Protokoll der Sitzung vom 09.12.2010

(Beifall SPD)

Ich habe das deswegen gesagt, weil natürlich an der Stelle eines sofort erkennbar wird: Strom kommt eben nicht aus der Steckdose.

(Beifall SPD)

Wir brauchen Infrastrukturen in den nächsten Jahren, auch - und das ist richtig, was hier gesagt worden ist - am Erfurter Kreuz, um die Stabilität der Unternehmen zu erhalten.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist völlig klar. Deswegen muss eines richtig sein - ich sage den Satz noch mal, auch wenn er für Sie schmerzhaft ist: Wer zum Ausbau der erneuerbaren Energien Ja sagt, der muss zum Netzausbau Ja sagen. Alles andere ist eine politische Lüge.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Enders, DIE LINKE: Das ist totaler Quatsch.)

Dazu gehört dann auch - und darüber kann man mit mir mal reden -, wie man den Netzausbau gestaltet und ob wir dort alle technologischen Möglichkeiten auch ausnutzen. Da bin ich dafür. Wenn wir moderne Technologien nutzen, können wir Effizienzpotenziale von 30, 35 Prozent heben und trotzdem werden wir Zubau brauchen. Darüber gibt es überall, in

der gesamten Republik eine Verständigung - vielleicht nicht in der grünen Landtagsfraktion, aber ich bin sicher, das wird noch kommen.

Dann ein Satz zum Thema Erneuerbare noch mal an den Kollegen Günther, weil mir eines an der Stelle sehr wichtig ist. Die Erneuerbaren sind nicht die Ursache dafür, dass die Stromkosten in Deutschland gestiegen sind. Es gab in diesen Tagen - ich stelle das gern zur Verfügung - eine hochinteressante Auswertung und eine hochinteressante Studie, die Folgendes belegt hat. An der Leipziger Strombörse EEX sind die Energiepreise im Kern gesunken. Was aber passiert ist, diese Absenkungen sind nicht weitergegeben worden. Trotz eines geringeren Preisniveaus dort, hat es einen Anstieg der Energiepreise um 8 Prozent gegeben. Und womit hat das was zu tun? Das hat was mit mangelndem Wettbewerb zu tun. Und da nur ein Satz: Wer Kernenergie weiter fördert, der wird Wettbewerb blockieren.

(Beifall SPD)

Wo wir ein Problem haben - Herr Günther, das wissen Sie und dazu werden wir auch, das haben wir verabredet, einen Vorstoß im Bundesrat machen ist, dass unsere Netzentgelte sehr viel höher sind als in Westdeutschland. Warum? Weil unsere Investitionen später kamen und diese nicht bundesweit umlegbar sind. Die Netze in Westdeutschland sind abgeschrieben, unsere - nach 1990 gebaut sind noch nicht abgeschrieben. Deswegen haben wir zum Teil zwischen 30 und 40 Prozent höhere Netzentgelte und das ist ein Riesenstandortproblem für unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen, für die gesamte Infrastruktur und deswegen brauchen wir eine Lösung, dass diese Netzinvestitionen umgelegt werden, und zwar bundesweit umgelegt werden, damit es wettbewerbsfähige Strukturen und wettbewerbsfähige Preise für unseren Energiesektor gibt. Darauf sollten wir uns konzentrieren.

Jetzt noch mal zur Standortkampagne: Vielleicht können wir das dann auch irgendwann mal beenden. Das muss ich noch einmal sagen, ich habe die Zahlen jetzt schon mehrfach vorgetragen. Wenn eine Kampagne nach zehn Jahren von 8 Prozent bei der Zuordnung, wo Leute gefragt werden, wo kommt ihr denn her und 17 Prozent sagen aus Nordrhein-Westfalen, 15 Prozent sagen aus Brandenburg oder Baden-Württemberg und nur 8 Prozent - letzter Platz - sagen, Denkfabrik kommt aus Thüringen, dann kann man von keinem Erfolg sprechen. Es tut mir leid.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei aller Objektivität, da kann man von keinem Erfolg sprechen.

Ein Zweites: Ich werde gern Vorschläge machen, Herr Günther, zu einer Kampagne, nur dazu muss

(Minister Machnig)

der Haushalt erst einmal verabschiedet sein, Ihr Lieben. Ich kann doch nicht eine Standortkampagne auf den Weg bringen, wenn ich noch nicht einmal einen verabschiedeten Haushalt habe. Wir beraten gerade über den Haushalt. Wenn der Haushalt freigegeben ist, dann kann ich alle Vorkehrungen dafür treffen, dass eine Standortkampagne kommt. Die wird kommen und das wird eine gute Kampagne sein, da bin ich ganz sicher.

Das letzte Argument, das hier vorgetragen worden ist, vom Kollegen Adams, das muss ich auch noch einmal sagen. Herr Kollege Adams, Sie haben die Großflächeninitiative angesprochen. Diese 26 Mio. € haben wir im Übrigen nicht ausschließlich für Flächen aufgehäufelt.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir kennen sie ja nicht alle.)

Ja, ich will sie erläutern. Das ist der sogenannte Industrietitel der LEG. Das ist eines der wichtigsten Ansiedlungsinstrumente, das wir überhaupt in Thüringen haben. Deswegen muss dieser Titel auch erhalten bleiben. In diesem Titel - und dazu stehe ich mit großem Nachdruck - möchte ich, dass wir einen Flächenpool für die Zeit nach 2014 anlegen, weil nach 2014, wenn die GA, EFRE und ESF-Mittel zurückgehen, werden wir nicht mehr in dem Umfang Flächen erschließen können, wie wir das vielleicht brauchen. Deswegen möchte ich gern aufbauen, da gibt es einen völligen Konsens mit LEG, mit der kommunalen Seite, wir brauchen einen Flächenpool. Wenn ich eine Fläche erworben habe, heißt das noch gar nicht, dass ich sie morgen nutze, sondern danach, wenn ich die Fläche erworben habe, sie zur Verfügung steht, muss sie erschlossen werden, dann müssen Projekte dort angesiedelt werden. Das heißt, wir bauen nichts anderes auf als einen strategischen Flächenpool, damit wir, wenn es wirklich Investitionen in den nächsten Jahren gibt - und ich hoffe, die gibt es -, dass der Fall BMW wie Anfang der 90er-Jahre nicht noch einmal eintritt, dass BMW nicht nach Sachsen geht, weil Thüringen keine Flächen zur Verfügung hat. Das sollten wir uns nicht leisten, deswegen brauchen wir einen Pool von Flächen, den wir jetzt erwerben wollen. Wir werden ihn dann systematisch in den nächsten Jahren erschließen und nur dort erschließen, wo es dann auch Möglichkeiten zur Ansiedlung gibt. Eines muss klar sein, Herr Adams, aus der Verantwortung kann sich auch keiner rausziehen, Thüringen will Industrieland bleiben. Ein Industrieland - und wir sind Industrieland -, wir haben die höchste industrielle Wertschöpfung aller neuen Bundesländer, wir liegen sogar, was die industrielle Wertschöpfung angeht, über Bundesdurchschnitt. Bitte?

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wir haben auch Landwirtschaft und Nahrungsmittelpro- duktion.)

Das bestreite ich doch gar nicht. Das weiß ich auch. Das war jetzt ein sehr kluger Einwurf. Das weiß ich auch, ich wollte auf etwas anderes hinaus, Herr Mohring, wenn Sie mir eine Chance geben. Die Großfläche brauche ich in der Tat nicht für die Landwirtschaft.

(Zwischenruf Abg. Bergemann: Sie reden stundenlang, wir haben den Haushalt.)

Okay, ich wollte nur die Fragen beantworten.

(Unruhe CDU)

Deswegen brauchen wir - das ist angesprochen worden mit der Großfläche - einen solchen Pool von Großflächen, um Ansiedlungen in den nächsten Jahren zu machen. Ich glaube, insgesamt ein ausgeglichener und ausgewogener Haushalt. Ich glaube, insgesamt eine vernünftige Entscheidung auch für die Zukunft, deswegen bedanke ich mich für die geschätzte Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Danke, Herr Minister. Bei einer Redezeit von 21 Minuten gibt es noch einmal 15 Minuten frische Redezeit für alle Fraktionen. Als Erster hat sich Abgeordneter Recknagel von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren, den eben gefallenen Bemerkungen ist, glaube ich, nicht viel hinzufügen. Es ist schon interessant, Herr Minister Machnig, wenn Sie sagen, dass Sie auf die Argumente der FDP nicht weiter eingehen wollen. Das ist gelebter Parlamentarismus. Vielleicht wissen Sie auch nicht so richtig weiter, was Sie dem entgegenhalten wollen. Interessant fand ich Ihren Dank an die ehemalige Finanzministerin Walsmann. Sie hätten gut mit ihr zusammengearbeitet und wünschten sich, so habe ich Sie eben verstanden, eine ebenso gute Zusammenarbeit mit dem neuen Minister. Ich würde das an seiner Stelle als Drohung empfinden. Das wirft ein interessantes Schlaglicht auf die Verhältnisse innerhalb dieser Regierungskoalition.

Kommen wir zu meinem eigentlichen Thema: Sie haben auf unseren Änderungsantrag dann auch nicht Stellung genommen; da ging es um die angemessene Bezahlung von Praktikanten. Wenn man bei Google mal eingibt die Suchbegriffe „’SPD’, ‚Praktikanten’, ‚Ausbeutung’“, dann findet man unter einem der ersten Treffer eine gewisse Frau Andrea Nahles,

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wer ist sie?)

(Minister Machnig)

die gesagt hat, es könne nicht sein, dass Praktikantenstellen ohne Gehalt angeboten werden. So, so. Und weiter: Junge Menschen werden monatelang wie Arbeitskräfte eingesetzt und dann ist alles für Lau. Dem braucht man eigentlich nicht viel hinzuzufügen, außer vielleicht was eine gewissen Annette Kramme (SPD) gesagt hat: „Sinnvoll wäre eine Regelung, nach der ein Arbeitsverhältnis dann vorliegt, wenn das Praktikum zwei Jahre überschreitet.“ Das ist eine Regelung, die trifft auf Ihr Ministerium dann nicht zu, aber das zeigt, dass sich die SPD durchaus mit der Generation Praktikum beschäftigt. Die SPD tut das, man darf das anerkennen. Man muss das interessiert beobachten. Minister Machnig tut das offensichtlich nicht. Ein Beispiel aus diesem Jahr findet man auch bei den Treffern „’SPD’, ‚Praktikanten’, ‚Ausbeutung’“, nämlich einen Antrag aus dem Berliner Abgeordnetenhaus, ein Antrag der SPD-Fraktion. Darin wird gefordert und das ist auch beschlossen worden, dass man eine angemessene Vergütung an Praktikanten dann zahlen möchte, wenn das Praktikum länger als vier Wochen dauert. Dann darf man mal fragen - aber Sie reden ja nicht mit uns, vielleicht müsste man eine schriftliche Anfrage dazu machen -, wie viele Ihrer Praktikanten denn länger als vier Wochen beschäftigt werden? Der Minister Machnig sieht das ganz anders. Das haben wir hier zur Kenntnis zu nehmen. Er hat damit seine Vorbildwirkung als für die Industrie und die private Wirtschaft zuständiger Minister ganz deutlich unterstrichen - interessant.

(Zwischenruf Abg. Dr. Pidde, SPD: Sprechen Sie zu einem bestimmten Änderungsantrag?)

(Heiterkeit im Hause)

Ich spreche zu diesem Änderungsantrag, genau. Ich habe hier noch 717 andere, aber darauf möchte ich jetzt nicht mehr so ausführlich eingehen. Interessant war auch Ihre Aussage, dass die beabsichtigte Absenkung der Wochenarbeitszeit der Beamten auf 40 Stunden sich selbstverständlich ausgabensteigernd auswirken würde. Auch dem habe ich nichts hinzufügen.

Leasingpersonal wollen Sie in Ihrem Haushalt ausdrücklich zulassen; also wir sprechen von Zeitarbeit, von Personalüberlassung. Ich dachte immer, die SPD hielte das für Arbeitsplätze zweiter Klasse. Ich lasse mich da gerne eines Besseren belehren. Ich halte die Personalüberlassung für ein durchaus interessantes Mittel. Na ja, also die Widersprüche müssen Sie selber auflösen.

Eines möchte ich gerne noch ansprechen: Sie haben eben über die Strompreise geredet und haben gesagt, die seien so hoch, weil es einen mangelnden Wettbewerb gäbe. Aha. Für die Zusammenfassung dieser Oligopol-Anbieter sind unter anderem SPD-Politiker mit verantwortlich. Ich finde es schon interessant, wenn ein SPD-Minister sich heute hier hinstellt und sagt, mangelnder Wettbewerb sei ver

antwortlich. Das hätte ich von Ihnen gar nicht erwartet, weil Sie sonst von dem Wettbewerb, der sozialen Marktwirtschaft nicht so arg viel am Hut haben. Aber eines haben Sie dann auch noch gesagt, nämlich, die Verlängerung der Laufzeiten für die Kernenergie würde dann dazu führen, dass der Wettbewerb geschwächt würde. Also für mich ist das mindestens eine Angebotserweiterung und die frühere Abschaltung mindestens eine Angebotsverknappung. Soweit ich die Marktwirtschaft verstanden habe, führt eine Angebotsverknappung in der Regel nicht zu niedrigeren Preisen.

(Beifall FDP)

Wenn man sich den EEG-Zuschlag einmal anschaut, das ist nämlich in Wirklichkeit einer der wesentlichen Faktoren für die hohen Strompreise, der beträgt im nächsten Jahr schätzungsweise 12 Mrd. €. Dazu haben Sie wohlweislich nichts gesagt - interessant.

Da ich hier intensiv Zwischenrufe von den GRÜNEN habe, möchte ich noch auf einen weiteren Punkt eingehen, der mir erst eben in der Diskussion aufgefallen ist, da musste der Groschen erst einmal fallen, ich habe es mir aufgeschrieben. Herr Dr. Augsten stellte sich hin und sagte, sie hätten in Ihrer Fraktion ein Einsparvolumen im Haushalt von 200 Mio. € zusammenbekommen und dann festgestellt, mit diesen Kürzungen könnten Sie nicht da hinausgehen, so waren, glaube ich, Ihre Worte. Aha. Also waren die 200 Mio. € doch nicht so ernst gemeint. Sie werden das sicherlich im Plenarprotokoll noch einmal nachlesen. Das ist im Übrigen ein Widerspruch zu dem, was Herr Meyer eben gesagt hat. Herr Meyer sagte, 200 Mio. € Einsparungen, und erwähnte dann, die GRÜNEN hätten dazu nicht so viele Anträge gestellt, aber sie hätten ja den Anträgen der LINKEN und der FDP zugestimmt, so dass anschließend ein Einsparvolumen von 200 Mio. € herauskommt. Das ist ein Widerspruch. Vielleicht sind sich da Dr. Augsten und Herr Meyer nicht ganz einig.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist im Übrigen auch ein Widerspruch zu dem, was Frau Siegesmund vollmundig bei der Einbringung dieses Haushalts vorgetragen hat, da war nämlich ebenfalls von 200 Mio. € die Rede. Ich habe den Eindruck, Sie haben Angst vor der eigenen Courage.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, haben wir nicht. Wir haben von einer gemeinsamen parlamentari- schen Kraftanstrengung gesprochen. Sie müssen zuhören!)

Herr Abgeordneter, die GRÜNEN haben den Wunsch auf eine Zwischenfrage.

(Abg. Recknagel)

Nein. Die GRÜNEN sind als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)