Wir finden, wer A wie Atomausstieg sagt, muss auch E wie Energiewende sagen, und das passiert im Augenblick nicht.
Lernen Sie dieses Wort. Sie sabotieren geradezu und ich schaue da in die Fraktionen von CDU und FDP - die Energiewende und machen mit aller Kraft das, was Sie richtig gut können in den letzten zwei Jahren, zumindest in Berlin, nämlich Klientelpolitik für vier große Stromkonzerne.
Energiewende auf Schwarz-Gelb sieht nämlich allein in den vergangenen drei Monaten so aus: Im Strombereich wird die Solarindustrie kaputt gemacht. Im Wärmesektor werden die Mittel für die Gebäudesanierung und das Marktanreizprogramm gestrichen und im Mobilitätssektor wird die Besteuerung der Biokraftstoffe ab 2013 auf 45 Cent pro Liter erhöht. So geht Energiewende nicht, und das müssen Sie sich hier auch anhören.
Das Ganze hat verheerende Folgen für Thüringen. Ich will das am Beispiel der Photovoltaik deutlich machen. In ihrer 4. EEG-Novelle allein in zwei Jahren - das muss man sich auch mal geben - verhackstücken Sie alle Erfolge, die die Photovoltaikbranche in den vergangenen Jahren erreicht hat.
Sie verhackstücken nicht nur die Erfolge der Solarbranche, sondern auch der Unternehmen, die unmittelbar betroffen sind. Das sind nämlich diejenigen, die im Handwerksbereich, als Projektierer, als Planer, als Architekten und als viele andere unterwegs sind und dafür sorgen, dass die Energiewende auch in Thüringen umgesetzt wird. Ich darf Ihnen versichern, bei der installierten PV-Leistung hängt Thüringen auch hinterher, wir sind hinter Sachsen-Anhalt, hinter Bayern und auch hinter an
deren Bundesländern. Und erzählen Sie mir nicht, dass hier weniger die Sonne scheint als in Sachsen-Anhalt.
Das lasse ich nicht gehen und auch nicht durchgehen, auch nicht Ihnen, Herr Barth. Dass Sie sich angesprochen fühlen, freut mich, Sie werden munter, das finde ich gut. Die FDP ist eine besonders mittelstandsfreundliche Partei, so heißt es jedenfalls immer. Ich behaupte, Sie sind mittelstandsfeindlich.
(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Weil Sie kei- ne Ahnung haben, das ist Ihr Problem, das hören Sie nicht gerne.)
Ja, genau, das hören Sie nicht gerne, das kann ich mir gut vorstellen. Weil das, was Sie tun, dem Mittelstand den Boden unter den Füßen wegreißt, weil Sie im Augenblick 5.000 Arbeitsplätze in Thüringen allein in der Photovoltaik und angeschlossenen Unternehmen gefährden. Und das sind allein im Kammerbezirk Erfurt - Herr Barth, hören Sie sich die bittere Wahrheit an - 380 Unternehmen. Die FDP ist mittelstandfeindlich.
Was ist zu tun? Zu tun sind verschiedene Dinge. Zum einen hat diese Landesregierung die Pflicht ich schaue zu Herrn Machnig, könnte genauso gut zur Ministerpräsidentin schauen - Sie haben die Pflicht, bei dieser EEG-Novelle dafür zu sorgen, dass Thüringen dagegen stimmt. Weil so, wie Sie es im Augenblick immer machen - nämlich sich enthalten und sich damit irgendwie rausmogeln -, kommen wir dieses Mal nicht hin. Sie wissen genauso wie ich, die EEG-Novelle dieses Mal ist einspruchspflichtig, es ist kein zustimmungspflichtiges Gesetz. Wenn Sie sich dieses Mal enthalten, sind Sie inkonsequent in jeder Hinsicht. Das muss sich auch die SPD gefallen lassen. Und Herr Machnig, entweder setzen Sie Ihren Koalitionspartner unter Druck und können hier als grüner Motor in Thüringen rumagieren oder Sie schaffen es wieder nicht und sind unglaubwürdig.
Reformieren Sie das 1.000-Dächer-Programm. Das ist das Nächste, was Sie machen müssen. Sogar die konservative IHK sagt, da muss ein bisschen mehr Modernität rein. Das dürfte Ihnen zu denken geben. Stellen Sie Energiekonzepte für Landesliegenschaften auf. Es gibt auch unter Herrn Machnig
nur ein Drittel Energiekonzepte für Landesliegenschaften. Das ist dünn. Legen Sie los - das fängt bei der JVA Goldlauter an, hört bei anderen Dingen auf - und binden Sie die Stadtwerke ein, damit die Energiewende tatsächlich gelingt. Schmeißen Sie also wirklich den grünen Motor an und reden Sie nicht nur darüber.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir alle erinnern uns noch gut, vor gut einem Jahr erschütterte das größte jemals in Japan verzeichnete Erdbeben das Land. Doch nicht das Erdbeben selbst, sondern der dadurch ausgelöste Tsunami mit dem Reaktorunfall im Kernkraftwerk Fukushima in der Folge sorgte für weltweite Aufmerksamkeit. Radioaktives Material in größeren Mengen wurde ausgestoßen und kontaminierte mehrere Hundert Quadratkilometer Fläche im Umkreis. Über 100.000 Menschen mussten dauerhaft ihre Heimat verlassen. Die Ereignisse von Fukushima waren und sind eine grundlegende Zäsur; es wird noch lange dauern, bis die Menschen dies verarbeitet haben. Die Katastrophe von Fukushima hat zu einer grundlegenden Kursänderung in der Energiepolitik der Bundesregierung und der Länder geführt. Das Ziel, so schnell wie möglich aus der Kernenergie auszusteigen und regenerative Energien in den Mittelpunkt der Energieerzeugung zu rücken, ist mehr als ambitioniert. Es gilt nunmehr seit einem Jahr eine zukunftsweisende, vernünftige und vor allem auch eine bezahlbare Energiewende herbeizuführen. Auch wir als Freistaat Thüringen haben uns klar zur Energiewende bekannt. So soll Thüringen nicht nur das energieeffizienteste Bundesland beim Pro-Kopf-Energieverbrauch werden, sondern gerade die dezentrale Energieversorgung im ländlichen Raum besitzt für uns hierbei eine große Bedeutung. Es gilt das Ziel, den Ökostromanteil in Thüringen bis 2020 auf 45 Prozent zu erhöhen, und es gilt vor allem, dass wir das mit einem vernünftigen Energiemix erreichen wollen. Nur zur Information: Derzeit oder aktuell werden bereits 25 Prozent des Thüringer Stroms aus erneuerbaren Quellen gewonnen. Ich denke, wir befinden uns diesbezüglich auf einem guten Weg. Und dass dies kein leichter Weg ist, ist im Übrigen allen, die sich etwas tiefgründiger mit dieser Materie beschäftigen, auch völlig klar. Denn natürlich hängt auch eine erfolgreiche Energiewende von einer entsprechend funktionierenden Infrastruktur ab - Stichwort 380kV-Leitung. Und dass das in den betroffenen Re
gionen nicht unbedingt Begeisterungsstürme auslöst, das ist uns ja auch allen in der Vergangenheit mehr als deutlich geworden.
Aber wer sich hier hinstellt und so tut, als bedürfe die Energiewende in Form verstärkter dezentraler Einspeisung, in Form des unstetigen Einspeisens von Wind oder Solarstrom, oder in Form mangelnder Energiespeicher nicht notwendigerweise des massiven Ausbaus der Verteilungs- und Übertragungsnetze, der erklärt uns und an dieser Stelle auch, dass die Erde eine Scheibe ist und Schweine fliegen können. Das muss ich an dieser Stelle schon mal ein Stück weit polemisch zum Ausdruck bringen.
aber wir wollen ihn bewusst. Wir brauchen keine Polemik oder ideologische Diskussion über den beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie. Was wir brauchen, sind Engagement, Tatkraft und Ideen. Hier ist die Landesregierung auf dem richtigen Kurs und es gibt zumindest bei uns in der Koalition keinen Zweifel daran, dass wir mit diesem Kurs unser Ziel auch erreichen werden. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächster spricht für die Fraktion DIE LINKE der Herr Abgeordnete Manfred Hellmann.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste, es hatte mich zweifellos überrascht, dass nach der Katastrophe von Fukushima es doch eine bemerkenswerte Regierungserklärung gegeben hat hier in Thüringen. Wir reden ja heute vor allem über Thüringen und über die Energiewende, wie wir die hier bei uns voranbringen wollen. Man muss auch mal was Positives nennen dort, wo etwas Positives zu nennen ist. Es ist zweifellos auch positiv zu werten, dass unser Wirtschaftsminister konzeptionell und informativ sehr viel getan hat ich denke auch an das 1000-Dächer-Programm oder an entsprechende Gesetze -, um die Energiewende zu befördern. Nicht zuletzt - daran ist man aber in Thüringen schon länger interessiert - haben wir beispielhafte Ergebnisse bei der Bioenergiege
winnung erzielt. Aber die Opposition hat natürlich immer das Aber aus völlig berechtigtem Grund parat. Ich frage mich natürlich: Wieso gelingt uns das wirkliche Tore-Schießen so schlecht. Oder ich sage es mal anders: Es ist einfach zu viel Sand im Getriebe.
Meine Vorredner haben das bereits betont. Ich will jetzt gar nicht bei der Bundesregierung anfangen. Wir werden noch Gelegenheit haben, am Freitag dazu zu sprechen, Herr Barth. Aber das hat einfach seine Ursache darin, dass die Koalition diesbezüglich nicht harmoniert. Uns als Opposition bleibt es nicht verborgen, dass die Differenzen, die in der Koalition bestehen, zu diesem Konflikt und zu diesen Reibungsverlusten führen. Ich frage mich allen Ernstes: Warum kommen wir in Thüringen nicht dahin, wo andere Bundesländer auch sind, dass wir fortschrittliche Regelungen zu den erneuerbaren Energien übernehmen, aufnehmen?
Das hat nichts mit der politischen Farbenlehre zu tun. Ich will mal ein Beispiel nennen: Horst Seehofer hat sechs Wochen gebraucht, bevor er sich von dem Schock des Atomausstiegs erholt hat, und hat wenige Wochen später dann verkünden lassen, dass Bayern bis 2020 1.500 Windgeneratoren aufstellen wird. Man hat verkünden lassen, dass Bayern es zulässt, dass auf 90 Prozent der Fläche Windgeneratoren aufgestellt werden können. Auf 2 Prozent der Fläche, die man als Windvorranggebiete ausweisen will, ist es möglich, dass man innerhalb von drei Monaten die Baugenehmigung hat. Man stelle sich so etwas mal vor! Da können wir in Thüringen uns nicht nur eine Scheibe, da können wir uns mindestens drei abschneiden.
Ich frage mich: Wieso ist es möglich, dass im Saarland jede Kommune darüber befindet und entscheidet, ob ein Windgenerator aufgestellt werden kann oder nicht? Wieso geht das bei uns nicht? In Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen ist es möglich, dass man auch im Wald, zumindest in Randgebieten, Windgeneratoren aufstellt. Das ist auch für Thüringen schlicht und ergreifend ein Fremdwort.
Verlassen wir mal das Thema Wind. Ich hatte vor wenigen Wochen die Gelegenheit, ein informelles Gespräch mit der Arbeitsgemeinschaft Thüringer Wasserkraft zu führen. Der Vorsitzende sagte mir, dass 50 Prozent unserer potenziellen Energie nicht genutzt wird. Vor allem ist es nahezu unmöglich, in Thüringen ein neues Laufwasserkraftwerk genehmigt zu bekommen. Ich darf daran erinnern, dass es vor dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland 50.000 Laufwasserkraftwerke gab. Im Jahre 2000
waren es noch 3.000. Also es geht hier nicht um unmögliche Dinge, vorher hat sich die Welt auch gedreht und das sind alles keine neuen Erscheinungen.
Zur Photovoltaik werden wir noch Gelegenheit haben zu sprechen. Darüber möchte ich mich hier an dieser Stelle nicht weiter auslassen. Ich muss allerdings sagen, ich bin persönlich betroffen und hier komme ich zum Thema Bundesregierung. Am Montag möchte ich eine Energiegenossenschaft gründen und wir haben im Prinzip die Schlinge um den Hals, ob denn diese Einspeisevergütung wirklich kommt oder nicht. Wir haben schon Geld verausgabt. Ich will nur mal die Problematik umreißen. Wir werden bei den Anträgen, die noch zu bereden sind, auf dieses Thema zu sprechen kommen.
Natürlich ist es notwendig, Henry Worm, dass parallel die Netze ausgebaut werden und die Speicher ausgebaut werden. Aber diese Versäumnisse, die wir schon eine Weile haben, das ist nicht unser Problem, sondern das Problem, was natürlich zuerst in Berlin anfängt, und da ist deine Mannschaft maßgeblich beteiligt.
Letzte Bemerkung: Ja, wer A sagt, muss auch B sagen. Pumpspeicherwerke im Thüringer Wald, ich bin für eine 500-Megawatt-Variante, nicht für ein Monsterkraftwerk, weil das nur das zentrale System stützen würde. Aber vielleicht bekommen wir ja bei allem - und das soll meine letzte Bemerkung sein tüchtig Rückenwind von unerwarteter Seite.
Unser Ex-Superminister Trautvetter hat verkündet, einen Windgenerator in Oberhof aufstellen zu wollen. Ich glaube, wir haben noch viel Spaß bei dem Thema. Danke.