Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße die Gäste auf der Zuschauertribüne und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.
Für die heutige Plenarsitzung hat als Schriftführer Herr Abgeordneter Kowalleck neben mir Platz genommen. Die Rednerliste führt Frau Abgeordnete König. Es haben sich Abgeordneter Günther, Abgeordneter Hausold, Abgeordnete Kanis, Abgeordnete Dr. Kaschuba, Abgeordneter Krauße, Abgeordneter von der Krone, Abgeordneter Lemb, Abgeordnete Marx, Abgeordneter Recknagel, Abgeordnete Siegesmund und Abgeordneter Dr. Voigt - zeitweise - entschuldigt.
Folgenden Hinweis noch zur Tagesordnung: Zu TOP 17 wurde eine Neufassung des Entschließungsantrags der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/4680 und ein Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und SPD in der Drucksache 5/4753 verteilt.
Gibt es noch Hinweise zur Tagesordnung? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann treten wir in die Tagesordnung ein.
Thüringer Gesetz zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2012 Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/4714 ERSTE BERATUNG
Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Ja, bitte schön, Herr Staatssekretär Rieder für die Landesregierung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Landesregierung bringt heute den Entwurf des Thüringer Gesetzes zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2012 in die parlamentarische Beratung ein. Dieser Gesetzentwurf beruht auf Anträgen von 56 beteiligten Gemeinden. Mit den vorgeschlagenen Änderungen der gemeindlichen Verwaltungsstrukturen wird eine Steigerung der kommunalen Leistungs- und Verwaltungskraft angestrebt. Gleichzeitig ermöglichen die vorgesehenen Neugliederungen, die bürgerschaftliche Mitwirkung an der Selbstverwaltung und das kommu
Das Neugliederungsgesetz 2012 beinhaltet insgesamt 13 Regelungsfälle. Hierzu haben sich die betroffenen Gemeinden im Wesentlichen freiwillig entschlossen. Die erforderlichen Antragsunterlagen liegen vollständig vor. Die jeweils örtlich zuständigen Kommunalaufsichtsbehörden haben deren rechtmäßiges Zustandekommen geprüft und bestätigt.
In dem Entwurf des Thüringer Neugliederungsgesetzes 2012 werden vorgeschlagen: die Auflösung von 34 Gemeinden und vier Verwaltungsgemeinschaften sowie die Aufhebung der Übertragung von Aufgaben einer Verwaltungsgemeinschaft nach § 51 ThürKO von neun beauftragenden Gemeinden auf vier erfüllende Gemeinden; die Bildung von vier Einheitsgemeinden aus dem Gebiet von 19 aufgelösten Gemeinden; weiterhin die Bildung von zwei Landgemeinden, in einem Fall aus dem Gebiet von drei aufgelösten Gemeinden und im anderen Fall im Rahmen der Eingliederung des Gebietes von fünf aufgelösten Gemeinden; darüber hinaus die Vergrößerung von acht Gemeinden durch Eingliederung; weiterhin die Erweiterung von einer Verwaltungsgemeinschaft und schließlich die Übertragung von Aufgaben einer Verwaltungsgemeinschaft nach § 51 ThürKO auf zwei erfüllende Gemeinden durch drei übertragende Gemeinden.
1. im Landkreis Altenburger Land die Auflösung der Gemeinde Saara und ihre Eingliederung in die Gemeinde Nobitz;
2. im Landkreis Greiz die Auflösung der Gemeinde Vogtländisches Oberland und die Eingliederung der Ortsteile dieser Gemeinde in die Städte Greiz und Zeulenroda-Triebes;
3. im Landkreis Hildburghausen die Auflösung der Gemeinde Gleichamberg, der Verwaltungsgemeinschaft Gleichberge und ihre Mitgliedsgemeinden sowie ihr Zusammenschluss zu der neuen Stadt Römhild;
4. ebenfalls im Landkreis Hildburghausen die Übertragung der Aufgaben einer Verwaltungsgemeinschaft nach § 51 ThürKO durch die Gemeinde Sankt Kilian auf die Stadt Schleusingen;
5. im Ilm-Kreis die Auflösung der Wachsenburggemeinde und ihre Eingliederung in die Gemeinde Ichtershausen;
6. im Kyffhäuserkreis die Auflösung der Verwaltungsgemeinschaft Kyffhäuser und die Neuordnung ihrer Mitgliedsgemeinden einschließlich der Bildung der neuen Gemeinde Kyffhäuserland;
8. im Landkreis Sömmerda die Eingliederung der Gemeinde Großmonra in die Stadt Kölleda unter dem Dach der Verwaltungsgemeinschaft Kölleda;
9. im Landkreis Sonneberg die Auflösung der Gemeinden Scheibe-Alsbach und Siegmundsburg und ihre Eingliederung in die Stadt Neuhaus am Rennweg;
10. im Unstrut-Hainich-Kreis die Auflösung der Verwaltungsgemeinschaft Vogtei und die Neuordnung ihrer Mitgliedsgemeinden einschließlich der Bildung der neuen Landgemeinde Vogtei;
11. im Wartburgkreis die Auflösung der Stadt Bad Liebenstein sowie der Gemeinden Schweina und Steinbach und der Zusammenschluss zu der neuen Stadt Bad Liebenstein;
12. im Wartburgkreis die Auflösung der Verwaltungsgemeinschaft Barchfeld sowie der Gemeinde Immelborn und ihre Eingliederung in die Gemeinde Barchfeld;
13. im Landkreis Weimarer Land die Auflösung von fünf Gemeinden, die bisher von Bad Sulza erfüllt werden und ihre Eingliederung in die Stadt Bad Sulza.
In den Entwurf des Thüringer Gesetzes zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2012 wurden alle Neugliederungsanträge aufgenommen, die im Jahr 2011 nach § 36 Abs. 4 Satz 2 bis 4 des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes aus Mitteln des Landeshaushalts finanziell gefördert wurden. Sofern der Landtag diese von der Landesregierung vorgeschlagenen Neugliederungsmaßnahmen beschließt, gehen mit dem Wirksamwerden der jeweiligen Strukturänderungen die zunächst unter dem Vorbehalt auf ein Verwahrkonto gezahlten Zuweisungen in Höhe von insgesamt fast 6,4 Mio. € endgültig in das Vermögen der neu gebildeten oder durch Eingliederungen vergrößerten Gemeinden über. Dies beträfe die neu gebildeten Gemeinden Bad Liebenstein, Königsee-Rottenbach, Kyffhäuserland, Römhild und Vogtei sowie die durch Eingliederungen vergrößerten Gemeinden Bad Sulza, Barchfeld, Greiz, Ichtershausen, Kölleda, Neuhaus am Rennweg, Nobitz und Zeulenroda-Triebes.
Die Landesregierung hat dem Landtag gemäß Punkt 5 Satz 1 des Landtagsbeschlusses vom 15. Dezember 2011 zur „Weiterentwicklung der gemeindlichen Strukturen im Freistaat Thüringen“ einen Sachstandsbericht zum 30. Mai 2012 zu den Vereinbarungen und Anträgen auf Bestands- und Gebietsänderungen übersandt. Sechs der dort aufgelisteten 18 Anträge sind in dem vorliegenden Gesetzesentwurf nicht enthalten. Dies betrifft die Ziffern 2, 3.2, 5, 15, 16 und 18 des Berichts und hat
folgende Gründe: Für die Auflösung der Verwaltungsgemeinschaft Leubatal sowie die Neugliederung der Mitgliedsgemeinden dieser Verwaltungsgemeinschaft im Landkreis Greiz liegen die Antragsunterlagen nicht vollständig vor. Dies trifft auch auf die Erweiterung der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach und die Stadt Stadtlengsfeld im Wartburgkreis zu. Gegen die vom Gemeinderat der Gemeinde Vogtländisches Oberland alternativ beschlossene und bevorzugte Neugliederungsvariante „Bürgerwille“ sprechen Gründe des öffentlichen Wohls. Daher hat die Landesregierung die ebenfalls beschlossene und beantragte Variante „ehemalige Kreisgrenze“ in den Gesetzentwurf aufgenommen, für die Gemeinwohlgründe vorliegen.
Unter Hinweis auf den Landtagsbeschluss vom 15. Dezember 2011 zur „Weiterentwicklung der gemeindlichen Strukturen im Freistaat Thüringen“ entschied sich die Landesregierung nach intensiver Diskussion gegen die Aufnahme folgender Neugliederungsanträge: Die Beantragung der Erweiterung der Verwaltungsgemeinschaft Heldburger Unterland um die Gemeinde Straufhain im Landkreis Hildburghausen, weiterhin die Auflösung der Verwaltungsgemeinschaft Oberes Feldatal und die Neuordnung ihrer Mitgliedsgemeinden einschließlich der Bildung der neuen Gemeinde Kaltennordheim im Wartburgkreis sowie die Anerkennung der Vereinbarung einer erfüllenden Gemeinde nach § 51 ThürKO zwischen der Stadt Bad Sulza und der Gemeinde Saaleplatte im Landkreis Weimarer Land.
Ebenfalls mit Blick auf den oben genannten Landtagsbeschluss vom 15.12.2011 nahm die Landesregierung die erst kürzlich im Innenministerium eingegangenen Anträge auf Fusionen der Verwaltungsgemeinschaften Wolfsburg und Mihla im Wartburgkreis und der Verwaltungsgemeinschaften Berlstedt und Buttelstedt im Landkreis Weimarer Land nicht in den Entwurf des diesjährigen Neugliederungsgesetzes auf.
Die Landesregierung geht jedoch davon aus, dass der noch erforderliche Diskussionsprozess zu den Strukturänderungen, die im diesjährigen Neugliederungsgesetz trotz Beantragung nicht berücksichtigt wurden, in einem angemessenen Zeitraum abgeschlossen wird und weitere Neugliederungsfälle dem Landtag baldmöglichst vorgeschlagen werden können.
Ich hoffe, dass das weitere Gesetzgebungsverfahren zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2012 zügig durchgeführt werden kann, damit das Gesetz im Interesse der antragstellenden Gemeinden rechtzeitig in Kraft treten kann. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat Abgeordneter Frank Kuschel von der Fraktion DIE LINKE das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär, Sie haben am Ende Ihrer Rede für die Aufmerksamkeit gedankt. Ich hatte das Gefühl, dass insbesondere bei der CDU davon nicht viel zu spüren war.
Das können Sie machen, er ist ja Ihr Staatssekretär, aber die parlamentarischen Geflogenheiten sehen eigentlich etwas anders aus.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, freiwillige Gemeindeneugliederungen sind für uns als LINKE ein hohes Gut, weil sie Ausdruck kommunaler Selbstverwaltung darstellen. Jedoch müssen sich auch freiwillige Gemeindeneugliederungsmaßnahmen an einem Gesamtkonzept orientieren. Wir als Landtag und als Land sind in der Verantwortung, dafür einen entsprechenden Rahmen zu setzen, einen Rahmen, der aus raumordnerischer und landesplanerischer Sicht dauerhaft leistungsfähige Kommunalstrukturen sichert. Ein solches Gesamtkonzept, meine sehr geehrten Damen und Herren, fordern wir seit Jahren bedauerlicherweise vergebens von der Landesregierung. Das ist eines der größten Versäumnisse in diesem Land und hemmt die Entwicklungen,
dass eine Landesregierung nicht in der Lage ist, einen solchen Rahmen vorzugeben. Wir beobachten seit Jahren, dass die kommunale Ebene durchaus bereit ist, sich diesen neuen Herausforderungen, auch was Verwaltungsstrukturen angeht, zu stellen. Bedauerlicherweise greifen wir diese Bereitschaft in völlig unzureichendem Maße auf. Das, was Sie uns heute hier vorlegen, beinhaltet zum Teil vernünftige Regelungen, zum Beispiel Altensteiner Oberland im Wartburgkreis, das finden wir eine ganze vernünftige Regelung, weil dort eine leistungsfähige Struktur geschaffen wird.
Da war auch anerkennenswert, dass die Landesregierung, der Innenminister im vergangenen Jahr die geplante Fusion zwischen Schweina und Steinach nicht befürwortet hat. Das war in Ordnung. Aber wir haben in dem Gesetzentwurf auch eine ganze Reihe von Fällen, die bedauerlicherweise nach unserer
Überzeugung einer harmonischen Gesamtentwicklung des Landes aus raumordnerischer und landesplanerischer Sicht entgegenstehen. Das betrifft, um bei dem Beispiel Wartburgkreis zu bleiben, gleich die Nachbarregion des Altensteiner Oberlands, also die geplante Fusion von Barchfeld und Immelborn ist weder für die beiden Gemeinden nachhaltig
noch ist sie im Interesse der Kreisstadt Bad Salzungen zu akzeptieren. Wenn Sie tatsächlich die Rhön von der Gesamtentwicklung in diesem Land nicht abkoppeln wollen, müssen Sie Bad Salzungen als Mittelzentrum mit einer Brückenfunktion zwischen Rhön und Thüringer Wald und als Bindeglied zwischen Rhön und der Region Eisenach stärken. Aber dieser Vorschlag realisiert das nicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben den Streit zwischen CDU und SPD auch wieder bei diesem Gesetz vernommen. Wir müssen sagen, auch wenn ein Gesamtkonzept fehlt, gab es einen ersten vernünftigen Ansatz für so ein Gesamtkonzept, das war der Entschließungsantrag - darauf ist auch schon der Staatssekretär in seiner Einbringungsrede eingegangen - nach meiner Erinnerung vom 14.11.2011, den CDU und SPD hier in den Landtag eingebracht haben und mit Stimmen auch der Regierungskoalition beschlossen worden ist. Dort gab es erste Grundzüge für diese Freiwilligkeitsphase. Was völlig unverständlich ist bei allen Beteiligten, ist, dass sich danach CDU und SPD streiten, wann dieser Entschließungsantrag verbindlich sein soll. Denn es steht drin „für künftige Gemeindeneugliederungsmaßnahmen“.