Diese Grundidee ist richtig. Dennoch ist die Schuldenbremse ein großer wirtschaftspolitischer Fehler. Entweder wird sie zukünftig regelmäßig umgangen und daher nutzlos sein oder sie wird der deutschen Wirtschaft andauernden Schaden zufügen.“ Dann sagt er Folgendes: „Um das zu erfassen, möchte ich folgende Analogie bemühen: Herr Müller isst zu viel und sein steigendes Gewicht bedroht seine Gesundheit. Sein Arzt verschreibt etwas Neues, eine Zuschnürung des Magens, die mit der Zeit immer strenger wird. Dieser Eingriff wird sein Gewicht senken. Aber es gibt zwei bedenkliche Nebenwirkungen. Einerseits, sollte Herr Müller erkranken und mehr Nahrung benötigen, würde der Eingriff dies verhindern, und zweitens ist es sinnlos, brutal, seinen Magen immer strenger zuzuschnüren.“, so Herr Dennis Snower. Er hat recht. Er kommt zu dem Schluss: „Die Schuldenbremse ist wirtschafts- und finanzpolitisch kontraproduktiv.“
Darauf will ich nur hinweisen. Das ist ein bekannter Ökonom in Deutschland und ich finde, wir sollten so etwas zur Kenntnis nehmen. Er fragt weiter: „Was hätten wir eigentlich getan in der jetzigen Krise, wenn wir eine solche Schuldenbremse gehabt hätten? Dies hätte zu einem geführt: Die öffentliche Hand, die Bun
despolitik, auch die Landespolitik, wäre nicht mehr handlungsfähig gewesen in der größten Weltwirtschaftskrise seit 80 Jahren.“ Ich finde, alle, die heute über Schulden reden, sollten darüber eine Sekunde nachdenken.
ich bin begeistert über Ihre Ausführungen und meine Frage wäre jetzt, da ich der Bundesstaatskommission angehört habe, wo die Schuldenbremse beschlossen wurde, wieso denn bitte schön Ihre Bundestagsfraktion und alle SPD-Minister ausdrücklich zugestimmt haben? Das habe ich überhaupt nicht verstanden.
Jetzt würde ich es gern mal von Ihnen erläutert bekommen, ob es da jetzt einen Sinneswandel gibt, der Ihren richtigen Ausführungen auch politisches Gewicht einräumt.
Zunächst einmal, ich bin nicht für jedes Abstimmungsverhalten meiner Partei in allen Gremien verantwortlich.
Ich sage noch einmal: Die Schuldenbremse - Herr Ramelow, das ist meine Antwort - haben wir gemacht in einer Zeit, als wir nicht in dieser schwierigen ökonomischen Situation waren.
2008/2009 hat keiner diese Situation, in der wir uns finanzpolitisch gegenwärtig befinden, vorausgesagt. Ich sage noch mal, Herr Ramelow, ich bin für einen Grundsatz: Jede Maßnahme muss sich immer wieder der Überprüfung stellen. Ich sage jeden Tag, auch zu meiner eigenen Partei, jede Reform muss den Nachweis bringen, ob und welchen Beitrag sie zur Lösung gesellschaftlicher Probleme geleistet hat.
Wenn sie ihn nicht geleistet hat, dann gilt das auch für die Politik meiner Partei, dann muss sie korrigiert werden. Das ist meine Auffassung, das ist nämlich lernende Politik - alles andere ist Dummheit.
Natürlich, darauf lege ich auch großen Wert. Das muss ich mal ganz offen sagen. Dass eine Partei, die einen Bundeswirtschaftsminister stellt, der bekanntermaßen die politische Nulllösung in diesem Amt ist, mir hier solche Vorwürfe macht, das finde ich schon erstaunlich.
Jetzt will ich Ihnen mal sagen, dass das mit der politischen Nulllösung so ist, habe ich mir nicht ausgedacht, sondern ich rate Ihnen, mal ab und zu Wirtschaftszeitungen zu lesen. Die Wirtschaftszeitung das Handelsblatt vom 19.04. vermeldet eines: Überschrift „Der Absturz“. Da geht es um die FDP. Jetzt will ich Ihnen die Zahlen mal vorlesen. 24 Prozent sind mit der Leistung der FDP, der Führungskräfte der deutschen Wirtschaft völlig unzufrieden, 61 Prozent überwiegend unzufrieden. Das ist die Bilanz der FDP nach mehreren Monaten.
Ja, darauf komme ich gleich zurück, weil ich mich eine Sekunde noch mal mit Herrn Brüderle auseinandersetzen muss, weil diese politische Nulllösung im Übrigen eines sogar betreibt: In schamloser Weise blockiert er eine Entscheidung, die für uns in diesem Lande von zentraler Bedeutung ist, nämlich, wie geht es weiter mit dem Standort Eisenach?
Ich habe das vor Monaten vorausgesagt, dieser Bundeswirtschaftsminister macht die Opel-Entscheidung zu einem wahlkampftaktischen Spielchen in Nordrhein-Westfalen, weil Sie vor dem 9. Mai nicht mehr entscheiden werden und nach dem 9. Mai werden Sie Opel und den Standort Opel und die Standortdebatte um Opel zu koalitionsinternen Machtspielchen einsetzen. Das ist Ihre Politik, das ist unverantwortlich gegenüber den Menschen hier in Thüringen, das ist unverantwortlich gegenüber dem Standort Eisenach, das ist unverantwortlich gegenüber der Marke Opel.
Deswegen sollten Sie sich um eines bemühen, Ihren Bundeswirtschaftsminister zur Vernunft zu bringen, dass er endlich das macht, was die vier Ministerpräsidenten der Standortländer seit Langem fordern, nämlich dass wir Entscheidungen brauchen, damit die Zukunft des Standortes gesichert bleibt.
Jetzt zu einzelnen Anträgen, die Sie gestellt haben, die sind auch von großer Klasse, von großer Intelligenz im Übrigen auch: Sie fordern mich nämlich in Ihren Anträgen zu rechtswidrigem Verhalten auf.
Natürlich, Sie wollen Dinge gestrichen haben im Landeshaushalt, wo ich vertragliche Bindungen habe. Das nenne ich den Aufruf zu rechtswidrigem Handeln. Entweder Sie wissen nicht, welche Anträge Sie stellen, oder Sie wollen mich zu einem Rechtsverstoß zwingen oder bringen, beides werde ich nicht tun.
Oder Sie machen folgende Dinge - auch ein Ausdruck von enormer sozialer Kompetenz: Sie wollen, dass die Entgelte für Auszubildende - in meinem Ministerium 80 Prozent - gekürzt werden. Das ist Ihre Vorstellung von sozialer Marktwirtschaft, den Leuten kein vernünftiges Entgelt zu geben, das finde ich schon erstaunlich.
Jetzt eine Bemerkung zum Landesarbeitsmarktprogramm, weil das macht mich inzwischen auch ein bisschen böse: Wir machen dieses Landesarbeitsmarktprogramm nicht nur aus arbeitsmarktpolitischen Gründen, wir machen es aus qualifikationspolitischen Gründen. Das will ich kurz begründen, kurz klar machen. Wir laufen in den nächsten Jahren in ein dramatisches demographisches Problem. Wir haben heute schon die Situation, dass wir nur noch die Hälfte der Schulabgänger haben, die wir vor zehn Jahren hatten in Thüringen. Deswegen müssen wir heute eines tun: Damit wir die Fachkräfte für morgen und übermorgen haben, müssen wir in die Qualifikation der Menschen investieren, auch derjenigen, die heute keine Arbeit haben, weil das die Voraussetzung dafür ist, dass wir in einigen Jahren überhaupt noch die Fachkräfte haben, die wir brauchen;