Protokoll der Sitzung vom 26.03.2010

Meine Damen und Herren, ich wollte gerade vorlesen: „Von besonderer Bedeutung sind dabei die Personalausgaben der Landkreise. Auf Kommunalebene, Gemeinden und Kreise schneidet Thüringen dabei mit 481 € je Einwohner deutlich besser ab als Flächenländer, die über größere kommunale Gebietskörperschaften verfügen. Der bundesweite Durchschnitt für die Flächenländer liegt bei 533 € und wird insofern von Thüringen um rund 10 Prozent unterschritten. Der Durchschnitt der Personalausgaben für die neuen Länder beträgt 517 €. Thüringen liegt mit seinen 481 € Personalausgaben pro Einwohner ebenfalls deutlich darunter. Daraus kann gefolgert werden, dass die Größe der kommunalen Gebietskörperschaften keine unmittelbaren Rückschlüsse auf die Höhe der Personalausgaben je Einwohner zulässt.“

Ich könnte noch viele Dinge herausnehmen. Es ist nicht so, wie das immer wieder behauptet wird, dass wir damit irgendwo effizienter werden.

Meine Damen und Herren, es ist auch immer wieder und auch vom Kollegen Hey angeführt worden, dass die Industrie- und Handelskammern oder die Handwerkskammern, die ja alle meinen, sie müssen bei der Landespolitik mitreden, das ist ja auch ihr gutes Recht, dass sie uns Hinweise geben, aber auch da empfehle ich einmal, dass die lieben Kollegen erst einmal bei sich anfangen. Ich entsinne mich, dass es im Land noch eine Menge - in Südthüringen, Ostthüringen, Mittelthüringen und was es alles gibt - an Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern gibt, dann sollen sie einmal bei sich anfangen und sollten uns einmal vormachen, wie die Effizienzsteigerung dabei herauskommt. Da kann man das durchaus in die Überlegungen mit einbeziehen. Ich denke auch, man muss einfach einmal die Kirche im Dorf lassen, dass man nicht immer wieder auf alles gleich einsteigt.

Meine Damen und Herren, vorhin ist noch angesprochen worden, man könnte ja vielleicht auch noch einen Rückschritt wagen, was ich nicht hoffe, die Bundesrepublik Deutschland oder Thüringen. Wenn man

einmal in Richtung Frankreich schaut, was da so ein Zentralstaat ist, wie das Ganze gelaufen ist, der sich langsam in Richtung der Regionen bewegt, daran sieht man doch deutlich, dass auch das Europa der Regionen wichtig ist.

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Jawohl.)

(Beifall CDU)

Ja, dass das Europa der Regionen wichtig ist und nicht nur der Landrat oder Oberbürgermeister. Die sollen gefälligst miteinander kooperieren. Die sollen gefälligst zusammenarbeiten. Aber muss ich deswegen riesenhafte Gebilde schaffen, meine Damen und Herren?

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das werden Sie frei- willig doch nicht tun!)

Herr Adams, wir werden noch genügend Gelegenheit haben, das intensiv zu bereden.

Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass es einfach auch andere Beispiele gibt, wo es eben nicht funktioniert. Wer sich mit seinen Kollegen oder mit Leuten aus den Nachbarländern, aus den mitteldeutschen Ländern einmal unterhält, Sachsen, SachsenAnhalt, wissen Sie, wie viele Dinge dort weggebrochen sind, wie viel bürgerschaftliches Engagement dort weggebrochen ist? Ich sage und bleibe dabei, das sollten wir in Thüringen nicht so machen.

(Beifall CDU)

Wir sollten das nicht so machen! Deswegen, denke ich, ist es richtig und gut, dass die Landesregierung nach dem Koalitionsvertrag am Jahresende das weiter in Auftrag gibt - da wird sicher auch die Enquetekommission eine wichtige Rolle spielen -, dass man die Dinge auswertet und dann muss ich sagen, werden wir das alles genau betrachten. Aber im Koalitionsvertrag steht nicht drin, dass wir eine Gebietsreform machen. Ich lege darauf ausdrücklich Wert, dass man sich da gar nicht erst versteigt.

Meine Damen und Herren, vorhin ist es genannt worden von der Landesregierung im Bericht des Innenministers Prof. Huber, wir setzen nach wie vor auf Freiwilligkeit, das will ich ausdrücklich sagen, das können wir nur immer wieder fordern bzw. dazu auffordern. Wir geben auch Geld dazu, das wir eigentlich auch woanders einsetzen könnten, dass sich Kommunen zusammenfinden. Es ist das Beispiel Langenwetzendorf, Vogtländisches Oberland genannt

worden. Dort haben wir aus gutem Grund Nein gesagt, weil uns die Dinge vorgelegt wurden und sich im Nachhinein herausgestellt hat - ich glaube, Frau Sedlacik, Sie waren da nicht unbeteiligt -, nachdem die Gemeinderäte beschlossen hatten, wurden dann Unterschriftensammlungen auf den Weg gebracht, dass das ganze Ding nämlich nicht funktioniert hat. Da haben wir gesagt, wenn die sich nicht einig sind, werden wir das hier nicht beschließen. Auch das gehört mit zur Wahrheit dazu.

(Beifall CDU)

Der Landtag hat sich ganz klar bekannt, dass wir gesagt haben, wenn von der Landesregierung entsprechende Dinge beim Landtag ankommen, werden wir so schnell wie möglich die Dinge umsetzen. Das haben wir bisher immer gemacht. Ich will auch noch einmal auf einen Kreis aufmerksam machen, das ist der Unstrut-Hainich-Kreis. Ich glaube, der Landrat gehört der SPD an. Dort haben wir das Phänomen …

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Ich weiß es.)

Ich freue mich ja, ich weiß auch, dass er der SPD angehört. Es ist ja schön, dass es bestätigt wurde. Diese Misere, die dort stattfindet, dass eigentlich der Landkreis so gut wie handlungsunfähig ist, ist auch dem zu verdanken, wenn der Führungskopf den Laden nicht im Griff hat. Das muss man auch einmal deutlich machen. In die Richtung will ich, es ist zwar heute noch nicht genannt worden, aber da es ja in der Begründung steht, „... die Kreisfreiheit der Städte Suhl und Eisenach nicht dauerhaft zulasten...“ und so weiter, deswegen komme ich dort hin. Man muss eigentlich erst mal - und da kann ich nur den Innenminister heftig bitten - die üblichen Instrumentarien, die wir in der Kommunalordnung, die wir in der Verwaltung als Möglichkeiten haben, nutzen. Wir sollten einmal langsam den Instrumentenkasten aufklappen und da ist viel drin. Kommunale Selbstverwaltung gilt nur so lange, wie auch die kommunale Selbstverwaltung selber in der Lage ist, ihre Dinge durchzusetzen. Wenn sie vielleicht fahrlässig, ich will mal das „grob“ weglassen, hier bestimmte Dinge an die Wand fahren, dann muss man auch Schlussfolgerungen ziehen. Dazu gibt es das Instrumentarium der Kommunalaufsicht, da muss man sich mal anschauen: Was ist denn in den letzten Jahren in die Berichte hineingeschrieben worden? Was sind denn für Auflagen erteilt worden? Was ist denn davon umgesetzt worden? Was leistet man sich an sogenannten freiwilligen Aufgaben? Wenn man dazu nicht mehr in der Lage ist, kann man sie nicht mehr machen. Da wird der Bürger schon merken, wer den Karren an die Wand gefahren hat oder wer nicht. Da gibt es noch mehrere Instrumentarien bis dahin, Beauftragte einzusetzen, meine Damen und Herren. Ich will einfach

das nur mal nennen, weil nämlich immer so ganz schnell gerufen wird, du Gesetzgeber - und am Ende sind wir das hier, im Vorfeld natürlich die Landesregierung -, ihr habt zu machen. Das sehe ich überhaupt nicht ein: Ihr habt zu machen. Erst kommt die kommunale Selbstverwaltung, sie haben ihre Dinge selbst zu richten.

(Beifall CDU, FDP)

Wenn das nicht funktioniert, dann kommt die Aufsicht. Hier kann ich nur ermuntern, dass die Aufsicht ganz stringent wahrgenommen wird. Gestern oder vorgestern traf sich der Stadtrat von Suhl und - wenn ich es richtig im MDR gehört habe, das ist ja mein Heimatsender, den ich gern höre,

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, DIE LINKE: Keine Werbung.)

ja, ich höre den gern, weil er mir einfach gefällt - es wurde, glaube ich, einstimmig der Beschluss gefasst, das Land - ich weiß nicht mehr genau, ob die Landesregierung oder das Land - möge eine Gebietsreform machen. Ja, wo kommen wir denn hin? Die sollen sich erst einmal um ihr Zeug kümmern und dann werden wir sehen, was notwendig ist im Interesse des ganzen Landes, dass man hier entsprechend auch diese Dinge dann weiterführt.

Herr Abgeordneter Fiedler, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Wolf?

Glück gehabt! Herr Fiedler, Sie haben davon gesprochen, dann müssen eben Gemeinden ihre freiwilligen Aufgaben streichen. Das ist nun mal in Verantwortung der Gemeinde. Ist Ihnen bewusst, dass gerade die Stadt Eisenach, wenn sie von heute auf morgen das Schwimmbad schließen würde, die Musikschule schließen würde, die Volkshochschule schließen würde und alle freiwilligen Aufgaben komplett auf Null fahren würde, dass sie trotzdem nicht das Defizit von weit über 10 Mio. € in irgendeiner Weise in den Griff bekommen würde? Was würden Sie denn in dieser Situation der kommunalen Selbstverwaltung vorschlagen?

Wissen Sie, man kann ein Totschlagargument immer gleich als Erstes nehmen und fragen: Was wür

den Sie denn machen, wenn? Wenn Sie noch nicht mal angefangen haben, überhaupt erst mal die Dinge, die dort notwendig sind, auf die Bahn zu bringen, auf die Reihe zu bringen, dann tut mir das leid. Sie müssen selber bei sich anfangen, das ist das A und O.

(Beifall CDU)

Ich habe gar nicht die Absicht, von der Ferne Ratschläge für die kommunale Selbstverwaltung zu geben. Ich habe noch keinen Ratschlag gegeben, ich habe nur gesagt, was nach Kommunalordnung dort notwendig ist. Alle müssen ihre entsprechenden Haushaltspläne vorlegen und dann muss geprüft werden. Natürlich wünsche ich mir, dass jede Kommune so viel wie möglich freiwillige Leistungen machen kann. Aber das fängt so ähnlich an wie gestern in Tiefenort. Am Ende, wenn alles nicht mehr geht, das Land hat es ja. Das Land hat gar nichts. Das Land hat selber nur noch 180 Mio. € sogenannte freie Spitzen im Moment. Ich nächsten Jahr wird es noch viel schlimmer, dann sitzen wir da und können sagen, wir sparen uns alle hier ein, weil wir überflüssig sind. Deswegen, meine Damen und Herren, geht das nicht so einfach, jeder auf seiner Verantwortungsstufe muss auch seine Verantwortung wahrnehmen. Damit ist die kommunale Selbstverwaltung ein sehr hohes Gut im Positiven wie im Negativen.

Deswegen, meine Damen und Herren, denke ich, ist es einfach notwendig, dass man über solche Dinge redet. Ich weiß wohl, gerade in Richtung Eisenach, wir haben ja damals die Gebietsreform gemacht, wir wussten damals schon, oh, oh, oh...

(Heiterkeit im Hause)

Wer sich mit den Dingen beschäftigt hat, weiß auch, dass dort noch mehr dazukommen sollten und wie das Ganze ausgegangen ist, Wutha-Farnroda ect. Genau dasselbe könnte ich in Richtung Suhl sagen, auch da sollte damals Zella-Mehlis mit dazu.

(Unruhe DIE LINKE)

Es ist dann durch die bekannten Dinge nicht dazu gekommen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Sagen Sie das mal Ihren Parteifreunden. Hier so und dort anders reden.)

Wieso rede ich da anders, ich rede überhaupt nicht anders. Herr Ramelow, lesen Sie erst mal nach, ich weiß nicht, ob Sie damals da waren, lesen Sie erst mal nach.

Also ich will jetzt noch mal darauf verweisen, dass wir wohl wissen...

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Sie zündeln mit diesem Verhalten.)

Ich zündele nicht, ich stelle nur die Dinge dar, wie sie sind. Sie wollen vielleicht zündeln, ich nicht.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Also Entschuldigung, hier so, dort so.)

Herr Ramelow, hier vorn ist das Pult.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, ich will einfach darauf verweisen, dass es nicht so einfach ist - schwarz oder weiß.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Sehr schwarz, ist ganz schön schwarz.)

Ja, das ist ja gut, dass es viel schwarz gibt, sonst wären wir ja gar nicht da, und hoffentlich verstärkt es sich wieder.

Meine Damen und Herren, ich will damit noch mal darauf verweisen - und da geht es mir gar nicht darum, wer gerade die politische Verantwortung hatte, damit das klar ist -, dass es damals auch welche von uns gab, die ganz laut gerufen haben, die Kreisfreiheit von Eisenach muss her. Der Kollege sitzt heute nicht mehr unter uns, sonst hätte ich es noch deutlicher gemacht. Er ist nicht mehr in diesem Parlament, aber er hat ganz laut gerufen, die Kreisfreiheit von Eisenach im Verbund mit anderen, die das haben wollten. Deswegen, denke ich, muss man auch solche Dinge einfach mit bedenken, dass auch solche Dinge vor Ort mit betrachtet werden müssen. Was richtig ist - und das hat der Innenminister ganz klar gemacht -, dass wir natürlich nicht aus dem Landesausgleichsstock nun vielleicht auf alle Zeiten hier finanzieren können. Erst mal haben wir nicht so viel im Landesausgleichsstock, zweitens können wir das Geld nicht nur vielleicht in zwei, drei Richtungen ausgeben, sondern man muss im Land auch noch andere Dinge mit unterstützen, wo es notwendig ist. Deswegen werfe ich dem Innenminister überhaupt nicht vor, dass er gesagt hat, er will dort moderieren, meine Damen und Herren. Wenn der Innenminister nicht mehr moderieren darf, dann müssen Sie es vor Ort machen. Aber da ziehen Sie ja die Fahne hoch und sagen, hier weiße Fahne, wir können nicht oder wollen nicht. Deswegen, denke ich, ist moderieren gut, und man muss versuchen vernünftige Lösungen zu bringen.

Ich will Ihnen auch noch einige Punkte sagen in Richtung Gemeindegebietsreform, weil wir uns ja ganz klar zur Kreisgebietsreform positioniert haben, aber es gibt natürlich auch noch einige Dinge in der Gemeindegebietsreform nachzuarbeiten und gegebenenfalls anzupassen. Das ist nicht unüblich. Wir haben ja nun die Landgemeinde geschaffen, die sich gut anlässt, aber auch dort gibt es doch noch Möglichkeiten, die Landgemeinde weiter zu stärken. Ich sage mal ein Beispiel, dass man darüber nachdenkt, VGs, die weit untermaßig sind, dazu zu bringen, sich zu Landgemeinden etc. zusammenzuschließen.

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, DIE LINKE: Wie denn?)