Protokoll der Sitzung vom 17.07.2014

Meine Damen und Herren, trotzdem bleibt klar festzustellen, dass die erfolgreiche Reformpolitik der vergangenen fünf Jahre das Ergebnis gemeinsamer konstruktiver Arbeit ist. Dafür möchte ich mich zuallererst bei den Abgeordneten der CDU-Fraktion, insbesondere bei meinem Fraktionsvorsitzendenkollegen Mike Mohring, bedanken. Wir pflegten eine streitbare Diskussionskultur. Im Interesse der Thüringer Bürgerinnen und Bürger haben wir keine Auseinandersetzungen gescheut, um vernünftige Kompromisse zu erzielen. Mein Dank gilt aber auch der Ministerpräsidentin und dem gesamten Kabinett für die gute Zusammenarbeit und für die Einbeziehung der Fraktionsvorsitzenden in die Regierungsarbeit. Der Thüringen-Trend, der gerade vorgelegt worden ist, zeigt uns: Für unsere Arbeit bekommen wir von den Bürgerinnen und Bürgern zwar kein exzellentes, aber ein gutes Zeugnis.

Meine Damen und Herren, der berühmte französische Schriftsteller und politische Publizist Victor Hugo sagte einmal: „Genau zu wissen, wie viel von der Zukunft in die Gegenwart eingehen kann, das ist das Geheimnis einer guten Regierung.“ Dieses Selbstverständnis von Politik bedeutet, über den Tellerrand zu schauen und auf einen Weitblick nicht verzichten zu wollen. Ich möchte mich im Folgenden auf das konzentrieren, was für die Gestaltung unserer Zukunft besonders wichtig war. Das heißt

aber auch, dass ich unser Regierungshandeln ehrlich bewerten möchte. Dazu gehört ein kritischer Blick darauf, wo es uns an Weitblick gefehlt hat, was wir noch vor uns haben und was wir hätten besser machen können.

Meine Damen und Herren, grundsätzlich bleibt festzustellen, die Bilanz der Regierungskoalition kann sich sehen lassen. Wir haben Meilensteine in der Arbeitsmarktpolitik, in der Bildungspolitik und der Familienpolitik gesetzt. Den Herausforderungen in den Bereichen der Wirtschaftspolitik, der Finanzpolitik und der Energiepolitik sind wir mit zukunftsweisenden Konzepten begegnet.

Meine Damen und Herren, Thüringen ist auf gutem Wege. Ein großer Kurswechsel ist uns gelungen. Wir haben Neues gewagt und wir können heute sagen, in keiner Legislaturperiode zuvor hat Thüringen so eine erfolgreiche Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik betrieben. In keiner Legislaturperiode zuvor hat Thüringen so erfolgreich gewirtschaftet und Schulden getilgt, so dass die laufende Wahlperiode im Saldo als erste Legislaturperiode ohne neue Schulden in die Geschichte Thüringens eingehen wird.

(Beifall SPD)

In keiner Legislaturperiode gab es so viele Neueinstellungen von Lehrerinnen und Lehrern. In keiner Legislaturperiode wurde so viel auf frühkindliche Bildung gesetzt. In keiner Legislaturperiode zuvor hat der Thüringer Justizvollzug so große Fortschritte gemacht.

(Beifall SPD)

Und in keiner anderen Legislaturperiode zuvor sprach sich der gesamte Landtag so deutlich gegen antidemokratische, rechtsextremistische Kräfte aus.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Meine Damen und Herren, wir können mit Zuversicht sagen, dass sich die Lebenssituation in Thüringen in den letzten fünf Jahren spürbar verbessert hat und die Thüringerinnen und Thüringer mit Optimismus in die Zukunft blicken können.

Lassen Sie mich auf einige Bereiche konkreter eingehen. Am Anfang der Legislaturperiode haben wir ein großes Gerechtigkeitsdefizit auf dem Arbeitsmarkt vorgefunden. Mit einer Arbeitslosenquote von 11,4 Prozent und einer Jugendarbeitslosigkeit von 10,4 Prozent - bei einem Bundesdurchschnitt von 8,1 Prozent - stand es nicht gut um die Zukunftsfähigkeit des Thüringer Arbeitsmarktes. Mit den richtigen Initiativen der Minister Matthias Machnig und Uwe Höhn konnte eine Trendwende eingeleitet werden. Heute steht der Freistaat auf dem 3. Platz im Dynamikranking der Entwicklung der Arbeitslosenquote in den Bundesländern. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, die in der letzten Legislaturperiode noch rasch angewachsen waren, sind zudem

inzwischen erheblich zurückgegangen. Die Thüringer Wirtschaftsminister haben mit einer ganzen Reihe von Initiativen für die Steigerung der Attraktivität des Lebens- und Arbeitsortes Thüringen gesorgt. Wir haben ein Vergabegesetz geschaffen, das sich nach sozialen und ökologischen Kriterien bei der Vergabe von staatlichen Aufträgen ausrichtet und tarifrechtliche Standards einfordert. Für neue Impulse in der Wirtschafts-, Innovations- und Forschungspolitik wurde durch eine gezielte Ansiedlung des Thüringer ClusterManagements bei der LEG gesorgt. So können Potenziale durch die Bildung von Netzwerken in diesem Bereich besser ausgeschöpft werden. Die für Thüringen typischen kleinen und mittleren Unternehmen sind dadurch in Fragen der Investitionen, der Technologieentwicklung und der Fachkräftegewinnung besser aufgestellt. Von diesen Clustern gehen erhebliche Wachstumsimpulse aus.

Weitere Maßnahmen, die durch das Wirtschaftsministerium initiiert worden sind, dienen der Steigerung des Wirtschaftswachstums in Thüringen. Ein markantes Beispiel dafür ist die Wirtschaftsförderung. Fast 750 Mio. € wurden in den vergangenen Jahren aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ an Unternehmen zur Verfügung gestellt.

Ebenso positiv wirkt die Breitbandinitiative, auf die die Ministerpräsidentin in ihrer Regierungserklärung hingewiesen hat. Schnelles Internet ist heutzutage ein Standortfaktor, ohne den eine dynamische Wirtschaftsregion nicht auskommen kann. Die Koalitionsfraktionen haben die Zeichen der Zeit erkannt und gehandelt.

Meine Damen und Herren, klimatische und geografische Standortfaktoren können wir nicht ändern, wir können den Wind nicht ändern, aber wir können die Segel richtig setzen. Deshalb ist es umso wichtiger, einen Standort mit guten Verkehrsanbindungen, mit einem differenzierten Förderangebot, mit guten Energienetzen und mit guter lokaler Vernetzung der Akteure vorweisen zu können.

(Beifall SPD)

Unser Ansatz von guter Wirtschaftspolitik hat sichtbare Spuren hinterlassen.

Meine Damen und Herren, wir haben mit dem neu eingeführten Landesarbeitsmarktprogramm 13.900 Menschen, die zuvor keine Chance auf dem Arbeitsmarkt hatten, neue Perspektiven eröffnet. Seit 2010 setzte Thüringen zusammen mit Geldern aus dem Europäischen Sozialfonds jährlich jeweils 15 Mio. € für dieses Programm ein. So gelang es uns, rund 4.700 Menschen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder in eine Ausbildung zu vermitteln. Damit haben wir die Bedingungen und die Möglichkeiten für den Zugang zum Arbeitsmarkt und der beruflichen und sozialen Integration ent

scheidend verbessert. Das Landesarbeitsmarktprogramm wird im Vergleich zu den 16 Bundesländern unter Arbeitsmarktexperten gelobt und als ein erfolgreiches Programm herausgestellt. Dieses und weitere Initiativen wie „Thüringen braucht dich“ sind das beste Beispiel dafür, wie sozialdemokratische Arbeitsmarktpolitik wirkt.

Meine Damen und Herren, ein Großteil dieser Programme wäre ohne den gelungenen Einsatz von europäischen Mitteln nicht umzusetzen gewesen. Allein die Tatsache, dass die regierungstragenden Koalitionsfraktionen alles daran gesetzt haben, ein zentrales Versprechen des Koalitionsvertrags einzuhalten und umzusetzen, nämlich die vollständige Kofinanzierung aller EU- und Bundesmittel, zeigt, welchen Stellenwert dieser Bereich für uns hat. Ohne jeglichen Zweifel kann festgestellt werden: Thüringen hat mit der Gesetzesinitiative für einen flächendeckenden Mindestlohn einen wichtigen Diskurs eröffnet und damit die Grundlage für die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns auf Bundesebene gelegt. Gut ist, was faire Arbeit ermöglicht, und gut sind nur Beschäftigungsverhältnisse, wo Arbeit fair entlohnt wird. Deshalb werden auch in Thüringen seit 2011 Lohnkostenzuschüsse für Arbeitsplätze aus dem Europäischen Sozialfonds nur noch bei Entlohnung nach Tarif oder bei einem Mindestlohn von über 8,33 € ausgezahlt. Das ist Arbeitsmarktpolitik, die sich sehen lassen kann.

Für die Zukunft müssen wir diese Politik der fairen und höheren Entlohnung und der guten Arbeit fortführen. Darüber hinaus muss es Thüringen gelingen, 280.000 Fach- und Arbeitskräfte bis 2025 zu rekrutieren, um die gute wirtschaftliche Entwicklung des Landes fortzusetzen. Wie immer zeichnen sich die Aufgaben für die nächste Legislaturperiode schon jetzt ab.

Meine Damen und Herren, die Koalition hat dafür gesorgt, dass Thüringen ein Familienland ist. Mit der Kita-Reform haben wir die zentralen Ziele des Volksbegehrens „Für eine bessere Familienpolitik“ umgesetzt. Wir haben im Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetz einen Rechtsanspruch auf die Betreuung für Kinder ab dem ersten Geburtstag bis zum Grundschulalter im Umfang von täglich 10 Stunden gesetzlich verankert. Gleichzeitig ist der Betreuungsschlüssel erheblich verbessert worden, so dass seit 2010 mehr als 2.500 zusätzliche Erzieherinnen, es sind auch ein paar Erzieher dabei, im Thüringer Kita-Bereich arbeiten. Das ist in Deutschland Spitze.

Meine Damen und Herren, nicht nur bei der frühkindlichen Bildung haben wir Thüringen vorangebracht. Die Erfolge in der Bildungspolitik ziehen sich wie ein roter Faden vom Kindergarten über die Schule bis hin zu den Hochschulen und der Wissenschaftsförderung. Seit 2010 haben wir die Zahl der Neueinstellungen in den staatlichen Schuldienst

deutlich erhöht. Mit diesem großen Einstellungskorridor tragen wir wesentlich zur besseren Unterrichtsabsicherung bei, minimieren den Stundenausfall und bieten Thüringer Nachwuchspädagogen mehr Beschäftigungsperspektiven in ihrem Heimatland.

(Beifall SPD)

Dementsprechend haben wir auch für den Gemeinsamen Unterricht die notwendigen Ressourcen bereitgestellt und die fachliche Beratung verbessert. Damit sind wir in Thüringen auf einem guten Weg, die UN-Behindertenrechtskonvention im Schulbereich schrittweise umzusetzen. Die Ausweitung des Einstellungskorridors auf 500 Stellen im aktuellen Haushaltsjahr war mit dem Koalitionspartner allerdings nicht zu vereinbaren, sie wäre aber zum schrittweisen Aufbau einer Vertretungsreserve in den einzelnen Schulamtsbezirken notwendig gewesen.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, die Finanzzuweisungen an die Thüringer Hochschulen haben wir deutlich erhöht. Mit der Rahmenvereinbarung III werden den Hochschulen für die Jahre 2012 bis 2015 zusätzlich 121 Mio. € zur Verfügung gestellt. Damit nicht genug: Durch die Festschreibung in der Hochschulstrategie 2020 hat die Koalition bereits jetzt dafür gesorgt, dass die Thüringer Hochschulen vom Land auch ab 2016 nachhaltig und verlässlich ausfinanziert werden. Dabei sind wir den Empfehlungen des Wissenschaftsrats gefolgt und haben den Hochschulen jährlich die wissenschaftsspezifischen Kostensteigerungen plus 1 Prozent als Aufwuchs garantiert. Das entspricht etwa einem jährlichen Mittelaufwuchs von 4 Prozent. Das ist bundesweit beispielhaft.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, wer unterstützt mich, wenn ich Angehörige pflegen muss, wer hilft mir, wenn ich gepflegt werden muss? Diese Fragen gewinnen durch den zunehmend sichtbar werdenden demografischen Wandel immer mehr an gesellschaftlicher Bedeutung. Zur guten Pflege gehört der Einsatz für eine adäquate tarifliche Entlohnung. Um diesem Anspruch im Koalitionsvertrag gerecht zu werden, hat die Sozialministerin Heike Taubert einen wichtigen Schritt unternommen. Nach intensiven Beratungen mit Anbietern von Pflege, den Kostenträgern im Bereich der Pflege und den Sozialverbänden wurde im November 2012 der sogenannte Thüringer Pflegepakt erarbeitet und unterzeichnet. Dieser hat die Sicherung von Fachkräften in der Pflege, eine Verbesserung des Images der Pflegeberufe und vor allem eine bessere Entlohnung der in der Pflege Tätigen zum Ziel.

Weitere strukturelle Verbesserungen im sozialen Bereich konnten wir durch die Modernisierung des

Krankenhausgesetzes, des Wohn- und Teilhabegesetzes und der Erarbeitung des Landesprogramms Schulsozialarbeit erreichen.

Meine Damen und Herren, all diese Maßnahmen zum Wohle der Menschen in Thüringen wurden von der Koalition realisiert, ohne neue Schulden auf die alten Schuldenberge zu packen. Dabei hätten die finanzpolitischen Rahmenbedingungen für den Beginn unserer gemeinsamen Regierung nicht ungünstiger sein können. Es war die Zeit des Höhepunkts der Wirtschafts- und Finanzkrise. Aber CDU und SPD haben dafür gesorgt, dass in Thüringen in der Krise mit Augenmaß und Weitblick gehandelt wurde. Durch gezielte Investitionen hat das Land die Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2010 und 2011 gut gemeistert. Mit dem Schwung dieser Förderung ist es uns gelungen, gestärkt aus der Krise hervorzugehen.

(Beifall SDP)

Meine Damen und Herren, die wirtschaftliche Erholung Deutschlands insgesamt, aber auch die gute Entwicklung Thüringens machten es bereits 2012 wieder möglich, einen Haushalt ohne neue Schulden aufzustellen.

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist doch aber kein Wert an sich.)

Sparanstrengungen bei der Aufstellung des aktuellen Doppelhaushalts, strikte Ausgabendisziplin aller Ministerien und natürlich auch die guten Steuereinnahmen führten 2013 zu einem hohen Überschuss, der eine zusätzliche Schuldentilgung ermöglichte. Somit ist es in Thüringen erstmals zu verzeichnen, dass eine Regierung ihrer Nachfolgeregierung nicht mehr Schulden überlässt, als sie selbst zu Beginn der Legislatur vorgefunden hat. Wenn das kein finanzpolitischer Erfolg ist!

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, die Novellierung des Kommunalen Finanzausgleichs war eine Aufgabe, die sich die Koalitionsfraktionen im Koalitionsvertrag für diese Wahlperiode vorgenommen haben. Nach intensiver Vorarbeit durch den Finanzminister wurde der Kommunale Finanzausgleich schließlich durch die Regierungskoalition auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Er wurde verschlimmbessert.)

Die SPD-Fraktion hat hierbei unter anderem die Einführung eines Anpassungsfonds gefordert, der später auch kam, und eines Kulturlastenausgleichs durchgesetzt. Im Frühjahr 2014 wurde nach Forderung meiner Fraktion bei der kommunalen Finanzausstattung auch noch einmal nachgebessert. Das Land greift klammen Kommunen in den Jahren

2014 und 2015 im Rahmen eines kommunalen Hilfspakets mit 136 Mio. € zusätzlich unter die Arme.

Meine Damen und Herren, es hat sich insgesamt herauskristallisiert, dass die Thüringer Kommunen derzeit nur mit den aufgelegten Hilfspaketen über die Runden kommen. Es hat sich gezeigt, dass der KFA in der Umsetzung nicht die Wirkung zeigt, die wir uns wünschen.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Deshalb ist eine Revision des Kommunalen Finanzausgleichs dringend erforderlich. Nach der Landtagswahl wird meine Fraktion das angehen. Wir werden den KFA nachbessern und den tatsächlichen Finanzbedarf

(Beifall SPD)

der Kommunen sicherstellen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Herr Hey sieht verfassungsrechtliche Bedenken.)

Wichtig ist dabei, einen realistischen Ansatz für Kostensteigerungen bei Personal, Energie und im Sozialbereich zu berücksichtigen. Den bestehenden Investitionsstau an kommunalen Einrichtungen werden wir stärker berücksichtigen. Wir werden darauf achten, dass spezielle Leistungen, zum Beispiel die Mittel für die Kinderbetreuung, auch unmittelbar vor Ort ankommen. Wir wollen Sonderbedarfe von Städten und Gemeinden wie zum Beispiel den finanziellen Mehrbedarf von Kur- und Fremdenverkehrsorten im Kommunalen Finanzausgleich besser berücksichtigen.