Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen letzten regulären Sitzung des Thüringer Landtags in der 5. Legislaturperiode. Ich begrüße die Gäste auf der Zuschauertribüne und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.
Für diese Plenarsitzung hat Frau Abgeordnete Lukasch als Schriftführerin neben mir Platz genommen. Die Redeliste führt Herr Abgeordneter Kellner.
Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Günther, Herr Abgeordneter Koppe, Herr Abgeordneter Metz, Herr Abgeordneter Schröter zeitweise, Frau Ministerin Taubert zeitweise, Herr Minister Dr. Voß zeitweise und Herr Minister Geibert zeitweise.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist unsere letzte reguläre Sitzung in dieser Legislatur und deshalb gestatten Sie mir einige Worte des Dankes und der Anerkennung. Ich hatte vergangene Woche der Öffentlichkeit schon unsere Statistiken vorgestellt, eine Bilanz über diese Legislatur gezogen; die fällt positiv aus. Der 5. Landtag war debattierfreudig, fleißig, kommunikativ, modern, nach außen transparent, bürgernah und europakompetent. Vor allem hat der Landtag aber eines gezeigt: Er ist entscheidungsfreudig. In 160 Plenarsitzungen mit bislang 268 behandelten Gesetzentwürfen wurden 143 Gesetze verabschiedet. Damit hat der Landtag seine wichtigste Funktion erfüllt: Er ist Gesetzgeber gewesen. Unsere Debatten waren lebendig, zuweilen emotional, kontrovers, aber immer lösungsorientiert. Die Arbeit in den Ausschüssen war von Kollegialität und Kompromissfähigkeit geprägt, was entscheidend zur Effizienz der Gremienarbeit beitrug.
Überhaupt möchte ich betonen, wir konnten immer darauf vertrauen, dass in den grundsätzlichen Fragen fraktionsübergreifende Einigkeit herrschte, zum Beispiel bei den Themen, die dem Schutz der Demokratie und der Freiheit der Verfassung galten. Wir haben gleich zu Beginn der Legislaturperiode ein Bekenntnis zu einem weltoffenen, toleranten Thüringen abgelegt.
In unserer gemeinsamen Erklärung verpflichteten wir uns, allen Bestrebungen Einhalt zu gebieten, die das friedliche Zusammenleben der Gesellschaft gefährden. Diese Erklärung bildet bis heute die Grundlage unseres geschlossenen Auftretens gegen die Feinde der Demokratie. Erst gestern war
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Einigkeit über Fraktionsgrenzen hinweg bestand auch bei der Frage nach möglichen Innovationen und der Europakompetenz. Um mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz im Politikbetrieb zu erreichen, waren wir übereingekommen, technische und inhaltliche Modernisierungen im Parlamentswesen vorzunehmen. Im Hinblick auf die Transparenz politischer Entscheidungen wurde das Internetangebot kontinuierlich und strikt barrierefrei mit vielen Elementen erweitert. Aus diesem Grund haben wir das OnlineDiskussionsforum eingestellt, aber auch das Petitionsgesetz internet- und zeitangepasst modernisiert.
Nicht nur virtuell haben wir die Bürger beteiligt. Wir haben die Bürgergesellschaft in unser Parlament eingeladen. Rund 130.000 Menschen, vor allen Dingen junge Menschen, die ich auch jetzt wieder begrüße, haben unser Parlament besucht.
Mehr als 80 größere Veranstaltungen sorgten für diesen Gästezustrom, dazu kamen 70 Ausstellungen sowohl zu historischen Themen als auch zu künstlerischen Anliegen, die viele Menschen ins Parlament lockten. Zum Höhepunkt dieser Legislaturperiode zählten besonders wichtige und prominente Gäste. Ich erinnere an die Lesung der Nobelpreisträgerin Herta Müller in Erinnerung an ihren Weggefährten und Freund, den Dissidenten Jürgen Fuchs.
Ich erinnere an die beeindruckende Rede von Dr. Charlotte Knobloch zur Gedenkfeier der deportierten Juden Thüringens. Die Zeitzeugengespräche erwiesen sich als hervorragende Möglichkeit für Schülerinnen und Schüler, sich mit den Menschen auszutauschen, die Opfer jeglicher politischer Verfolgung wurden.
Veranstaltungshöhepunkt war immer der Tag der Verfassung am 25. Oktober. Unvergessen bleibt die Rede des kürzlich verstorbenen Leipziger Pfarrers Christian Führer hier bei uns im Landtag.
Zahlreiche Jubiläen begleiteten unsere Legislatur. 2010 haben wir an die Gründung des Landes Thüringen 1920 und an das Wiederentstehen 1990 erinnert. Natürlich möchte ich nochmals das 20-jährige Verfassungsjubiläum erwähnen und meinen Dank dafür sagen, wie wir es gefeiert und gewürdigt haben.
Dieser Rückblick auf die vergangenen zwei Jahrzehnte schärft unser Bewusstsein dafür, dass wir seit der Neugründung unseres geliebten Freistaats vieles erreicht haben. Die Verdienste unseres Parlaments und unserer Demokratie lassen wir uns nicht von den Feinden der Verfassung kaputtmachen.
Lassen Sie mich klar sagen: Vertreter von Parteien, die rassistische und nationalistische Ideen verbreiten, gehören nicht in dieses Parlament.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, in weniger als zwei Monaten werden die Bürgerinnen und Bürger, der höchste Souverän unseres Landes, über die Zusammensetzung unseres Parlaments neu entscheiden. Ich wünsche uns einen leidenschaftlichen und fairen Wahlkampf. Allen Abgeordneten, die sich erneut um ein Mandat bemühen, wünsche ich viel Erfolg. Lassen Sie mich Dank sagen für die fünf Jahre geleistete Arbeit. Mein Dank gilt dem Vorstand, meinen Vertretern im Amt, dem Ältestenrat, den Ausschüssen, den Untersuchungsausschüssen, der PKK und der G 10. Mein Dank gilt der Regierung, die wir gern und zahlreich immer bei uns anwesend haben sehen wollten.
Ich danke den Vertretern der Medien für die Berichterstattung, die immer freundlich und manchmal kontrovers, aber immer reichlich ausfiel. Mein besonderer Dank und mein besonderer Respekt gilt den 20 Abgeordneten, die zum Ende dieser 5. Legislaturperiode ausscheiden, weil sie keine neue Kandidatur anstreben. Dies sind, und ich möchte sie mit Namen nennen: Dr. Frank Augsten, Matthias Bärwolff, Gustav Bergemann, Sabine Doht, Hans-Jürgen Döring, Heiko Gentzel, Christian Gumprecht, Gerhard Günther, Manfred Hellmann, Dr. Karin Kaschuba, Horst Krauße, Klaus von der Krone, Dagmar Künast, Carsten Meyer, Peter Metz, Fritz Schröter, Jennifer Schubert, Heidrun Sedlacik, Gisela Sparmberg und Siegfried Wetzel. Viele von ihnen waren über mehrere Jahre mit einem Mandat hier im Landtag. Ihnen gelten der Respekt und der Dank des ganzen Hauses.
Drei von ihnen sind sogar Parlamentarier der ersten Stunde. Mehr als 24 Jahre haben sie diesem Landtag angehört.
Das ist schon etwas ganz Besonderes. Deshalb bitte ich Hans-Jürgen Döring, Heiko Gentzel und Fritz Schröter nach vorn, damit ich diesen Dank auch mit einem Blumengruß ausdrücken kann. Vielen herzlichen Dank an diese Parlamentarier der ersten Stunde.
Danke, Frau Präsidentin. Namens der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE beantragen wir, den Tagesordnungspunkt 26, Drucksache 5/7927, auf alle Fälle am heutigen Tag abzuarbeiten. Die Dringlichkeit würde Kollegin Berninger begründen.
Herr Fiedler, wer ein bisschen in der Legislaturperiode aufgepasst hat, hat bemerken können, dass wir ein paar Themen haben, bei denen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE auch jetzt schon gemeinsame Anträge stellen.
Ein Thema, das sich wiederholt, sind Anträge zu Abschiebestopps in die Balkanstaaten. Weswegen wir jetzt sagen, der Antrag in Tagesordnungspunkt 26 hat eine besondere Dringlichkeit, da geht es um einen vorübergehenden Abschiebestopp in die von der Flutkatastrophe betroffenen Länder. Wir hielten es für ein verheerendes Signal, wenn dieser Antrag der Diskontinuität anheim fallen würde, und wir möchten Sie dringend bitten, diesen Antrag heute auf jeden Fall zu beraten. Natürlich wollen wir auch bitten, ihn zu beschließen.
Wir glauben, dass der Antrag einigermaßen Aussicht auf Erfolg hat, eben weil es um eine besonders schlimme Situation der betroffenen Menschen geht und weil wir aus der SPD-Fraktion wissen, dass dort der Wunsch besteht - zumindest laut Pressemitteilungen und Briefen, die geschrieben wurden, beispielsweise von Frau Taubert oder Frau Kanis -, dass die Menschen vor einer Abschiebung in diese betroffenen Gebiete geschützt werden sollen. Wir bitten Sie sehr herzlich, diesen Antrag heute zu beraten. Danke.
Danke schön. Möchte jemand gegen die Dringlichkeit sprechen? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann werden wir darüber abstimmen. Der Antrag ist auf der Tagesordnung, so dass wir dafür die einfache Mehrheit brauchen. Wer dafür ist, dass Tagesordnungspunkt 26 in der Drucksache 5/7927 in jedem Fall behandelt wird, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP. Wer ist dagegen? Dagegen sind die Stimmen der CDU und der SPD. Wer enthält sich? Es enthält sich niemand. Damit ist die Dringlichkeit abgelehnt.
Beratung des Berichts des Untersuchungsausschusses 5/2 „Erfolgte Bespitzelung, Herabwürdigung und Infiltration von Parteien, Fraktionen und Vereinen durch einen als V-Mann geführten führenden Neonazi mit Wissen und/oder Zustimmung des Landesamtes für Verfassungsschutz und der Thüringer Landesregierung und deren Umgang mit erlangten Informationen über Aktivitäten und Straftaten der extremen Rechten in Thüringen“ auf Verlangen der Abgeordneten Groß, Kowalleck, Lehmann, Wetzel, Worm (CDU), Blechschmidt, Hausold, König (DIE LINKE) , Pelke (SPD), Bergner, Koppe (FDP) und Adams (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/8025
Bevor wir in die Aussprache gehen, gebe ich der Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, Frau Abgeordnete Groß, das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Thüringer Landtag hat in seiner 106. Sitzung am 14. Dezember 2012 auf Antrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/ 5366 einen Untersuchungsausschuss zum Thema „Erfolgte Bespitzelung, Herabwürdigung und Infiltration von Parteien, Fraktionen und Vereinen durch einen als V-Mann geführten Neonazi mit Wissen und/oder Zustimmung des Landesamtes für Verfas
sungsschutz und der Thüringer Landesregierung und deren Umgang mit erlangten Informationen über Aktivitäten und Straftaten der extremen Rechten in Thüringen“ eingesetzt. Anlass der Einsetzung war die Selbstenttarnung des ehemaligen V-Manns des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz und ehemaligen Vorsitzenden des NPD-Kreisverbands Erfurt-Sömmerda, Kai-Uwe Trinkaus, in einem Bericht des Mitteldeutschen Rundfunks am 5. Dezember 2012. Man kann wirklich sagen, dass dieser Bericht und diese Recherche der Journalisten diese parlamentarische Befassung erst in Gang gebracht haben.
Die Selbstenttarnung erzielte erhöhte Aufmerksamkeit, weil sich Abgeordnete, Fraktionen, Parteien, Vereine und Verbände insbesondere in den Jahren 2005 bis 2010 gezwungen gesehen hatten, sich mit den Aktivitäten von Kai-Uwe Trinkaus auseinanderzusetzen, und zum damaligen Zeitpunkt die nachrichtendienstliche Verbindung zum Thüringer Verfassungsschutz nicht bekannt gewesen war. Nach eigenen Angaben in der Berichterstattung wollte Trinkaus zwischen den Jahren 2006 und 2010 als V-Mann Informationen gegen Honorarzahlungen geliefert, Beschaffungsaufträge durch das Thüringer Landesamt angenommen und umgesetzt haben. Er behauptete weiter, das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz habe Kenntnis von seinen Versuchen gehabt, demokratische Parteien und Vereine zu unterwandern und Politikerinnen und Politiker verschiedener Parteien zum Nutzen der NPD durch gezielte Aktionen öffentlich zu diffamieren. Der Untersuchungsausschuss hatte daher Anlass zu klären, in welchem Umfang Trinkaus tatsächlich als V-Mann des Thüringer Landesamtes geführt wurde, von diesem Informationen erlangt und an diesen Aufträge erteilt wurden.