Vielen Dank. Ich habe keine weiteren Wortmeldungen vorliegen. Für die Landesregierung spricht Herr Minister Machnig, bitte schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Fukushima hat in der Tat die Wende in der deutschen Energiepolitik gebracht. Das war überfällig. Ich will an dieser Stelle jetzt eines sagen: Wir sollten alle demütig sein in dieser Debatte aus folgendem Grund; demütig, ist ja einer meiner herausstechendsten Wesensmerkmale, wie Sie wissen.
Ich will es erklären. Die Energiewende - nicht nur in Thüringen, sondern bundesweit - wird nur gelingen, wenn diese ein Gemeinschaftswerk wird von Bund,
Ländern, Kommunen, Unternehmen und Bürgern. Ich sage, alle, die sich mit dem Thema intensiver beschäftigt haben, werden zu einem Ergebnis kommen. Es gibt nirgendwo, weder bei den GRÜNEN noch bei den LINKEN, noch in irgendeiner Partei oder bei einem Energiekonzern, die Blaupause, wie das in den nächsten 10 bis 15 Jahren geht. Deswegen sage ich Demut, weil jetzt eine neu entwickelt werden muss. Wir brauchen eine neue Struktur unserer Energieversorgung und dafür müssen wir in den nächsten Jahren arbeiten. Dazu gibt es zwei Voraussetzungen, dass das gelingt: Klarheit im Denken und Klarheit beim Thema Koordination dessen, was wir tun.
Ich fange an beim Thema „Klarheit des Denkens“. Es gibt eine Umfrage, die hat die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland gefragt nach folgendem Thema: Was sind die wichtigsten Energieträger im Jahre 2015? Jetzt kommt die interessante Antwort, 71 Prozent sagen Solarenergie, Anteil an der Stromproduktion von 2 Prozent. 66 Prozent sagen Windenergie, Anteil an der Stromproduktion 6 Prozent. 37 Prozent sagen Wasserkraft, Anteil 3 Prozent, Erdgas 30 usw. und dann kommt Kohle und anderes mit 10 Prozent, allerdings bei einem Anteil von über 40 Prozent, heute noch 45 Prozent an der Energieversorgung bzw. der Stromversorgung. Warum sage ich das? Weil wir alle eine gemeinsame Verantwortung haben. Ich bin bekennender Anhänger der erneuerbaren Energien, wie alle wissen, dass aber auch öffentlich erkannt wird, dass bei aller Bedeutung und aller Notwendigkeit in den nächsten Jahren, die Erneuerbaren auszubauen, dass wir auch noch andere Kraftwerke und Kraftwerkskapazitäten brauchen, um Versorgungssicherheit, Planungssicherheit in den nächsten Jahren sicherzustellen. Das ist die Konsequenz aus dieser Umfrage und die sollten alle sehr ernst nehmen, denn die schöne Vorstellung, alles ist morgen erneuerbar, hat mit der Realität des sehr komplexen Umbaus der Energieversorgung in den überschaubaren Zeiträumen nichts zu tun. Das sage ich als Anhänger der erneuerbaren Energien.
Das Zweite ist, wir brauchen Klarheit in den Prozessen. Ich sage ganz offen, ich würde mir wünschen wir haben das jetzt im Rahmen der Bundesnetzagentur im Übrigen gemacht -, im Rahmen der Bundesnetzagentur haben wir eine Monitoringgruppe, die den Prozess begleitet. Wir brauchen eine permanente Monitoringgruppe zwischen Bund und Ländern, um diesen Prozess voranzubringen.
Jetzt ein paar Bemerkungen zu dem, wo wir eigentlich stehen. Ich komme auch gleich, Frau Siegesmund, zu dem, wie wir das beim Thema Photovoltaik machen. Ich kann Sie da ganz beruhigen. Ich bin dafür, wenn wir alle ehrlich sind, dass wir auch die unangenehmen Fragen diskutieren. An die GRÜNEN sage ich und an die LINKEN sage ich das auch, ihr müsst bereit sein, Folgendes zu tun:
Ihr müsst bereit sein, mit uns gemeinsam für andere fossile Energiekraftwerke und für mehr Netzkapazitäten zu streiten.
Wir werden sie brauchen. Wir brauchen fossile Kraftwerke in den nächsten Jahren und wir brauchen auch Netze in den nächsten Jahren. Da darf ich mich nicht verweigern. Genauso wie ich bei anderen oder in die andere Richtung sage, FDP, verweigert euch bitte nicht beim Ausbau der Erneuerbaren. Verweigert euch nicht beim Thema Photovoltaik, wir brauchen auch die Photovoltaik in den nächsten Jahren. Jetzt will ich etwas vorlesen über die Photovoltaik, die immer so beschimpft wird: Die Bundesregierung - und zwar die schwarz-gelbe Bundesregierung - hat Kapazitätsberechnungen gemacht bis zum Jahr 2030. Das will ich Frau Hitzing gern mit auf den Weg geben. Die Bundesregierung geht davon aus, um 35 Prozent erneuerbaren Strom zu bekommen, müssen wir eine Vervierfachung - man höre genau hin - der Kapazitäten der heute installierten Leistungen im Bereich der Photovoltaik vornehmen, nämlich von 16 Gigawatt auf fast 63 Gigawatt. Das sind die Zahlen der Bundesregierung. Ich will es nur sagen, das wird man aber nicht schaffen, wenn man die Einspeisevergütung so rasiert, wie das im Moment diskutiert wird. Ich komme darauf gleich zurück.
Wir brauchen im Bereich Windkraft - was auch gesagt worden ist - einen Ausbau von etwa 12 Gigawatt. Im Bereich Windkraftoffshore haben wir heute eine installierte Leistung von 0,2 Gigawatt. Wir brauchen im Jahre 2020 25 Gigawatt. Ich übersetze mal, was 25 Gigawatt sind. Das sind 5.000 Windräder in Nord- und Ostsee. Wir haben heute nur einen Bruchteil davon installiert, also eine gewaltige Aufgabe. Das gehört dazu, daran müssen sich alle beteiligen. Bitte?
Zum Thema Netze: Wir brauchen Netze - 4.500 km. Im Übrigen sind von den 4.500 km, die wir brauchen, 214 km gebaut, das heißt 5 Prozent. Wir brauchen sie bis zum Jahre 2020. Wir haben heute Planungszeiträume in Deutschland von 121 Monaten. Das werden wir nicht beschleunigen, wenn wir eines machen, wir könnten zwar dann den EE-Anteil steigern, wir werden ihn nur nicht transportieren können. So praktisch ist das Leben. Wir brauchen Speicher, wir brauchen Effizienz und wir brauchen Wärme.
Jetzt will ich ein paar Sätze zu Thüringen sagen. Ich will das gern tun. Erstens stelle ich hier mal fest, diese Landesregierung war die erste bundesweit,
die im Rahmen eines Energiegipfels am 08.06. - ich halte das Papier mal hoch, ich habe an diesem Papier ein bisschen mitgewirkt, es ist im Übrigen immer noch lesenswert - die 45 Prozent beschlossen hat. Wir waren eine der ersten, die auch gesagt haben, wir wollen das konsequent vorantreiben. Wir haben das nicht nur vorangetrieben, wir machen das auch praktisch.
In der nächsten Woche wird das Landesplanungsgesetz im Kabinett verabschiedet. Das ist eine wichtige Grundlage zum Beispiel für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Kollege Carius hat den Landesentwicklungsplan vorgelegt, er ist gerade im parlamentarischen Verfahren. Auch das ist eine wichtige Planungsgrundlage dafür, dass wir in den nächsten Jahren überhaupt ausbauen können. In diesen Landesentwicklungsplan ist im Übrigen eingeflossen, das, was mein Haus auf den Weg gebracht hat, nämlich die Potenzialanalyse Erneuerbare, weil im Landesentwicklungsplan festgelegt wird, was in den Planungsregionen an installierter Kapazität zu leisten ist, damit im Jahre 2020 45 Prozent Strom erreicht wird.
Wir haben ein Pumpspeicherkataster gemacht. Wir haben einen Investor, der bereit ist, zwischen 500 Mio. und 1 Mrd. in Thüringen zu investieren. Im Übrigen bislang einvernehmlich, bundesweit einmalig dabei, auch diejenigen, deren Regionen betroffen sind - Kollege Hellmann hat darauf hingewiesen - vor Ort, sind bereit, diesen Weg mitzugehen. Wir sind im Raumordnungsverfahren - und ich bitte jetzt alle Beteiligten, auch an den früheren Superminister hätte ich eine große Bitte, lasst uns Projekte machen, die machbar sind. Das ist ein Projekt, das machbar ist. Schmalwasser, das sollten wir nicht gefährden, das ist eine Investitionssumme von bis zu 1 Mrd. für Thüringen, die brauchen wir.
Das schafft auch regionale Wertschöpfung vor Ort. Beim Thema Gebäudeeffizienz sind wir auf einem guten Weg. Da hat der Kollege Carius Dinge auf den Weg gebracht. Mein Haus hat entsprechende Studien gemacht zum Thema Gebäudeeffizienz. Das heißt, wir kommen voran. Auch zum Thema Netze
- ich komme doch dazu, warten Sie doch ab - haben wir uns, das sage ich noch mal ausdrücklich, sehr deutlich bekannt. Ich habe mich bekannt, die Ministerpräsidentin hat sich bekannt zur 380-kVLeitung, damit es kein Missverständnis gibt. Jetzt hängen wir vor dem Bundesverwaltungsgericht. Ich glaube, dass wir in der Sache gut durchkommen werden. Dann muss diese Leitung gebaut werden. Wir brauchen sie, sie ist Teil der transeuropäischen Netze. Sie ist Teil des Energieleitungsausbauge
Jetzt noch einen Satz zum Thema Photovoltaik: Das ist eine Schlüsselindustrie und sie ist hoch wichtig für die Wertschöpfung in Thüringen. Es gibt viele industrielle Arbeitsplätze, die in dem Bereich geschaffen worden sind. In der Tat, wenn wir die Maßnahmen so durchsetzen würden, wie sie jetzt von der Bundesregierung vorgesehen sind, gehen 30 bis 40 Prozent der industriellen Arbeitsplätze in der Branche verloren. Deswegen sind wir uns in der Landesregierung einig, wir werden den Vorschlägen nicht zustimmen.
sondern, Frau Lieberknecht, am Freitag bei der Bundeskanzlerin, da wo ich helfen kann, und im Bundesrat werden wir uns dafür einsetzen, dass wir den Vermittlungsausschuss anrufen.
(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bei wichtigen Gesetzen kann man dagegenstimmen.)
Ich sage es noch einmal, wir wollen den Vermittlungsausschuss anrufen. Das ist ein Einspruch, ein Widerspruch. Verstanden? Ja, so läuft das. Das wollen wir. Das ist die Haltung der Landesregierung, die habe ich in den letzten Tagen noch mal mit der Ministerpräsidentin besprochen und das ist unsere Haltung, weil wir in der Sache ein gutes Ergebnis für unsere Branche wollen. Ich will mal ein Beispiel nennen, auch da bin ich mir mit der Ministerpräsidentin einig. Wir wollen uns dafür einsetzen - auch mit den Sachsen im Übrigen -, dass es Local-Content-Klauseln gibt. Das heißt, Solarmodule aus deutscher Produktion kriegen eine höhere Einspeisevergütung. Da brauchen wir auch keine Hinweise, weil wir wissen, welche Bedeutung diese Branche für Thüringen hat. Ich habe das zwar schon mehrfach gesagt, das ist unser Mercedes Benz hier in Thüringen.
Jetzt noch einen letzten Satz zum Thema, weil das auch immer behauptet wird. Die Preissteigerungen im Energiesektor kommen mitnichten aus dem EEG. Wer die letzten Studien des DIW und anderer Forschungsinstitute sieht, wird im Übrigen festgestellt haben, bereits heute hat das EEG preisdämpfende Wirkung. Warum? Weil auch in der Mittagszeit zum Beispiel sehr viel Photovoltaikstrom da ist, relativ preisgünstig im Vergleich zu anderen Kraftwerken. Diese Tendenz wird sich fortsetzen. Wo wir in der Tat in den nächsten Jahren allerdings einen Preisauftrieb erleben werden, wird sein, das sind
die neuesten Zahlen der Bundesnetzagentur, die davon ausgeht, mindestens 7 Prozent darüber, dass wir zum Beispiel höhere Kosten beim Thema Netzausbau haben. Das ist die Realität, mit der wir uns auseinandersetzen sollten.
Meine große Bitte ist, denn da bin ich ganz bei dem Kollegen Weber, das ist eine große Chance für Thüringen, das ist eine große Chance auch für strukturschwache Gebiete, das ist eine große Chance, über den Ausbau der Erneuerbaren auch industrielle Produktion nach Thüringen zu holen. Diese Chance sollten wir nutzen. Deswegen sollten wir alles tun, dass die Probleme - und es wird Probleme geben in den nächsten Jahren, weil es eines der hochkomplexesten transformations- und Umbauprozesse ist, die wir wahrscheinlich in Deutschland in den letzten Jahrzehnten gemacht haben im technischen Bereich. Dass das gelingt, dazu müssen alle einen Beitrag leisten. Wie komplex das ist, will ich an einer letzten Zahl beleuchten. In die Netze müssen im normalen Jahr diejenigen, die Netzaufsicht betreiben, 10-mal eingreifen. Im letzten Jahr war das 900-mal notwendig. Warum? Weil wir relativ fragile Netzinfrastrukturen haben. Das zeigt, was geleistet werden soll.
Meine Bitte zum Schluss ist: Lassen Sie uns zusammenarbeiten auf diesem Feld! Diese Aufgabe ist zu wichtig, als dass wir sie in parteipolitischen Auseinandersetzungen vorantreiben, weil ich glaube, dass wir uns alle eines nicht leisten können das will ich hier auch sagen -, dass die politische Klasse in Deutschland, alle, die Verantwortung tragen, die die Energiewende verkündet haben, sie am Ende nicht realisieren. Das wäre ein Menetekel für alle Beteiligten. Ich glaube, wir brauchen Kooperation, da es eine Gemeinschaftsaufgabe ist, ein Gemeinschaftswerk, bei dem alle mithelfen sollten. Und wenn wir das tun, dann werden wir am Ende des Tages auch erfolgreich sein. Herzlichen Dank.
Danke schön. Ich habe eine weitere Wortmeldung, Herr Abgeordneter Dirk Adams von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin Hitzing, ich finde eine Sache immer wieder bemerkenswert, dass die FDP beklagt, dass die Bürgerinnen und Bürger mit dem Konsum von Strom auch die Herstellungskosten bezahlen müssen. Sie beklagen das insbesondere im Zusammenhang mit der Solarenergie. Mir ist nicht bewusst, dass die FDP jemals beklagt hätte, dass alle Kohlekraftwerke und
alle AKWs und alle Gaskraftwerke natürlich vom Verbraucher bezahlt werden. Das zeigt, wie verlogen Sie in dieser Debatte agieren, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Herr Worm, Sie sagen, 25 Prozent in Thüringen werden schon aus erneuerbaren Energien hergestellt. Das ist gut, da kann man sich fast auch ein bisschen zurücklehnen, wenn man 100 Prozent erst in 40 Jahren haben will. Das ist allerdings erst ein Viertel der Wahrheit, weil diese 25 Prozent nämlich nur 25 Prozent von 25 Prozent sind, denn Thüringen importiert 75 Prozent seines Stroms. Das gehört zur ganzen Wahrheit dazu. Wenn wir energieautark werden wollen, wenn wir als Thüringer die Verantwortung übernehmen wollen, unseren Strom selbst herzustellen, dann müssen wir noch mächtig zulegen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ein wichtiges Element, das wichtigste Element überhaupt, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist hierbei die Energieeinsparung und die Energieeffizienz. Bei aller Wertschätzung, Herr Minister, ich habe viel in den letzten Jahren über den Ausbau der Erneuerbaren gehört, ich habe noch allzu wenig über Effizienz gehört. Wir sind uns uneinig über die Frage der Sanierungsquote, da bremst das Carius-Ministerium, wir sind uns uneinig bei einem Gebäude-Wärme-Energiegesetz, da bremst das Carius-Ministerium, und, und, und.