Protokoll der Sitzung vom 24.02.2012

Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Plenarsitzung, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße die Gäste auf der Zuschauertribüne und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Als Schriftführer hat neben mir Herr Abgeordneter Kowalleck Platz genommen und die Rednerliste führt Frau Abgeordnete König.

Es haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Günther, Frau Abgeordnete Jung, Herr Abgeordneter Krauße, Herr Abgeordneter Dr. Augsten zeitweise, Frau Abgeordnete Siegesmund zeitweise und Herr Abgeordneter Dr. Voigt zeitweise.

Folgende Hinweise zur Tagesordnung: Die Fraktionen sind bei der Feststellung der Tagesordnung übereingekommen, den Punkt 6 heute in zweiter Beratung zu beraten sowie die Wahl der vom Thüringer Landtag zu wählenden Mitglieder der 15. Bundesversammlung heute im Anschluss an die Wahl und Ernennung des oder der Landesbeauftragten für den Datenschutz aufzurufen.

Zu TOP 6 wurde ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/4108 verteilt.

Gibt es noch Anmerkungen zur Tagesordnung? Ich sehe, das ist nicht der Fall, dann treten wir in die Tagesordnung ein und ich rufe auf Tagesordnungspunkt 6

Sechstes Gesetz zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung (Thüringer Gesetz zur Stärkung des Wintersportortes Oberhof) Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/4042 dazu: Änderungsantrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/4108

ZWEITE BERATUNG

Ich eröffne die Aussprache und wir haben Wortmeldungen. Als Erster spricht Abgeordneter Frank Kuschel für die Fraktion DIE LINKE.

Guten Morgen, Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beraten heute in zweiter Lesung den Gesetzentwurf der LINKEN. Ich formuliere es einmal populärwissenschaftlich: Es geht um die Hauptamtlichkeit des Bürgermeisters. Wir sind uns bewusst, die Leistungsfähigkeit einer Gemein

de hängt nicht nur von der Hauptamtlichkeit des Bürgermeisters ab, aber es ist natürlich in solchen Strukturen ein wichtiges Element. Wir sind uns im Klaren, das hat auch die Debatte gestern gezeigt, es geht jetzt um eine gesetzliche Lösung, die einen Gerichtsentscheid nachvollzieht. Wir hätten uns gewünscht, dass der Innenminister und die Landesregierung insgesamt so viel Realitätssinn haben, dass nicht erst ein Gericht über so eine Sache entscheiden muss. Heute ist in den Medien zu lesen, dass selbst Teile der Koalitionsfraktionen hier dem Innenminister eine Fehleinschätzung vorwerfen. Diese Einschätzung teilen wir. Es war abenteuerlich, anzunehmen, dass die Stadt Oberhof diese Arbeit bei den gegenwärtigen und künftigen Herausforderungen mit einem ehrenamtlichen Bürgermeister leisten kann. Fiskalisch bringt es auch nichts, anstelle des ehrenamtlichen Bürgermeisters müsste nämlich ein geschäftsführender Verwaltungsbeamter eingesetzt werden; den gibt es bisher in Oberhof nicht, obwohl das schon seit Jahren hätte sein müssen, weil der jetzige Bürgermeister gar nicht über die Qualifikation verfügt. Auch hier stellt sich die Frage, warum die Rechtsaufsichtsbehörde als Landesbehörde lange Zeit oder bisher überhaupt nicht gehandelt hat.

Wir betonen nochmals, unser Gesetzentwurf bedeutet nicht, dass wir für alle Zeit die Stadt Oberhof als eigenständige Gemeinde ansehen. Wir führen dort eine offene Diskussion, erwarten von der Landesregierung in Bezug auf die Gemeindeneugliederung in dieser Region nun endlich Vorschläge und dann wird sich auch zeigen, in welcher Struktur Oberhof dann künftig seine Aufgaben erfüllen wird. Unser Gesetzentwurf ist so aufgestellt, dass er nicht auf den dauernden Bestand der Stadt Oberhof ausgerichtet ist. Ich hatte gestern bereits erläutert, gemäß § 46 Abs. 3 Kommunalordnung sind Gemeinden, wenn sie über zwei Jahre weniger als 3.000 Einwohner haben und keiner Verwaltungsgemeinschaft angehören, zwingend neu zu ordnen. Das führt dazu, dass die Landesregierung spätestens im Jahr 2013 dem Landtag einen Vorschlag unterbreiten muss, wie die künftige Gemeindestruktur in der Region um Oberhof aussehen wird. Wir haben auch nochmals betont, dass hier zwar eine klassische Einzelfalllösung vorliegt, aber dass das nichts Außergewöhnliches im Rechtssystem unseres Freistaats ist. Wir haben beispielsweise im Finanzausgleichsgesetz eine spezielle Regelung für die Stadt Erfurt als Landeshauptstadt bei der Ermittlung des Finanzbedarfs. Insofern haben wir bereits in anderen Fällen bei besonderen Situationen und Sonderstellungen auch Einzelregelungen im Gesetz getroffen; gesetzessystematisch ist das eher die Ausnahme. Insgesamt sollte der Landtag hier diese Gerichtsentscheidung nachvollziehen und damit auch deutlich machen, dass das bisherige Agieren der Landesregierung so nicht in Ordnung war.

(Beifall DIE LINKE)

Wir sollten damit auch signalisieren, dass wir als Landtag durchaus bereit sind, uns sachdienlichen Lösungen vor Ort zu stellen und diese Entscheidung nicht auf Gerichte zu übertragen, weil sich sonst immer wieder die Frage stellt, wofür ist der Landtag dann eigentlich noch da? Wenn wir so verfahren wie die Landesregierung, dann könnten wir jede Entscheidung von Bedeutung immer den Gerichten vorlegen und könnten sagen, entscheidet ihr mal, dann brauchen wir das nicht zu tun. Wir haben einen anderen Ansatz von Politik und haben immer betont, diese Situation in Oberhof hat die Landesregierung selbst herbeigeführt. Es war lange genug Zeit, die Probleme in Oberhof, was die Gemeindestruktur betrifft, zu lösen. Es kommt ja nicht überraschend, dass nun die Wahlperiode des Bürgermeisters ausläuft und am 1. Juli ein neuer Bürgermeister seine Amtsgeschäfte aufnimmt. Aber offenbar war die Landesregierung so von sich selbst überzeugt und das jenseits aller Realitäten, dass sie dieses alles nicht erwogen hat, sondern gemeint hat, mit der Streichung der Ausnahmegenehmigung Hauptamtlichkeit löst sich alles von allein. Das ist nicht der Fall. Sie sollten die Gerichtsentscheidung, Herr Innenminister, zum Anlass nehmen, auch in anderen Bereichen noch einmal Entscheidungen, die Sie treffen oder eben nicht treffen, zu überprüfen, weil sonst tatsächlich jetzt die Gefahr besteht, dass Gerichte weiter anstelle der Landesregierung oder des Landtags handeln. Es sind weitere Verfahren anhängig, was den Finanzausgleich betrifft, Stichwort Reichensteuer. Auch dort hatten wir im Gesetzgebungsverfahren andere Vorschläge gemacht, die die jetzigen über 40 Klageverfahren wahrscheinlich erübrigt hätten. Aber das ist ein anderes Thema, da wird im Landtag Gelegenheit sein, darüber zu diskutieren. Wir werben also um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Danke schön. Für die FDP-Fraktion hat das Wort Abgeordneter Dirk Bergner.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Argumente haben wir gestern ausgetauscht und wir haben Ihnen zu diesem Gesetzentwurf einen Änderungsantrag vorgelegt, der genau dafür sorgen soll, dass den Festlegungen des Gerichts Rechnung getragen wird, aber dass es andererseits keine unbegrenzte Lex Oberhof gibt. Meine Damen und Herren, ich werbe für die Annahme unseres Änderungsantrags. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Vielen Dank. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat das Wort Abgeordneter Dirk Adams.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, Herr Kuschel hat gerade von einer Fehleinschätzung der Landesregierung in diesem Fall gesprochen, wir GRÜNE sprechen hier eher von einer kommunalpolitischen Inkompetenz. Zu glauben, dass man so mit Kommunen umgehen kann, ist ein grober Fehler, der sich wieder mal vor dem Gericht rächt. Wir verweisen einfach nur auf das Gesetzgebungsverfahren zur freiwilligen Fusion von Gemeinden, in der die Gemeinden Straufhain und Gleichamberg einen Antrag gestellt hatten und erst als die Drucksache auf dem Tisch lag sie durch die Drucksache erfuhren, dass das Innenministerium sie nicht berücksichtigt, kein Gespräch, keine negative Rückmeldung, kein Angebot, hieran etwas zu ändern. Erst der politische Druck aus diesem Landtag machte es möglich, dass diese Gemeinden auch eine Zukunft haben werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Rechtsfolge, die eintreten würde durch den Gesetzentwurf der LINKEN, ist das, was mindestens vier Fraktionen hier im Thüringer Landtag wollen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Diese Rechtsfolge ist aber durch das gerichtliche Urteil von gestern auch erreicht worden, somit steht sie in der Realität. Wir haben - das habe ich auch gestern gesagt - immer noch Zweifel vor dem Hintergrund ganz grundsätzlicher Fragen an diese einzelgesetzliche Regelung, die DIE LINKE hier so treffen will. Auch mit dem Änderungsantrag der FDP, der eine wichtige Frage damit auflösen will, überzeugt uns das nicht abschließend. Somit werden wir uns enthalten. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Als Nächster spricht Abgeordneter Wolfgang Fiedler für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beschäftigen uns heute das zweite Mal mit dem Thema Oberhof und haben uns darüber verständigt, dass wir heute die zweite Lesung dazu durchführen.

Ich möchte als Erstes - die GRÜNEN waren es unseren lieben Freund und Oberlehrer, der in der Kommunalpolitik unheimlich bewandert ist und die

(Abg. Kuschel)

Kompetenz unheimlich nachgewiesen hat, indem er in vielen kommunalen Mandaten schon tätig war, schon einmal darauf hinweisen, dass zumindest solche Anwürfe an den zuständigen Innenminister, der selbst einer Kommune beigeordnet ist und das schon seit längerer Zeit und mehrfach nachgewiesen hat, dass er weiß, wovon er spricht, da sollte man mit solchen starken Worten etwas zurückhaltender sein.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Das macht doch früh gleich Freude.

Das heißt, Sie gestatten die Zwischenfrage?

Selbstverständlich.

Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Fiedler, wie beurteilen Sie das Verfahren, wenn eine Kommune - Sie sind ja bekennender Freund der Kommunen und Kämpfer für die Kommunen...

Sei vorsichtig, die Eigenen murren, vor allen Dingen Augsten vorneweg. Der kann mich eh nicht leiden und deswegen … aber ist das uninteressant.

Mit der Erlaubnis der Präsidentin würde ich meine Frage stellen. Wie beurteilen Sie denn das Verfahren, dass freie Kommunen einen Beschluss fassen zu fusionieren oder eine Kommune den Beschluss fasst, bereitzustehen für Fusionen,

Sie wollten doch eine Frage stellen …

wenn diese Kommunen den Antrag an das Innenministerium stellen und nie wieder etwas hören bis

zu dem Augenblick, da der Gesetzentwurf daliegt? Würden Sie das als Abgeordneter genauso machen oder würden Sie nicht das Gespräch suchen? Würden Sie es nicht inkompetent finden, wenn wir GRÜNE Briefe nicht beantworten würden?

Ich würde das Gespräch suchen.

Meine Damen und Herren, ich will deswegen trotzdem noch einmal darauf verweisen, was ich gestern schon gesagt habe, damit das einfach nicht im Raum stehen bleibt. Die FDP hat versucht, eine Art Kompromissvorschlag zu bringen, der uns aber nicht weiterbringt. Jetzt hat das Gericht entschieden - ich sage auch gleich noch etwas dazu - und die können einen Bürgermeister wählen und wenn er gewählt ist, ist er für sechs Jahre gewählt, aus die Maus. Am Ende sollte es durch Freiwilligkeit oder durch Gesetzgebung eine Änderung geben, bekommt er seine Bezüge weiter bis zum Ende seiner Amtszeit. Das ist nun mal so, das muss man einfach nur wissen und deswegen braucht man da gar nicht lange drumherumzureden.

Ich habe es gestern gesagt, ich vermisse ausdrücklich - und das gehört mit zu dem, was ich gestern gesagt habe -, dass durch die Landesregierung - an der Spitze das federführende Ministerium, hier Wirtschaft, der Staatssekretär - die Dinge geklärt sind, wie geht man weiter mit den ganzen GmbHs etc. in Oberhof um. Das hat zu dem Thema dazugehört. Das kann man nicht voneinander abtrennen. Leider ist diese Entscheidung noch nicht gefallen. Daran sieht man aber, dass zumindest die Landesregierung sich hier seit längerer Zeit darum bemüht, Lösungen zu finden für die weltweit bekannte Stadt Oberhof, wenn sie auch klein ist, aber sie ist wichtig und sie ist über Grenzen bekannt. Trotzdem hätte das mit dazugehört. Weil das noch nicht da war, hat das Gericht so entschieden und wir werden uns, Sie haben genauso mitbekommen, dass in einem anderen Fall das Gericht anders entschieden hat und hat es abgelehnt, dass ein hauptamtlicher Bürgermeister woanders - ich habe den Namen vergessen - eingesetzt werden kann. Deswegen kann man das nicht so einfach hinstellen, wie Herr Kuschel das macht, ich meine, der ist ja sowieso ausgewiesener Kommunalpolitiker.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Dan- ke.)

Das hat auch Prof. Huber schon mal versucht, deutlich zu machen, wie ausgewiesen Sie sind, Herr Kollege. Aber das will ich jetzt nicht noch einmal wiederholen, das kann man nachlesen. Wir legen es nirgends auf Gerichtsentscheide an, aber manchmal muss auch das Gericht entscheiden. Hier hat es zugunsten entschieden, das kann einem gefallen oder nicht. Ich habe von derselben Stelle hier gesagt, Innenminister, bleib hart, und In

nenminister, lass dich hier nicht umbiegen. Die zuständige Behörde hat das gemacht und ich finde das absolut richtig, aber der zweite Schritt dazu hat hier gefehlt, ganz eindeutig, der hat gefehlt. Herr Gentzel, nicht so laut lachen, die Landesregierung hat nicht geliefert. Und das zum richtigen Zeitpunkt, hätten wir das ganze Dilemma nicht.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Leukefeld?

Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Danke schön, Herr Abgeordneter Fiedler. Sie haben das Wort jetzt selber genannt, was ich Sie noch mal fragen wollte: Sie haben doch die Aufforderung hier gesagt: Innenminister, bleibe hart. Haben Sie es da nicht angelegt auf einen Gerichtsentscheid? Wie sehen Sie das heute? Und zweitens, warum haben Sie dann diese Aufforderung, dass man die Hausaufgaben auch machen muss und im Vorfeld, nicht eingefordert auch vom Innenminister und von der Landesregierung?

(Beifall DIE LINKE)