Protokoll der Sitzung vom 15.12.2011

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße die Gäste auf der Zuschauertribüne und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Für die heutige Plenarsitzung hat als Schriftführerin neben mir Platz genommen die Frau Abgeordnete Holzapfel und die Rednerliste führt die Frau Abgeordnete König.

Es haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Hauboldt, Herr Abgeordneter Hellmann, Frau Abgeordnete Hennig, Frau Abgeordnete Jung, Frau Abgeordnete Dr. Kaschuba, Herr Abgeordneter Krauße, Herr Abgeordneter von der Krone, Herr Abgeordneter Recknagel, Herr Abgeordneter Dr. Zeh, Herr Minister Carius zeitweise, Minister Dr. Poppenhäger zeitweise, Ministerin Walsmann zeitweise.

Ich beglückwünsche ganz herzlich den Minister für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz. Alles Gute, lieber Jürgen Reinholz, zum Geburtstag, Gesundheit, Kraft und Gottes Segen.

(Beifall im Hause)

Gestatten Sie mir folgende allgemeine Hinweise: Der Fremdenverkehrsverband Eichsfeld und die Erzeugerbörse Eichsfeld präsentieren sich heute und morgen im Landtagsrestaurant.

Aufgrund der Eilbedürftigkeit habe ich für die heutige und die morgige Plenarsitzung eine Sondergenehmigung für Bild- und Tonaufnahmen für Frau Sina Reeder vom MDR Thüringen Journal gemäß der Regelung für dringende Fälle nach § 17 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung erteilt.

Folgenden Hinweis zur Tagesordnung: Der Landtag war bei der Feststellung der Tagesordnung übereingekommen, den Einzelplan 02 - Staatskanzlei heute nach 15.00 Uhr und den Einzelplan 05 - Justizministerium - nach 17.00 Uhr aufzurufen. Gibt es noch Anmerkungen zur Tagesordnung? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann treten wir in die Tagesordnung ein.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4 in den Teilen

a) Thüringer Gesetz über die Feststellung des Landeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2012 (Thüringer Haus- haltsgesetz 2012 - ThürHhG 2012 -)

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/3224 dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses - Drucksache 5/3657

dazu: Änderungsanträge der Fraktion DIE LINKE - Drucksachen 5/3708 bis 5/3727 und 5/3746

dazu: Änderungsanträge der Fraktion der FDP - Drucksachen 5/3738 bis 5/3741

dazu: Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksachen 5/3757 bis 5/3774

dazu: Entschließungsanträge der Fraktionen der CDU und der SPD - Drucksachen 5/3640 und 5/3706

dazu: Entschließungsanträge der Fraktion DIE LINKE - Drucksachen 5/3731 bis 5/3737

dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/3744

dazu: Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/3754

ZWEITE BERATUNG

b) Thüringer Haushaltsbegleitgesetz 2012 Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/3221 dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses - Drucksache 5/3680

dazu: Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drucksache 5/3745

dazu: Änderungsantrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/3742

dazu: Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/3756

ZWEITE BERATUNG

c) Drittes Gesetz zur Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/3225 dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses - Drucksache 5/3681

dazu: Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/3728

dazu: Änderungsantrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/3743

ZWEITE BERATUNG

d) Bericht über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der Finanzwirtschaft des Landes - Unterrichtung des Landtags nach § 31 Abs. 2 der Thüringer Landeshaushaltsordnung (ThürLHO) Unterrichtung durch den Finanzminister - Drucksache 5/3317 dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses - Drucksache 5/3682

e) Mittelfristiger Finanzplan für die Jahre 2011 bis 2015 für den Freistaat Thüringen Unterrichtung durch die Landesregierung - Drucksache 5/3343 dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses - Drucksache 5/3683

f) Entwurf der Rahmenvereinbarung III zwischen der Thüringer Landesregierung, vertreten durch die Ministerpräsidentin, den Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie den Finanzminister, und den Hochschulen des Landes zur Sicherung der Leistungskraft und der Zukunftsfähigkeit der Thüringer Hochschulen - Laufzeit 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2015

Antrag der Landesregierung - Drucksache 5/3455 dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses - Drucksache 5/3684

Das Wort hat jetzt zur Berichterstattung aus dem Haushalts- und Finanzausschuss zur gemeinsamen Beratung der Tagesordnungspunkte 4 a bis f der Abgeordnete Huster. Bitte schön, Herr Huster.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, guten Morgen, ich weiß, die meisten von Ihnen haben schon fast genau ein Jahr auf den neuen Bericht gewartet.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wem es gefällt, der hat möglicherweise dann auch ein Argument gegen die Einführung eines Doppelhaushalts.

(Beifall SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich werde im Folgenden also über Verlauf und Ergebnis der Beratungen des Haushalts- und Finanzausschusses zum Haushalt 2012 berichten.

Die Gesetzentwürfe der Landesregierung des Thüringer Haushaltsbegleitgesetzes 2012 in der Drucksache 5/3221, des Thüringer Haushaltsgesetzes 2012 in der Drucksache 5/3224 und des Dritten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes in der Drucksache 5/3225 wurden vom Landtag in seiner 64. Sitzung am 15. September 2011 erstmals beraten und an den Haushaltsund Finanzausschuss überwiesen. Ende September leitete die Landesregierung als Beratungsunterlage zum Haushaltsentwurf sowohl den Bericht über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der Finanzwirtschaft des Landes in der Drucksache 5/3317 als auch den Mittelfristigen Finanzplan für die Jahre 2011 bis 2015 für den Freistaat Thüringen in der Drucksache 5/3343 zu. Beide Unterrichtungen überwies die Präsidentin des Landtags bereits vorab an den Haushalts- und Finanzausschuss. Darüber hinaus wurde durch die Landesregierung der Entwurf der Rahmenvereinbarung III zwischen der Thüringer Landesregierung, vertreten durch die Ministerpräsidentin, den Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie den Finanzminister, und den Hochschulen des Landes zur Sicherung der Leistungskraft und der Zukunftsfähigkeit der Thüringer Hochschulen in der Laufzeit vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2015 in der Drucksache 5/3455 an den Haushalts- und Finanzausschuss gemäß § 67 Abs. 4 der Geschäftsordnung vorab überwiesen.

(Präsidentin Diezel)

Ich möchte nun schon an dieser Stelle darauf hinweisen, dass der Haushalts- und Finanzausschuss wie üblich einen Arbeitsplan beschlossen hat, um eine ordnungsgemäße und sachgerechte Beratung des Haushalts und der damit zusammenhängenden Gegenstände zu gewährleisten. Darüber hinaus hatte der Haushalts- und Finanzausschuss bereits aufgrund einer Übereinkunft aller Fraktionen die Haushaltsberatungen während des Jahres vorbereitet und aufgrund von Selbstbefassungsanträgen vorab die Beratung einzelner Themen, die erfahrungsgemäß bei Nachfragen in den Haushaltsberatungen einen Großteil der Beratungszeit in Anspruch nehmen, gewissermaßen vor die Klammer gezogen. Für diese Bereitschaft, die Haushaltsberatungen im Interesse des gesamten Parlaments inhaltlich vorzubereiten und zu strukturieren, möchte ich allen Kollegen und für die frühzeitigen und umfangreichen Auskünfte dem Finanzminister schon jetzt danken. Ebenso danken möchte ich der Landesregierung für die frühzeitige Einbringung des Haushalts, die ursprünglich bereits schon vor der Sommerpause geplant war. Aufgrund mehrerer Änderungen des Arbeitsplans im Hinblick auf Veranstaltungen der Koalitionsfraktionen konnte die Beratungsfolge aber nicht wie gewünscht entzerrt werden. Im Ergebnis hat sich der Haushalts- und Finanzausschuss auf ein gestuftes Anhörungsverfahren geeinigt und die kommunalen Spitzenverbände zunächst schriftlich zu den Gesetzentwürfen und danach mündlich zu den kommunalrelevanten Änderungsanträgen angehört. Bei dieser Gelegenheit möchte ich die Vertreter des Gemeinde- und Städtebundes, Herrn Rusch und Herrn Schäfer, herzlich begrüßen. Darüber hinaus war die Möglichkeit zur Ergänzung des schriftlichen Vortrags von vornherein gegeben. Ein besonderer Vorteil des diesjährigen Anhörungsverfahrens war, dass die Antworten der Landesregierung auf die bei der Beratung der Einzelpläne aufgeworfenen Fragen bereits vorlagen, bevor die kommunalrelevanten Änderungsanträge für die zweite Anhörungsrunde der kommunalen Spitzenverbände gestellt wurden. Ich denke, im Sinne aller Kollegen zu sprechen, wenn ich hierin einen bedeutenden Fortschritt im Sinne eines sachgerechten und sorgfältigen Umgangs mit unseren eigenen Beratungsergebnissen und den Bemühungen der Landesregierung um Erläuterung sehe.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Ausschussberatungen erfolgten in sechs Sitzungen im Zeitraum zwischen dem 20. September und dem 8. Dezember 2011. Nach einer Grundsatzaussprache zu Beginn wurden ausführliche Beratungen zu allen Einzelplänen des Haushalts sowie zum Finanzausgleichsgesetz und den Berichten durchgeführt. Auf entsprechende Nachfragen der Abgeordneten lieferte die Landesregierung zu zahlreichen Einzeltiteln ergänzende Zuarbeiten.

Als wesentliches Beratungsergebnis möchte ich Ihnen zunächst die Rahmendaten des Thüringer Haushaltsgesetzes 2012 nennen. Mit der vorliegenden Beschlussempfehlung wird Ihnen im Ergebnis der Veränderungen bei Einnahmen und Ausgaben aufgrund der Ausschussberatungen ein Haushaltsvolumen von 9.048.291.800 € vorgeschlagen, das im Gegensatz zu den vergangenen Jahren keine Neuverschuldung enthält. Die Erhöhung des Gesamtvolumens im Vergleich zum ursprünglichen Gesetzentwurf beruht dabei vor allem auf der Prognose höherer Steuereinnahmen aufgrund der November-Steuerschätzung. In der Grundsatzaussprache am 20. September 2011 legte die Landesregierung die Eckdaten Ihrer Gesetzentwürfe dar. Die Ministerpräsidentin betonte die Konsolidierungsnotwendigkeit zur Erhaltung künftiger Handlungsspielräume, der die derzeitigen positiven Konjunkturdaten - niedrige Arbeitslosenquote, gute Auftragslage - zugutekämen. Nachdem das Haushaltsvolumen bereits im Jahr 2011 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 330 Mio. € abgesenkt worden sei, werde das Volumen nunmehr um 500 Mio. € auf knapp unter 9 Mrd. € abgesenkt. Einzurechnen gewesen seien dabei unabänderliche Tarifsteigerungen in Höhe von 200 Mio. €.

Das wichtigste finanzpolitische Ziel für 2012, keine neuen Schulden aufzunehmen, sei mit dem Entwurf eingehalten. Zur Schuldentilgung seien 1,5 Mio. € eingestellt. Der Charakter des Landeshaushalts als Konsolidierungshaushalt sei auch an der sinkenden Investitionsquote auf nunmehr ca. 13,9 Prozent erkennbar, womit man sich 20 Jahre nach der Wiedervereinigung jedoch auch der Normalität der alten Bundesflächenländer annähere. Die Steuerdeckungsquote liege mit 55,1 Prozent zwar auch wegen des entsprechend abgesenkten Haushaltsvolumens über der Vorjahresquote von 47,8 Prozent, sei jedoch immer noch viel zu gering, um die Kosten zu decken.

Angesichts sinkender EU-Fördergelder und Solidarpaktmittel sowie wegen der demographischen Entwicklung, voraussichtlich auch zurückgehender Zuweisungen aus dem Länderfinanzausgleich, sei vor allem eine Konzentration auf der Ausgabenseite erforderlich.

Strukturelle Veränderungen bewirkten hier sowohl das strikte Stellenabbaukonzept, das 8.600 bereits ressortseitig zugewiesene Stellen bis zum Jahr 2020 erfasse, sowie weitere im Haushaltsbegleitgesetz vorgesehene Änderungen struktureller Natur, wie die Rückübertragung des Stiftungskapitals der Stiftung FamilienSinn auf den Freistaat, die Reduzierung der Zahl der Arbeitsgerichte und der Schulämter oder die Auflösung des Landesamts sowie des staatlichen Amts zur Regelung offener Vermögensfragen.

Des Weiteren werde ein neuer Beirat für kommunale Finanzen gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden eingerichtet, der den Austausch mit den Kommunen verbessern und auch an der Neuordnung des Finanzausgleichsgesetzes für den Haushalt 2013 mitarbeiten werde. Fortgesetzt werde auch die Arbeit der Haushaltsstrukturkommission, die bereits zahlreiche Vorschläge erarbeitet habe. Trotz der finanziellen Strenge sei es jedoch gelungen, politische Akzente mit Anreizen für Wachstum, Innovation und Beschäftigung zu setzen. So seien immerhin 429 Mio. € für die Wirtschaftsförderung vorgesehen. Im Gegensatz zum Haushaltsvorjahr sei im Vollzug des Haushalts 2012 von den Ressorts keine Globale Minderausgabe mehr zu erbringen.

Auf die kommunale Ebene entfielen 26 Prozent des gesamten Landeshaushalts. Damit komme der Freistaat seiner verfassungsrechtlichen Verpflichtung einer angemessenen Finanzausstattung nach. Dass ein Zuwachs bei den kommunalen Steuereinnahmen mit den Zuweisungen des Landes verrechnet werde, sei dabei ein Gebot der Gerechtigkeit.

Im Folgenden möchte ich Ihnen einen kurzen Überblick über die Einzelpläne und die entsprechenden Artikel des Haushaltsbegleitgesetzes geben in der Reihenfolge ihrer Beratungen im Ausschuss und einige wesentliche Punkte ohne Anspruch auf Vollständigkeit vortragen.

Im Einzelplan 04 des Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur ist trotz des sinkenden Gesamthaushaltsvolumens eine Ausgabensteigerung gegenüber dem Vorjahreshaushalt um 43,9 Mio. € auf nunmehr 2,248 Mrd. € vorgesehen, um in diesem Bereich Schwerpunkte setzen zu können. Über die Hälfte dieser Ausgaben entfallen bereits auf Personalkosten. Die natürliche Fluktuation soll hier zu einem Stellenabbau gemäß dem Stellenabbaukonzept genutzt werden. Der Effekt ist jedoch aufgrund der Alterspyramide und der sachlichen Gegebenheiten verstärkt erst ab dem Jahr 2018 zu erwarten. Der Abbau von 1.333 Stellen für Erzieherinnen und Erzieher steht unter dem Vorbehalt der Kommunalisierung der Hortbetreuung.

Zur Finanzierung der Kindertagesbetreuung und der Umsetzung der Kita-Novelle werden im Rahmen der durch das Ministerium bewirtschafteten Mittel im Kommunalen Finanzausgleich 500 Mio. € bereitgestellt, was einen Aufwuchs von 49,3 Mio. € bedeutet. Auch die Landeszuschüsse zur Kindertagesbetreuung steigen um 4 Mio. €. Erstmals werden Landespauschalen für die Fachberatung zur Förderung von Kindern mit erhöhtem Förderungsbedarf in einem gesonderten Titel in Höhe von 4,8 Mio. € ausgewiesen.