Ich gehe davon aus, dass es noch Gespräche im Kabinett geben wird, sicherlich auch in den Fraktionen und dass diese Bewirtschaftungsreserve so nicht zustande kommt. Das ist meine Erwartungshaltung, weil wir nur eine vernünftige Grundlage für die Verhandlungen kommender Haushalte haben, wenn wir jetzt wieder zurückgehen auf Punkt Null und noch einmal vernünftig miteinander reden im Interesse der Dinge, die hier abzuleisten sind. Ich glaube, so anständig muss man miteinander umgehen. Herzlichen Dank.
Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen der Abgeordneten. Herr Minister Voß hat das Wort, bitte schön.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Unterstützung des Ka- binetts ist ja grandios.)
ich möchte mal sagen, Sie sind doch da, da können wir kommunizieren. Das ist doch okay, Frau Taubert ist ja auch da.
Im Schreiben zur Haushalts- und Wirtschaftsführung 2012 wurden vorläufige Festlegungen getroffen. Eine vorläufige Bewirtschaftungsreserve wurde dort verfügt, und zwar 20 Prozent der Hauptgruppen 5 bis 8 in den Einzelplänen. Umgedreht heißt das, 80 Prozent sind freigegeben worden. Das ist gerade keine Sperre nach § 41, sondern das ist eine viel vorsichtigere und mildere Maßnahme. Es ist festgelegt, dass wir uns, wenn die Mai-Steuerschätzung vorliegt, dieses alles noch mal anschauen. Eine Bewirtschaftungsreserve ist eben keine Sperre, sondern es ist ein Vorsorgeinstrument aus Vorsichtsmotiven, um insbesondere konjunkturellen Unsicherheiten zu genügen.
In der Zeit zwischen der Verabschiedung des Haushalts am 15. Dezember bis zum Erlass dieser Richtlinie haben sich die Dinge nochmals geändert.
Sie können mir das so unterstellen, aber sie haben sich geändert, und zwar zwischen dem 14. Dezember und 20. Dezember haben immerhin fünf Wirtschaftsforschungsinstitute die Dinge deutlich nach unten korrigiert. Die Spanne lag nicht mehr bei 1 Prozent, wie der Bund bei der November-Steuerschätzung sagte, die für unsere Beschlussfassung zugrunde lag, sondern die Spanne lag auf einmal zwischen 0,3 und 0,6 Prozent. Sie wollten doch, dass ich es erläutere, warum das so kommt. Der Bund ist mittlerweile bei 0,7 Prozent. Darauf galt es zu reagieren, und zwar frühzeitig zu reagieren und nicht erst im Mai. Ich stand also vor der Situation, den Häusern frühzeitig mitzuteilen, bitte haltet 20 Prozent eines bestimmten Bestandes zurück. Das ist keine Streichung, sondern eine reine Vorsichtsmaßnahme. Im Umkehrschluss heißt das, 80 Prozent wurden freigegeben.
Sie müssen auch sehen, der Haushalt ist ohne Verschuldung, ohne Kreditaufnahme beschlossen. Es ist dann die Aufgabe der Exekutive, respektive von mir, dieses auch sicherzustellen. In der Verantwortung habe ich mich gesehen. Insofern stand die Entscheidung, später zu reagieren oder dann, wenn die Einzelplanbearbeiter nach Neujahr an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, dass sie schon Klarheit haben über die Bewirtschaftung. Ich habe mich für die Klarheit entschieden. Es ist zwar richtig, dass am 15. Dezember ein Institut auch schon mit 0,3 Prozent gerechnet hat, aber dass es ein ganzer Trend wird - und da zeige ich Ihnen die Zahlen und auch die entsprechenden Zeitangaben dazu -, dass sich dieses verfestigt... Es ist gerade nicht so, dass das Budgetrecht des Parlaments betroffen ist; das ist eine Vollzugsmaßnahme - die Dinge sind ja in ihren Schwerpunkten nicht verändert worden -, son
dern es ist eine Freigabe bestimmter Mittel. Allerdings eben nicht zu 100 Prozent, da haben Sie recht.
Der November-Steuerschätzung lag eine Schätzung von 0,8 Prozent zugrunde. Der Bund hat mit 1 Prozent gerechnet. Ich selbst bin stark gescholten worden, dass ich unterhalb der Bundesschätzung bleibe. Ich habe es getan, Gott sei Dank. Wenn sich eben weitere Dinge abzeichnen, muss man reagieren, da hilft nun mal nichts. So verfestigten sich die Risiken, was noch keine Gewissheit ist, das möchte ich auch sagen.
Die Richtlinie, um noch mal zur Debatte zu kommen, sieht umfangreiche Ausnahmen vor. Ich konnte das im Haushalts- und Finanzausschuss letzte Woche en détail noch mal erläutern. Sie sieht Ausnahmen vor, dass alle Kommunalzuweisungen, alles, was zur kommunalen Finanzausstattung gehört, nicht dieser Reservebildung unterliegen. Alle rechtlichen Bindungen, Verträge, gesetzliche Verordnungen sind logischerweise ausgenommen von der Bildung dieser Bewirtschaftungsreserve. Rechtsverpflichtungen müssen nun mal erfüllt werden. Ausgenommen sind alle EU- und Bundesprogramme, dort, wo es um Kofinanzierung geht und wo wir diese Gelder abnehmen wollen. Ausgenommen sind auch alle institutionellen Förderungen, ich rede hier über Forschungseinrichtungen und dergleichen. So ergibt sich pro Einzelplan ein durchzurechnender Rest und von diesem Rest sind 80 Prozent freigegeben. Ich meine, das ist eine vorsichtige Maßnahme und das hat auch nichts damit zu tun, dass alles vorher feststand.
Sofern jetzt Sozialtitel in diese Ausnahmen fallen, ich denke, darüber brauchen wir nicht mehr zu reden, weil dort keine Beschränkung zu bilden ist. Auch das Argument, dass dadurch die Deckungsfähigkeiten im Haushaltsplan konterkariert werden, stimmt nicht. Die Deckungsfähigkeiten bleiben so wie sie sind. Insofern haben sie auch Verstärkungsmöglichkeiten. Eine der wichtigsten Dinge in dieser Richtlinie ist, dass Sie die Sperre auch verlagern können. Damit können wir auf Engpässe eingehen und können schauen, wo es besonders wehtut, und suchen dann allerdings innerhalb der Richtlinie eine Lösung.
Wir wollen diese Maßnahme im Lichte der MaiSteuerschätzung betrachten. Wir werden dann sehen, wie das Leben weitergeht. Ja, wir werden das sehen, aber es bleibt dabei, ich möchte nicht am Ende des Jahres kommen und sagen, es hat nicht geklappt. Das muss man auch sehen. Ich mache das nicht aus einer Marotte heraus, sondern aus einem Stück Verantwortung bezogen auf die Beschlussfassung, die hier vorliegt.
Derzeit sind wir dabei, entsprechend der Richtlinien die Einzelplansummen zu errechnen, wie sie nach der Verwaltungsvorschrift dann entstehen auch für
einzelne Titel. Erst dann wissen wir, welche Titel in welcher Höhe dann auch mit dieser Reserve belegt werden. Pauschale Rechnungen führen zu nichts. Dazu sind auch die Einzelpläne zu verschieden. Ich glaube, das wäre dann auch nicht ganz sachgerecht. Insofern sind auch die Zeitungsartikel, Frau Siegesmund, woher Sie jetzt Ihre Informationen bezogen haben, in dem Sinn Spekulationen. Wir werden das erst dann wissen, wenn wir diese Einzelpläne durchgerechnet haben und dann werden wir uns auf dieser Basis unterhalten.
Ich fasse noch mal zusammen - auch Herr Barth wollte das erklärt haben -, es haben sich eben die Indizien verdichtet und insofern hatte ich mich dazu entschlossen. Einen Reflex auf den Doppelhaushalt sehe ich überhaupt nicht.
Nein, sehe ich überhaupt nicht. Wir haben hier Risiken für das Jahr 2012 zu händeln. Wie die Situation für die Jahre 2013 und 2014 aussieht, wissen wir überhaupt nicht. Außerdem haben wir auch nicht in Schwerpunktbildungen des Haushalts eingegriffen. Die bleiben genauso, wie Sie sie beschlossen haben durch Ihre Haushaltsberatung und Beschlussfassung. So ist die Situation. Ich möchte noch mal betonen, es ist keine Sperre, es ist eine vorsichtige Maßnahme. Aber sie begründet sich eben nicht aus einer Marotte heraus - ich sage das noch mal -, sondern Sie können auch den Wirtschaftsteil der Zeitung lesen. Das wäre meine Erklärung dazu. Schönen Dank.
Vielen Dank. Es gibt eine Wortmeldung vom Abgeordneten Carsten Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich den Blickwinkel einmal umdrehen möchte. Herr Voß weiß aus den Beratungen im Fachausschuss, dass ich seiner Vorsicht sehr wohl positiv gegenüberstehe. Das kann man nachvollziehen, dass, wenn wir in eine Rezession hineinrutschen, wie lange die auch immer gehen wird, werden wir sehen, man versucht als Finanzminister, dafür zu sorgen, dass der Haushalt ausgeglichen werden kann. Das ist richtig, aber die Art und Weise, wie das passiert auch mit einer Reserve und was das für Folgen hat für die potenziell Betroffenen, ist so, wie es sich jetzt darstellt, viel gravierender, als das, was vielleicht faktisch dann passiert. Gerade weil Sie noch nicht sagen können, in welchem Ressort wie viel konkret bei welcher Maßnah
me gesperrt wird, was Sie als Flexibilität ansehen, sorgt bei den potenziell Betroffenen für Folgendes: Sie müssen davon ausgehen, dass die 20 Prozent nicht kommen, denn mit der Bewirtschaftungsreserve ist deren Haushalt über diesen Betrag, wenn sie vom Land Zuschuss bekommen, um 20 Prozent nicht gedeckt oder auch mehr, falls das Ressort sich entschließt, einem konkreten Träger, einer konkreten Aufgabe ganz viel zu streichen und dafür anderen wenig oder gar nichts. Das heißt, alle potenziell Betroffenen müssen ab dem 1. Januar 2012 mit 20 Prozent weniger rechnen, weil sie noch keine Bescheide haben, was sie genau bekommen werden. Das wiederum sorgt vor allem bei denen, die mehrere Jahre schon mit dem Thema zu tun haben, dafür, dass sie gerade im Personalbereich und der zählt regelmäßig 80 bis 90 Prozent der Kosten - Kündigungen aussprechen müssten,
die wiederum das Problem haben, dass sie mehrere Monate oder sogar ein halbes Jahr dauern. Das hat wiederum zur Folge, dass sie im Prinzip mehr oder weniger jetzt an der Insolvenz vorbeischrammen oder in großen Teilen ihre Arbeit einstellen müssen. Das ist das Risiko von den Trägern aus gedacht,
nicht vonseiten des Landes aus gedacht und auch nicht ihr „Verschulden“. Das ist aber das Thema, wenn man sich nicht traut zu sagen, wir haben nicht mehr genügend Geld, und das zwei Wochen vorher eigentlich auch schon wissen müsste, wenn man über das Jahr 2012 spricht. Das kann man dann Herrn Voß anlasten, Frau Ministerpräsidentin oder dem ganzen Kabinett oder meinetwegen auch der Koalition, das spielt gar keine Rolle, das Ergebnis ist das Problem.
Wir haben aber darauf hingewiesen, dass wir wahrscheinlich dieses Geld nicht haben, Herr Barth, da bin ich sogar mal bei Ihnen. Dass es härter werden würde und dass es riskanter werden wird, auf Steuerschätzungen zu warten, das ist doch bekannt. Das Allerschlimmste, finde ich, wenn Sie recht behalten und jetzt Träger beispielsweise den Mut haben zu sagen, wir finanzieren das Ganze vor. Eine schlechte gepflogene Übung - leider - im Hinblick darauf, dass man sich auf das Land immer riskanterweise versucht hat zu verlassen. Das machen Träger seit Jahren in Thüringen so nach dem Motto: „Im Januar ist zwar noch nichts sicher, aber ich tue mal so, als wenn ich das Geld bekommen werde.“ Wenn Sie recht behalten mit Ihrer pessimistischen Schätzung (und da bin ich leider bei Ihnen), dann haben wir im Mai die Situation, dass, wenn
dann die 20 Prozent gekürzt werden, 35 Prozent der noch zur Verfügung stehenden Mittel gekürzt werden müssen ab Mai, denn da haben wir nämlich nur noch sieben Zwölftel des Jahres zur Verfügung. Inklusive der Kündigungsfristen heißt das, sofortiger Stopp und sofortige Insolvenz für alle Betroffenen, höchstwahrscheinlich zumindest, wenn wir nicht über die großen sozialen Träger sprechen, die aber dann, das kann ich Ihnen versichern, diese Leistungen für das Land Thüringen ab dem Jahr 2013 nicht mehr bereitstellen werden, weil sie richtig viel Geld verloren haben. Diese Art und Weise ist von den Trägern her gedacht eine Katastrophe. Das wollten wir versuchen, Ihnen deutlich zu machen, nicht vonseiten des Landeshaushalts. Danke.
Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann schließe ich den zweiten Teil der Aktuellen Stunde und rufe auf den dritten Teil der Aktuellen Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU...
c) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Künftiger Status des Bürgermeisters von Oberhof“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/3928
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Oberhof ist wieder mal in aller Munde. Wir haben die Aktuelle Stunde beantragt, weil wir die Entscheidung kritisieren, dass Oberhof ab 01.07.2012 keinen hauptamtlichen Bürgermeister mehr haben soll. Wir unterstützen den Stadtrat und auch Bürgerinnen und Bürger von Oberhof in ihrem Widerspruch dagegen.
Wir wollen heute die Aktuelle Stunde nutzen, um die Position der Landesregierung zu hören und die Debatte dazu zu führen. Ich fordere namens meiner Fraktion die Landesregierung auf, jetzt keine voreilige Entscheidung zu treffen, sondern eine Entscheidung im Interesse der Stärkung der Stadt Oberhof zu treffen und vor allen Dingen nicht den dritten Schritt vor dem ersten zu tun. Warum?
Wir wollen, dass jetzt, um das ganz klar zu sagen, zu den Bürgermeister- und Landratswahlen ein hauptamtlicher Bürgermeister gewählt wird, weil man sich Zeit nehmen muss, die strukturellen Fragen und Probleme, die sich im Zuge des Entwicklungskonzepts ergeben - und schließlich haben wir ja auch ein Handlungskonzept für Oberhof - in Ruhe zu regeln.
Es kann und darf nicht sein, meine Damen und Herren, dass wir einerseits - und ich glaube, da sind wir uns hier sehr einig - Oberhof als das Tourismus- und Wintersportzentrum für Thüringen betrachten und andererseits aber Oberhof wie eine heiße Kartoffel gehandelt wird. Keiner will es haben und keiner sagt so richtig, wohin der Weg geht.
Das kann und soll aus unserer Sicht nicht von oben herab entschieden werden, sondern das braucht eben noch Zeit, weil auch wir der Auffassung sind, man muss Strukturen entwickeln, um die Aufgaben zu lösen, man muss Zentren stärken und man muss Potenziale bündeln.