Protokoll der Sitzung vom 12.11.2010

Zu Ihrem Punkt 5: Im Rahmen der Arbeit der Arbeitsgruppe „Aufarbeitung“ wird das Thema der individuellen Aufarbeitung und damit die Frage der konkreten Hilfestellungen für die Betroffenen eine zentrale Rolle spielen. Dabei sollen zunächst alle bisherigen Akteure, die Angebote für Betroffene vorhalten, erfasst werden. Ziel ist es, ein geeignetes Hilfenetz aufzubauen, welches insbesondere die psychosoziale Betreuung der Betroffenen gewährleisten kann. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wurde schon vor gut einem Jahr gegangen, als bei der Beratungsinitiative der Thüringer Landesbeauftragte für die Unterlagen der ehemaligen Staatssicherheit eigens Herr May als Ansprechpartner für die ehemaligen DDR-Heimkinder hier in Thüringen benannt wurde. Diese mobile Beratungsinitiative als Anlaufstelle ist in Kreisen der Betroffenen akzeptiert und wird gut angenommen. Wie bereits erwähnt, belegen dies über 300 geführte Gespräche eindrucksvoll. Zu weiteren Unterstützungsangeboten soll im Arbeitskreis beraten werden.

Meine Damen und Herren, was die Frage der Entschädigung der Opfer betrifft, möchte ich darauf verweisen, dass dieses Problem auf Bundesebene diskutiert wird. Beide auf Bundesebene angesiedelten runden Tische sind mit dieser Thematik befasst und es wird nach geeigneten Lösungen gesucht. Am 17. Dezember 2010 wird die Vorsitzende des runden Tisches Heimerziehung 50er-/60er-Jahre, Frau Dr. Antje Vollmer, den Abschlussbericht vorstellen. Inwieweit diese Ergebnisse auf die ehemaligen DDR-Heimkinder übertragbar sind, bleibt auch aufgrund der Fragestellung abzuwarten. Hier muss beachtet werden, dass die alten Bundesländer und dortige Kommunen und Träger tatsächlich in einer gänzlich anderen Rechtsposition sind, als dies in den neuen Ländern der Fall ist. Dieser Debatte möchte ich an dieser Stelle auch nicht vorgreifen. Aus den Schilderungen der Betroffenen wissen wir,

(Ministerin Taubert)

dass für sie die finanzielle Entschädigungsfrage nicht im Vordergrund steht. Gerade das Öffentlichmachen ihres erfahrenen Leids ist bedeutsam. Es ist ihnen wichtig, Orte des Gedenkens und der Aufarbeitung zu schaffen. Erwartungen bestehen auch hinsichtlich eines verbesserten Zugangs zu therapeutischen Hilfen und Netzwerken sowie bei der Unterstützung von Selbsthilfestrukturen.

Meine Damen und Herren, wir haben viel zu tun. Ich bitte auch Sie nochmals hier - wie es im Sozialausschuss getan wurde -, gehen Sie das Thema mit aller Sensibilität an. Machen Sie nicht dort Hoffnungen, wo Sie alle wissen, dass es keine Hoffnung gibt, und bleiben Sie bei den Realitäten. Ich denke, nur so können wir den Opfern auch tatsächlich helfen.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen herzlichen Dank, Frau Ministerin Taubert, für diesen Sofortbericht. Da uns von allen Fraktionen Redemeldungen vorliegen, gehe ich davon aus, dass alle Fraktionen eine Aussprache wünschen. Dann hat jetzt das Wort die Abgeordnete König für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, als Erstes, Herr Koppe, bei allem Verständnis für das, was Sie unter Punkt 1 formuliert haben, ich finde es wirklich schwierig, bei solch einem Thema mehr oder weniger mit einer Form von Erpressung zu agieren, indem Sie nämlich sagen, Sie erwarten, dass alle Demokraten in diesem Haus zustimmen. Es mag unterschiedliche Begründungen geben, warum vielleicht Einzelne nicht zustimmen werden. Mit Ihrer Formulierung sprechen Sie diesen aber diese Begründung ab und unterstellen, dass sie keine Demokraten wären. Ich finde das bei diesem Thema wirklich nicht passend.

(Beifall DIE LINKE)

Der von Ihnen vorgelegte Antrag zu Konsequenzen aus Misshandlungen und anderem Unrecht verfolgt meines Erachtens, es ist auch so formuliert, mehrere Ziele, das Unrecht zu benennen und das Unrecht zu erkennen und es zu bedauern. Der Direktor des zum Glück geschlossenen Jugendwerkhofs aus Torgau, Horst Kretzschmar, schrieb in seiner Diplomarbeit: „In der Regel benötigen wir drei Tage, um die Jugendlichen auf unsere Forderungen einzustimmen.“ Ich glaube, dass einigen, höchstwahrscheinlich der Mehrheit bewusst ist, was hinter diesen „drei Tagen“ steht und was mit „einstimmen auf unsere Forderungen“ gemeint ist. Unrecht zu benennen, zu erkennen und zu bedauern ist zustimmungswürdig - definitiv. Ich zumindest werde das

auch machen. Aber meiner Meinung nach reicht das nicht aus. Es wird der Situation, es wird den Erinnerungen, den Folgen, den Traumata und Ähnlichem der Kinder und Jugendlichen, welche heute Erwachsene sind, nicht gerecht. Meiner Meinung nach reicht es nicht aus, ihnen unser Bedauern mitzuteilen. Aber auch Ihr Antrag geht ja nicht nur so weit, das Bedauern mitzuteilen, sondern fordert in den Punkten 2, 3, 4 und 5 weitere Maßnahmen. Da begrüßen Sie die wissenschaftliche Aufarbeitung, fordern die Landesregierung auf, an einer Aufklärung der Problematik mitzuarbeiten, eine Beteiligung der DDR-Opferverbände und eine Berichterstattung. An genau diesen Punkten habe ich Schwierigkeiten mit Ihrem Antrag, die es mir unmöglich machen, heute zuzustimmen. Insofern bin ich glücklich, dass Sie die Überweisung selber beantragt haben.

Sie begrüßen die wissenschaftliche Aufarbeitung, was mir vollkommen unverständlich ist, denn auf die Antwort auf meine Kleine Anfrage an die Landesregierung vom Juni 2010 antwortete die Landesregierung im August, dass sie über keine gesicherten Erkenntnisse, keine gesicherte Datenlage zur Anzahl der Kinder und Jugendlichen in Kinderheimen im Zeitraum von 1971 bis 1990 verfügt. Ebenso ist der Landesregierung nicht bekannt, wie lange die Aufenthaltsdauer war, welche Gründe im Einzelnen zur Einweisung führten, inwieweit politische Repression beispielsweise der Grund der Einweisung war usw. usf. Inwieweit man dann eine wissenschaftliche Aufarbeitung begrüßen kann in Form von „diese gibt es bereits, diese ist abgeschlossen“, ist für mich zumindest fragwürdig.

Worauf ich hinaus will: Ich glaube, dass uns allen das Thema wichtig genug ist und auch ernst genug ist, um mehr zu fordern als das, was heute hier im Antrag der FDP steht. Eine wissenschaftliche Aufklärung misst eine Sichtung und Sammlung der noch vorhandenen Akten, der noch vorhandenen Daten, die leider zum großen Teil auch bereits vernichtet sind, darüber hinaus die Fortführung und Weiterführung der biographischen Interviews, die, wie Frau Taubert bereits erwähnte, mit über 300 Betroffenen schon stattfanden und mit weiteren erfolgen sollen. Das fehlt mir allerdings in dieser Eindeutigkeit in Ihrem Antrag. Für mich gibt es mehrere Ebenen, zum einen die Einzelschicksale, diese wahrzunehmen und auch wahrzunehmen, welche Auswirkungen die Zeit in den - insbesondere - Jugendwerkhöfen damals in der DDR heute noch haben. Es geht um einen tieferen Blick auf das, was Kindern und Jugendlichen damals geschehen ist. Aber auch hier erhoffe ich einen differenzierteren Blick.

Es gibt im Internet ein Forum, welches sich „Jugendwerkhof.info“ nennt, in dem sich Betroffene unterschiedlicher Jahrgänge und unterschiedlicher Heime über ihre Erfahrungen austauschen, wel

(Ministerin Taubert)

ches sie zur Vernetzung nutzen und welches sie nutzen, um Geschichten voneinander zu erzählen. Diese berichten sehr unterschiedlich. Das reicht so verrückt das vielleicht klingen mag - von Dankbarkeit für die Zeit, die sie in unterschiedlichen Kinderheimen und Jugendwerkhöfen hatten, bis hin zu den Berichten von Grausamkeiten, die dann allerdings sehr erschreckend sind. Die Betroffenen ziehen diese Unterschiede zwischen den einzelnen Heimen und sie ziehen sie auch in den Jahrgängen. Ich denke, hier müssen wir auf alle Fälle unseren Blick schärfen, wenn es uns um eine differenzierte wissenschaftliche Aufarbeitung und Aufklärung geht. Es geht auch um Möglichkeiten der Rehabilitation und diese geht nicht, wenn keine entsprechende Aktenlage vorhanden ist, so schade das auch im Einzelfall für den jeweils Betroffenen sein mag. Ich denke aber auch, dass es darüber hinaus nicht nur um Geld geht, sondern auch um psychologische Begleitung und Betreuung, möglicherweise um finanzielle Unterstützung, um z.B. eine Vertretung, einen Verband der Betroffenen in Kinder- und Jugendwerkhöfen der DDR aufzubauen und zu unterstützen. Genau diesen gibt es, wie Frau Taubert gesagt hat, nämlich noch nicht.

Insofern halte ich auch den Punkt der Beteiligung der Opferverbände für schwierig, denn es gibt, wie gesagt, dieses Vertretungsorgan nicht. Dann frage ich mich, wem wollen Sie das Sprachrohr der Betroffenen, wem wollen Sie die Meinungshoheit der Betroffenen, wem wollen Sie die Stimme der Betroffenen dann geben? Ich glaube, unsere Aufgabe wäre es eher, diese bei dem Aufbau einer solchen Vertretung zu unterstützen und die wissenschaftliche Aufklärung und Aufarbeitung voranzutreiben, auch wenn wir höchstwahrscheinlich alle wissen, dass dies sehr viel Zeit und Mühe bedeutet und keine Frage von einem Arbeitskreis ist, der auf drei Monate, ein Jahr oder wie auch immer angesetzt ist, sondern höchstwahrscheinlich mehrere Jahre in Anspruch nehmen wird. Aber, ich glaube, es wird sich lohnen. Es lohnt sich für die Betroffenen, es lohnt sich, um Möglichkeiten der Unterstützung, Rehabilitation und Entschädigung auszuloten. Es lohnt sich aber auch, um den Betroffenen mehr Respekt und auch mehr als nur Bedauern per Erklärung zu vermitteln. So wichtig dieses auch ist, ich denke, dass es auch um ganz konkrete Unterstützungsleistungen geht.

Letztendlich geht es auch um mehr als um die erschreckenden Einzelerlebnisse, die die Betroffenen hatten. Es geht um eine für mich differenzierte Aufarbeitung und Aufklärung eines Systems, welches nicht davor zurückschreckte, auch Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Methoden umzuerziehen - natürlich nicht alle. Natürlich gibt es auch von zumindest einigen habe ich das gelesen - positive Erfahrungen, aber die Berichte von Betroffenen, die davon sprechen, wie ihnen das Rückgrat

gebrochen wurde, nicht im bildlichen Sinne, sondern eher im Sinne wie ihnen die Jugend genommen wurde, wie sie zu sozialistischen Persönlichkeiten ohne Rücksichtnahme auf die jeweils eigene Persönlichkeit erzogen werden sollten, denke ich, all das sollte mit im Mittelpunkt unserer Aufarbeitung, Aufklärung bzw. der der Wissenschaftler stehen.

„Ich bin als Mensch geboren und will als Mensch hier raus“, lautet eine Inschrift, die im Jugendwerkhof Torgau von einem Insassen gefunden wurde. Wenn wir das wollen, dass das den Betroffenen ermöglicht wird, dann brauchen wir mehr als den heute vorliegenden Antrag. Ich bin froh, dass er an den Sozialausschuss überwiesen wurde und hoffe, dass wir dort die Möglichkeit haben, ihn zu überarbeiten, ihn zu verfeinern, und möchte zum Schluss der Ministerin Taubert für die Einberufung des Arbeitskreises danken und vor allem auch für die Einstellung der Mittel in den kommenden Haushalt, des Jahres 2011, denn das ist doch dann letztendlich die Entscheidung, wie ernst es gemeint ist, wenn man dann auch Mittel dafür zur Verfügung stellt. Ich denke, dass die 40.000 € nicht ausreichen werden, um die wissenschaftliche Aufklärung, Aufarbeitung, die uns vorschwebt, die mir vorschwebt, zu bewältigen, aber sehe es als einen ersten sehr guten, positiven Schritt und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen herzlichen Dank, Frau König. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Zeh für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, Gewalt, Misshandlungen und Demütigungen gegen Kinder sind ein Verbrechen, wann auch immer, wo auch immer und von wem auch immer.

(Beifall im Hause)

Wer die Würde und Rechte von Minderjährigen und von Schutzbefohlenen und auch Kindern verletzt, macht sich in besonderer Weise schuldig und deshalb müssen Gewalt, Misshandlungen und Demütigungen gegen Kinder konsequent verfolgt, geahndet und bestraft werden. Die in den letzten Monaten in den Medien bekannt gewordenen - Sie haben es alle gehört - Misshandlungen gegen Kinder in kirchlichen, aber auch staatlichen Kinderheimen haben uns alle aufgeschreckt und die Gesellschaft ist für dieses Thema sehr sensibilisiert worden. Leider, das muss man feststellen, von der Öffentlichkeit größtenteils kaum wahrgenommen, sind die Enthüllungen über den Missbrauch und die Misshandlungen von Kindern in DDR-Kinderheimen. Ich habe mich oft gefragt, warum ist das eine solche unter

(Abg. König)

schiedliche öffentliche Empörung. Man muss den Verdacht haben, dass die einstige Stigmatisierung aus DDR-Zeit heute noch fortdauert und damit das Leid verlängert, nämlich irgendwie scheint die Meinung zu bestehen, das waren doch auch asoziale, kriminelle und aus zerrütteten Familienverhältnissen geholte Kinder. Das ist genau das Perfide an dem, nämlich die DDR-Jugendhilfeunterlagen sind die einzigen öffentlichen Quellen und sie verweisen leider auch nur auf diese Gründe. Sicher gab es auch Verwahrlosung in DDR-Familien, aber wir wissen, dass alles als Einweisungsgrund genügte, was der sozialistischen Entwicklung eines Kindes oder Jugendlichen entgegenstand. Deshalb brauchen wir für dieses Thema mehr Öffentlichkeit und deshalb ist es gut, dass wir diesem Thema auch im Landtag größere Aufmerksamkeit zukommen lassen, als das bisher geschehen ist. Ich bin der FDP daher ausdrücklich dankbar, dass sie diesen Antrag noch einmal im Landtag gestellt hat, obwohl er bereits auch schon einmal im Ausschuss ausführlich diskutiert worden ist. Ich denke, wir brauchen diese Öffentlichkeit,

(Beifall CDU, FDP)

denn ich glaube, dass die schweren Vergehen an Kindern und die seelischen Deformationen in DDRKinderheimen unvergleichlich sind. Die Betroffenen brauchen gerade heute unsere Unterstützung und auch unsere Hilfe. Ich denke, dass die Misshandlungen in DDR-Kinderheimen im Gegensatz zu den heute bekannt gewordenen Misshandlungen in kirchlichen und staatlichen Heimen keine einzelnen Erscheinungen einzelner verbogener Erzieher waren. Sie wurden aus ideologischem Kalkül vom Staat zur systematischen Umerziehung angeordnet und das war meines Erachtens staatlich angeordneter Machtmissbrauch gegen Minderjährige durch den SED-Staat.

(Beifall FDP)

Am Ende dieser Erziehung sollte die entwickelte sozialistische Persönlichkeit stehen. Was das bedeutete, das war, sich unterzuordnen und ausschließlich der staatlichen Ideologie zu folgen. Es wurden den Menschen die Rückgrate gebrochen. Das ist Gewalt und das muss auch als solches benannt werden.

(Beifall SPD)

Die Erziehung war mit Demütigungen, Entrechtung und seelischer und körperlicher Gewalt verbunden. Das erlittene Leid ist unvorstellbar. Deshalb sehe ich heute folgende Aufgaben, vor denen wir stehen. Vieles ist ja schon bereits in Gang gesetzt worden. Ich bin ausdrücklich dankbar, dass Sie das heute in diesem Bericht noch einmal benannt haben.

Erstens: Wir müssen das erlittene Unrecht und Leid aus Misshandlung und anderem Unrecht in Kinder-, Jugend- und Erziehungsheimen der DDR anerken

nen und auch als solches benennen. Deshalb, denke ich, ist gerechtfertigt, den Punkt I in Ihrem Antrag auch einzeln abzustimmen.

Zweitens: Es ist dringend individuelle Hilfe für die Betroffenen nötig und daher müssen wir die von der Bundesregierung beschlossenen Änderungen im SED-Unrechtsbereinigungsgesetz auch zügig umsetzen. Es geht dabei um die Aufnahme der Gruppe der von Missbrauch in DDR-Kinderheimen Betroffenen in den Regelkreis dieses Gesetzes. Erst 20 Jahre später ist das sicherlich zu spät, aber nichts ist so spät, als dass man nicht vielleicht doch noch etwas machen kann. Denn damit werden Rehabilitierungen zukünftig leichter möglich, ohne die bisher notwendige Beweislastumkehr bei den Betroffenen. Es werden auch Zahlungen von Entschädigungsleistungen einfacher. Andere Formen der Wiedergutmachung sollten beraten werden. Ich denke, dabei ist die Zusammenarbeit mit dem Bund und mit den anderen Ländern unumgänglich. Das muss gemeinsam auf den Weg gebracht werden.

Drittens: Wir müssen auch dieses bittere Kapitel des DDR-Unrechtsstaats besser aufarbeiten als es bisher geschehen ist. Dieser Bereich muss in die Extremismusforschung aufgenommen werden. Deswegen ist das kein Widerspruch, ich weiß nicht, wie Frau König das verstanden hat, es gibt noch keine wissenschaftliche Aufarbeitung und deswegen begrüße ich es ausdrücklich, weil wir diese brauchen. Ich hatte das auch so in dem Antrag verstanden. Deswegen ist es für mich kein Widerspruch.

(Beifall FDP)

Wir brauchen hier die wissenschaftliche Aufarbeitung. Solche Fragen sind doch notwendig: Was waren zum Beispiel Gründe für die Aufnahme? Auch Stasi-Unterlagen konnten herhalten; Denunziationen, das Ziel von Zerstörung von Familien war auch Ausgangspunkt, Erpressung usw. All das muss wissenschaftlich aufgearbeitet werden, deswegen kann ich dem auch nur zustimmen. Wir können nämlich hier einem weiteren nostalgischen Verklärungsversuch der DDR durch Informationen auch dieses dunklen Teils der DDR-Geschichte noch besser entgegentreten.

(Beifall CDU)

Auch in diesem Zusammenhang brauchen wir natürlich mit dem Bund und anderen Ländern die Zusammenarbeit.

Ich will noch einmal ausdrücklich sagen, ich bin der Landesregierung und Frau Ministerin Taubert dankbar, dass sie dieses Problem schon einige Zeit konsequent bearbeitet. Thüringen ist übrigens das einzige Land, in dem es einen Arbeitskreis „Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch in Kinderund Jugendheimen der ehemaligen DDR“ gibt. Ich glaube es jedenfalls, ich denke, es ist so. Der Vor

sitzende ist berufen, so dass der Arbeitskreis nun tätig werden kann. Wir sind auf die Ergebnisse gespannt. Ich glaube, auch hier gilt Gründlichkeit vor Schnelligkeit.

Ich bin auch der Thüringer Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Frau Neubert, dankbar, dass sie mit der Beratungsinitiative vielen bereits geholfen hat, indem sie mit guter fachlicher Beratung den Betroffenen Unterstützung gab. Die Meisten sind traumatisiert und leiden unter den Spätfolgen dieses Kindheitserlebnisses. Sie konnten nicht ausreichend darüber sprechen. Dort haben sie diesen Raum gefunden.

Obwohl schon manches von dem, was die FDP fordert, bereits geschieht, ich sagte es bereits, bin ich der FDP dankbar, dass dieses Thema hier auf den Tisch gekommen ist. Damit bekommt das Thema noch einmal Öffentlichkeit. Ich will ausdrücklich sagen, was mir besonders gefallen hat, ist die Begründung Ihres Antrages. Es ist eine gute Lektüre, die ganz präzise zusammenfasst, was der DDRStaat bei den Minderjährigen angerichtet hat. Demjenigen, der das geschrieben hat, würde ich ausdrücklich an dieser Stelle dieses Lob zukommen lassen. Herr Barth, Sie sollten das machen.

(Beifall CDU, FDP)

Ich empfehle deswegen ausdrücklich den Abgeordneten, die es noch nicht getan haben, diese Begründung zu lesen.

Namens meiner Fraktion plädiere ich für die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und da Sie den Punkt I getrennt abstimmen wollen, stimmen wir diesem Punkt natürlich zu. Vielen Dank.

Vielen herzlichen Dank, Herr Zeh. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Meyer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, möglicherweise wundern Sie sich, warum ich hier vorn stehe und zu diesem Punkt rede als bekannterweise nicht zu DDR-Zeiten in Thüringen Großgewordener. Das hat einen formellen Grund. Ich bin der Vertreter für Frau Siegesmund, die heute nicht da sein kann, aber es hat auch noch einen ganz persönlichen Grund. Ich habe seit zehn Jahren - doch ich würde mal sagen das Glück, mit diesem Thema der DDR-Geschichte näher in Bekanntschaft getreten zu sein. Ich war zuständig als Geschäftsführer für einen Ort, der bis 1993 von 1961 ein Kinderheim gewesen ist. Insofern kann ich von Gesprächen mit Betroffenen be

richten und will das im Rahmen meiner Ausführungen auch ein bisschen tun, keine Sorge, ganz anonym.