Protokoll der Sitzung vom 18.12.2013

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zur heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne.

Ich begrüße die Zuschauer auf der Tribüne und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien. Die heutige Landtagssitzung wurde gemäß Artikel 57 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen in Verbindung mit § 19 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags aufgrund eines Antrags der Fraktion DIE LINKE einberufen. Die Drucksache liegt Ihnen unter der Nummer 5/6991 vor.

Ich möchte Ihnen den Hinweis geben, dass zwischen der Sondersitzung und der nachfolgenden regulären Plenarsitzung, deren Beginn für 14.00 Uhr vorgesehen ist, in jedem Fall eine viertel Stunde Pause sein wird.

Für die heutige Plenarsitzung hat als Schriftführer neben mir Herr Abgeordneter Meyer Platz genommen, die Rednerliste führt Frau Abgeordnete Mühlbauer.

Es haben sich Herr Abgeordneter Günther, Herr Abgeordneter Metz und Herr Minister Dr. Poppenhäger entschuldigt.

Gibt es weitere Hinweise? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann komme ich zum Aufruf des Tagesordnungspunkts

Sofortige Vorlage eines Nachtragshaushalts zum Doppelhaushalt 2013/2014 zur Schaffung der Rechtssicherheit für die Bereitstellung der von der CDU angekündigten zusätzlichen Finanzmittel für die Thüringer Kommunen für die Jahre 2014/2015 Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/6990

Wünscht die Fraktion DIE LINKE das Wort zur Begründung? Ja. Herr Abgeordneter Ramelow, bitte schön.

Werte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, die Fraktion DIE LINKE hat ausgehend von der Regierungserklärung am 21. November 2013, die Sie, Frau Ministerpräsidentin, hier gegeben haben, am darauffolgenden 22. November kritisch angemerkt, dass in der Nacht zwischen dem 21. und 22. eine Arbeitsgruppe der CDU getagt hat. Es war missverständlich, ob es eine Ar

beitsgruppe der CDU war, ob es eine Regierungstagung war oder ob es eine Fraktionsveranstaltung war. Da wir der CDU nicht angehören, haben wir keine Kenntnis davon. Und bei dieser Art und Weise, wie das hier kommuniziert wird, neige ich auch nicht dazu, Ihrer Fraktion oder Partei angehören zu wollen,

(Beifall DIE LINKE)

weil ich glaube, so darf man mit Gemeinden und den Bürgern in Thüringen nicht umgehen. Also Sie haben eine Arbeitsgruppensitzung und am darauffolgenden Freitag frage ich hier, warum Sie am Tag zuvor, während Sie eine Regierungserklärung zur Reform der Verwaltungsneuordnung in Thüringen gegeben haben, die ja unmittelbar durch den zweiten Teil, nämlich der Nichtbearbeitung von den Verwaltungsebenen, also dem Umbau der Verwaltung als Ganzem, davon haben Sie ja Abstand genommen und übrig geblieben ist ein kleines Reförmchen, das haben Sie hier vorgestellt. Mit Stand heute Morgen - also nicht irgendwann, sondern heute Morgen - habe ich geprüft, ob denn das von Ihnen hier angekündigte Reformpapier zur Umsetzung überhaupt nun ansteht, und mir wird mitgeteilt, dass das Kabinett bis heute dazu keine Entscheidung getroffen hat.

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Wir arbeiten daran.)

Ja, Sie arbeiten daran. Wozu geben Sie dann Regierungserklärungen, mit denen Sie den Eindruck erwecken, als wenn Sie das Land umbauen,

(Beifall DIE LINKE)

und diese Regierung wird nicht einmal wechselseitig fertig?

Ich sage Ihnen ein Beispiel: Mein Kollege Kummer war in der Lehr- und Versuchsanstalt Gartenbau und hat nachgefragt, wie geht denn das weiter, denn in dem von Ihnen vorgestellten Strukturpapier steht genau dieses Amt zur Auflösung an. Da erklärt der zuständige Minister vor der Belegschaft, das sei noch alles nicht entschieden. Ich finde, so kann man mit Menschen in diesem Land nicht umgehen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Was etwas irritierend ist für uns, ist, dass die kommunalen Spitzenverbände an der CDU-Arbeitskreissitzung teilgenommen haben, die SPD hat nicht teilgenommen. Wir wissen aus authentischen Kreisen, dass sie genauso wie wir über dpa in der Nacht und über den Twitter von Herrn Mohring erfahren haben, dass es 136 Mio. € für Kommunen geben soll. Die Spitzenverbände haben daraus sofort fertige Zahlen gemacht und haben sie allen den bei ihnen verbundenen Organisationen, Städten und Gemeinden zur Kenntnis gegeben. Darauf ha

ben erste angefangen, ihren Haushalt aufzubauen. Es ist ein absurder Vorgang und der führt in der letzten Konsequenz dazu, dass die Verunsicherung durch dieses Halten der CDU noch verschlimmert, verstärkt und katastrophal erhöht wird.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Werte Frau Ministerpräsidentin, ich ahne, dass es um Ihre Kandidatur als Spitzenkandidatin hätte gehen sollen. Ich ahne aber, dass es bei dieser Art der Inszenierung darum geht, dass wir kommunale Gebietsvertreter mit Füßen treten, deren Interessen, deren Empfindungen mit Füßen treten. Jede zehnte Gemeinde hat in Thüringen keinen Haushalt. Dafür gibt es eine verantwortliche Ebene. Das ist die Ebene des Kommunalen Finanzausgleichs, die Ebene des Haushalts. Jede zehnte Kommune in Thüringen steht heute, am heutigen Tag ohne Haushalt da und wird auch keinen bekommen. Jede zehnte Gemeinde kann die Kreisumlage nicht fristgemäß oder überhaupt nicht mehr bezahlen. Jede zweite Gemeinde muss auf alle Rücklagen zugreifen, um den Haushalt überhaupt auszugleichen. Jede fünfte Gemeinde hat gar keine Rücklagen mehr. Mehr als zehn Gemeinden werden jetzt mit den Maßnahmen, die Sie eingeleitet haben, mit der Zwangsvollstreckung belegt. Wie gehen Sie in diesem Land mit der kommunalen Familie um, Frau Ministerpräsidentin?

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die Verantwortung für diese völlige Fehlentwicklung tragen Sie ganz allein. Ihr Finanzminister erklärt am Freitag, nach der Regierungserklärung: Wir geben nichts, wir haben nichts, wir halten das Geld zusammen, Schuldenabbau steht oben auf der obersten Priorität. Aber nach außen kommuniziert man, dass der Fraktionsvorsitzende Mohring einen coolen Plan hat, wie man den Gemeinden helfen kann. Dabei entsteht dann noch so etwas wie eine Irritation, dass der Gemeinde- und Städtebund das sofort rumschickt und nicht mal bemerkt, dass die kreisfreien Städte gar nichts bekommen. Dann wundert sich der Gemeinde- und Städtebund darüber, dass die kreisfreien Städte sich das nicht gefallen lassen und sagen: Wir, gehören wir nicht mehr zu Thüringen, sind wir jetzt ausgekreist oder sind wir schon übergewechselt in andere Bundesländer? Und dann berufen wir nach der Landtagssitzung den Haushalts- und Finanzausschuss ein. Da erklärt der Staatssekretär, das alles seien nur Planspiele der CDU. Das erklärt der Staatssekretär.

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss.

Das ist der Schluss. Der Schluss ist: Planspiele der CDU werden zum Anlass genommen, rechtswidrige Haushalte durch Gemeinden, durch Landkreise entstehen zu lassen, die eigentlich ihr Innenminister ablehnen müsste.

Meine Damen und Herren, das geht so alles gar nicht, deswegen geben wir Ihnen die Chance, den Nachtragshaushalt auf den Weg zu bringen. Das ist der Grund der heutigen Sitzung. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke schön. Als Erster hat Abgeordneter Barth von der FDP-Fraktion das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, es passiert relativ selten, dass ich dem Kollegen Ramelow recht gebe.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Hur- ra, endlich.)

In vielem, was er hier gesagt hat, kann ich ihm aber in der Tat nur zustimmen. 136 Mio. € sollen zusätzlich für die Kommunen bereitgestellt werden. Das ist aus Sicht der Kommunen zu begrüßen. Dazu wird dann Kollege Bergner noch ein paar Sätze sagen. Aber das Ganze soll offenkundig ohne Nachtragshaushalt passieren. Das ist ein Punkt, den wir als Parlament so nicht durchgehen lassen können, schlicht und ergreifend.

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt in der Landeshaushaltsordnung zum Thema relativ klare Regelungen. Es passiert auch nicht so sehr oft, dass ich dem verehrten Präsidenten des Rechnungshofs nicht folge in seiner Argumentation. Ihre Argumentation, Herr Präsident, warum das an dieser Stelle nicht notwendig sein soll, kann ich auch nicht ganz verstehen.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Ich bin zugegeben kein Jurist, ich bin nur Physiker, aber normalerweise gelingt es mir, Argumentationen einigermaßen zu folgen. An der Stelle ist mir das aber nicht gelungen.

Jetzt nachträglich quasi ein Leistungsgesetz einzuführen und sich darauf zu berufen, dass es dann doch ein Leistungsgesetz gibt, ist vielleicht ein Trick, der legal sein mag; ob er legitim ist, ist eine

(Abg. Ramelow)

ganz andere Frage und die würde ich deutlich mit Nein beantworten.

Nur mal ganz kurz zur Geschichte: Es gab einen CDU-Parteitag in Seebach. Das war Anfang des Jahres. Da hat der Kollege Mohring gesagt, das Versprechen, das wir den Kommunen zum Landesparteitag in Seebach gegeben haben, ist mit der bis 2017 ausverhandelten Finanzgarantie erfüllt. Das hat er gesagt, als wir hier zum Landeshaushalt gesprochen haben, als wir hier den Kommunalen Finanzausgleich in seiner ursprünglichen Form verabschiedet haben, nicht etwa jetzt in der Debatte um die zusätzlichen 136 Mio. Herr Mohring hat das Versprechen, das seine Partei den Kommunen, seine Partei wohlgemerkt, gegeben hat, mit der ausverhandelten Finanzgarantie im Rahmen des geltenden KFA als erfüllt angesehen. Und der Finanzminister hat gesagt, er bezeichnet diesen Ausgleich, also den bestehenden KFA, den wir als Parlament hier im Rahmen des Haushaltes beschlossen haben, als fair und als Thüringer Partnerschaftsmodell. Wenige Monate später - das war im Oktober 2012 in seiner Rede zum Doppelhaushalt -, ein Jahr später stellen wir fest, es ist offenkundig so fair und das Versprechen ist offenkundig so gut erfüllt, dass wir jetzt 136 Mio. € nachschießen müssen.

(Beifall FDP)

Herzlichen Glückwunsch, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann ich da nur sagen. Für meine Fraktion kann ich nur sagen, wir haben schon, als es um den Haushalt 2013/2014 ging, mehrfach darauf hingewiesen, dass dieser Kommunale Finanzausgleich nicht ausreichend ist, dass er die Kommunen eben nicht ausreichend finanzieren wird

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Kon- krete Vorschläge haben Sie aber nicht ge- macht.)

und dass wir deswegen unter anderem auch den Haushalt abgelehnt haben. Die Frage, die uns jetzt noch brennend interessiert, ist natürlich die: Wo soll das Geld denn überhaupt herkommen? Wo sind 136 Mio. € in dem Haushalt übrig? Wir haben Versprechen, Zusagen vom Finanzminister gehört auch mit Blick auf die nächsten Haushalte, was auch die Verwendung von Steuermehreinnahmen betrifft mit Blick auf Schuldentilgung. Wir haben die Risiken, die auch in der Frage der derzeitigen Zinshöhe sozusagen liegen, hier auch mehrfach thematisiert. Ich kann mich erinnern, dass der Finanzminister, glaube ich, auch selbst immer gern sehr konservative Schätzungen eingeht, und deshalb, Herr Minister, würde mich schon interessieren, wie Ihr Blick auf diese Beschlüsse Ihrer Fraktion zunächst mal, der CDU-Fraktion, ist und wie der Koalitionspartner sich schließlich dazu auch positioniert. Auch da bin ich gespannt in der Debatte, es ist jetzt nicht üblich, dass man als Vertreter einer Fraktion

hier gleich als Erster reden darf, deswegen bin ich noch ein Stück weit gespannt, sage ich offen, was diese Debatte noch bringt, wie die SPD ihren Schwenk hier begründen wird auf die Frage des Nachtragshaushalts. Deswegen will ich zum Abschluss nur sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, die Zeiten, als Sie auf Ihren Parteitagen beschlossen haben, was der Landtag zu beschließen hat, sind vorbei, die hat es mal gegeben.

(Beifall DIE LINKE)

Es ist sicherlich lobenswert, Kommunen auf Parteitagen Versprechungen zu machen. Das aber unter Umgehung des Parlaments und mit Auslegungen des Rechts und mit Tricks zu machen, die letztlich …

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wo ist der Trick?)

Der Trick besteht darin, ein Leistungsgesetz nachträglich zu beschließen und sich dann darauf zu berufen,

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wieso nachträglich?)