Protokoll der Sitzung vom 18.07.2014

Im besagten Vermerk wird darauf hingewiesen, dass der V-Mann Trinkaus erst vor Kurzem auf bestimmte Beschaffungsschwerpunkte festgelegt worden sei. Es ist weiterhin festzustellen, dass auch während der Führungsphase die Prüfung Nachrichtenehrlichkeit weiterhin erheblich vernachlässigt

wurde. Insoweit wurde ein Verstoß gegen die Dienstvorschrift „Beschaffung“ festgestellt, nach der der V-Mann regelmäßig auf seine Zuverlässigkeit überprüft werden soll, indem ihm Aufträge zur Beschaffung von Informationen erteilt worden sind, die dem Landesamt bereits bekannt sind. Derartige Aufträge wurden in der gesamten Zeit an Herrn Trinkaus nie erteilt. Der Referatsleiter 31 hat dies in einer vorläufigen Glaubwürdigkeitseinschätzung vom 26.04.2007 dargelegt, indem er feststellte, dass die befassten Fachauswerter des Referats 20 noch nicht Gelegenheit hatten, den Wahrheitsgehalt der Quellenmeldungen von Trinkaus im Zusammenwirken mit dem V-Mann-Führer in hinreichender Tiefe zu prüfen, so dass eine tragwürdige Glaubwürdigkeitseinschätzung bis dahin nicht erteilt werden konnte. Diese Feststellung belegt, dass das Amt die Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit von Trinkaus in nicht mehr nachvollziehbarer Weise vernachlässigte.

In der Führungsphase weiterhin mangelhaft und nicht im Sinne der Dienstvorschrift „Beschaffung“ ist die Zuverlässigkeit des V-Manns Trinkaus und sein Wert als Quelle überprüft worden. Trinkaus wurde während seiner Zeit als Quelle und V-Mann im August 2006 und dann im September 2007 formularmäßig beurteilt. Die dazu vom Amt verwendeten Formulare erweisen sich jedoch als ungeeignet, da die in § 12 Abs. 8 der Dienstvorschrift „Beschaffung“ genannten Beurteilungskriterien - Nachrichtenehrlichkeit, Auftragsausführung, Zugangslage und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - in diesem Bewertungsbogen nicht abgefragt werden.

Letztlich ist zu der Beurteilung von September 2007 zu bemerken, dass sich diese als überflüssig erwiesen hat, da bereits beschlossen war, die V-MannTätigkeit von Trinkaus zu beenden. Die entsprechende Beurteilung erweist sich demzufolge als nutzlos.

Ergebnis der Beweisaufnahme in der Führungsphase war weiterhin, dass dem V-Mann-Führer für den sich schwierig gestaltenden Umgang mit Trinkaus nicht die nötige Unterstützung durch das Landesamt zuteil wurde. Der V-Mann-Führer hatte in einem Gespräch mit dem Referatsleiter seine Schwierigkeiten mit Trinkaus geschildert und klargemacht, dass er es mit einer Führungsfigur zu tun habe, der es sehr schwer falle, sich unterzuordnen. Bei dieser Information hätte es sich für den Referatsleiter angeboten, den V-Mann-Führer gelegentlich bei Treffs, insbesondere als es um die Auflagenerfüllung durch Trinkaus ging, zu begleiten. Hier hätte er sich ein eigenes Bild über die Quelle machen und auch feststellen können, ob die Vorgaben der Dienstvorschrift „Beschaffung“ durch den V-Mann-Führer eingehalten worden sind, das heißt, ob die nötige Distanz zwischen V-Mann und dem VMann-Führer besteht. Auch während der Führungs

phase von Trinkaus als Quelle wäre der Einsatz des Controllers nach der Dienstvorschrift „Beschaffung“ unzweifelhaft dringend erforderlich gewesen. Da aber festzustellen war, dass das Controlling während der Verwendung von Trinkaus als V-Mann nach wie vor nicht besetzt war, stellt dies auch in der Führungsphase einen weiteren Verstoß gegen die Dienstvorschrift dar.

Festzustellen war auch, dass die Meldewege innerhalb des Thüringer Landesamtes während der Führungsphase nicht streng genug eingehalten worden sind. Diese Fälle wurden insbesondere dann festgestellt, wenn dem V-Mann-Führer telefonische Kurzinformationen von Trinkaus übermittelt wurden, die nur zu einem kleinen Teil aktenkundig gemacht wurden. Häufig wurden diese Informationen direkt dem Abteilungsleiter „Beschaffung“ und Vizepräsidenten Lang telefonisch mitgeteilt und von diesem wegen dessen guter Kontakte zur Polizei direkt an die Polizei oder das Innenministerium weitergegeben. Es ist zu bemängeln, dass diese Informationsweitergaben nicht dokumentiert worden und damit nicht Bestandteil der Akten geworden sind. Festzustellen hatte der Ausschuss darüber hinaus, dass Informationen auch nicht an den Präsidenten weitergegeben worden sind. Dieses wird bei den Vorgängen zum 1. Mai 2007, als nach einem Überfall auf einen Journalisten vom Vizepräsidenten operative Maßnahmen angeordnet wurden, von denen der Präsident keine Kenntnis hatte, besonders deutlich.

Was das Thema „Unterrichtung der Fach- und Dienstaufsicht über das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz“ betrifft, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass die vom Untersuchungsausschuss festgestellten Verstöße gegen behördeninterne Regelungen und Dienstvorschriften hinsichtlich der Verpflichtung und Führung von Kai-Uwe Trinkaus als V-Mann auch auf Defizite der Fach- und Dienstaufsicht über das Thüringer Landesamt durch das Innenministerium zurückzuführen sind. Die Beweisaufnahme hierzu hat ergeben, dass eigenständige Informationsabfragen gezielt auf den operativen Bereich des Landesamtes grundsätzlich nicht vorgesehen waren und daher auch im Falle von Trinkaus nicht durchgeführt wurden. Maßnahmen der Aufsicht waren daher nur möglich, soweit relevante Informationen auf den Informationswegen, die bereits fest installiert waren, an das Innenministerium weitergeleitet wurden. Im Wesentlichen gab es zwei Informationsquellen zwischen dem Landesamt und dem Innenministerium. Zum einen gab es monatlich stattfindende Jour-fixe-Runden zwischen dem Innenminister und dem Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz unter Beteiligung des Abteilungsleiters 2 und des Referatsleiters 26. Darüber hinaus gibt es seit dem Jahr 2005 unter Federführung des damaligen Staatssekretärs des Innern eine wöchentliche Si

cherheitslage, an der auch der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz teilnimmt. Neben dem Präsidenten des Landesamtes sind an dieser koordinierten Lagebesprechung regelmäßig auch der Abteilungsleiter 2, der Referatsleiter 26 und der Abteilungsleiter 4 mit weiteren Beamten der Polizei, der Präsident des LKA und der Leiter der Abteilung Staatsschutz und ein Vertreter des Innenministeriums beteiligt. Bei dieser Ausgangslage konnte der Ausschuss strukturelle Probleme der Fachaufsicht im Thüringer Innenministerium feststellen, dass nämlich das Informationsniveau zwischen der Hausleitung des Innenministeriums unterschiedlich war, weil der Staatssekretär an den Jour-fixe-Runden im Ministerium nicht teilnahm und so nur über die Informationen aus der sogenannten Sicherheitslage verfügte, während der Minister andererseits keine direkten Informationen aus der Sicherheitslage erlangte. So bestand im Bereich der Aufsicht über das Landesamt für Verfassungsschutz potenziell die Gefahr, dass Innenminister und Staatssekretär über ein unterschiedliches Informationsniveau und dabei noch jeweils über explosives Wissen verfügten. Konkret bei Trinkaus bedeutet dies, dass der Innenminister a.D. Dr. Gasser zunächst anlässlich eines Jour-fixe-Gesprächs am 16. Januar 2007 durch den Präsidenten des Landesamtes auf Probleme im Rahmen einer V-Mann-Anwerbung aufgrund der prekären Vereinsaktivitäten der Zielperson aufmerksam gemacht wurde. Über dieses Problem wurde der damals amtierende Staatssekretär Baldus, der nicht an dem Gespräch teilgenommen hatte, jedoch nicht informiert. Somit war er auch nicht in der Lage, die in den folgenden Wochen in der Sicherheitslage gewonnenen Informationen zu den Aktivitäten der NPD im Zusammenhang mit der Werbung und Führung von Trinkaus zu bringen. Dadurch waren sowohl der Staatssekretär als auch der Minister gehindert, steuernden Einfluss auf den Sachverhalt zu nehmen.

Wie bereits festgestellt, verzichtete die zuständige Abteilung im Innenministerium völlig auf eine konkrete einzelfallbezogene Aufsichtsmaßnahme im operativen Bereich des Landesamtes. Auch aus diesem Grund wurde seitens der Fachaufsicht im Fall Trinkaus keine einzelfallbezogene Maßnahme zur Informationsbeschaffung unternommen. Die zuständige Abteilung sah sich in ihrem Verhalten durch die von Innenminister a.D. Dr. Gasser anlässlich der Jour-fixe-Runde am 16. Januar 2007 geäußerte Auffassung gestärkt, im Fall der Werbung der Zielperson „WESIR“ liege die Letztverantwortlichkeit und letzte Entscheidungskompetenz aufseiten des Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz. Im Hinblick auf die Aussage sah man umso mehr keine Veranlassung, die Umsetzung der im Jour-fixe-Gespräch getroffenen Festlegungen zu überprüfen oder gar zu ergänzen und weitere Anweisungen im Rahmen der Aufsicht zu erteilen. Schwerpunktmäßig beschränkte sich

daher die Aufsicht im operativen Bereich des Landesamtes auf den Erlass und die Überprüfung gesetzlich notwendiger Dienstvorschriften und weiterer gesetzlich vorgesehener Einzelaufgaben. Zu zusätzlichen Aufgaben sah sich das zuständige Referat 26 im Thüringer Innenministerium auch aufgrund der personellen Besetzung nicht in der Lage. Insoweit wurde von den Mitarbeitern geäußert, dass eine 80- bis 90-prozentige Auslastung des Referats bereits durch die Bearbeitung parlamentarischer Anfragen und die Vorbereitung der im Bereich des Verfassungsschutzes maßgeblichen parlamentarischen Kontrollgremien der PKK gegeben sei. Einzelfallbezogene Aufsichtsmaßnahmen im Fall Trinkaus gingen allein von der Hausspitze des Innenministeriums aus, um Gefahren von einzelnen betroffenen Personen oder Institutionen abzuwenden. Dies betraf einmal den Abgeordneten Primas in seiner Funktion als Landesvorsitzender des BdV, der vor den Infiltrationsversuchen des Trinkaus im Erfurter Kreisverband des BdV gewarnt wurde. Zuvor war bereits im September 2006 eine Information von Trinkaus zum Anlass genommen worden, die Direktorin beim Landtag vor dem drohenden Praktikum des bekennenden Neonazis Patrick Paul innerhalb der Landtagsverwaltung zu warnen. Die Vorkommnisse bei anderen Geschädigten wurden dem Landesamt erst im Nachhinein bekannt.

Als Ergebnis der Untersuchung weist der Untersuchungsausschuss darauf hin, dass es aus Sicht des Ausschusses leistbar und auch notwendig gewesen wäre, die Selbstkontrollmechanismen des Landesamtes zu stärken. In diesem Zusammenhang ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass bereits im sogenannten Gasser-Bericht aus dem Jahr 2000 empfohlen worden war, den damals im Thüringer Landesamt diagnostizierten Funktionsstörungen mit einer straff und konsequent geführten Fach- und Dienstaufsicht zu begegnen. Im Ergebnis der Untersuchungen ist nicht darstellbar, inwieweit die Voraussetzungen für eine derartige Aufsicht im fraglichen Zeitraum geschaffen worden sind oder eine solche Aufsicht im oben beschriebenen Sinne praktiziert wurde. Letztlich ist festzustellen, dass das interne Controlling des Landesamtes aufgrund einer langfristigen Erkrankung des führenden Mitarbeiters sowie fehlender personeller Mittel über einen erheblichen Zeitraum nicht besetzt war. Hier hätte vonseiten des Innenministeriums darauf hingewirkt werden müssen, dass mindestens im Zeitraum der Vakanz eine kompetente und von der operativen Seite des Landesamtes unabhängige Vertretung eingerichtet wird, um so die Aufrechterhaltung des Controllings sicherzustellen.

Letztlich bleibt auch zu bemängeln, dass niemals vom Innenministerium bzw. vom Innenminister nach dem Vortrag des Präsidenten im Jour-fixeTermin am 16. Januar 2009 eine Berichtsabfrage zum Stand der Umsetzungen der getroffenen Ab

sprachen zum Sachstand der Werbung und Führung der Quelle erfolgt ist. Angesichts der Fehler und Verfehlungen kann ich nur sagen, wir haben eine gute Verfassung, das heißt aber nicht, dass der Verfassungsschutz zum damaligen Zeitpunkt in guter Verfassung war. Der Verfassungsschutz ist dazu da, die Verfassung zu schützen und damit unseren freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat. Er sollte sich deshalb selbst an geltendes Recht halten. Fehler und Verfehlungen im Auftrag der Organe des Staates gelangen irgendwann ans Tageslicht, und sei es in einem Untersuchungsausschuss.

(Beifall im Hause)

Ich hoffe, dass die Hinweise und Aufträge aus dem Bericht des Untersuchungsausschusses 5/2 Umsetzung finden, soweit dies nicht schon geschehen ist. Wir haben diese Woche das Verfassungsschutzgesetz hier im Hohen Hause geändert. Wer mit Extremisten zusammenarbeitet, muss auch mit Extremen rechnen. Der Einsatz von V-Leuten kann nach meiner Auffassung nur die Ultima Ratio sein. Vielen Dank.

(Beifall im Hause)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete, vielen Dank allen Ausschussmitgliedern für die Ausschussarbeit. Sie haben der Demokratie und der Verfassung mit Ihrer akribischen Arbeit einen großen Dienst erwiesen.

Ich eröffne nun die Aussprache. Als Erster hat sich Abgeordneter Bodo Ramelow zu Wort gemeldet.

Werte Kolleginnen und Kollegen, unsere Vorsitzende hat ausführlich Bericht erstattet und deutlich gemacht, welchen Arbeitsprozess wir im Untersuchungsausschuss gemeinsam hinter uns gebracht, welchen Gewaltmarsch wir durch Akten absolviert haben. Die Besonderheit ist, ich glaube, das ist in dem bundesrepublikanischen Parlamentsgeschehen einmalig, dass ein Untersuchungsausschuss sämtliche Beschlüsse einstimmig getroffen hat.

(Beifall im Hause)

Das ist ein Zeichen dafür, dass wir alle gemeinsam nach der Wahrheit gesucht haben, als wir gesehen haben, dass es Probleme gibt, die nicht einfach parteipolitisch genutzt oder benutzt werden dürfen oder können, sondern dass dahinter noch eine ganz andere Problemlage steht. Deswegen mein herzlicher Dank an die Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss. Die Vorsitzende hat auch den Mitarbeitern gedankt, dem kann ich mich inhaltlich voll anschließen. Wir haben eine hervorragende Begleitung von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung, von allen Mitarbeitern aus den

Fraktionen erfahren. Die Regierung hat sich häufig bemüht

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Meistens!)

meistens, manchmal nicht. Dann war es aber nicht der Beamte - dazu werde ich noch im Einzelnen etwas sagen -, deswegen war es auch sehr kooperativ, dass wir dann, wenn wir unterschiedlicher Auffassung als Parlamentsausschuss im Verhältnis zu den Anträgen der Regierung waren, manchmal sehr deutlich machen mussten, dass wir die Parlamentarier sind und die Anträge und die Beschlüsse stellen und es tunlichst besser wäre, gemeinsam mit den Beschlüssen umzugehen und uns im Ausschuss keine Vorträge zu halten.

Bemerkenswert ist allerdings - und das will ich im Dank ausdrücklich mit einbeziehen -, dass all das, was wir heute sehen, wissen und besichtigen können, der freien Presse geschuldet ist. Wenn Axel Hemmerling und Ludwig Kendzia nicht sehr intensiv an dem Thema drangeblieben wären und diesen VMann Kai-Uwe Trinkaus nicht medial so lange begleitet hätten, um es mal freundlich zu sagen, bis er seine Dinge vor der Kamera offenbart hat und der Mitteldeutsche Rundfunk uns über das Rechercheteam in der Öffentlichkeit nicht andere Einblicke gegeben hätte, ich glaube, das Landesamt für Verfassungsschutz hätte uns die Einblicke nicht freiwillig gegeben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen mein ausdrücklicher Dank auch an die beiden Journalisten, weil das ohne aktive und engagierte Journalisten gar nicht funktionieren würde. Ich danke ausdrücklich auch Sebastian Haak; das war der Journalist, der durchgängig an sämtlichen Sitzungen teilgenommen hat und für die Presseagentur und verschiedene Medien berichtet hat. Ohne diese journalistische Begleitung wären unsere Arbeit und der Umfang unserer Arbeit nicht nach außen gedrungen,

(Beifall im Hause)

dann hätten wir Parlamentsbearbeitung gemacht. Es ist eine sehr anstrengende Herangehensweise und wenn Medien nicht mehr genügend Recherche-Journalisten haben, damit sie zum Beispiel in einem so komplexen Untersuchungsausschuss auch noch mit den unterschiedlichen Medienvertretern beteiligt sind, dann merken wir, dass da noch ein anderes Problem in einer offenen Gesellschaft herrscht, bei der die vierte Gewalt, nämlich eine freie Presse, die Kraft haben muss, Recherche betreiben zu können. Deswegen die drei Namen, die ich ausdrücklich genannt habe, weil es immer eine tief gehende Begleitung entlang der Linien, die wir aufgearbeitet haben, war. Das Zusammenspiel zwischen freier Presse und dem Parlament hat uns erst die Erkenntnisse gebracht, auf die Kollegin

(Abg. Groß)

Groß hingewiesen hat, nämlich dass alle genannten Personen, alle, die im Verlauf der Jahre 2006, 2007, 2008 diese tief unangenehmen Erfahrungen machen mussten, von denen sie nicht genau wussten, warum geschieht mir das jetzt. Also fünf Abgeordnete unseres Hohen Hauses, davon drei aus meiner Fraktion sowie Egon Primas von der CDU, Birgit Pelke von der SPD und Frank Kuschel, Knut Korschewsky und Susanne Hennig-Wellsow waren diejenigen, die auf unterschiedlichste Art und Weise gemobbt, gejagt, in die Ecke gedrängt, niedergetreten, beleidigt, herabgewürdigt wurden. Dazu kommen noch eine ganze Reihe von genannten Vereinen und Verbänden, also ver.di, die Deutsch-Israelische Gesellschaft, der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Bund der Vertriebenen, für den Egon Primas höchst unangenehme Erfahrungen sammeln musste. Das engagierte Arbeitsbündnis, der Bürgerverein „Westliches Wachhaus“, da hat der Stadtrat - den will ich einfach einmal nennen -, der Stadtrat Wolfgang Metz berichtet, wie unangenehm es war, auf einmal öffentlich angeprangert zu werden, dass Wolfgang Metz als Stadtrat sagt: „Ich setze mich hier nicht mit Nazis an einen Tisch.“ Er war auf einmal derjenige, der die Harmonie gestört hat und er hat erleben müssen, dass andere von ihm abgerückt sind, weil man die fröhliche Harmonie nicht gestört haben wollte. Hinterher erfährt man erst, dass das alles gezielte Manöver von Kai-Uwe Trinkaus waren und seinen Gesinnungsgenossen, in welcher Reihenfolge und Schattierung auch immer. Der Bismarckturm-Verein sei auch genannt.

Meine Kolleginnen und Kollegen und Damen und Herren, es war darauf angelegt, eine Welle von Nazi-Aktivitäten in Erfurt und Umgebung zu erzeugen, und statistisch lässt sich nachweisen, dass in der Zeit, in der Kai-Uwe Trinkaus angeworbener VMann-Spitzel war, die Aktivitäten in Thüringen sprunghaft gestiegen sind - sprunghaft. Ich sage, da gibt es einen inneren Zusammenhang. Erst sagt man, das haben wir dann in der Tiefenrecherche festgestellt, man habe in der NPD keine ausreichende Quelle und deswegen müsse man eine Quelle anwerben. Dann hat man eine Quelle und dann sprudelt die Quelle. Das Problem, das niemand wissen wollte, war, dass die Quelle nicht nur gesprudelt hat, sondern sie hat produziert. Sie hat ein Bild über Menschen produziert, über die hinterher ein Amt Akten angelegt hat oder sich Personen von uns hier im Hohen Haus öffentlich zur Wehr setzen mussten, auf schlimmste Art und Weise angegriffen, diffamiert, Stalking-Verfahren gegen Susanne Hennig-Wellsow, sogar hier im Landtag. Hier im Landtag hat er sich hingesetzt, hat die Bilder gemacht und hat hinterher versucht, ein Liebesbild, eine Liebesaffäre zwischen Susanne Hennig und ihm zu dichten, indem er den Tag der offenen Tür benutzt und den Landtag missbraucht hat. Deswegen will ich noch einmal danken, dass wir den Nazis

gestern alle zusammen gezeigt haben: Euer brauner Ungeist ist in diesem Haus nicht willkommen.

(Beifall im Hause)

Meine persönliche Erfahrung: Am letzten Tag der offenen Tür waren die braunen Kameraden im Haus. Patrick Wieschke stand auf einmal oben im dritten Stock direkt vor mir und ich war emotional völlig unvorbereitet, beim Aufmachen meiner Tür auf einmal auf unserem Flur die Nazis anzutreffen, die dann sagten, wir besichtigen schon mal das Haus, weil sie dieses Haus missbrauchen wollen und weil sie die hier vom Volk gewählten Abgeordneten niedertreten, beleidigen und herabsetzen wollen. Das hat Kai-Uwe Trinkaus mit seinen Gesinnungsgenossen zur Perfektion entwickelt. Deswegen nenne ich einmal das Beispiel Frank Kuschel. Frank Kuschel bekam einen Praktikanten. Dieser Praktikant war bei einer antifaschistischen Aktion auffällig geworden. Da ist er von der Polizei kontrolliert worden und hatte ein Messer bei sich. Mit diesem Nimbus war er bei den Jusos angemeldet. Über die Jusos, über die Legitimation der Jusos hat er sich bei der linken Fraktion angemeldet und sich hinterher als Nazi entpuppt, also eine Legende gestrickt. Siegfried Wetzel hat in dem Zusammenhang immer darauf hingewiesen, dass da perfektionierte Geheimdienstkenntnisse vorliegen, um eine solche Strategie überhaupt anzuwenden, sich bei den Jusos anzumelden, bei den Jusos mitzumachen und von den Jusos dann zur Linken zu kommen und zu sagen, na ja, die Jusos sind uns nicht weitgehend genug, wir möchten jetzt einmal bei den ganz linken Linken mitmachen und ich bin ein antifaschistischer Kämpfer und da gibt es die Fotos, da gibt es die Polizei und es gibt die Taschendurchsuchung. Dann geht er mit Frank auf Tour, Frank als Abgeordneter nimmt ihn mit, lässt ihn in die Arbeit von Parlamentariern Einsicht nehmen - so wünsche ich mir jedenfalls Praktika, dass die jungen Menschen, die herkommen, auch mitgenommen werden - und hinterher stellt sich heraus, dass genau dieser Praktikant von Axel Hemmerling, der Journalist vom MDR, enttarnt wird. Wir kannten den überhaupt nicht, bei uns war der als Juso bekannt. Axel Hemmerling sagte, den habe ich auf einer Nazidemo gesehen, schaut in seinem Material nach und sagt, das ist ein Nazi. Damit stoppen wir ihn und dann erzählt Kai-Uwe Trinkaus über diesen Nazipraktikanten, an ihm wäre ein sexueller Übergriff von Frank Kuschel ausgeübt worden.

Kolleginnen und Kollegen, was heißt denn das, wenn man öffentlich auf einmal als Abgeordneter im Rampenlicht mit so einem Vorwurf steht? Dagegen mussten wir uns juristisch zur Wehr setzen. Darum geht es emotional, damit wir ungefähr wissen, wie die Menschen, die hier angegriffen worden sind, nicht nur einfach ein Observationsobjekt waren, wo man sagt, ich hole ein paar Informationen, und wenn man sowieso schon sauer auf Frank Ku

schel ist, weil er so nervig ist, weil er immer Anfragen stellt, dann passt das natürlich wunderbar in das politische Bild - jetzt auch noch so etwas.

Evelin Groß hat es in aller Deutlichkeit gesagt, wir haben alle Opfer, Vereine, Verbände und Personen gehört. Evelin Groß hat heute für den Ausschuss deutlich gemacht: Kein Einziger von den Betroffenen hatte durch eigene Schuld oder eigenes Verschulden irgendeinen Anteil daran, welche Zerrbilder, üblen Bilder und Herabsetzungen öffentlich über diese Person gezeichnet worden sind. Deswegen bin ich den Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss tief dankbar - und ich finde, es ist eine Sternstunde für uns -, dass wir in der letzten regulären Landtagssitzung deutlich machen können, jeder Hauch eines Verdachts ist von allen genommen und die Täterstruktur ist klar zugeordnet, sie heißen Kai-Uwe Trinkaus und alle seine Gesinnungsgenossen, die bei der aktiven Unterwanderung und bei der aktiven Zersetzung dabei waren und das vorsätzlich gemacht haben. Vorsätzlich, meine Damen und Herren, denn Kai-Uwe Trinkaus hat es immer wieder als Begründung angegeben und gesagt, die zum Beispiel bei Frank Kuschel angelegte Strategie sollte so lange laufen, bis die Landtagswahl 2009 kommt. In der Landtagswahl 2009 sollte Frank Kuschel mit dieser Unterwanderung enttarnt werden, um im Wahlkampf einseitig gegen unsere Partei Stimmung zu machen.

Dasselbe lässt sich bei Knut Korschewsky deutlich machen. Knut war unser Landesvorsitzender zu dieser Zeit und er geht - das haben wir dann alles im Ausschuss untersucht - tauchen, macht einen Tauchlehrgang und hinterher stellen wir fest, sein Tauchkamerad ist Kai-Uwe Trinkaus, der dann Märchen erzählt, Geschichten erzählt. Dann sind wir wieder bei dem Verdacht, den Siegfried Wetzel immer geäußert hat, mit einer perfekten Form der geheimdienstlichen Tarnung wanzt er sich ran. Dann erlebt unser Landesvorsitzender auf einmal eine seltsame Geschichte. Er wird angerufen und gefragt, ob er schnell helfen könnte, der Tauchkamerad kommt in unser Landesbüro. Drei Tage später kriegt unser Landesvorsitzender die Anfrage des „Stern“, warum er mit Nazis zusammenarbeiten würde, und man wüsste, dass es da Geheimtreffen geben würde, und unser Landesvorsitzender hätte sich mit den Nazis abgesprochen. Wenn am 1. Mai in Erfurt alles friedlich bliebe, würde man auch so eine Querfront zwischen links und rechts außen praktizieren und er solle jetzt Stellung dazu beziehen. Der „Stern“, ein renommiertes Magazin, schlägt sich auf die Seite derjenigen, die hier als Stichwortgeber mit Lügen, Märchen und Verfälschungen, mit Herabsetzungen und bodenlosen Unterstellungen; jetzt sage ich noch einmal, da hätte ich mir Journalisten gewünscht, die dann Tiefenrecherche gemacht hätten. Deswegen nenne ich ganz klar die Namen: Es sind zweimal der Name

Witzel, zwei Redakteure - Holger und Christoph Witzel, die willfährig und schnell die Stichworte der Nazis aufnehmen. Der eine schreibt noch in der Südthüringer Zeitung: „Die Braunen und die rotlackierten Faschisten marschieren gemeinsam.“ Das war die Berichterstattung über meinen damaligen Landesvorsitzenden und Landtagsabgeordneten Knut Korschewsky - Stichwortgeber Kai-Uwe Trinkaus und seine Gesinnungsgenossen. Journalisten hätten die Pflicht, eine Tiefenrecherche zu machen. Die Tiefenrecherche fiel aus, Knut Korschewsky musste klagen, presserechtlich klagen, hat presserechtlich sogar gewonnen. Da sind denkwürdige Sätze in dem presserechtlichen Urteil enthalten, dass nämlich keine ausreichende Recherche vorliegt und beide Redakteure nicht nachweisen können, was sie überhaupt recherchiert haben. Offenbar haben sie das Material einfach nur übernommen, weil die Vorurteile, die Befindlichkeiten, die die Redakteure im Kopf hatten, so gut zu der Geschichte passen. Man verurteilt DIE LINKE und nimmt dafür einen Nazi als Kronzeugen. Deswegen hätte ich mir gewünscht, wenn auch diese Medien während der ganzen Untersuchungen im Ausschuss wenigstens einmal gekommen wären, wenigstens mal zugehört hätten, welche Beweisanträge wir gestellt haben und was wir zutage befördert haben. Nein, es war Sebastian Haak, der durchgängig da war, Kendzia und Hemmerling und einige Journalisten, die ab und zu vorbeikamen, aber es gab keine Bereitschaft vom „Stern“ oder der „Südthüringer Zeitung“, sich bis heute einfach einmal zu entschuldigen.

(Beifall im Hause)

Presserechtlich haben sie verloren, aber entschuldigt haben sie sich nicht. Deswegen nenne ich das in der Deutlichkeit, weil wir mitten im politischen Geschäft sind, wo man über Nazispitzel Parteipolitik beeinflusst. Deswegen gibt es sozusagen zwischen Evelin Groß als Vorsitzender und mir Differenzen bei den Nuancen, welche Wertungen schlussfolgern wir aus unserem Untersuchungsbericht. Es gibt keine Differenzen zwischen den Feststellungen, die haben wir gemeinsam getroffen. Die Frage, unter welchen Umständen wurde Egon Primas zu Recht gewarnt. Also um das klar zu sagen, ich bin froh, dass Egon Primas gewarnt worden ist. Aber ich hätte mir gewünscht, wenn Birgit Pelke auch gewarnt worden wäre. Wenn man dann sagt deswegen ist da die Nuance der Differenz -, es ist nicht bewiesen worden, ob sie es vorher wissen, wir konnten es nicht beweisen. Eine Entlastung konnten wir allerdings auch nicht feststellen. Wir haben es deswegen offengelassen und sagen, es gibt keine Beweisführung dafür. Es gibt eine ganze Reihe von Treffberichten, die nicht vorhanden sind, und es gibt andere Treffberichte, die so qualifiziert waren, wie Evelin Groß es hier gerade vorgetragen hat. Ein Treffbericht, der mit „Papst Benedikt“ unter

schrieben wird - na, tolle Geschichte. Ein Treffbericht, der unterschrieben wird mit „Dieter Althaus“ oder „Tamara Thierbach“, der Bürgermeisterin von Erfurt. Also da frage ich mich, wie ernst ist so eine Institution zu nehmen, und da sind wir wieder bei einer Wertung. Meine Wertung ist eine andere. Evelin Groß sagt mit der Mehrheit des Hauses, die das Verfassungsschutzgesetz vorgestern geändert hat, Evelin Groß sagt aus ihrer Wertung: Wir haben Konsequenzen gezogen und dieses Landesamt darf V-Leute nur als Ultima Ratio einsetzen. Wir sagen als Schlussfolgerung, das ist lediglich die Differenz, wir sagen, V-Leute gehören gänzlich abgeschafft, sie haben keine Berechtigung.

(Beifall DIE LINKE)

Sie haben bewiesen, dass sie nicht steuerbar sind, weil sie aus dem Milieu sind und weil kein Beamter sie korrekt steuern kann. Wer in dem Milieu ist und dann über seine Kameraden berichtet, ist nichts anderes als ein Gesinnungsschwein und so benimmt er sich auch. Ja, das ist so. Aus der Sicht von denen ist das so. Deswegen müssen wir sie hinterher schützen, wenn sie enttarnt werden. Deswegen haben wir doch die Probleme in dem anderen Untersuchungsausschuss, wo es um zehn ermordete Menschen geht. Ich bin froh, dass wir uns in unserem Untersuchungsausschuss nur mit der Herabwürdigung von uns als Abgeordnete beschäftigt haben. Wir haben keine Toten. Ich bin froh, dass unsere Emotion in dem Komplex, den wir hier zu untersuchen hatten, sehr sorgsam an der Sache bleiben konnte, ohne dass wir Angst haben mussten, uns immer wieder vorzustellen, was heißt das für Angehörige, die Tote haben. Wir haben Egon Primas, der jetzt weiß, warum es so passiert ist, wie es passiert ist. Wir haben Birgit Pelke, die weiß heute, dass sie beim Landessportbund mehrfach reingelegt worden ist, vorsätzlich reingelegt worden ist. Ein Beamter sagte sogar, er habe im Landessportbund einer Person Bescheid gesagt. Der Beamte hat es gesagt, und dem konnte nicht widersprochen werden. Der Präsident und der Hauptgeschäftsführer vom Landessportbund sagen, sie haben noch nie etwas davon gehört. Insoweit muss man fragen: Mit welcher Konspiration wurde denn da gearbeitet? Aber richtig, warum war Birgit Pelke Betroffene? Birgit Pelke war Betroffene, weil sie als Vorsitzende des Stadtsportbundes kritisch hinterfragt hat: Wofür geben wir Turnhallen? Jetzt kommen wir zu dem eigentlichen Problem, die Turnhallen sollten für fröhlichen, friedlichen Sport sein. Es entpuppte sich hinterher, diese Turnhallen waren für Kampfsporttraining. Und warum? Weil sie dort trainieren wollten, wie sie mit Hooligans gemeinsam das besetzte Haus überfallen und wie sie brandschatzen. Das ist alles in den Unterlagen dokumentiert. Deswegen lohnt es sich, den Abschlussbericht aufmerksam zu lesen. Wir reden von gewaltberei

ten Tätern. Wir reden nicht von irgendwelchen verwirrten Ideologen.

Herr Abgeordneter, ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen. Die Redezeit ist zu Ende.

Oh, das tut mir jetzt leid. Mein Kollege hat mir gesagt, ich hätte ausreichend Zeit.

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Was immer das heißt!)

18 Minuten.