -, der Stadtrat Wolfgang Metz berichtet, wie unangenehm es war, auf einmal öffentlich angeprangert zu werden, dass Wolfgang Metz als Stadtrat sagt: „Ich setze mich hier nicht mit Nazis an einen Tisch.“ Er war auf einmal derjenige, der die Harmonie gestört hat und er hat erleben müssen, dass andere von ihm abgerückt sind, weil man die fröhliche Harmonie nicht gestört haben wollte. Hinterher erfährt man erst, dass das alles gezielte Manöver von Kai-Uwe Trinkaus waren und seinen Gesinnungsgenossen, in welcher Reihenfolge und Schattierung auch immer. Der Bismarckturm-Verein sei auch genannt.
Meine Kolleginnen und Kollegen und Damen und Herren, es war darauf angelegt, eine Welle von Nazi-Aktivitäten in Erfurt und Umgebung zu erzeugen, und statistisch lässt sich nachweisen, dass in der Zeit, in der Kai-Uwe Trinkaus angeworbener VMann-Spitzel war, die Aktivitäten in Thüringen sprunghaft gestiegen sind - sprunghaft. Ich sage, da gibt es einen inneren Zusammenhang. Erst sagt man, das haben wir dann in der Tiefenrecherche festgestellt, man habe in der NPD keine ausreichende Quelle und deswegen müsse man eine Quelle anwerben. Dann hat man eine Quelle und dann sprudelt die Quelle. Das Problem, das niemand wissen wollte, war, dass die Quelle nicht nur gesprudelt hat, sondern sie hat produziert. Sie hat ein Bild über Menschen produziert, über die hinterher ein Amt Akten angelegt hat oder sich Personen von uns hier im Hohen Haus öffentlich zur Wehr setzen mussten, auf schlimmste Art und Weise angegriffen, diffamiert, Stalking-Verfahren gegen Susanne Hennig-Wellsow, sogar hier im Landtag. Hier im Landtag hat er sich hingesetzt, hat die Bilder gemacht und hat hinterher versucht, ein Liebesbild, eine Liebesaffäre zwischen Susanne Hennig und ihm zu dichten, indem er den Tag der offenen Tür benutzt und den Landtag missbraucht hat. Deswegen will ich noch einmal danken, dass wir den Nazis
gestern alle zusammen gezeigt haben: Euer brauner Ungeist ist in diesem Haus nicht willkommen.
Meine persönliche Erfahrung: Am letzten Tag der offenen Tür waren die braunen Kameraden im Haus. Patrick Wieschke stand auf einmal oben im dritten Stock direkt vor mir und ich war emotional völlig unvorbereitet, beim Aufmachen meiner Tür auf einmal auf unserem Flur die Nazis anzutreffen, die dann sagten, wir besichtigen schon mal das Haus, weil sie dieses Haus missbrauchen wollen und weil sie die hier vom Volk gewählten Abgeordneten niedertreten, beleidigen und herabsetzen wollen. Das hat Kai-Uwe Trinkaus mit seinen Gesinnungsgenossen zur Perfektion entwickelt. Deswegen nenne ich einmal das Beispiel Frank Kuschel. Frank Kuschel bekam einen Praktikanten. Dieser Praktikant war bei einer antifaschistischen Aktion auffällig geworden. Da ist er von der Polizei kontrolliert worden und hatte ein Messer bei sich. Mit diesem Nimbus war er bei den Jusos angemeldet. Über die Jusos, über die Legitimation der Jusos hat er sich bei der linken Fraktion angemeldet und sich hinterher als Nazi entpuppt, also eine Legende gestrickt. Siegfried Wetzel hat in dem Zusammenhang immer darauf hingewiesen, dass da perfektionierte Geheimdienstkenntnisse vorliegen, um eine solche Strategie überhaupt anzuwenden, sich bei den Jusos anzumelden, bei den Jusos mitzumachen und von den Jusos dann zur Linken zu kommen und zu sagen, na ja, die Jusos sind uns nicht weitgehend genug, wir möchten jetzt einmal bei den ganz linken Linken mitmachen und ich bin ein antifaschistischer Kämpfer und da gibt es die Fotos, da gibt es die Polizei und es gibt die Taschendurchsuchung. Dann geht er mit Frank auf Tour, Frank als Abgeordneter nimmt ihn mit, lässt ihn in die Arbeit von Parlamentariern Einsicht nehmen - so wünsche ich mir jedenfalls Praktika, dass die jungen Menschen, die herkommen, auch mitgenommen werden - und hinterher stellt sich heraus, dass genau dieser Praktikant von Axel Hemmerling, der Journalist vom MDR, enttarnt wird. Wir kannten den überhaupt nicht, bei uns war der als Juso bekannt. Axel Hemmerling sagte, den habe ich auf einer Nazidemo gesehen, schaut in seinem Material nach und sagt, das ist ein Nazi. Damit stoppen wir ihn und dann erzählt Kai-Uwe Trinkaus über diesen Nazipraktikanten, an ihm wäre ein sexueller Übergriff von Frank Kuschel ausgeübt worden.
Kolleginnen und Kollegen, was heißt denn das, wenn man öffentlich auf einmal als Abgeordneter im Rampenlicht mit so einem Vorwurf steht? Dagegen mussten wir uns juristisch zur Wehr setzen. Darum geht es emotional, damit wir ungefähr wissen, wie die Menschen, die hier angegriffen worden sind, nicht nur einfach ein Observationsobjekt waren, wo man sagt, ich hole ein paar Informationen, und wenn man sowieso schon sauer auf Frank Ku
schel ist, weil er so nervig ist, weil er immer Anfragen stellt, dann passt das natürlich wunderbar in das politische Bild - jetzt auch noch so etwas.
Evelin Groß hat es in aller Deutlichkeit gesagt, wir haben alle Opfer, Vereine, Verbände und Personen gehört. Evelin Groß hat heute für den Ausschuss deutlich gemacht: Kein Einziger von den Betroffenen hatte durch eigene Schuld oder eigenes Verschulden irgendeinen Anteil daran, welche Zerrbilder, üblen Bilder und Herabsetzungen öffentlich über diese Person gezeichnet worden sind. Deswegen bin ich den Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss tief dankbar - und ich finde, es ist eine Sternstunde für uns -, dass wir in der letzten regulären Landtagssitzung deutlich machen können, jeder Hauch eines Verdachts ist von allen genommen und die Täterstruktur ist klar zugeordnet, sie heißen Kai-Uwe Trinkaus und alle seine Gesinnungsgenossen, die bei der aktiven Unterwanderung und bei der aktiven Zersetzung dabei waren und das vorsätzlich gemacht haben. Vorsätzlich, meine Damen und Herren, denn Kai-Uwe Trinkaus hat es immer wieder als Begründung angegeben und gesagt, die zum Beispiel bei Frank Kuschel angelegte Strategie sollte so lange laufen, bis die Landtagswahl 2009 kommt. In der Landtagswahl 2009 sollte Frank Kuschel mit dieser Unterwanderung enttarnt werden, um im Wahlkampf einseitig gegen unsere Partei Stimmung zu machen.
Dasselbe lässt sich bei Knut Korschewsky deutlich machen. Knut war unser Landesvorsitzender zu dieser Zeit und er geht - das haben wir dann alles im Ausschuss untersucht - tauchen, macht einen Tauchlehrgang und hinterher stellen wir fest, sein Tauchkamerad ist Kai-Uwe Trinkaus, der dann Märchen erzählt, Geschichten erzählt. Dann sind wir wieder bei dem Verdacht, den Siegfried Wetzel immer geäußert hat, mit einer perfekten Form der geheimdienstlichen Tarnung wanzt er sich ran. Dann erlebt unser Landesvorsitzender auf einmal eine seltsame Geschichte. Er wird angerufen und gefragt, ob er schnell helfen könnte, der Tauchkamerad kommt in unser Landesbüro. Drei Tage später kriegt unser Landesvorsitzender die Anfrage des „Stern“, warum er mit Nazis zusammenarbeiten würde, und man wüsste, dass es da Geheimtreffen geben würde, und unser Landesvorsitzender hätte sich mit den Nazis abgesprochen. Wenn am 1. Mai in Erfurt alles friedlich bliebe, würde man auch so eine Querfront zwischen links und rechts außen praktizieren und er solle jetzt Stellung dazu beziehen. Der „Stern“, ein renommiertes Magazin, schlägt sich auf die Seite derjenigen, die hier als Stichwortgeber mit Lügen, Märchen und Verfälschungen, mit Herabsetzungen und bodenlosen Unterstellungen; jetzt sage ich noch einmal, da hätte ich mir Journalisten gewünscht, die dann Tiefenrecherche gemacht hätten. Deswegen nenne ich ganz klar die Namen: Es sind zweimal der Name
Witzel, zwei Redakteure - Holger und Christoph Witzel, die willfährig und schnell die Stichworte der Nazis aufnehmen. Der eine schreibt noch in der Südthüringer Zeitung: „Die Braunen und die rotlackierten Faschisten marschieren gemeinsam.“ Das war die Berichterstattung über meinen damaligen Landesvorsitzenden und Landtagsabgeordneten Knut Korschewsky - Stichwortgeber Kai-Uwe Trinkaus und seine Gesinnungsgenossen. Journalisten hätten die Pflicht, eine Tiefenrecherche zu machen. Die Tiefenrecherche fiel aus, Knut Korschewsky musste klagen, presserechtlich klagen, hat presserechtlich sogar gewonnen. Da sind denkwürdige Sätze in dem presserechtlichen Urteil enthalten, dass nämlich keine ausreichende Recherche vorliegt und beide Redakteure nicht nachweisen können, was sie überhaupt recherchiert haben. Offenbar haben sie das Material einfach nur übernommen, weil die Vorurteile, die Befindlichkeiten, die die Redakteure im Kopf hatten, so gut zu der Geschichte passen. Man verurteilt DIE LINKE und nimmt dafür einen Nazi als Kronzeugen. Deswegen hätte ich mir gewünscht, wenn auch diese Medien während der ganzen Untersuchungen im Ausschuss wenigstens einmal gekommen wären, wenigstens mal zugehört hätten, welche Beweisanträge wir gestellt haben und was wir zutage befördert haben. Nein, es war Sebastian Haak, der durchgängig da war, Kendzia und Hemmerling und einige Journalisten, die ab und zu vorbeikamen, aber es gab keine Bereitschaft vom „Stern“ oder der „Südthüringer Zeitung“, sich bis heute einfach einmal zu entschuldigen.
Presserechtlich haben sie verloren, aber entschuldigt haben sie sich nicht. Deswegen nenne ich das in der Deutlichkeit, weil wir mitten im politischen Geschäft sind, wo man über Nazispitzel Parteipolitik beeinflusst. Deswegen gibt es sozusagen zwischen Evelin Groß als Vorsitzender und mir Differenzen bei den Nuancen, welche Wertungen schlussfolgern wir aus unserem Untersuchungsbericht. Es gibt keine Differenzen zwischen den Feststellungen, die haben wir gemeinsam getroffen. Die Frage, unter welchen Umständen wurde Egon Primas zu Recht gewarnt. Also um das klar zu sagen, ich bin froh, dass Egon Primas gewarnt worden ist. Aber ich hätte mir gewünscht, wenn Birgit Pelke auch gewarnt worden wäre. Wenn man dann sagt deswegen ist da die Nuance der Differenz -, es ist nicht bewiesen worden, ob sie es vorher wissen, wir konnten es nicht beweisen. Eine Entlastung konnten wir allerdings auch nicht feststellen. Wir haben es deswegen offengelassen und sagen, es gibt keine Beweisführung dafür. Es gibt eine ganze Reihe von Treffberichten, die nicht vorhanden sind, und es gibt andere Treffberichte, die so qualifiziert waren, wie Evelin Groß es hier gerade vorgetragen hat. Ein Treffbericht, der mit „Papst Benedikt“ unter
schrieben wird - na, tolle Geschichte. Ein Treffbericht, der unterschrieben wird mit „Dieter Althaus“ oder „Tamara Thierbach“, der Bürgermeisterin von Erfurt. Also da frage ich mich, wie ernst ist so eine Institution zu nehmen, und da sind wir wieder bei einer Wertung. Meine Wertung ist eine andere. Evelin Groß sagt mit der Mehrheit des Hauses, die das Verfassungsschutzgesetz vorgestern geändert hat, Evelin Groß sagt aus ihrer Wertung: Wir haben Konsequenzen gezogen und dieses Landesamt darf V-Leute nur als Ultima Ratio einsetzen. Wir sagen als Schlussfolgerung, das ist lediglich die Differenz, wir sagen, V-Leute gehören gänzlich abgeschafft, sie haben keine Berechtigung.
Sie haben bewiesen, dass sie nicht steuerbar sind, weil sie aus dem Milieu sind und weil kein Beamter sie korrekt steuern kann. Wer in dem Milieu ist und dann über seine Kameraden berichtet, ist nichts anderes als ein Gesinnungsschwein und so benimmt er sich auch. Ja, das ist so. Aus der Sicht von denen ist das so. Deswegen müssen wir sie hinterher schützen, wenn sie enttarnt werden. Deswegen haben wir doch die Probleme in dem anderen Untersuchungsausschuss, wo es um zehn ermordete Menschen geht. Ich bin froh, dass wir uns in unserem Untersuchungsausschuss nur mit der Herabwürdigung von uns als Abgeordnete beschäftigt haben. Wir haben keine Toten. Ich bin froh, dass unsere Emotion in dem Komplex, den wir hier zu untersuchen hatten, sehr sorgsam an der Sache bleiben konnte, ohne dass wir Angst haben mussten, uns immer wieder vorzustellen, was heißt das für Angehörige, die Tote haben. Wir haben Egon Primas, der jetzt weiß, warum es so passiert ist, wie es passiert ist. Wir haben Birgit Pelke, die weiß heute, dass sie beim Landessportbund mehrfach reingelegt worden ist, vorsätzlich reingelegt worden ist. Ein Beamter sagte sogar, er habe im Landessportbund einer Person Bescheid gesagt. Der Beamte hat es gesagt, und dem konnte nicht widersprochen werden. Der Präsident und der Hauptgeschäftsführer vom Landessportbund sagen, sie haben noch nie etwas davon gehört. Insoweit muss man fragen: Mit welcher Konspiration wurde denn da gearbeitet? Aber richtig, warum war Birgit Pelke Betroffene? Birgit Pelke war Betroffene, weil sie als Vorsitzende des Stadtsportbundes kritisch hinterfragt hat: Wofür geben wir Turnhallen? Jetzt kommen wir zu dem eigentlichen Problem, die Turnhallen sollten für fröhlichen, friedlichen Sport sein. Es entpuppte sich hinterher, diese Turnhallen waren für Kampfsporttraining. Und warum? Weil sie dort trainieren wollten, wie sie mit Hooligans gemeinsam das besetzte Haus überfallen und wie sie brandschatzen. Das ist alles in den Unterlagen dokumentiert. Deswegen lohnt es sich, den Abschlussbericht aufmerksam zu lesen. Wir reden von gewaltberei
ten Tätern. Wir reden nicht von irgendwelchen verwirrten Ideologen.
Oh, das tut mir jetzt leid. Mein Kollege hat mir gesagt, ich hätte ausreichend Zeit.
Das stimmt. Ich darf mich trotzdem herzlich bedanken, sage, werte Kolleginnen und Kollegen, ich bin froh, dass wir den heutigen Tag gemeinsam so deutlich begehen können und deutlich machen, keiner unserer Kollegen hat Schuld, sondern alle Kollegen sind Opfer gewesen. In diesem Sinne ziehen wir eine etwas andere Konsequenz und sagen, Herr Rieder hat sich im Ausschuss nicht gut benommen. Das will ich wiederholen. Herr Lang gehört für mich nicht mehr auf das Präsidialamt als höchster Ausbilder der Polizei. Er hat nach meinem Dafürhalten viel Schuld auf sich geladen. Vielen Dank. Da muss es andere und tiefer gehende Konsequenzen geben. Danke schön.
Werte Kolleginnen und Kollegen, werte Frau Ministerpräsidentin, zum Abschluss einer Legislatur eine Regierungserklärung darzulegen, heißt, Bilanz zu ziehen, gemessen an den Koalitionsvereinbarungen, also den Zielen, die zwei Partner miteinander vereinbart haben, und dann eine Abrechnung über das, was man konnte oder was man nicht konnte. An einem Tag wie heute aber zu beginnen, ohne eine Bemerkung zu machen, und da will ich auch noch einmal bei Ihnen anknüpfen, welcher Krawall gerade draußen vor dem Landtag gemacht wird,
zeigt, dass da draußen Menschen stehen, die offenkundig die parlamentarische Demokratie mit Füßen treten wollen und die hier ein Interesse daran haben, mit lauter Musik so zu tun, als wenn sie sich durchsetzen mit ihren Stiefeln und mit dem Getöse, das teilweise in Orten, Dörfern und Städten von diesen Menschen ausgeht. Deswegen bin ich ausgesprochen dankbar, Frau Lieberknecht, dass Sie nach Ihrem Amtsantritt gezielt auf mich als Oppositionsvertreter zugekommen sind und gesagt haben: Lassen Sie uns in Pößneck gemeinsam Gesicht zeigen gegen Nazis.
Dafür darf ich herzlichen Dank sagen, weil das zu der damaligen Zeit Ihre Amtsvorgänger jedenfalls so nie praktiziert haben und - ich muss es deutlich sagen - die CDU sich immer schwergetan hat damit, gemeinsam Zeichen zu setzen gegen den braunen Ungeist. Das ist in dieser Legislatur durchaus völlig anders geworden und deswegen danke ich dem ganzen Haus, der Landesregierung und Ihnen, dass dieser Umgang miteinander ein verbindendes Element war und dass das Erste, was dieser Landtag beschlossen hat, ein Beschluss, ein Text gegen Extremismus und gegen Fremdenfeindlichkeit war.
Da, liebe Frau Ministerpräsidentin, beginnt meine Kritik. Es wäre mir, unserer Fraktion und, ich glaube, auch anderen Fraktionen durchaus lieber gewesen, wenn diese Haltung, die Sie persönlich an den Tag legen, auch Eingang genommen hätte in die Programmatik der Landesregierung in klarer Sprache, dass ein Landesprogramm nicht verschwurbelt umschrieben werden muss, sondern dass das Landesprogramm das beschreibt, um was es geht, nämlich nationalsozialistische, neonationalsozialistische, rechtsextreme Bedrohungen unserer offenen und freien Gesellschaft, und dass das den Menschen Angst macht, dass das auch ein Stück weit heftig die Weltoffenheit mit Füßen tritt, wenn sich in Orten Nazis breitmachen, Häuser kaufen und von dort aus wie in konzentrischen Kreisen Angst umgeht. In Pößneck war das so, in Fretterode ist es noch so. Die, die da draußen stehen, einer von denen saß wegen einem Gewaltanschlag, wegen einem Sprengstoffanschlag gegen einen „Döner“ in Eisenach im Gefängnis und der steht jetzt da draußen und möchte sich um 11.00 Uhr da oben hinsetzen und dann möchte man hier im Landtag Wahlkampf von diesen Menschen absolvieren und den Landtag missbrauchen als Wahlkampfbühne. Da sollten wir gemeinsam auch deutlich machen, der Landtag eignet sich nicht als Wahlkampfbühne für diese rechtsextremen Gedankenträger.
Wir wollen die Bürger einladen und den Bürgern sagen, bei der Wahlentscheidung am 14. September kommt es darauf an, eine Trennlinie zu ziehen zwischen den Ideen, die wir unterschiedlich sehen und die wir im demokratischen Diskurs nach außen präsentieren, und denen, die die demokratischen Grundstrukturen zerstören wollen, den Menschen Angst machen und deutlich machen wollen, wer in dieses Land gehört und wer nach ihrem Dafürhalten nicht in dieses Land gehört. Da draußen wird die Zukunft des Landes zerstört und denen darf man den Zugang in das Haus nicht gestatten.
Aber man muss auch den Wählerinnen und Wählern deutlich machen mit klarer Sprache und mit eindeutigen Signalen, deswegen ist das Landesprogramm für Toleranz eine ordentliche Herangehensweise, aber leider sprachlich nicht so deutlich, wie es sein müsste. Deswegen danke ich an dieser Stelle der Sozialministerin Heike Taubert, die hier im Landtag immer deutlich dann von Rechtsextremismus gesprochen hat und die Sprache auch deutlich verbunden hat mit dem, was das Landesprogramm eigentlich ausmachen müsste.
Ich hoffe, dass in einer zukünftigen Legislatur diese Sprache auch Eingang nimmt in die Programmatik und in das Handeln der ganzen Landesregierung.
Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, Sie haben eine Bilanz gezogen von einer Landesregierung, bei der ich verdutzt gestern Abend mir die Augen gerieben und gedacht habe: Waren wir bei den Sommertheatern der letzten Jahre nicht dabei? War das ein anderes Parlament, eine andere Landesregierung? Es gab keinen Beginn der Sommerferien, bei dem die Landesregierung nicht im tiefen Streit war und wir jedes Mal in die Sommerferien gegangen sind und wir nicht wussten, ob nach den Sommerferien diese Landesregierung noch besteht oder nicht besteht.
Sie wussten das, also heißt das, Sie praktizieren eine Propagandapolitik für die Öffentlichkeit nur für das Schauspiel. Das heißt aber, die Regierungsbank zum Schauspielhaus umzuwandeln, wenn Sie es wussten. Ich erinnere an die Auseinandersetzungen um den Doppelhaushalt: Da hat die eine Koalitionsseite gesagt, wir werden keinen Doppelhaushalt abschließen, und die andere hat gesagt, das wird am Ende ein Doppelhaushalt. Dann zog der Finanzminister an seiner Pfeife und das Ergebnis war, dass alle anderen nach seiner Pfeife getanzt haben. Das war ein erbärmliches Schauspiel zumindest für uns Parlamentarier.
Wir waren außen vor, wir konnten das alles in der Zeitung nachlesen und diese Landesregierung tat so, als wenn das Sommertheater eingepreist wäre wie die Domstufenfestspiele. Nur die Domstufenfestspiele sind ein kulturelles Highlight, Sie haben darauf hingewiesen, diese Landesregierung war es nicht.
Deswegen glaube ich, dass wir Ihre Arbeit an den Realitäten messen müssen.
Das Ergebnis zählt. Darauf komme ich jetzt, Herr Voß, Sie sind ja Wahlkämpfer, Sie haben jetzt den Kampf um Ihren Direktwahlkreis in Oberhof und Umgebung. Deswegen haben Sie jetzt schnell Oberhof gerettet.
Ich würde mir wünschen, Sie hätten auch Gera gerettet und nicht nur Ihren Wahlkreisbezirk.
Ja, Frau Ministerpräsidentin, den Hilferuf unserer Fraktionskollegen aus Gera haben Sie vor einem Jahr bekommen als offenen Brief. Seit einem Jahr wissen Sie, dass sich in Gera eine große Katastrophe anbahnt.
Ja, ich an Ihrer Stelle, Herr Voß, wäre da ganz ruhig. Im Gegensatz zu dieser selbstgerechten, zurückgelehnten Haltung darf ich darauf hinweisen, dass wir den Oberbürgermeister in Gera nicht gestellt haben, aber dass wir deutlich gesagt haben, alle Oberbürgermeister haben voll die Katastrophe gefahren.
Ja, das habe ich doch gerade gesagt. Zuhören, Kollege, einfach zuhören. Aber vor einem Jahr hat Margit Jung einen Brief geschrieben mit Dieter Hausold und Mike Huster und öffentlich darauf hingewiesen, dass es voll auf die Katastrophe zuläuft. Sie haben Ihre Frau Hahn einfach weitermachen lassen und dann am Ende musste die Insolvenz angemeldet werden. Liebe Frau Ministerpräsidentin, wir hatten ja noch ein Sechs-Augen-Gespräch, bevor die Insolvenz angemeldet worden ist und auch in dem Sechs-Augen- oder Acht-Augen-Gespräch
ist deutlich gesagt worden, dass die Information, die Herr Geibert eigentlich ausgelöst hatte, bei den Stadtverordneten nie angekommen ist. Nur so ein Detail: Verkauft man 6.000 Wohnungen an einen öffentlichen Träger oder an den privaten Markt, das ist doch ein erheblicher Unterschied. Der Innenminister sagt, die Empfehlung war, an einen öffentlichen Träger, dann hätten die Stadträte mitgemacht. Übertragen an die Stadträte wurde aber, an jeden Träger. Damit war der Spekulation Tür und Tor geöffnet und 6.000 Familien wurden dem Spekulationsmarkt zur Verfügung gestellt. Darum ging es im Konflikt. Deswegen ist die Frage, wenn man saniert, hätte man einen Sanierer vor einem Jahr in die Stadtwerke stecken müssen und hätte eine Haushaltskonsolidierung machen müssen, an die, werte Kolleginnen und Kollegen, sich alle hätten halten müssen. Dann nutzt es nichts, jetzt den Insolvenzverwalter die Drecksarbeit machen zu lassen und sich dann hinter dem Insolvenzverwalter zu verstecken, denn der ist nur dem Gläubiger verpflichtet und niemand anderem. Ich glaube, dass ein Stadtwerk in Thüringen, das in Insolvenz gegangen ist, unsere größte Bedrohung für die Gemeinwirtschaft ist, weil damit alle anderen Stadtwerke in ihrem Ruf und in ihrem Ansehen stark beschädigt und geschädigt worden sind. Es ist eben deutlich mehr als nur ein lokales Ereignis.
Da, lieber Herr Voß, weil Sie sagen, die Realitäten sind so toll - die Gemeinden in Thüringen, 841 Gemeinden, Frau Ministerpräsidentin, das ist das demokratische Gemeinwesen, das ist das, was das Zentrum der Demokratie ausmacht, diejenigen, die sich im Gemeinderat engagieren, die sich zur Wahl stellen, die bei der Kommunalwahl mitmachen, von diesen Gemeinden haben 97 im Jahr 2013 keinen Haushaltsabschluss gehabt. Das heißt, jede achte Gemeinde
da schüttelt er den Kopf und sagt, stimmt nicht -, das sagt der Gemeinde- und Städtebund, Herr Voß weiß es besser als die Selbstorganisation der Gemeinden. Die Zahl ist vom Gemeinde- und Städtebund, ist eine prüfbare, überprüfbare Zahl, heißt, jede achte Gemeinde steht ohne Haushalt im Jahr 2013. Im Jahr 2014 - insoweit ist es wohlfeil, dass Sie sagen, wir werden in diesem Jahr keine Schulden machen. Nein, die Schulden machen andere.
Sie haben die Schulden einfach verlagert auf die kommunale Ebene, liebe Frau Ministerpräsidentin. Im Jahr 2014, heute, an diesem Tag, an dem Sie so wohlfeil über das Land gesprochen haben, haben 400 Gemeinden, das heißt, jede zweite Gemeinde in Thüringen, keinen derzeitig beschlossenen Haushalt. Das heißt, jede zweite Gemeinde steht in einer Situation, dass ihr Gemeindeprivileg, das höchste Privileg eines Gemeinderats, eines
Stadtrats, eines Kreistags nicht umgesetzt worden ist. Das sind die harten Zahlen. Und 200 Gemeinden in Thüringen …
Ja, das ist so. Wissen Sie, Herr Voß, wenn Sie immer so dazwischenquaken, das kommt mir so vor wie Mike Mohring, der zu Herrn Matschie sagt, mit Herrn Matschie sei Margot Honecker in die Schule gekommen.
Ich finde das empörend, dass überhaupt so ein Vergleich herangezogen wird. Ich finde es empörend.
Sie schämen sich ja nicht einmal, Sie twittern das ja sogar und machen genau auf dieser Ebene weiter.
Ihr Junge bin ich nicht! Wissen Sie, Herr Mohring, Sie sollten Herr Ihrer eigenen Emotionen sein.
Ja, wenn Frau Taubert also von Selbstverliebten gesprochen hat, die sich nicht im Griff haben,
habe ich eine ungefähre Vorstellung, was Frau Taubert gemeint hat. Deswegen habe ich gesagt, ich nehme den Ball gerne auf und denke darüber nach. Ich glaube, sie hat im Nahbereich Erfahrungen sammeln müssen, die mir durchaus kulturell nicht ganz bekannt sind, deswegen beobachte ich Sie und merke, wie Sie hochgehen wie ein HBMännchen und Ihren Tweet nicht einmal aushalten, dass Sie Herrn Matschie beleidigen bei der Schulpolitik und damit alle Lehrer öffentlich annageln, öffentlich ins Rampenlicht stellen und sagen, dieser Kultusminister ist daran schuld. Ich nehme es zur Kenntnis.
Aber, Herr Voß, wenn Sie immer dazwischenrufen und sagen, die Zahlen vom Gemeinde- und Städtebund stimmen nicht, die Realitäten stimmen nicht, das, was der Gemeinde- und Städtebund aufgeschrieben hat, ist nicht zutreffend, Entschuldigung, dass ich dann als Westdeutscher mal sagen muss, jetzt verstehe ich langsam, was das mit den Beschlüssen von „Überholen ohne einzuholen“ ist und wer mir hier tatsächlich hilft zu erleben, wie es früher mal gewesen sein muss, Realitäten zu beschließen und Nicht-Realitäten abzubilden. So funktioniert das bei Ihnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, 200 Gemeinden in Thüringen …
Herr Voß, warten Sie doch, ob Sie Abgeordneter werden, ob das Volk Sie in Suhl wählt, wenn Sie genügend Geschenke dort verteilen, ob diese Methode überhaupt noch funktioniert.
Frau Ministerpräsidentin, ich habe Sie ausreden lassen, ich habe sozusagen Ihre Schönfärberei ertragen, habe dazu fröhlich gelächelt, habe gesagt, jetzt verstehe ich langsam, was meine Kollegen immer sagen, wie es früher gewesen ist.
200 Gemeinden in Thüringen, Frau Ministerpräsidentin, haben alle Rücklagen verbraucht. 200 Gemeinden! Das heißt, jede vierte Gemeinde in Thüringen hat keine Rücklagen mehr. 400 Gemeinden in Thüringen mussten 2013 den Haushalt abschließen und ausgleichen, indem sie die letzten Rücklagen verbraucht haben. Das heißt, wir fahren das gesamte demokratische System völlig auf Verschleiß, damit Sie im Wahlkampf sagen können, Sie haben keine Schulden gemacht.
Und dann, werte Frau Ministerpräsidentin, sagen Sie gestern beim Landkreistag voller Stolz und Empathie. 17 Freunde müsst ihr sein, 17 Landkreise sein, der Garant für den Erfolg in Thüringen, und reden kein Wort darüber, wie es dann mit Eisenach weitergeht, wie es mit Suhl weitergeht, wie es mit der Kreisfreiheit weitergeht.
Die waren da. Na klar waren die da, nur, der Punkt ist, die Hilfe, die Sie hätten organisieren müssen, nämlich wenn man Rückeinkreisung von Gemeinden vornimmt, gegen die Sie Gemeindebeschlüsse gefasst haben, da werde ich gleich drauf kommen, die Rückeinkreisung führt dazu, dass Suhl ausgerechnet hat und dass Eisenach ausgerechnet hat, wenn Sie wieder dem Landkreis angehören, spart als Einziger das Land, statt die Spareinnahmen für die Rückeinkreisung für die Gemeinde zur Verfügung zu stellen, damit sie ihre Aufgaben erfüllen kann. Sie haben eben gesagt, Sie haben kein Orchester geschlossen. Nein, Frau Ministerpräsidentin, Sie lassen Eisenach gerade verhungern.
Die ganze Strategie, was da passiert ist, Eisenach, das Orchester, hat einen Streiktag hingelegt, jetzt lässt man hochherrschaftlich einen Sonderbonus herausgeben und lässt ein Streichorchester in dem
Zustand 25 Prozent unter dem üblichen Tarif, die müssen jetzt irgendwie gucken, wie sie durchkommen. Die Stadt Eisenach kann das nicht finanzieren, sie kann auch nicht den Busbahnhof finanzieren, es fehlt auch der Eigenanteil. Das lassen Sie alles zu und dann kommen irgendwann wieder Geschenke, wohlfeile Geschenke, denn da muss sich jemand ranwanzen und sagen, liebe Landesregierung, habt ihr mal irgendwas, wir selber können gar nicht mehr handeln. Deswegen ist die Frage von 17 Landkreisen eine aus meiner Sicht politisch motivierte Wahlkampfstrategie, um zu sagen, die anderen wollen die Landkreise kaputtmachen. Nein, wir wollen nicht die Landkreise kaputtmachen, wir wollen, dass die kommunale Familie handlungsfähig ist.
Ihre Form von Strukturänderung hat dazu geführt, dass die Handlungsfähigkeit von innen her zerstört worden ist. Jetzt bleibe ich noch mal am Beispiel. Sie haben es voller Stolz gesagt. Die Gemeindefusionen sind von den Bürgern getragen worden.
Ja, so ist es, Herr Voß, so ist es. Na klar, das Gewerbegebiet Eisenach, ja - die Realität, Herr Voß, die Realität an den Tatsachen messen und nicht an Ihrem Geschwätz, sehr geehrter Herr Voß.
Das Gewerbegebiet Eisenach, das den Namen Eisenach trägt, gehört wem, Herr Voß, wem?
Genau, der Gemeinde Krauthausen. Und wo zahlen die Gewerbetreibenden des Gewerbegebiets Eisenach ihre kommunalen Steuern hin? Nicht nach Eisenach, aber Eisenach muss das Theater finanzieren, Eisenach muss das Krankenhaus finanzieren, muss die Schulen finanzieren, muss alles finanzieren.
Aber Sie haben zugelassen, dass Gemeinden als Kragengemeinden gegen die Stadt gebildet worden sind. Das ist Ihre Form von selbstorganisierter Demokratie und Sie gefährden damit das demokratische Gemeinwesen. Dasselbe gilt hier, sehr geehrter Herr Voß: Das Erfurter Kreuz trägt den Namen Erfurt. Sie wissen, wer die Gewerbesteuern bekommt. Das Erfurter Kreuz ist ausgelastet, komplett ausgelastet und die Gemeinde Ichtershausen - der Bürgermeister ist da, erfolgreiche Stadtpolitik, gönne ich dieser Gemeinde Ichtershausen. Ichters
hausen ist die Gemeinde, ich sage immer scherzhaft, die können jetzt
ich komme gleich auf Wachsenburg, ich weiß, wie es genau heißt -, aber Ichtershausen verlängert sich seine Laternen, damit sie noch genügend Blumenampeln dranhängen können.
Dann sagen die den Bürgern in der Gemeinde im Amt Wachsenburg: Wenn ihr mit uns fusioniert, bekommt ihr die Kita-Beiträge gesenkt. Die Frage, wie Arnstadt die Aufgaben erfüllen will, klären Sie gar nicht. Also die Frage, ob man die Region zugunsten der beiden Städte, nämlich Erfurt und Arnstadt, so sortiert, dass Arnstadt handlungsfähig ist, diese Aufgaben haben Sie nicht erfüllt. Ja, Sie haben sich um die Landkreise gekümmert, soweit die Ihr Parteibuch haben, den Rest lassen Sie faktisch vor die Hunde gehen.
Das, meine Damen und Herren, ist ein innerer Zerstörungsprozess. Da können Sie sich gar nicht aus der Affäre ziehen, das ist einfach so.
Deswegen geht es dem Landtag so gut, na klar. Wissen Sie, dass Sie so verächtlich über die Sorgen von Arnstadt reden, dass Sie so verächtlich über die Sorgen von Eisenach reden,
das, finde ich, ist das eigentlich Empörende, mit welcher Arroganz Sie hier sitzen und sagen: „Alles Unsinn, alles Unsinn!“
Die Stadträte von Eisenach können keine Entscheidungen treffen, weil sie faktisch handlungsunfähig gemacht worden sind. Die Stadträte von Gera, die um Hilfe gebeten haben, hat man ein Jahr lang in Ruhe gelassen, hat man ein Jahr in die Irre laufen lassen, nur damit Frau Dr. Viola Hahn, die auf dem CDU-Ticket Oberbürgermeisterin wurde, am Ende sagen kann, wir haben jetzt Insolvenz angemeldet. Die Frage, wie Ernst & Young mittlerweile 1,8 Mio. € aus dem Stadtwerkeverbund hat abziehen können und niemand, keine Kommunalaufsicht, niemand hat das zur Kenntnis nehmen wollen, obwohl unsere Gemeinde- und Stadträte das
deutlich angemeldet haben, deutlich gesagt haben, was da passiert.
Dann erzählt mir Herr Geibert, es gibt kein Wertgutachten für die GWB „Elstertal“, mit der man tatsächlich einen Verkauf an einen öffentlichen Träger hätte vornehmen können. Da frage ich mich nur, wofür hat Ernst & Young die Gutachten geschrieben? Nein, das ist Selbstbedienungsmentalität par excellence und Weggucken, solange es nützt, um dann hinterher zu sagen: Wir sind die Sparweltmeister und wer hat es gemacht? Dieser Finanzminister! Da sage ich: Sparen auf dem Rücken der gesamten kommunalen Familie ist eine Unverschämtheit, Herr Voß!
Wir waren beim Thema kommunale Demokratie, weil es für mich ein Demokratiethema ist. Es ist ein wirtschaftspolitisches Thema, es ist ein Regionalentwicklungsthema und es ist ein demokratiepolitisches Thema. Dazu gehört auch ein Gesetzeswerk, das Ihre Regierung in Ihrer Amtszeit auf den Weg gebracht hat: Straßenausbaubeiträge. Sie haben gesagt, Sie hätten damit eine Beruhigung erfolgen lassen, es wäre eine Beruhigung durch Ihr Regierungshandeln erfolgt.
Ja, sagen Sie. Das Erstaunliche ist, ich darf es einfach mal erwähnen, die Frage der rückwirkenden Straßenausbaubeiträge hat das Verfassungsgericht am Beispiel von Bayern geklärt. Ich habe mal von früheren Landesregierungen gehört, dass man sich an Bayern orientieren soll, wie man erfolgreiche Landespolitik macht. Das sagten jedenfalls früher immer CDU-Vertreter, wenn es darum ging. Wenn wir dann konkrete Vorschläge aus Bayern hier einmal vorgelegt haben, nämlich Vergabegesetz, hat man gesagt, so viel Bayern wollen wir hier doch
nicht. Jetzt will ich mal auf Straßenausbaubeiträge gehen, weil das für mich auch demokratiepolitisches Thema ist. Das Verfassungsgericht hat entschieden, 12 Jahre rückwirkend Straßenausbaubeiträge zu erheben, sei verfassungswidrig. Was beschließt Ihre Landesregierung? 30 Jahre rückwirkend,
faktisch 30 Jahre rückwirkend, und erst im Jahr 2021 soll die zwölfjährige Frist gelten. Selbst die Abgabenordnung kennt ein vierjähriges Verfristungsgebot und das BGB, das Bürgerliche Gesetzbuch, kennt ein dreijähriges Verfristungsgebot. Nur wenn es titulierte Forderungen gibt, darf man 30 Jahre einen Titel einklagen. Hier gibt es überhaupt keine Titel. Hier ist noch gar nichts abgerechnet. Hier werden Gemeinden mit der Landesregierung, mit der Keule eines Landesgesetzes gezwungen, gegen die Bürger 240 Mio. € einzutreiben. Sie haben das so organisiert - und das, Herr Geibert, nehme ich Ihnen übel -, dass es erst nach der Landtagswahl vollzogen werden soll.
Sie haben es mit auf den Weg gebracht, dass die Anweisungen und Empfehlungen gekommen sind, diese drohende Schuld bei den Bürgern erst nach der Landtagswahl beizutreiben, weil dann könnte der Satz, den Sie hier so wohlfeil angeboten haben, nicht mehr ausgesprochen werden, dass Ruhe eingetreten wäre. Wie kann denn Ruhe eintreten, wenn Straßen, die im vorigen Jahrtausend gebaut worden sind, von den Bürgern jetzt bezahlt werden sollen? Die Gemeinden müssen es durchsetzen, die, von denen ich gerade sprach, dass sie keine Haushalte haben, dass sie in Haushaltsnotlage sind, dass sie sich nicht erlauben können, finanziell große Sprünge zu machen. Dann sagen die Bürger, es war unser Gemeinderat. Und der kann gar nichts dafür. Der wird gesetzlich gezwungen durch Ihr Handeln. Deswegen, liebe Frau Lieberknecht, Ruhe ist hier überhaupt nicht eingetreten.
Hier ist nur ein Etikett darüber geklebt worden, wie kommen wir unfallfrei über die Landtagswahl und wie schaffen wir es, dass die Bürger gar nicht merken, dass sie hinterher brutalst zur Kasse gebeten werden. Selbst der VDGN, der zuständige Fachverband, sagt, es gibt in Deutschland kein anderes Bundesland, das ein derartiges Gesetz erlassen hat.
Natürlich haben sie es nicht gemerkt. Ich lese Ihre Gesetze und ich verstehe sie sogar, im Gegensatz zu Ihnen. Ich verstehe sie.
Entschuldigung, Frau Lieberknecht, da werde ich jetzt persönlich. Er kann schreien, wie er will.
Frau Präsidentin, könnten Sie mal den Ministern zurufen, dass ich am Reden bin.
Liebe Heike Taubert, jetzt verstehe ich langsam Ihre Bemerkung.
Einmal schreit er, ich sei ein Junge, dann sei ich ein Mann. Dann darf ich nicht ausreden. Es ist ein merkwürdiger Stil, den die CDU am Ende ihrer Amtszeit an den Tag legt. Offenkundig macht Sie die Angst davor, die Staatskanzlei zu verlassen, doch sehr nervös.
Auf diesen Friseur brauchen wir nicht eingehen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
3,28 € Stundenlohn, Friseurhandwerk. Ich glaube, da sollte sich jeder an seine eigene Nase fassen.
Frau Ministerpräsidentin, ich will das wirklich persönlich sagen. Sie haben ein Gesetz erlassen - und Sie sind die Chefin dieser Regierung -, da steht drin, dass 30 Jahre rückwirkend Straßenausbaubeiträge erhoben werden müssen. Sie müssen wissen, dass eine Aufbewahrungsfrist der Gemeinden nur für zehn Jahre existiert.
Was sagen Sie da, bitte? Das macht mich fassungslos. Also, wenn das die Haltung der Regierung ist, es ist egal, was wir für ein Gesetz machen, wir beschließen Gesetzesuntreue und sagen, wir preisen schon die Gesetzesuntreue ein. Was ist denn das, Frau Ministerpräsidentin? Da kann ich nur sagen, Sie haben fertig. Da muss man wirklich sagen, eine solche Grundhaltung gegenüber den Bürgern ist so unerträglich, dass man Gesetze schafft, bei denen man sagt, die Unterlagen zu den Gesetzen sind nicht mehr vorhanden,
sie existieren gar nicht mehr. Aber die Gemeinden sollen es vollziehen und die sollen den Beitragsbescheid erlassen. Und die Bürger müssen dagegen klagen. Erst im Klageweg kann man dann sagen, wir stoppen das. Das hätte die Regierung stoppen können und wir hätten es als Parlament stoppen müssen. Deswegen, meine Damen und Herren, auch das Thema Straßenausbaubeiträge ist eine Katastrophe, die Ihre Regierung zu verantworten hat.
Einen weiteren Bereich will ich ansprechen: das Thema Wirtschaft. Sie haben hier vorgetragen, wie wunderbar sich dieses Land entwickelt hat. Ich bin begeistert. Ich habe einmal nachgeschaut, aber wahrscheinlich wird Herr Voß jetzt wieder sagen, das sind die falschen Statistiken, die vom Statistischen Bundesamt: 15,08 € Brutto-Stundenlohn, den im Durchschnitt in Thüringen jeder Arbeitnehmer verdient, im Durchschnitt mit Arbeitgeberanteil. Das ist, werte Frau Ministerpräsidentin, das Schlusslicht aller Löhne in Deutschland. Wie Sie daraus die höchste Dynamik ableiten können - ja, wenn man vom untersten Punkt kommt und dann 5 Prozent zulegt oder 6 Prozent zulegt, dann ist das dynamisch. Aber dynamisch von nichts, dynamisch von der Position der Altersarmut, die mit eingepreist ist und bei Kenntnisnahme … Deswegen fällt mir immer so der Scherz ein, als in Amerika einmal gesagt wurde, wir haben eine Arbeitsmarktoffensive und dann meldet sich einer und sagt, ja, von den Arbeitsplätzen habe ich drei - wenn das die Haltung ist, dass wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass wir
in Thüringen 35 Prozent aller Beschäftigten als prekär beschäftigt haben; prekär heißt zeitlich befristet, niedriger Lohn, Aufstocker, alles das, woran sich Herr Kemmerich auch bereichert hat. 35 Prozent der Beschäftigten sind in der prekären Beschäftigung.
Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, zufrieden mit einem Arbeitsplatz ist das eine, die Frage der Entlohnung und der Lebensperspektive das andere. Deswegen, Frau Ministerpräsidentin, bedrückt es mich, dass 22 Prozent aller Betriebe, aller Unternehmen in Thüringen nur noch tariflich gebunden sind. Das heißt: 78 Prozent aller Betriebe in Thüringen sind nicht mehr tarifvertraglich geregelt, nicht mehr tarifvertraglich gebunden. Da erwarte ich, dass eine Landesregierung deutliche Sprache spricht. Wenn man das Hohelied auf die Tarifautonomie singt, muss man es auch deutlich machen, dass man die Tarifautonomie würdigt und dass man sie haben will und dass man sie in den Vordergrund stellt und dass Betriebe, die angeworben werden, auch danach angeworben werden, ob sie einen Tarifvertrag einhalten.
Wenn ein Betrieb nach Erfurt kommt und Tausende von Arbeitsplätzen schafft und die einzige Bedingung, die er erfüllen muss - zu Recht -, ist etwas mehr als der jetzt beschlossene gesetzliche Mindestlohn. Das hat der damalige Wirtschaftsminister in den Förderbescheid hineingeschrieben. Da hat Ihre Fraktion und auch die FDP schon geschrien und die IHK hat protestiert. Das ist aber Kannibalismus in der Branche. Ich hätte mir eine noch mutigere SPD gewünscht. Aber ich habe gesehen, wie sie bekämpft worden ist und wie alle gesagt haben, diese Sozialdemokraten zerstören die Wirtschaft. Jetzt sehen wir, dass dieser Betrieb andere Branchenbetriebe zerstört durch wirtschaftliche Macht. Wer nämlich keinen Betriebsrat hat, keinen Betriebsrat will und keinen Tarifvertrag zahlt, ist der wirtschaftlich Stärkere, der auf eine brutale Art die gesamte Branche auseinanderfledert. Deswegen ist der Tarifvertrag Versand und Einzelhandel, für den ich einmal viele Jahre gestanden habe, die Grundlage einer solchen Beschäftigung und nicht ein erfundener Begriff von dem, was sich Logistik nennt.
Deswegen ist der geringste Anteil von Mitbestimmung in geordneten Betrieben in Thüringen kein Markenzeichen, meine Damen und Herren, sondern ein Zeichen dafür, dass Demokratie in Thüringen wieder am Werkstor endet. Deswegen ist mein Credo, unser Credo: mehr direkte Demokratie. Das heißt auch Mitbestimmung, Mitbeteiligung, Tarifverträge und ein entsprechendes Ordnen von sozialen
Systemen, bei denen die Akteure der sozialen Markwirtschaft wieder gestärkt werden.
Das kann ich durchaus zumindest in der Haltung der CDU wenig bis gar nicht erkennen, dass das gemeint ist. Deswegen, meine Damen und Herren und noch einmal, Frau Ministerpräsidentin, Sie haben gesagt, die Wirtschaftsleistung in Thüringen sei so toll gestiegen; das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner - das ist ein harter Fakt, eine harte Kennzahl - ist das zweitletzte in ganz Deutschland. Bei den Löhnen sind wir Letzter und beim Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner sind wir Zweitletzter und bei dem produzierenden Gewerbe und Dienstleistungsgewerbe sind wir Zweitletzter.
Könnte man einmal dem Kollegen Höhn die Zahlen geben, die liegen da - Statistisches Landesamt und Bundesamt für Statistik.
Ja, ich wäre vorsichtig, wenn ich meine eigenen Zahlen nehme. Auch das hatten wir schon mal in diesem Land, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ach, die LDPD war daran nicht beteiligt, Kollege Barth? Nein, sie war nicht Blockpartei.
Also, meine Damen und Herren, ich bin begeistert, dass Thüringen so dynamisch ist wie Hamburg habe ich heute gelernt, ganz eindrucksvoll. Die Vermögen von Hamburg sind durchaus andere. Und die Besitzenden in Hamburg und das, was wir an Industriebesatz in Hamburg haben, sind durchaus auch andere, und wenn wir dann über das Thema Erbschaftsteuern reden, würden wir wirklich über Hamburg reden. Aber da hilft ja immer Ihre Partei dazu, dass das Thema Erbschaftsteuer nicht stringent auf die Tagesordnung gesetzt wird. Deswegen, meine Damen und Herren, Erhaltung der Kulturlandschaft, da kann ich nur sagen, das Beispiel Eisenach, liebe Frau Ministerpräsidentin, lässt grüßen. Die Orchestermusiker in Eisenach würden sich freuen, wenn Sie denn mal ein deutliches Wort ergriffen hätten, wie es denn weitergeht mit der Bezahlung in den Orchestern und Theatern. Ich glaube, dass die Frage von Kulturraumfinanzierung über den Kommunalen Finanzausgleich nicht aus
reichend geklärt ist. Die Stadt Gera, die Stadt Altenburg und der Landkreis Altenburg finanzieren das einzig übrig gebliebene Fünfspartenhaus und der Landkreis Greiz legt keinen Cent dazu. Aber die Hälfte der Besucher in Gera kommt aus Greiz. Warum ist es nicht möglich, dass sich auch die benachbarten Regionen an der Finanzierung beteiligen?
Ein letztes Beispiel: Als Erfurter sage ich mal, ich gönne es Weimar. Weimar kriegt einen Kulturzuschuss von 60 Prozent. Das ist völlig berechtigt. Aber ich würde mir wünschen, dass Erfurt dann auch 60 Prozent kriegt. Warum kriegt Erfurt 40 Prozent und Weimar 60 Prozent? Warum heißt es in Eisenach „Landestheater“ und bekommt nicht mal ansatzweise so viel Geld, um das Theater finanzieren zu können? So weit Ihr Satz, Sie haben kein Theater geschlossen. Nein, Sie haben es weiter aushungern lassen und warten dann, was nach der Wahl passiert, damit es vorher nicht bemerkt wird.
Eine letzte Bemerkung: Das Thüringer Erziehungsgeld haben wir hier mehrfach debattiert. Ich bin gespannt, wann endlich mal eine Mehrheit in diesem Landtag zustande kommt, damit dieses Erziehungsgeld, das doppelt gezahlt wird, endlich abgeschafft wird zugunsten der Kita-Finanzierung.
Ich denke, wir warten jetzt mal ab, was der Rechnungshof dazu zu sagen hat. Angeknüpft an das, was der Bund macht, wäre es längst notwendig, das Geld umzulenken zugunsten einer besseren Kita-Finanzierung.
Dann zur Energiewende, Frau Ministerpräsidentin: Sie haben voller Stolz die Energiewende genannt. Sie haben sich persönlich eingebracht, dass die HGÜ-Leitung, Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitung, in Ostthüringen nicht kommen soll. Sie haben jetzt verkündet, sie kommt anders. Ich habe jetzt nachgelesen und stelle fest, ja, sie kommt anders. Auf den Anfang kommt es an, Christoph Matschie, das würde ich sonst immer nur bei Bildung sagen. Auf den Anfang kommt es an. Jetzt startet diese HGÜ-Leitung in der neuen Planung in Mecklenburg-Vorpommern. Auf den Anfang kommt es an. In Thüringen wird sie immer noch den gleichen Weg gehen. Die Frage der Energiewende und der Energiearchitektur, liebe Frau Ministerpräsidentin, der Masterplan für die Energiewende für Thüringen, den habe ich vermisst. Ein einheitliches Handeln, dass alle Ministerien und alle nachgeordneten Dienststellen und Behörden daran arbeiten, damit wir einen einheitlichen Masterplan für die Energiewende haben, dass Energieproduktion die Wertschöpfung in Thüringen lässt und jede Region so viel Energie und Wärme selber produziert, wie sie verbraucht,
das wäre die Herangehensweise, die ich mir gewünscht hätte. Dann kommt das Beispiel, jetzt schmeißen Sie sich im Wahlkampf vor jede Bürgerinitiative, bei der HGÜ-Leitung sogar noch mit Frau Schweinsburg, der Landrätin. Der Landkreis hat sogar vergessen, überhaupt nur einen Einspruch zu erheben. Aber sie demonstrieren vorne mit, weil das so schick ist, wenn die Bürger draußen sind. Dolle Geschichte! Nur, wenn wir Investoren einladen, hierherzukommen, und das hat Ihre Landesregierung getan, wenn man mit Trianel darüber redet, ob sie Schmalwasser zu einem Pumpspeicherwerk bauen, dann - aus populistischen Gründen - in Ihrem Wahlprogramm zu schreiben, dass wir keinen Wind im Wald und kein Pumpspeicherwerk wollen, heißt ja, dass Sie über Ihr Wahlprogramm als CDU einem Investor, der über 1 Mrd. € nach Thüringen bringen will, sagen, er ist nicht willkommen, obwohl Sie ihn selber eingeladen haben. Wie gehen Sie denn mit Investoren um? Wie gehen Sie denn mit Zukunft um?
Dann kann ich sagen, ja, Trianel, das Projekt ist umstritten und wir müssen gründlich über das Projekt reden und am Ende müssen wir - da hat Trianel am runden Tisch eine hervorragende Arbeit gemacht, die haben mit allen Bürgern permanent jeden Planungsschritt erarbeitet. Wenn das jetzt umgesetzt wird, da gibt es einen Vorschlag der Grünen, den ich sehr sympathisch finde, eine Volksabstimmung in Thüringen, damit man sagt, wenn wir denn über Fernwasserpreise und über Pumpspeicherwerke reden wollten, dann soll das Volk, dann soll der Souverän entscheiden. Aber was Sie machen, Sie sagen der Geschäftsführung von Trianel im persönlichen Gespräch, nehmt das nicht so ernst, was im Wahlprogramm steht, das wird ja doch nicht umgesetzt oder jedenfalls nicht ganz. Aber in der Zwischenzeit sagt Trianel, auf der Basis kann man politisch als Investor nicht arbeiten. Da sage ich: Ja. Wer die Energiewende will, muss mit Schmalwasser ein vernünftiges Projekt haben, muss aus der stillgelegten Trinkwassertalsperre ein Energiezentrum machen, damit Geld verdient wird und auch damit der Fernwasserpreis reduziert wird. Die Bürger in Thüringen haben ein Recht darauf, dass der Fernwasserpreis als ein Element deutlich gesenkt wird. Wir haben das höchste Trinkwasserdargebot aller Bundesländer und den höchsten Wasserpreis. Den Widerspruch erklären Sie mir bitte mal. Ich verstehe ihn nicht, die Bürger verstehen ihn nicht, die Industrie und die Wirtschaft verstehen ihn nicht, das ist ein Standortnachteil. Da kann ich nur sagen: Vielen Dank, CDU. 24 Jahre haben Sie hier die Richtlinienkompetenz gehabt. Es bleibt übrig der höchste Schuldenberg - vielen Dank, CDU und es bleibt übrig eine zertrümmerte Energielandschaft, bei der Investoren vor das Land gejagt werden, weil Sie in billigem Populismus - kein Wind im
Wald, keine HGÜ-Leitung, wenigstens nicht in Thüringen, Hauptsache, sie kommt in Sachsen. Man sollte Ihnen den Heiligen Sankt Florian verleihen, liebe Frau Ministerpräsidentin. Das ist bitte im Wahl...
Das kann ich Ihnen sagen, liebe Frau Ministerpräsidentin, mit Frau Enders rede ich regelmäßig. Sie haben immer geschwiegen. Hier im Landtag haben Sie immer geschwiegen. Frau Enders hat den konsequenten Weg mit den Bürgern begangen und klagt derzeit beim Bundesverfassungsgericht,
ob die - ja, aber Sie haben doch als Ministerpräsidentin dazu geschwiegen. Jetzt berufen Sie sich doch bitte nicht auf Frau Enders, die heute Landrätin ist und vor den Bürgern gestanden hat,
mit den Bürgern gekämpft hat und den Bürgern immer wieder gesagt hat, es geht nicht darum, die Leitung nicht hier zu bauen, sondern es geht darum, eine andere Energiearchitektur zu haben. Und dann muss für jede Leitung nachgewiesen werden, ob sie überhaupt gebraucht wird. Im Moment kommen die Investoren der Hochspannungsgleichstromübertragung und sagen, für 7 bis 9 Prozent Garantierendite bauen wir durch das Land zehn Leitungen, Hauptsache, die Rendite stimmt.
Dazu, liebe Frau Ministerpräsidentin, haben Sie in der MPK-Runde, als Sie Vorsitzende waren, geschwiegen. Ihr Land hat dazu geschwiegen, es gibt keine Einsprüche. Es gab keinen Einspruch, als das Bundesgesetz zum Ausbau von Energieleitungen kam, das sogenannte EnLAG - Energieleitungsausbaugesetz -, dagegen klagt nämlich Frau Enders. Sie hat Sie immer wieder eingeladen, auch, als sie noch hier im Landtag war, mit ihr gemeinsam den Kampf zu führen. Sich jetzt hinter Frau Enders zu verstecken, um in Ostthüringen gegen die Hochspannungsgleichstromleitung zu protestieren, das ist der Heilige Sankt Florian. Sie schmeißen sich im Moment nur vor Bürgerinitiativen, wenn Sie glauben, damit Wahlkampf machen zu können. Hören Sie auf, den Wahlkampf auf dem Rücken der Bürger und mit den Ängsten der Bürger zu machen.
Laden Sie die Bürger ein zur Energiewende und lassen Sie uns dafür sorgen, dass Energiegenos
senschaften, Bürgergenossenschaften selbst anfangen, den ländlichen Raum zu füllen. Deswegen, meine Damen und Herren, ich glaube, es wird Zeit, dass nach 24 Jahren der Richtlinienkompetenz der CDU der Wähler entscheiden sollte, wie der Weg in Zukunft ist. Ich finde, liebe Frau Ministerpräsidentin, zur Demokratie gehört der Wechsel. Und der Wechsel hat es auch in sich, dass man der CDU gestattet, sich in der Opposition zu erholen. Vielen Dank.
Werte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte den Hinweis vom Kollegen Mike Mohring noch einmal aufgreifen und darf auch im Namen meiner Fraktion mich bei allen fünf Fraktionen für die fünfjährige streitige, aber sehr demokratisch geprägte Parlamentsarbeit bedanken.
Ich möchte, und deswegen bin ich jetzt noch einmal vorgegangen, mich bei allen fünf Fraktionen für den heutigen Tag bedanken, einmal unabhängig von der Debatte um die Regierungserklärung, wo wir uns nicht immer einig waren. Gut, das gehört zum Streit von Demokraten, unterschiedliche Sichten zu zeigen. Aber dass fünf Fraktionen heute gemeinsam draußen gestanden haben und Antidemokraten das Gesicht gezeigt haben, dafür meine hohe Anerkennung, meinen Dank an alle hier im Haus.
Während wir hier die ernsthafte Diskussion geführt haben, haben Mitglieder aus fünf Fraktionen draußen auf der Treppe gesessen und deutlich gemacht: Dieser Landtag, dieses Parlament ist das Hohe Haus der vom Volk gewählten Abgeordneten und wir lassen es nicht für Wahlkampfzwecke beschmutzen. Meinen ganz persönlichen Dank für die, die draußen gesessen haben, und deshalb auch am Abschluss der spannenden Debatte eben auch ein guter Tag für die Demokratie. Hoffen wir, dass die Wählerinnen und Wähler so klug entscheiden, dass Menschen, die die Demokratie zerstören wollen, hier im Hohen Haus keinen Platz bekommen. Vielen Dank.
Herr Minister, die zweite Person, die Sie eben benannt haben, die aus dem vermischten Sachaufwand finanziert wird, kommt von einer ausleihenden Stelle, die - wie mir auf meine Nachfrage geantwortet wurde - kein Personaldienstleister ist und offenkundig auch nicht die Konrad-AdenauerStiftung wie offenkundig bei der ersten Person. Haben Sie Kenntnis davon, ob die ausleihende Stelle berechtigt ist, überhaupt Personaldienstleistungen im Sinne einer Rechnungsstellung gegenüber dem Land in Rechnung stellen zu dürfen?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in der Zwischenzeit das Band noch einmal angeschaut, was der Antrag war.
Der Herr Barth hat offenkundig vergessen, was er beantragt hat. Er hat beantragt, die Herbeirufung des zuständigen Mitglieds der Landesregierung oder eines Mitglieds der Landesregierung, wörtlich, kann man nachlesen. Wir haben es jetzt gerade noch einmal nachgeschaut. Daraufhin hat die Präsidentin abstimmen lassen über die Herbeirufung eines Mitglieds der Landesregierung. Also insoweit hätte jedes Mitglied der Landesregierung als herbeigerufen gegolten haben können.
So weit zum Thema Protokoll und protokollarische da muss man nicht warten, bis man auf Hugo Chávez kommt oder Tote anruft. Da muss man auch kein Marxismus/Leninismus-Studium haben. Da muss man nur gesunden Menschenverstand haben und noch einmal nachschauen, was hier gesagt worden ist, beantragt worden ist und wie die Geschäftsordnung ist.
Und eine zweite Anmerkung will ich schon machen, sehr geehrter Kollege Heym: Was ist so schädlich an einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung von internationalen Firmen? Wenn sich internationale Firmen auf gleicher Augenhöhe zivilrechtlich in Schiedsverfahren verständigen, völlig einverstanden. Wenn zwei Konzerne auf der Welt einen Vertrag miteinander abschließen, wo bestimmte Fragen mit Schiedsverfahren geregelt werden, ist das ihre private Angelegenheit. Das Handelsabkommen, über das wir hier reden, sieht aber etwas anderes vor. Also erst einmal, dass die zuständigen Abgeordneten im Europaparlament die Unterlagen überhaupt nicht bekommen, dass sie in einem Geheimraum nachschauen können, dass der Berichterstatter …
Das ist doch klar. Und das, was man bisher weiß aus dem Welthandelsabkommen mit Canada - da wird diese Praxis nämlich praktiziert -, da ist es so, dass die Standards, die nationalen Standards, die Parlamente erlassen, zum Gegenstand der zivilen
Schiedsverfahren werden sollen. Und damit entmächtigt man vom Volk gewählte Parlamente. Das halte ich für ein Riesenproblem, halte ich für einen schweren Fehler,
weil wir damit entrechtlichen. Es ist nicht so, dass der Konzern A gegen den Konzern B dann zivilrechtlich vorgeht, sondern der Konzern A moniert, dass er einen Gewinnverlust hat, weil in dem Absatzgebiet der Nation B die nationalen Standards andere sind, die er nicht einhalten kann, weil - das Beispiel Chlorhähnchen ist genannt worden - Chlorhähnchen bei uns nicht gewünscht sind, wir sie nicht wollen, wir auch dazu keine Gesetze machen würden, aber dann kann die amerikanische Geflügelindustrie sagen oder der Konzern gegen den entsprechenden Konzern in Europa: „Wir durften das nicht bei euch ausliefern, uns entgeht ein Gewinn.“ Und das Ganze wird dann in zivilrechtlichen Schiedsverfahren verhandelt und es werden dann größere Geldmengen notwendig, um den Gewinn, der dort angeblich entgeht, zu realisieren. Damit verschieben sich die Ebenen von parlamentarischer Auseinandersetzung. Wenn das der amerikanische Staat mit uns machen würde und wir mit dem amerikanischen Staat auch machen könnten, dann hätten wir eine andere Augenhöhe. Oder wenn es denn „Wiesenhof“ wäre gegen irgendeine amerikanische Firma, weil sie miteinander einen gemeinsamen Vertrag haben, dann sollen die machen, was sie wollen. Aber man soll uns nicht über ein Welthandelsabkommen zwingen, dass wir unsere Standards, die nationale Parlamente beschließen, über zivile Gerichtsverfahren bzw. außergerichtliche Verfahren - es sind ja gar keine Gerichtsverfahren -, über zivile Schiedsverfahren zur Kapitalisierung führen, die dann denjenigen bevorteilen, der die Standards in seiner Heimat überhaupt nicht hat und den sie auch gar nicht interessieren, denn dann entmächtigen wir uns alle, wie wir hier sitzen. Insoweit kann ich mit dem von Ihnen vorgetragenen Satz, dass das alles kritisch zu hinterfragen ist, gut leben, aber ich will einmal deutlich sagen, dass Kollegin Scheringer-Wright darauf hingewiesen hat, was das in der Mechanik bedeutet, wenn sich der wirtschaftlich Mächtige einseitig auf der Welt durchsetzen kann und wir als Parlament am Ende ohnmächtig sind. Das ist das, was in dem Welthandelsabkommen im Moment zumindest bekannt geworden ist. Prüfen können wir es alle nicht und deswegen müssen wir uns einmischen. Ich würde mir wünschen, dass wir auch entsprechend als Parlament unser Veto einlegen, dass auf einmal über unsere Köpfe hinweg etwas außerhalb von Gesetzgebungsverfahren und außerhalb von Gerichtsverfahren von irgendwelchen Rechtsanwaltskanzleien der Welt hinter verschlossenen Türen ausgehandelt wird. Darum geht es, glaube ich, und das muss unser gemeinsames Anliegen sein. So habe ich Ihren
Satz auch verstanden. Wenn wir uns darauf verständigen könnten, dann würde ich auch mit „Hugo“ Barth leben können und sage danke schön.
Werte Kolleginnen und Kollegen, ich sehe, der Minister ist auch von der Pressekonferenz zurückgekehrt, auf der er interessante Einblicke zur Weiterbearbeitung der Kali-Verträge gemacht hat.
Zum Thema der Aktuelle Stunde habe ich zwischenzeitlich gelesen, dass sich Herr Minister Reinholz für seine Worte entschuldigt hat oder um Entschuldigung gebeten hat, also mitgeteilt hat, dass es ihm im Eifer des Gefechts herausgerutscht sei. Es bleibt aber die Feststellung, dass es ihm herausgerutscht ist, denn nur was man im Kopf hat, kann
man herausrutschen lassen. Dann bleibt die Frage: Wie gehen wir eigentlich in Thüringen mit Menschen um, die sich in einem Gemeinderat, in einem Kreistag, in einer Gemeindeverwaltung über eine Regionalentwicklung Gedanken machen und dann ein Minister sagt, Menschen, die anderer Meinung sind, sollten doch am besten in die Karibik gehen? Nichts gegen die Karibik, aber, lieber Herr Minister Reinholz, ich wäre doch schon daran interessiert, dass die Menschen hier blieben und dass wir sie einladen, hier zu bleiben.
Vor allen Dingen wäre ich sehr daran interessiert, dass wir noch mehr Menschen einladen, hierher zu kommen, um hier zu bleiben. Es sind immerhin 35 Menschen, die jeden Tag netto dieses Land verlassen haben und wir können auch auf keinen Bürger aus Immelborn, Immenrode verzichten. Immelborn ist eine andere Geschichte, darum könnten Sie sich auf dieser Seite noch mal kümmern, da gibt es einen anderen Minister, der sich den Realitäten verweigern will. Dem rutscht dann auch mal irgendwas heraus.
Aber ich bleibe dabei, der Anlass einer Schweinemastanlage führt dazu, dass in den Regionen die Bürger mittlerweile aufgeschreckt sind. Der Ort Immenrode ist schon mit zwei großen Anlagen ausgestattet und die Bürger fragen sich: Ist es wirklich richtig und adäquat, dass eine dritte oder vierte dort noch angesiedelt wird? Das ist eine Diskussion, die die Bürger dort führen. Ich finde, wir sollten Respekt vor den Bürgern haben, die sich darüber Gedanken machen.
Es gibt eine zweite Nachricht, die uns aus dem Nachbarbundesland ereilt, das ist in Sachsen-Anhalt, wo in Bernburg ein italienischer Investor einen Großschlachthof plant, bei dem offizielle Zahlen sagen, 15.000 Schweine am Tag, 365 Tage durch. Die internen Zahlen sagen derzeit 28.000 Schweine pro Tag, auf 365 Tage sind das über 10 Millionen Tiere. Kollege Primas, wenn Sie dann so machen - ich als gelernter Lebensmittelkaufmann sage: Es ist ein Punkt erreicht, bei dem wir über Kreatürlichkeit und über natürliches Leben in der gesamten Kette endlich anfangen müssen zu reden. Wenn nämlich die Form der Verarbeitung immer größere Zuchtanlagen auslöst, wenn die Frage der Millisekunden zur Verarbeitung all dieser Tiere von der Geburt an bis zum Schlachten immer mehr unter Effizienzgesichtspunkten betrachtet wird und wenn in dieser Kette in den deutschen Schlachthöfen mittlerweile sklavenartige Arbeitsverhältnisse von rumänischen und bulgarischen Zeitarbeitnehmern stattfinden, dann geht hier etwas gründlich schief.
Dann muss man diese Fragen wirklich miteinander stellen und mit den Bürgern zusammen erörtern.
Dass Sie sich noch lustig machen, Herr Gnauck, finde ich erbärmlich. Dass Sie in dem Zusammenhang von Roma reden, finde ich einfach erbärmlich,
aber das passt einfach zu dem, wie Sie sich verhalten. Ich rede von Menschen, die in Schlachthöfen ausgebeutet werden und der Schlachtindustrie, die mittlerweile immer größere Dimensionen einnimmt und die uns dazu bringt, dass der Lebensmittelpreis, der Fleischpreis in keiner Relation mehr dazu steht, was an Werten dahinter in der gesamten Kette eigentlich zu beachten ist.
Deswegen bin ich bei einem gewissen Maß skeptisch, wenn die Zuchtanlagen immer größer werden, selbst wenn ich weiß, dass in vielen dieser Anlagen ordentlich gearbeitet wird. Nicht jeder Großviehbestand ist automatisch eine riesige Fleischmaschine. Den Unterschied weiß ich schon, indem ich ab und zu mal hineingehe und mit den Produzenten rede, weiß ich auch wie die Bedingungen sind. Wenn aber die Bedingungen einseitig immer weiter verändert werden und wenn ein solcher Massenbetrieb, wie der in Bernburg geplante, dazu führt, dass die Nachgeordneten ihre Bedingungen immer weiter reduzieren müssen, dann sollten wir darüber reden, ob der Fleischkonsum in unserem Land nicht ein viel zu teurer Preis ist. Das ist nicht nur eine Frage, die Vegetarier angeht, sondern uns alle, vom sozialpolitisch denkenden Menschen angefangen bis zum regionalpolitisch aktiven Menschen, ob alles, was möglich ist, wirklich zulässig sein sollte.
Deswegen begrüße ich ausdrücklich, dass sich die Bürger von Immenrode Gedanken darüber machen, ob dieser Entwicklungsprozess richtig ist.
Deswegen, werte Kolleginnen und Kollegen, finde ich es erstaunlich, dass dem Minister ein solcher Satz herausgerutscht ist. Selbst wenn er für den konkreten Satz um Entschuldigung gebeten hat, finde ich es inakzeptabel, Bürgern zu sagen, sie sollen in die Karibik gehen, wenn sie anderer Meinung sind. Vielen Dank.
Werte Kolleginnen und Kollegen, zuallererst möchte ich begrüßen auf der Zuschauertribüne die KaliKumpel von Bischofferode
und den Bürgermeister von Menteroda, Gerhard Jüttemann und die Kollegen, die betroffen sind von dem, was wir heute hier zu diskutieren haben. Und es ist mir eine besondere Freude, auch Herrn Peine heute hier begrüßen zu können - Herr Peine, seien Sie herzlich willkommen!
Werte Kolleginnen und Kollegen, wir haben diese Aktuelle Stunde beantragt, weil in der „Thüringer Allgemeinen“ eine ganze Fortsetzungsserie zum Thema Fusionsvertrag und Kali-Auseinandersetzung Bischofferode zu lesen war. Man konnte dort lesen, dass in einem Ministerium ein kompletter Aktenberg vorhanden gewesen sein soll, der einem anderen Ministerium zugestellt werden sollte, und ähnliche Dinge. Das war der Anlass, warum wir gesagt haben, wir hätten gerne als Parlament Klarheit, da wir als Parlament der Haushaltsgesetzgeber sind und über alle Konsequenzen jeweils zu entscheiden haben, die auf diesen Verträgen basieren. Also der Kali-Verschmelzungsvertrag, soweit er dem Rahmenvertrag der Altlastenfreistellung unterliegt, ist Gegenstand intensiver Beratung hier im Hohen Haus und auch in Zukunft wird es darum gehen, dass wir Altlasten finanzieren müssen, die auf diesen Verträgen basieren. Bisher war es immer so, dass der Thüringer Landtag keine Gelegenheit hatte, den kompletten Kali-Verschmelzungsvertragstext, den kompletten Text lesen zu können, um ihn in der eigenen Arbeit bearbeiten zu können. Es gibt sicherlich auch interessierte Menschen in der Öffentlichkeit, die sehen möchten: Um was ist es eigentlich historisch gegangen? Aber uns als Parlamentariern ist es immer darum gegangen, abschätzen zu können, ob die Entscheidungen, die wir getroffen haben und die wir noch treffen müssen, auf
solidem juristischen Fundament basieren oder ob möglicherweise der Freistaat Thüringen über den Tisch gezogen worden ist, unabhängig von den bitteren Opfern, die die Kali-Kumpel von Bischofferode erleiden mussten und alle Kali-Kumpel, deren Betriebe und Werke geschlossen worden sind. Das ist schon ein Drama, das vor 20 Jahren massiv Thüringen beeinträchtigt und die Thüringer Region geschädigt hat.
Aber wenn wir jetzt, nachdem der Thüringer Landtag 2011 einstimmig beschlossen hat, dass der Landtag endlich diese Dokumente zur Kenntnis nehmen möchte, um sie bearbeiten zu können, um die eigene Arbeit darauf aufbauen zu können, nachdem wir jetzt in der Zeitung lesen, die Landesregierung soll die Verträge haben und es gibt eine Video-, eine Fernsehsequenz, in der Herr Illert 1998 bei einer Anfrage der Kollegin Dagmar Becker von der SPD zitiert wird, dass sie den gesamten Vertrag gehabt hätten. Zwischen haben und hätten liegt irgendwo die Wahrheit.
Deswegen haben wir die Sonderplenarsitzung beantragt, um der Landesregierung die Bitte zu übermitteln, für Klarheit zu sorgen. Wir sind nicht hier, um Geschichtsaufarbeitung zu machen - da hat jeder von uns eine eigene Sicht -, was vor 20, vor 25 Jahren passiert ist und ob es wirklich richtig und sinnvoll war, die Kali-Reviere in den neuen Bundesländern einfach zu schließen, zu schleifen und es einem einzelnen westdeutschen Konzern zu überlassen, über die Zukunft von uns allen und von den Menschen in den Regionen allein zu bestimmen. Das ist eine Betrachtung, die in die zeithistorische Dimension gehört. Aber über die Frage, ob wir Altlastenfreistellung in Zukunft absichern, ob wir möglicherweise bis zu 2 Mrd. € noch absichern müssen, die in die Sicherung der Gruben gesteckt wird mit Ewigkeitsgarantie, da hätte ich das Bedürfnis, dass wir als Abgeordnete uns eigenständig sachkundig machen.
Deswegen war die Bitte an die Landesregierung, wenn es irgendwie geht, für Klarheit zu sorgen. Dann kam die jähe Wende am Montag, indem eine Mehrheit von Fraktionen - ich weiß nicht wer alles, ich habe jetzt Kenntnis von den Fraktionen FDP und GRÜNE, wir haben zusammen gesessen, Werner Pidde hat mir später signalisiert, dass bei ihnen auch ein Aktenordner eingetroffen ist, ich weiß nicht, ob ein Aktenordner bei der CDU eingegangen ist -, jedenfalls sind nach meinem Kenntnisstand vier von fünf Fraktionen mit Material versehen worden, in das ein 62-seitiger Kali-Fusionsvertrag, Verschmelzungsvertrag beigeheftet ist. Deswegen haben wir nach der Aktualität den Entschließungsantrag modifiziert und darauf aufgebaut und sagen, es
muss jetzt geprüft werden, ob die vorhandenen Materialien aus einem Ministerium stammen. Da ist die Frage der Anzeige zur Kenntnis zu nehmen, die Herr Gnauck angekündigt hat. Aber die Frage, die viel spannender für uns als Abgeordnete ist: Liegt irgendetwas von diesem Material in den Ministerien vor, wenn ja, wo? Darüber muss heute geredet werden und, liebe Frau Ministerpräsidentin, für Klarheit gesorgt werden, denn es geht nicht darum, ob Kali+Salz noch irgendwelche Geheimverträge offenlegt, sondern es geht um die Frage, ob das Parlament endlich in die Lage versetzt wird, seine originären Aufgaben eigenständig zu erfüllen. Dafür muss jetzt endlich die Transparenz geschaffen werden. Vielen Dank.
Werte Kolleginnen und Kollegen, ich habe den Sofortbericht mit Respekt zur Kenntnis genommen und will ausdrücklich sagen, ich kann das Vorgetragene gut nachvollziehen. Auf dem Informationsstand, den wir in der vergangenen Woche debattiert haben und der uns veranlasst hat, den Antrag zu stellen, war das erst mal eine exakte Wiedergabe von dem, was man auf, sagen wir mal, „lustige Art“ in der „Thüringer Allgemeinen“ lesen konnte, aber man nicht ganz einordnen konnte, ob ihr ein neues Postversandsystem ausprobiert oder ob man Rohrpost schicken sollte oder Ähnliches.
Klar geworden ist, es ist eine heiße Kartoffel und jeder schiebt sie zu jemand anderem. Aber auch das kann ich bei dem Gegenstand, um den es geht, erst einmal nachvollziehen. Ich glaube aber, dass man und ich will es jetzt auch deutlich öffentlich wahrnehmbar tun -, indem ich mich auch ein bisschen korrigiere, indem ich sage, es geht nicht um die Veröffentlichung und ich sage, in dem Ursprungsantrag steht, DIE LINKE fordert von der Landesregierung die Veröffentlichung. Das würde ich nach Kenntnis der Information, wie wir es jetzt in den Fraktionen haben, zurücknehmen und präzisieren. Es muss einen Verfahrensweg geben, wie wir zwischen Regierung und Parlament die vorliegenden Dokumente bearbeiten und bewerten können. Ob am Ende eine Veröffentlichung von allem oder Teilen herauskommt, muss das Parlament entscheiden. Die Regierung ist hier eher diejenige, die damit rechnen muss, Schadensersatzforderungen von Kali+Salz zu kriegen. Ich glaube, dass uns das nicht weiterhilft. Das wäre ein Nebenkriegsschauplatz, der von dem eigentlichen Thema ablenken würde, was unsere Motivation ist, auch heute so intensiv zu thematisieren, und warum wir es weiterhin thematisieren. Es hilft nichts, die Annahme dieser Akten zu verweigern. Es hilft nicht. Wenn die Forderung stehen würde, bitte, liebe Landesregierung, übernehmt diese Akte, um sie zu veröffentlichen, dann würde ich wieder die Reinholz‘schen Ausführungen akzeptieren, aber wenn die Aussagen der Landesregierung stimmen, wir wollen prüfen und bewerten, ob dieses Material aus der Landesregierung stammt, dann müssen Sie die Akte entgegennehmen. Wie wollen Sie es denn sonst prüfen? Mit Herrn Gnauck habe ich gestern mehrfach telefoniert, wir haben uns immer wieder intensiv verstän
digt und es ist weniger eine Konfrontation Landesregierung - Opposition, sondern eine Konfrontation, wie gehen wir mit der Situation um und wie kommen wir zu einem Ergebnis, das uns operationell hilft? Deswegen habe ich zur Kenntnis genommen, dass Herr Gnauck gestern in der Pressekonferenz zu den Journalisten gesagt hat, das ist wie bei Herrn Friedrich und er möchte nicht in die Situation kommen wie Herr Friedrich. Herr Gnauck, es gibt nur einen Unterschied: Der Herr Friedrich hat etwas gewusst, das er erzählt hat. Das hätte er nicht erzählen dürfen. Deswegen hat er möglicherweise ein Geheimnis verraten. Wollen Sie damit sagen, Herr Gnauck, dass Sie ein Geheimnis kennen?
Da müssten wir die Offenlegung des Geheimnisses verlangen, weshalb Sie das mit Herrn Friedrich verglichen haben. Deswegen meine Anmerkung.
Die zweite Geschichte ist, Sie erstatten Strafanzeige gegen unbekannt wegen Geheimnisverrat. Das kann ich nachvollziehen, haben wir auch telefonisch besprochen. Also es ist ja nicht so, dass ich das jetzt irgendwie kritisiere. Ich will nur sagen, wie wollen Sie denn feststellen, ob es ein Geheimnisverrat ist, wenn Sie die Akte einfach nicht annehmen? Ich habe sie Ihnen angeboten. Ich habe gesagt, nehmen Sie die Akte und ich will es noch einmal präzise sagen, damit es auch im Protokoll steht und jeder gehört hat: Die Übergabe der Akte zielt nicht auf den Wunsch, dass Sie sie veröffentlichen, sondern die Übernahme der Akte zielt zu dem Wunsch, das Parlament zu beteiligen und in der Regierung zu klären, ob sich diese Dokumente, die in der Akte sind, im Umweltministerium befinden. Laienhaft - ich bin nicht der Umweltminister - komme ich zum Ergebnis, wenn ich Blatt für Blatt durchblättere, es muss aus dem Umweltministerium sein. Aus dem Wirtschaftsministerium kann es nicht sein. Es sind sämtliche Altlasten-Rahmenverträge drin, Altlasten-Bearbeitungsstände, es sind lauter einzelne Entwicklungsstände einschließlich der vertraulichen Unterlagen zu Merkers. Nach meinem Kenntnisstand sind die Merkers-Unterlagen nie an das Parlament gegangen, also müssen sie aus einem Ministerium kommen, wo die Merkers-Unterlagen liegen und am Ende liegt der 62-seitige Vertrag Kali-Fusion drin und jetzt komme ich zu dem Argument, dass Kali+Salz Schadensersatz, Unterlassungsanspruch und Ähnliches öffentlich geltend macht. Das kann Kali+Salz nur gegenüber Personen machen, die unberechtigt den Vertrag veröffentlichen würden. Da ich den Anspruch nicht erhebe oder nicht mehr erhebe, dass Sie ihn veröffentlichen sollen, sondern wir ihn bearbeiten wollen, und zwar zwischen Regierung und Parlament, zwischen den Ausschüssen im Parlament, die basierend auf den Unterlagen Entscheidungen treffen müssen, und die kann man nur treffen, wenn man die Informationen kennt. Da will ich noch einmal auf diese
Klausel, die offenkundig - Herr Reinholz hat es angesprochen - Prof. Herz geprüft hat, nämlich die Klausel, ob eine rechtlich bindende Geheimhaltungsverpflichtung in dem Vertrag drinsteht. In der Tat steht drin, sie darf nicht Dritten gegenüber offengelegt werden. Die Frage ist, wer ist Dritter? Ich habe Herrn Reinholz genau zugehört. Sie haben gesagt, der Artikel 16.7 hat dem Umweltministerium und dem Landesverwaltungsamt vorgelegen. Herr Reinholz, ich frage, ob ich das richtig gehört habe.
Meine Frage ist, ob 16.7 vorgelegen hat, denn - ich will es auch sagen - es geht mir gar nicht darum, hier jetzt eine Examinierung zu machen, sondern hier in der Akte ist auf einmal der 16er drin, ohne den 16.4, den 16.5 und ohne den 16.7. Das ist in der Akte. Da ist für mich die Frage: Ist das das Material aus dem Umweltministerium? Das wäre doch eine spannende Frage. Ich kann das doch gar nicht beantworten, weil der 16.7, meine Damen und Herren - und jetzt muss ich etwas tun, bei dem mich Kali+Salz dann möglicherweise verklagt, das ist mir auch völlig egal, denn wenn ich das Parlament darüber nicht informieren darf, können wir immer nur gebetsmühlenartig entgegennehmen, dass wir zur Geheimhaltung verpflichtet sind -, ist die Bund-Länder-Regelung in dem Kali-Verschmelzungsvertrag. Da heißt es: „Die Vertragsparteien nehmen zur Kenntnis, daß die Treuhandanstalt beabsichtigt, im Zusammenhang mit den ihr obliegenden Verpflichtungen zur Umweltaltlastenfreistellung gemäß den Bestimmungen dieses Rahmenvertrags die ihr in dem in Anlage 15 enthaltenen Beschluß des Bundes und der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vom 22. Oktober 1992 zustehenden Rechte in vollem Umfang zu wahren und durchzusetzen.“ Das heißt, in dem Kali-Verschmelzungsvertrag, wo drei Parteien, nämlich die Mitteldeutsche Kaliindustrie, die Treuhandanstalt und die Kali+Salz AG einen Vertrag schließen, stehen wir auf einmal in Artikel 16.7 explizit drin, und zwar in der Wahrung unserer Rechte, und zwar zum Thema Altlastenfreistellung. Das ist das Thema, das 1998 dann zum Rahmenvertrag geführt hat,
- zum Generalvertrag, ja -, zur Altlastenfreistellung im Rahmen des Generalvertrags. 1992 gab es aber eine gültige Regelung zur Altlastenfreistellung. Die in dem Jahr 1992 verhandelten anderen Freistellungen waren zum Beispiel bei der Wismut 100 Prozent Freistellung. Der Bund, Egon, hat 100 Prozent aller Kosten von Wismut übernommen. Da ist das Land mit nichts beteiligt. Die Frage von Elf Aquitaine ist mit 80/20 geregelt worden. Dann gab es
Varianten mit 70/30 und 60/40, aber in jedem Fall immer mehr als 50 Prozent, die der Bund zu übernehmen hatte. Deswegen insistiere ich so darauf und sage, wenn in der gültigen Regelung des KaliVerschmelzungsvertrags steht, dass unser Rechtsanspruch zu wahren ist, und zwar der Rechtsanspruch vom 22. Oktober 1992, dann ist für mich die Frage, ob ein Mitglied des Haushaltsausschusses nicht diese Frage gestellt hätte bei dem Globalvertrag, bei dem Rahmenvertrag, ob oder durch was der eine Rechtstatbestand jetzt auf einmal durch einen anderen Rechtstatbestand abgelöst wird. Die Nachfrage konnten die Kollegen Abgeordneten nicht stellen. Dafür, liebe Regierung, egal wer dafür damals verantwortlich war, haftet die Regierung, wenn man das in der Zuordnung machen will. Die Regierung hat damals dafür gesorgt, dass das Parlament diesen Artikel 16 nicht vorgelegt bekommen hat. Dem Landesverwaltungsamt lag er vor. Die Frage, ob der 16.7 vorlag, die habe ich eben gestellt, weil er in der Akte nicht drin ist, da ist nur 16.2 und - ich müsste jetzt nachschauen.
Deswegen war mein Anliegen und das habe ich Herrn Gnauck gesagt, nehmen Sie doch die Akte, einmal um der Prüfung willen, ist Geheimnisverrat gemacht worden, das kann ich nur prüfen, wenn ich die Akte entgegennehme und Blatt für Blatt durchsehe und nachschaue, ob dieses Material im Umweltministerium vorliegt. Zweitens - das ist der viel spannendere Teil, mit dem wir uns auseinanderzusetzen haben -, wie gehen wir damit um, dass Kali+Salz glaubt, von uns mit Ewigkeitsgarantie die Altlastenfinanzierung zu bekommen. Wir haben die Zahlung eingestellt, Herr Reinholz, dann haben wir sie irgendwann unter Vorbehalt wieder aufgenommen, weil wir sagen, ihr habt da einen Vertrag gemacht oder wir sind in eine Vertragssituation gekommen, bei dem wir zahlen, zahlen, zahlen müssen und der Bund sagt, geht uns nichts an. Kali+Salz sagt, aber wir geben euch vor, was irgendwie zu machen ist, also, was weiß ich, Wassereinbruch in Springen oder sie sagen, zu DDR-Zeiten sind die Stempel zu klein gebaggert worden, das Deckgebirge ist nicht mehr stabil und dann fahren die immer runter und verschieben Steinsalz oder ich weiß nicht was, um die Bergsicherheit herzustellen und wir zahlen. Der Haushaltsausschuss von uns muss immer freigeben ohne die Frage stellen zu können: Hätten wir einen anderen Rechtsanspruch? Damit, Herr Reinholz und Herr Gnauck, kommt eine zweite Frage. Wenn müsste man doch die Frage stellen: Wer hat den 16 und den 17 dem Land zur Verfügung gestellt? Kali+Salz war das doch keinesfalls. Warum sollte Kali+Salz uns einen Teil aus ihrem Vertrag zur Verfügung stellen, die zwei Artikel?
Genau, darauf will ich hinaus. Wenn die zweite Partei, nämlich der Bund oder der Beauftragte des Bundes uns mit relevanten Informationen nicht versorgt und uns darüber im Unklaren lässt, wie die Vereinbarungen getroffen werden und wir im Zuge dieser Vereinbarungen in Zukunft für 2 Mrd. den Kopf hinhalten müssen, dann will ich wenigstens die Frage geprüft haben, ob wir dort arglistig getäuscht worden sind.
Da muss doch erlaubt sein, diese Frage zu formulieren. Da müssen wir uns doch die Zeit nehmen, diese Unterlagen alle noch einmal daraufhin zu prüfen, ob möglicherweise gewichtige Teilinformationen, nämlich die Rechtsablösung des Rechtsanspruchs auf Freistellung von 1992 ersetzt worden ist durch einen Globalvertrag, mit dem man uns 500 Mio. DM damals überwiesen hat und gesagt hat, ihr kriegt den Fonds. Jetzt kann man über den Fonds reden, was man will, kann sagen, er ist handwerklich damals schlecht gemacht worden. Das kann man gern tun, das ist aber nicht mein Argument, denn ich hätte einen Fonds eingerichtet und hätte gesagt, wenn der Fonds leer ist, müssen alle wieder reinzahlen. Aber es steht drin, wenn der Fonds nicht leer ist, können wir den Überschuss behalten, das war offenkundig die Motivation, und wenn er leer ist, müssen wir zahlen, weil wir gehofft haben, dass wir es vielleicht billiger hinkriegen. Also wenn das die Motivation war, wäre der Vertrag schlecht gemacht.
Aber tatsächlich ist es so, dass jetzt einfach Kali+Salz sagt, wir haben Jahr für Jahr das Geld zu kriegen. Nach meiner Tabelle sind es rund 20 Mio., die sie im Jahr von uns überwiesen bekommen. Da ist die Frage, ob wir als Haushaltspolitiker und als Parlamentarier nicht das Recht haben, alle Rechtstatbestände zu prüfen, die diesem Zahlungsanspruch zugrunde liegen?
Deswegen noch einmal von mir die Fragestellung: Warum nehmen Sie diese Akte nicht an, die mittlerweile jede Fraktion hat? Sie sagen, das war das Argument, die Geheimhaltungsnotwendigkeit gegen Dritte.
Jetzt komme ich wieder auf den Vertrag zurück, Herr Gnauck. Sie sind guter, fundierter Jurist. Wenn Sie die Geheimhaltungsvorschrift dieses Vertrags nehmen, da steht drin, dass die Geheimhaltung nur gegenüber Außenstehenden gilt, niemals gegenüber den Vertragspartnern. Wenn wir aber namentlich in dem Vertrag mit einem Rechtsanspruch niedergelegt sind, sind wir Beteiligter. Entweder sind wir Drittbeteiligter oder wir sind Vertragspartner. Wenn wir Vertragspartner sind, gilt die Geheimhal
tung gegenüber uns - also in dem Fall der Landesregierung - überhaupt nicht und die Landesregierung müsste das Parlament beteiligen. Jetzt bin ich wieder bei Herrn Gnauck - wenn es dann Geheimhaltungsvorschriften gibt, dann muss die Ausschuss-Sitzung VS sein, die Dokumente müssen VS sein, dann muss die Geheimhaltung dokumentiert sein und da muss Kali+Salz exakt gegenüber dem Vertragspartner Land sagen, welche Ansprüche von Kali+Salz oder Eingriffe in Gewerbebetriebe sind betroffen. Was nicht geht, ist, einfach nur zu sagen, das ist geheim und das Parlament soll aber bitte gefälligst dafür sorgen, dass jedes Jahr 20 Mio. an Kali+Salz gehen. Eine solche Lizenz zum Gelddrucken können wir als Parlament nicht geben, dann entmächtigen wir uns selber mit unseren Rechtsansprüchen.
Das, lieber Herr Gnauck, habe ich jetzt Kali+Salz auch geantwortet. Herr Reinholz hat erwähnt, dass mir Kali+Salz geschrieben hat mit dem freundlichen Hinweis auf Schadenersatz. Den Hinweis habe ich verstanden, fühle mich in der Interessenlage von Kali+Salz jetzt gut aufgehoben, dass ich sage, gut, Kali+Salz möchte gern die Lizenz zum Gelddrucken behalten. Deswegen dieser Nimbus, dass alles geheim ist. Wenn wir aber im Vertrag drinstehen - und jetzt, Herr Gnauck -, wie debattieren wir darüber? Den 16.7 habe ich jetzt vorgelesen, es hat ihn jeder gehört. Ich könnte jetzt auch den ganzen Vertrag vorlesen, dann hat ihn auch jeder gehört. Wie soll ich denn als Parlamentarier mit der Regierung ins Gespräch darüber kommen, ob möglicherweise ein Altlastensicherungsvertrag vom Land Thüringen abgeschlossen worden ist unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, wenn ich es nicht prüfen kann und wenn Sie mich nicht in die Lage versetzen, mich als Parlamentarier, meine Ansprüche als Parlamentarier sachkundig zu prüfen und möglicherweise den Wissenschaftlichen Dienst des Thüringer Landtags mit der Frage zu beauftragen. Das hat alles noch nichts mit Bruch der Geheimhaltung zu tun, die Geheimhaltungsvorschriften kennen wir doch. Die ganzen Instrumentarien können Sie doch spielen. Wenn Sie der Meinung sind, dass Teile davon nicht veröffentlicht, auch gegenüber dem Parlament nicht veröffentlicht werden dürfen - nur mal eine Anmerkung: der eine oder andere erinnert sich, dass es mal eine Behörde gab, die mich 30 Jahre belästigt hat, die Frage von Sperrvermerken, die habe ich jetzt verstanden, dass man Akten kriegt, die alle schwarz sind. Da ist nur das Deckblatt irgendwie weiß. Darin steht, dass es meine Akte ist und der Rest ist geschwärzt, weil Interessenlagen des Bundes oder sonst wem zu bewahren sind. Also, wenn der Vertrag so geheim ist im Verhältnis zwischen Regierung und Parlament, warum um Gottes Willen nutzen Sie dann nicht die Instrumen
tarien, die Sie haben: Sperrvermerk, VS. Ja, Sie lachen, Sie nehmen die Akte nicht mal an. Ja, Sie sagen einfach, Sie nehmen die Akte nicht. Sie sagen, wir haben nichts, wir geben nichts, wir kennen nichts. Das, was Sie machen, Herr Gnauck, ist Vogel-Strauß-Politik,
aber nicht nur dass Ihr Vogel Strauß den Kopf in den Sand steckt, Sie buddeln gerade den ganzen Vogel mit ein. Damit sind wir dann bei Bernhard. Da weiß ich nicht, ob Sie hier andere Interessenlagen noch glauben verdecken zu müssen. Das ist mir völlig gleich. Die Kumpel von Bischofferode müssen enttäuscht sein, weil von Bischofferode und der Schließung im Vertrag so gut wie nichts drinsteht. Da steht was drin, dass sie vorher bei MdK ausgesondert worden sind, dass der Schließungsvertrag vorher abgeschlossen worden ist. Kollege Jüttemann war damals Aufsichtsratsmitglied, der hat die Dramen erlebt, Aufsichtsratssitzungen in Flugzeugen, in der Luft, und Aufsichtsratssitzungen, die durch Deutschland gefahren sind, damit Jüttemann nicht irgendwie einen Rechtsvertreter mitbringt. So hat Kali+Salz damals mit den Arbeitnehmern gespielt. Aber warum lassen wir uns als Parlament jetzt auch so behandeln? Das verstehe ich nicht. Deswegen ist für mich der Punkt, dass ich sage, es gibt einen 62-seitigen Vertrag. Kali+Salz kann sagen, das ist nicht unserer. Kali+Salz ist nicht einmal gewillt, zu prüfen, ob das ihr Vertrag ist. Sie haben mir mitgeteilt, es könnte ein Fake sein. Wenn es ein Fake ist, Herr Gnauck, Sie sind Jurist, Sie können mich doch dann verteidigen, wenn es ein Fake ist, kann ich doch einen falschen Vertrag veröffentlichen. Warum darf ich denn einen falschen Vertrag, wenn er gefakt ist, nicht veröffentlichen? Aber die Prüfung - jetzt bleibe ich noch einmal bei Ihnen -, ob ein Geheimnisverrat aus der Regierung, aus regierungsamtlichen Papieren, aus ministerialen Papieren vorliegt, die können Sie doch nur prüfen, wenn Sie die Akte nehmen und sagen, wir schauen an, wir schauen hinein, wir prüfen und bewerten, und dann weiß die Staatsanwaltschaft, wonach sie schauen soll. Sonst weiß sie doch gar nicht, was. Ich habe Ihnen angeboten, Sie können sich die Akte bei mir abholen. Ich habe auch den Briefumschlag aufgehoben. Ich habe ihn auch in der Pressekonferenz den Kollegen Journalisten in die Hand gegeben, damit alle Fingerabdrücke darauf sind. Also so weit das Thema Whistleblowing. Ich bin da ein echter Kumpel und sorge dafür, dass die Staatsgewalt, wenn sie prüfen will, auch prüfen kann. Aber das ist für mich eine zweite Frage. Ich verstehe, dass die Landesregierung sagt, es kann nicht sein, dass unsere Regierungsunterlagen in der Welt herumgeschickt werden. Das kann ich verstehen. Als ich noch etwas jünger war, habe ich solche Akten immer genommen und habe sie gleich
ins Internet gesetzt. Also Landesentwicklungsgesellschaft, Pilz-Verträge und so, die einen oder anderen erinnern sich hier im Hohen Haus.
Ich wollte das von hier aus nicht sagen, Frau Kollegin Rothe-Beinlich, dass es eine Zeitung gibt, bei der man im Moment schon den ganzen Kali-Vertrag herunterladen kann, also es muss sich auch keiner mehr die Mühe machen, irgendwelche Geheimunterlagen von mir oder von irgendjemandem abzuholen. Da kann ich auf die Klausel der Geheimhaltung hinweisen. Erstens: Nach meinem Dafürhalten sind wir sowieso im Vertrag erwähnt, wir sind namentlich erwähnt, unsere Rechtsansprüche sind namentlich im Vertrag niedergelegt. Damit kann gegenüber uns keine Geheimhaltung gelten. Wer das behauptet, der macht Verträge zulasten Dritter. Wenn es ein Vertrag zulasten Dritter ist - über die Zahlungsverpflichtungen, auf denen das aufbaut, habe ich gesprochen -, dann ist er sittenwidrig. Ich glaube kaum, dass Herr Prof. Herz alle diese Fragen geprüft hat. Der hat geprüft, ob die Landesregierung offenlegen darf. Das Ergebnis ist: Nein, darf sie nicht. Deswegen sage ich, ich korrigiere mich und teile diese Auffassung. Da bin ich bei der Regierung. Darüber sollten wir nicht streiten. Weil die Frage, ob offengelegt wird oder nicht, hat sich längst erübrigt, ist aber nicht unser Thema. Unser Thema ist, ob in diesem Vertrag Rechte von uns eingeschränkt worden sind. „Uns“ meint das Land Thüringen, die Bürger in Thüringen, die Regierungsverantwortung und die Parlamentsverantwortung. Und dann noch mal so eine...
Haben Sie aber getan, Herr Voß.
Sie reden Unsinn. Dann haben Sie keine Ahnung, wovon Sie reden. Das ist wirklich unglaublich, dass Sie nicht mal - also! Lassen Sie sich ganz gelassen von mir sagen, die Wettbewerbsklausel in diesem Vertrag ist ein Vertrag zulasten Dritter, nämlich zulasten unserer Kommunen. Das Streusalz durfte in Thüringen nicht produziert werden.
Franz Schuster ist durch die Welt gereist und hat gesagt, wir kaufen in Rumänien billiges Streusalz, weil Kali+Salz gesagt hat, wir dürfen in unserer eigenen Grube kein Streusalz abbauen. An der Grube, lieber Herr Finanzminister, sind wir mit 25 Prozent beteiligt. Wir hätten abbauen können, zehn Jahre früher, und das ist ein echter materieller
Schaden unserer Kommunen. Da schreien Sie hier rum, das wäre Unsinn, was ich rede!
Hören Sie auf, diese Propaganda hier zu machen!
Mein Ansatz war, zu sagen, die Landesregierung möchte bitte prüfen, aber wenn Ihnen die Interessenlagen der Thüringer Bürger so egal sind, dann bitte ich Sie einfach zurückzutreten. Dann machen Sie einfach den Weg frei. Wenn Ihnen das zu viel ist, Herr Voß, dann hören Sie einfach auf. Aber dass Sie zulassen, dass hier ein Vertrag von Ihnen als Unsinn bezeichnet wird, den Sie sich weigern anzunehmen, das ist ein Skandal. Das ist ein Skandal!
Sie buddeln den Vogel Strauß mitsamt Bernhard Vogel gleich mit ein, damit niemand mehr über Kali und all diese Kali-Machenschaften redet - darum scheint es Ihnen zu gehen. Deswegen sage ich, es ist einfach aberwitzig. Es ist einfach aberwitzig, dass diese Landesregierung nicht mal gewillt ist, die Rechtsgrundlagen zu prüfen, die selbst bei der Strafanzeige zu prüfen sind. Herr Justizminister, man muss doch mal wissen, was soll denn die Staatsanwaltschaft prüfen. Und da heißt es dann wieder, dass der Justizminister von seinem Weisungsrecht Gebrauch macht.
Ich habe mir vorhin so eine Überlegung gemacht, wie ich die Landesregierung dazu bekomme, sich eventuell mit dieser Vertragsakte auseinanderzusetzen. Meine Überlegung war, die Akte hundertmal zu kopieren und in Immelborn - vielleicht erinnert sich der eine oder andere - in ein Aktenlager zu legen
und dann den Herrn Geibert anzurufen und zu sagen, hundertfach liegt die Geheimakte in Immelborn. Vielleicht kommt dann sofort die Polizei, nicht nur um nach mir zu sehen, sondern um die Akten abzuholen und möglichst alle anderen Akten auch gleich mitzunehmen. Dann hätten wir das Immelborn-Problem auch gleich gelöst. Aber offenkundig scheinen Sie genau die Dinge so aussitzen zu wollen, dass Sie sagen: Wir kennen nichts, wir haben nichts, wir wissen nichts.
Eine letzte Bemerkung: Zum materiellen Schaden von Streusalz habe ich gesprochen. Der lässt sich berechnen. Die Kommunen könnten gegen das Land auch tätig werden und sagen, ihr habt uns im Unklaren gelassen. Die Wettbewerbsklausel hat nie gegolten, sie hat nicht gestimmt. 1994 hat die EU entschieden, dass die Wettbewerbsklausel falsch ist, unzulässig. 1995 hat Kali+Salz interveniert, dass wir Streusalz abbauen wollen. Was hat die
Landesregierung gemacht? Sie hat die Hacken zusammengeknallt und hat gesagt, wir produzieren kein Streusalz. Das ist vorwegeilender Gehorsam, und das in Unkenntnis des Vertrages, über den wir hier reden. Jetzt verstehe ich, warum Sie den Vertrag nicht haben wollen, weil Sie einfach die Realitäten ausblenden wollen. Sie wollen einfach so tun, als hätte es diese Probleme alle nie gegeben. Deswegen ist die Frage, ob wir mit Ihnen gemeinsam einen Realitätscheck machen.
Eine letzte Bemerkung, Kollege Primas, die Frage der Altlastenfreistellung: Sie sind da nun wirklich erstens leidgeprüft und wirklich Fachmann, da vertraue ich auf Ihre Expertise. Die Frage, ob aus dieser Altlastenfreistellung und dem Vertragstext beim Kali+Salz-Verschmelzungsvertrag, dass die Treuhand zuständig sei für die Werraentsalzung, ob das schon das Einstiegsprojekt ist, dass dann die KaliLeitung von der öffentlichen Hand gebaut wird. Wenn das der Fall ist, dann müssten wir doch wenigstens mal zur Kenntnis nehmen, dass so etwas in diesem Vertrag steht. Wie dann Kali+Salz im Moment argumentiert, dass neben den 2 Mrd. Altlasten, die wir schultern sollen, auf einmal Kali+Salz noch sagt, die öffentliche Hand soll auch noch die Resteverwertung machen, indem sie die Leitung baut, die so heftig umstritten ist. Da kann ich nur sagen, es ist fahrlässig, wenn die Landesregierung nicht bereit ist, mit uns als Parlament gemeinsam diese Fragen zu bearbeiten. Um es klar zu sagen: Es geht nicht um die Veröffentlichung im Internet, es geht nicht um die Veröffentlichung in der Öffentlichkeit, es geht nicht um eine Freigabe gegenüber Dritten, sondern es geht um die Prüfung all der Sachverhalte, die ich angesprochen habe.