Ich möchte auch nicht verhehlen, dass ich heute tief enttäuscht bin. Ich bin tief enttäuscht von der Entwicklung, die die Politik in Europa, in Deutschland und auch hier in Thüringen genommen hat, und ich teile diese Enttäuschung mit vielen Bürgern.
Nehmen wir Griechenland - ein durch und durch korruptes Staatswesen. Vor Jahren bereits Zeitungsmeldungen darüber, dass man eine ärztliche Behandlung überhaupt nur mit Schmiergeld bekommen kann. Manche sagen, Griechenland ist in Wirklichkeit der Failed State in Europa, in der Europäischen Union. Man kam mit Lug und Betrug in die Eurozone. Heute redet darüber offensichtlich niemand mehr. An die Adresse der LINKEN darf ich auch mal sagen, Herr Huster, es sind nicht spekulative Angriffe, die uns die Probleme machen, das haben Sie nicht verstanden, das sind Staatsschulden. Es sind Schulden, die haben Politiker gemacht, solche, wie sie auch hier in unseren Reihen sind. Die Eurokrise ist keine Krise des Kapitalismus, keine Krise der Marktwirtschaft,
sie ist eine Krise der Staatsschulden. Und da Sie jetzt so vereinigt aufheulen, das zeigt mir, dass Sie das nicht verstanden haben, dass Sie das ignorieren wollen, und das sind ja nicht nur die LINKEN, also die, die sich DIE LINKE schimpfen. Es sind einige Parteien, die wollen Eurobonds, in welcher Form auch immer. Da gibt es Stimmen aus der SPD, aus der LINKEN, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die fordern Eurobonds
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Erklären Sie doch nicht immer alle anderen für dumm.)
Was bedeutet das denn, was bedeuten Eurobonds? Es bedeutet die ungehinderte Fortsetzung der Staatsverschuldung mit einem Unterschied Deutschland zahlt. Wir haben schon viel gezahlt und wir haben viel zu viel gezahlt in den letzten Monaten. Aber die Fortsetzung dieses Inflationskurses wäre fatal für unser Land. Viele sprechen in dem Zusammenhang mit Eurobonds von Solidarität, davon, dass es möglich wäre, einen Marshallplan für Griechenland und andere Länder im Mittelmeer
raum zu gestalten. Aber was heißt das denn? Der Marshallplan, das darf ich Ihnen mal in Erinnerung rufen, das war Wiederaufbauhilfe. Das war ein Aufbau, der fußte darauf, dass Deutschland, die es damals im Wesentlichen betroffen hat, ein Geschäftsmodell hatte, die Basis hatte. Eine Gesellschaft,
(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Deutschland hatte ein Geschäftsmodell nach 1945? Millionen Tote hatte es verschuldet.)
eine Gesellschaft und ein Volk, was durchaus in der Lage war, sich zu organisieren in einem Gemeinwesen. Wir hatten nach dem Krieg geschaffen eine funktionierende Justiz, eine funktionierende Finanzverwaltung. An all dem fehlt es in solchen Ländern wie Griechenland.
Bei diesen Eurobonds geht es um Konsum auf Pump, um Weiterfinanzierung von Korruption, es geht einfach um ein „Weiter so!“ und das kann nicht sein.
Ich darf Sie daran erinnern, dass Schulden gegen Verschuldung noch nie geholfen haben. Das weiß jeder, der im wirtschaftlichen Bereich tätig ist, das weiß auch der, der erkennt, dass dem Drogensüchtigen nicht der Dealer hilft. Auch nicht die sorgende Mutter, die einen Kredit aufnimmt, um den nächsten Schuss zu finanzieren, hilft ihrem Kind. Dem Alkoholiker hilft auch kein Schnaps, egal wie er heißt.
Dem Spieler helfen keine neuen Jetons auf Pump. Was hilft, wäre ein funktionierendes Staatswesen, eine Justiz, eine Steuerverwaltung und ein erfolgreiches Geschäftsmodell, was man in Griechenland und anderswo einführen könnte.
Dann wäre jede Hilfe gerechtfertigt und da ist Deutschland aufgefordert, an erster Stelle zu stehen. Aber erst müssen die Voraussetzungen geschaffen werden und dann kann man über Hilfe sehr intensiv und gewissenhaft nachdenken. Eurobonds wären ein Verbrechen am deutschen Volk.
Eurobonds wäre die Verachtung der Lebensleistung der Deutschen, pfui, wer solch einem Plan das Wort redet.
Danke, Herr Abgeordneter. Vonseiten der Abgeordneten liegen mir keine weiteren Redemeldungen vor. Doch, Abgeordneter Huster hat noch einmal um das Wort gebeten.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Recknagel, ich bin Ihnen für diese Rede sehr dankbar, hat sie doch gezeigt, was Ihre eigentliche Absicht
nicht nur bei diesem Thema, sondern bei vielen Tagesordnungspunkten ist, die Sie offenbar hier einzubringen versuchen: Sie wollen mit Sprache, Sie wollen mit Diktion Ihrer Anträge am rechten Rand fischen,
mindestens immer auf dem Niveau der Themen, Thesen und Temperamente, die in der Bildzeitung aktuell diskutiert werden, wo die Leute hier in diesem Land latent aufgehetzt werden - aktuell in den letzten Monaten gegen Griechenland - und Sie haben dem jetzt sprachlich sogar noch Ausdruck verliehen.
Dafür bin ich Ihnen dankbar, dass man das nachlesen kann. Und, meine Damen und Herren, mehr ist zu Ihrem Vortrag nicht zu sagen, außer dass sich die Union sehr ernsthaft überlegen sollte, ob diese Partei FDP für sie noch auf Bundesebene Koalitionspartner und koalitionsfähig sein kann.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, einige Ausführungen zu dem Antrag und zu dem Problem, das mit dem Antrag artikuliert und hervorgehoben wird. Vor etwa einem halben Jahr wurde die Frage der Eurobonds intensiv diskutiert. Mittlerweile ist es wieder ein bisschen ruhiger geworden, weil man andere Instrumente der Hilfestellung gefunden hat. Insofern gibt es ein klares Votum der Bundesregierung zur Ablehnung von Eurobonds. Die gesamte Debatte drehte sich, wie jetzt auch hier, schwerpunktmäßig um die Zinsen, die steigen werden, wenn man Risiken übernimmt, die man momentan
Gefragt wird in dem Antrag nach einer verlässlichen Prognose, wie werden sich die Zinsen entwickeln und welche Auswirkungen hat das für die Kosten unseres Freistaats. Das ist eine sinnvolle und richtige Frage. Natürlich muss man dieses prüfen, wie sich bestimmte Finanzinstrumente auch auf unseren Geldbeutel auswirken. Das darf wohl auch erlaubt sein. Herr Voigt hatte das sehr begrüßenswert hervorgehoben. Wie es wirklich wirken wird, hängt natürlich auch von der Ausgestaltung der Eurobonds ab. Wir können sagen, wir haben eine gesamtschuldnerische Haftung für alles, dann würde ich denken, dass in dem Fall wahrscheinlich die Zinsen am meisten steigen werden. Man kann sich Abstufungen vorstellen - hier war von Blue Bonds die Rede und von teilschuldnerischen Übernahmen. Wenn ich das Risiko wieder verringere, dann steigen natürlich auch meine Zinsen nicht so stark. Ich denke, es dürfte unstrittig sein, dass es bei einer Übernahme von Risiken der Bundesrepublik auch zu Zinssteigerungen kommen wird und natürlich ist das auch eine Sorge des Freistaats Thüringen. Steigen die Zinsen, so wird das nicht nur eine Frage des Bundes sein.
Eine Gruppe wurde jetzt noch gar nicht erwähnt, nämlich die Kommunen - und nicht nur die Kommunen, sondern auch die Häuslebauer und alle, die Kredite aufnehmen wollen, werden mit steigenden Zinsen dann zu tun haben.
Wir haben in der Kleinen Anfrage - die Ziffer 1969 versucht, diese Frage zu beantworten, was denn passieren wird. Sie können das in der Tabelle nachlesen. Unter Berücksichtigung unserer Fälligkeitsstruktur und unserer Zinsstruktur, die wir hier in Thüringen jetzt haben, bedeutet ein Anstieg um 3 Prozentpunkte über drei Jahre ein Mehr an Belastung von 300 Mio. €. Jetzt kann man sehr gut darüber philosophieren, werden es nur 200 oder werden es 300. Der Rechnungshof hat dankenswerterweise auch einen eigenen Ansatz geliefert. Aber es wird bei steigenden Zinsen eine Belastung geben.
Herr Huster, vielleicht fachlich und sachlich, Sie stellten die Frage Deutschland isoliert sich?. Wir sind die Einzigen - ich glaube, mit den Niederlanden -, die hier sehr verhalten sind in der Frage. Jetzt muss ich mal sagen, das ist aber auch ganz klar, weil alle anderen von diesem Instrument im Sinne von Zinssenkungen profitieren und wir das einzige Land sind, das Zinssteigerungen hinnehmen müsste neben den Niederlanden.
Insofern ist die Gefechtslage auch klar. Ich denke, man kann schon die Frage stellen: Welche Architektur? Das hat nichts damit zu tun - jedenfalls was mich jetzt anbelangt -, dass ich nicht an Europa
hänge oder vielleicht Leute, die sich solche Gedanken machen, ebenfalls nicht an Europa hängen. Europa so, wie es entstanden ist, ist klarerweise ein Glücksfall für uns Deutsche. Das ist vollkommen klar.
Aber trotzdem muss doch die Frage erlaubt sein: Welche Stabilitätsarchitektur oder welche Architektur der Finanzströme wollen wir denn letztendlich haben? Ich meine, man sollte das nicht so kristallisieren, Eurobonds ja oder nein, auch andere Haftungsformen bedeuten ein Einstehen unseres Landes für fremde Schulden.
Aber gepaart gehört dieses Einstehen - das ist die Position der Bundesregierung - mit der Forderung nach einer Stabilitätsarchitektur in Europa. Ich möchte das jetzt nicht ausführen, aber es ist vollkommen klar, was die Bundeskanzlerin macht. Natürlich geht sie hin und versucht, deutsche Interessen zu vertreten, indem man sagt, jawohl, wir helfen, aber nicht bedingungslos. Das muss man auch deutlich sagen. Das ist der Kern der Auseinandersetzung in meinen Augen, wie wir es momentan erleben. Das bedeutet natürlich auch für andere Nationen, dass sie sich anstrengen, hier die Staatsschuldenkrise mit zu bewältigen, wie wir es natürlich mit unserer Hilfe auch versuchen.
Eurobonds wäre die offenste Form, wie es zu einer Haftungsübernahme von unserem Land käme. Es würde sich dann auch zinserhöhend und damit auch Kostensteigerungen bis in alle, die Kredite nehmen - wir brauchen nicht beim Land Thüringen stehenzubleiben oder bei unseren Gemeinden, Zinssteigerungen heißt Zinssteigerung für alle. Das ist ganz klar.