Anja Siegesmund
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Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, worüber reden wir? Wir reden über einen Antrag der FDP zum Thema Innovation, der dem der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nachklafft. Unseren Antrag haben wir hier intensiv diskutiert, dann mit einem Selbstbefassungsantrag im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zweimal intensiv beraten. Deswegen frage ich noch einmal: Worüber reden wir? Wir reden erneut über einen Antrag zum Thema Innovation. Dabei haben wir die Beratung bereits intensiv geführt. Ich will mich aber...
Herr Kemmerich war eigentlich dabei, deswegen will ich das trotzdem würdigen und inhaltlich in die Debatte einsteigen. Es ist aber nicht so, dass sie in den letzten sechs Monaten nicht stattgefunden hätte. Das müsste auch Herr Kemmerich wahrgenommen haben, dass dem so war.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, worum geht es? Es geht darum, Thüringen zu einer Ideen
region zu entwickeln statt nur einer Region des Wachstums einiger Unternehmen. Das ist unser Ziel.
Mit der Vorlage der RIS3-Strategie und der Hochschulstrategie ist selbstredend nicht alles im Bereich Innovationsförderung gesagt. Deswegen beteiligen wir uns hier gern noch einmal inhaltlich an der Debatte. Es ist schon richtig, dass es sich lohnt, genauer hinzuschauen, wo es Verbesserungsbedarf gibt. Dies sollten wir dann auch so umfassend tun, wie wir das beispielsweise sowohl im Ausschuss getan haben als auch als Grüne-Fraktion, die erst kürzlich ein Fachgespräch zum Thema Innovationspolitik in Thüringen in Jena veranstaltet hat. Wir haben im Technologie- und Innovationspark in Jena mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft, auch mit Bundestagsabgeordneten gesprochen, diskutiert. Es war wirklich ein intensiver Austausch. Ich darf Ihnen versprechen, es war auch deutlich intensiver als beim Wirtschaftsforum in Weimar, wo es vor allen Dingen um das Schulterklopfen oder sehen und gesehen werden ging. Das sind nämlich zwei unterschiedliche Herangehensweisen. Wir haben nach bestehenden Verbesserungsmöglichkeiten gefahndet bzw. überlegt, welche es gibt. Da sind fünf Punkte ganz deutlich geworden und die will ich benennen.
Es wurde in unseren Gesprächen beispielsweise deutlich, dass sich die Akteure des Wissenstransfers nicht sicher sind, inwiefern die derzeitige Unterstützung von Land und Bund wirklich Bestand haben wird und wie die Förderung in den nächsten Jahren aussieht, weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass diese von einer hohen Unstetigkeit geprägt ist. Was also das Innovationsmanagement an Hochschulen braucht, ist Verlässlichkeit an den entsprechenden Stellen. Mit den acht halben Stellen ich habe das im Ausschuss letzte Woche gesagt -, die es da gibt, hat man maximal eine Lotsenfunktion, eine unbeständige Lotsenfunktion, am Ende aber denen, die an diesem Knotenpunkt Verlässlichkeit brauchen, nicht geholfen. Was es da braucht, ist ein klares Bekenntnis, dass dieser Wissenstransfer so bestehen oder sogar ausgebaut werden soll. Ich bin sehr gespannt, was der Wirtschaftsminister nachher zu sagen hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch in den Gesprächen mit den Kreativen ist uns klar geworden, dass es zum Teil nach wie vor zu wenig Räumlichkeiten für die Unterstützung von Gründern gibt. Gründer müssen in den bestehenden Zentren zum Teil abgewiesen werden und suchen sich dann andere Möglichkeiten; im Übrigen auch außerhalb von Thüringen. Ich sage, wir können uns nicht erlauben, auf einen von ihnen zu verzichten. Deswe
gen muss sich Thüringen künftig mehr anstrengen, diesen die entsprechenden Räumlichkeiten zu ermöglichen.
Dritter Punkt, das kulturelle Umfeld: Wir stehen vor verschiedenen Herausforderungen in den nächsten Jahren. Das ist etwa die noch stärkere Verknüpfung von Digitalwirtschaft und klassischer Industrie, eine andere ist der Umgang mit zunehmender Ressourcenknappheit und Klimawandel. Es braucht neue Ansätze, wie hier günstigstenfalls neue Ideen noch besser unterstützt werden können, auch jenseits der klassischen Förderung durch die öffentliche Hand. Innovation braucht auch innovative Förderansätze. Das ist, glaube ich, eine wichtige Erkenntnis, die deutlich ist. So hat unlängst das „Freie Wort“ einen großen Beitrag zur Innovationslandschaft in Thüringen „Fördergeld allein macht nicht glücklich“ getitelt. In diesem Artikel, den ich sehr empfehle, wird deutlich, wo tatsächlich der Schuh drückt und wo klar ist, was denjenigen, die Thüringen mit guten und neuen Ideen bereichern wollen, wirklich fehlt.
Ich glaube, dass wir darüber nachdenken müssen, fünfter Punkt, wie der Kontakt zwischen Start-ups und etablierter Industrie und Forschung verbessert und vorangebracht werden kann. Es gibt bei den Gesprächspartnern immer noch, obwohl man meint, das sei längst alles geschehen und in trockenen Tüchern, den Wunsch nach noch stärkerer Vernetzung und einer entsprechenden Unterstützung. Konkret beispielsweise den Wunsch, dass große Mutterinstitute wie das Fraunhofer-Institut auch noch mal deutlicher unterstützt werden, wenn es um Ausgründungen geht und diese auch systematisch zu befähigen, dies zu tun.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben uns im Ausschuss intensiv mit der Frage der bislang bestehenden Innovationskultur in Thüringen beschäftigt, auch Wege aufgezeigt, die zu gehen sind. Wir haben das auf Grundlage unseres Antrags gemacht. Ich denke, dass wir in den letzten Monaten noch einmal umfassend die Möglichkeit hatten, nicht nur zu diskutieren, sondern auch Aufgaben für die kommende Legislatur mitzunehmen. Der Antrag der FDP findet unsere Unterstützung nicht und wir werden ihn ablehnen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, von Marie Curie stammt der Satz: „Man merkt nie, was schon getan wurde; man sieht im
mer nur, was noch zu tun bleibt.“ Ich will an dieser Stelle unter der Überschrift „Was getan wurde“ herzlichen Dank an alle sagen, die sich hier in den vergangenen Jahren immer wieder mit arbeitsmarktpolitischen Anträgen eingebracht haben, weil gute Arbeit eines der wichtigsten Themen für die Menschen in Thüringen ist. Zum Zweiten herzlichen Dank an den Staatssekretär für den Sofortbericht.
Der Antrag der Linken gibt uns die Möglichkeit, über sittenwidrige Löhne in Thüringen zu reden. Wir haben ganz gut Informationen über die Situation in Thüringen bekommen. Ich will noch einmal einen Aspekt zusätzlich hineintragen, das ist die Perspektive in anderen Ländern. Wir wissen, dass Jobcenter in Brandenburg und auch in Mecklenburg-Vorpommern in der Vergangenheit Arbeitgeber wegen der Zahlung sittenwidriger Löhne erfolgreich verklagt haben. Es gab eine Untersuchung des Berliner Arbeitslosenzentrums im Rahmen des evangelischen Kirchenkreises dort, was am Ende ernüchternde Ergebnisse für die Berliner Situation bedeutet hat. Viele der Dinge, die in dieser Studie aufgedeckt werden, stehen im krassen Widerspruch zu dem Ziel, dass die Beschäftigung mit sittenwidrigen Löhnen unterbunden werden soll. Obwohl es also in Berlin eine gemeinsame Verabredung gegeben hat, übrigens auch zwischen Jobcentern und natürlich Berlin, der Stadt selbst, ist es immer wieder dazu gekommen und Kontrollen waren offenbar nicht effizient genug.
Ein Ergebnis dessen ist, dass dort die statistische Erfassung von ausbeuterischer Arbeit verfeinert, verbessert werden soll. Das ist ein Teil dessen, was man an Ergebnissen bislang erreicht hat. Aber das ist natürlich nicht ausreichend, weil das unmittelbar immer nur reaktiv ist und denjenigen, die nach wie vor von ihrer Hände Arbeit nicht leben können, noch nicht geholfen hat.
Meine große Hoffnung ist, dass wir mit der Einführung des gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohns ab 1. Januar 2015 - und es freut mich, dass Frau Holzapfel dem zu 98 Prozent freudig gegenübersteht,
inzwischen sogar 100, Ihre Fraktion nur 98, ach so, da habe ich Sie falsch verstanden, Frau Holzapfel. Dann freut es mich umso mehr, dass Sie 100 Prozent hinter der Idee des allgemein verbindlich gesetzlich flächendeckenden Mindestlohnes stehen,
so dass wir tatsächlich ab Anfang nächsten Jahres eine Verbesserung bekommen werden. Wir werden uns zum Antrag der Fraktion DIE LINKE enthalten, weil mindestens ein Punkt, den Sie hier vorschlagen, schlicht und ergreifend nicht durchführbar ist. Man kann nicht rückwirkend bis zum Jahr 2009
sämtliche Punkte aufrollen und überprüfen. Das ist eine völlige Überforderung. Ich halte es für völlig illusorisch, das zu fordern. Ich finde es schade, dass Sie so eine Nebelkerze in Ihrem Antrag untergebracht haben. Das hätte nicht sein müssen, das hat den Antrag qualitativ nicht besser gemacht. Normalerweise hätte ich meiner Fraktion vorgeschlagen, das Ganze im Ausschuss weiterzudiskutieren, das ist aufgrund der Tatsache, dass die Legislatur endet, nicht möglich. Also unterm Strich noch einmal Danke an den Staatssekretär für den Bericht, so dass wir ein aktuelles Bild bekommen haben, aber meine Fraktion wird sich enthalten. Danke schön.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren und Gäste, sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, das waren jetzt ganz schön viele Phrasen. Die Phrasendreschmaschine war ordentlich gefüllt.
Die Ministerpräsidentin fing an: Mit voller Kraft in Richtung Zukunft. Das ist als Erstes aus der Phrasendreschmaschine gekommen. Herr Pidde: Wir sind auf einem guten Weg.
Nein, und das ist eben der Punkt, Frau Ministerpräsidentin, „nichts als Wahrheiten“ ist falsch. Das sind maximal Halbwahrheiten.
Deswegen stimme ich dem Kollegen Barth auch ausnahmsweise mal zu, es gibt eine Bilanz immer von zwei Seiten zu betrachten und das wollen wir an dieser Stelle tun. Ich war überrascht, Frau Ministerpräsidentin, dass Sie überhaupt den Mut hatten, am Ende dieser viereinhalb, zum Teil sehr quälenden Jahre, für Sie vor allen Dingen quälend, überhaupt hier Bilanz zu ziehen. Dann komme ich zum Stichwort Halbwahrheiten. Sie haben geflissentlich viele Dinge einfach weggelassen, bewusst weggelassen, denn wenn man aus der Staatskanzlei in den vergangenen 12 Monaten irgendwas gehört hat, dann vor allen Dingen Versorgungsskandale.
Diese Landesregierung ist vor allen Dingen darüber wahrgenommen worden, welchen Staatssekretär oder welchen Minister Sie mal wieder in die Wüste schicken mussten.
Darüber haben wir nichts gehört. Das gehört aber auch zu Ihrer Bilanz, Frau Ministerpräsidentin.
Weil Sie so furchtbar viel mit dem Personal beschäftigt waren, das zu ordnen, kamen auch keine politischen Impulse mehr und so dümpelte diese schwarz-rote Regierung, dieses Sonntagsfrüh
stückskabinett, doch schon sehr lange vor sich hin. Sonntagsfrühstückskabinett, was meine ich damit? Die CDU bringt die Brötchen, die SPD die rote Marmelade, dann sorgt man für gute Stimmung, das Protokoll ist beschäftigt und das Land ist egal.
Mit Ambiente, meine sehr geehrten Damen und Herren, konnten Sie immer gut glänzen, das haben Sie auch 2009 gezeigt bei den Koalitionsverhandlungen oder beim 20. Jahrestag der Verfassung auf der Wartburg. Aber Ambiente reicht eben nicht, regieren muss man wollen. Dazu braucht man Inhalte und tragbare Entscheidungen und da kam doch in den letzten Jahren überhaupt nichts mehr.
Entschlossen regieren, vertrauensvoll Personal auswählen oder dieses Land führen, das können Sie nicht. Das haben Sie gezeigt. Oder ehrlich den Koalitionsvertrag bilanzieren, das wollten Sie heute nicht. Sie hatten die Gelegenheit. Oder sich mal an Ihre Jenaer Rede erinnern, was Sie 2010 vorhatten, auch das haben Sie sich heute nicht getraut.
Was Sie wollten, ist weichzeichnen, und wir wollen klarmachen, was alles schiefgelaufen ist in den vergangenen Jahren an verschiedenen Stellen, Frau Ministerpräsidentin.
Das müssen Sie sich auch anhören. Ich komme zuerst zum Koalitionsvertrag. Sie haben behauptet, vollmundig behauptet, erneut weichgezeichnet, aber diesmal mit einer Zahl, 90 Prozent des Vertrags wurden abgearbeitet - 90 Prozent. Dann frage ich Sie, ob die 10 Prozent, die fehlen, wirklich nur das Bildungsfreistellungsgesetz sind und etwas weniger Straßen oder was da eigentlich tatsächlich fehlt?
Damit komme ich zum Stichwort Halbwahrheiten. Zitat, im Koalitionsvertrag steht: Grüne Technologien „wollen die Koalitionspartner ausbauen. Thüringen soll führender Standort einer der wichtigsten Leitmärkte zu Beginn des 21. Jahrhunderts werden.“
Fünf Jahre später: Die Thüringer Solarbranche ist größtenteils insolvent, auch aufgrund Ihrer Untätigkeit.
Einen industriepolitischen Dialog zum Schutz der Solarbranche gibt es von Ihnen nicht.
Der Studiengang Photovoltaik und Halbleitertechnologie bricht zusammen - Sie wissen genau, in welch schwierigem Fahrwasser der in Jena gerade ist -, so bauen Sie doch keine grünen Technologien aus, Halbwahrheit.
Zum Stichwort Energiewende: Sie haben gesagt, Sie hätten die Energiewende mit voller Kraft angepackt. Wie kommt es denn dann, dass wir beim LEITSTERN deutlich zurückgefallen sind?
„Volle Kraft“, wie Sie es nennen, sieht offensichtlich ganz anders aus. Ihre Programme, die Sie angeschoben haben, sorgen doch nicht für mehr Akzeptanz der Energiewende. Was Sie gemacht haben, ist, zu verhindern, dass es einen dezentralen Ausbau in Thüringen bei der Energiewende gibt.
Sie haben sich eben nicht engagiert, sondern alles getan, dass Ziele, die machbar sind - und wir Grünen sagen, es ist machbar, bis 2020 60 Prozent selber in Thüringen zu erzeugen -, da haben Sie sich nicht aktiv eingesetzt, sondern dagegengestellt. Das ist Ihre Politik.
Frau Ministerpräsidentin, der Umweltschutz bei Ihrer Landesregierung ist noch nicht mal greenwashing. Das sagen nicht nur die Grünen, das sagt heute auf seiner Pressekonferenz auch der BUND. Der BUND hat sich Ihre 90-10-Mathematik auch mal sehr genau angesehen. Der BUND sagt, 90 Prozent der Umweltziele, die sich diese Landesregierung gesetzt hat - die finden wir ja schon banal genug -, sind nicht erfüllt. Also Sie sehen mal, von außen betrachtet - Kritik sollte man sich auch annehmen -, Sie haben an dieser Stelle völlig versagt.
Was meint der BUND und was sagen wir zu diesem Thema? Sie sorgen doch nicht dafür, dass es in Thüringen eine nachhaltigere Lebensqualität gibt, wenn Sie gemeinsame Briefe schreiben mit dem sächsischen Ministerpräsidenten und sich für die Braunkohle aussprechen
und wenn Sie sich darum kümmern, dass an dieser Stelle wieder völlig falsche Standpunkte geäußert werden, anstatt die Menschen zu ermutigen, bei der Energiewende mitzumachen - denn das wollen Sie an verschiedenen Stellen in Thüringen und das haben Sie Gott sei Dank auch gegen Ihre Art und
Weise, Energiepolitik in Thüringen zu machen, trotzdem mutig selber in die Hand genommen.
Wenn Sie vorhin darüber reden, dass es darum geht, in Thüringen Klimaanpassung zu betreiben, dann haben Sie wieder nicht verstanden, worum es geht. Umweltpolitik heißt, dass man aktiv Klimaschutz betreibt. Klimaanpassungspolitik ist, dem Klimawandel hinterherzulaufen. Solange Sie das nicht verstanden haben, wissen Sie nicht, was Umweltpolitik ist.
Sie liegen völlig daneben. Klimaanpassung ist einfach eine defensive Strategie, wo klar ist, dass Sie Ziele von vor 30 Jahren hier referieren, aber nicht wissen, was eigentlich wirklich dran ist und was zukunftsfähig ist.
Jetzt gehen wir mal ins Detail. Im Koalitionsvertrag steht: „Die Koalitionspartner vereinbaren (...), dass die Landesregierung bis 2012 die Einrichtung eines Biosphärenreservats Südharz prüft.“ Prüfaufträge sind immer etwas ganz Tolles, das kann man sich auch im Koalitionsvertrag auf Bundesebene angucken. Wenn man keine gemeinsamen Ziele hat, schreibt man einen Prüfauftrag. Genauso ist es auch gekommen. Minister Reinholz, der der Debatte jetzt lieber fernbleibt, und die CDU-Fraktion blockierten an dieser Stelle, weil sie wahrscheinlich auch lieber Jagdfotos aus dem Ministerium sortieren und ins Fotoalbum kleben wollten, als sich wirklich zu engagieren.
Das ist doch der Punkt. Wir sind dem Biosphärenreservat Südharz nicht einen Meter nähergekommen, weil Sie es nicht wollten, Frau Tasch. Sie können es ja richtigstellen.
Sie behaupten im Koalitionsvertrag übrigens auch gemeinsam - und jetzt kommt es, das ist nicht mal mehr eine Halbwahrheit, das ist eine handfeste Lüge, wenn man sich die Umsetzung ansieht -, dass Sie den ökologischen Landbau gleichberechtigt neben der traditionellen Landwirtschaft fördern wollen. Das ist, wenn Sie sich die Umsetzung anschauen, schlicht gelogen. Sie wissen, dass der Ökolandbau sträflich vernachlässigt wurde. Die Anbaufläche ist zurückgegangen und die Umstellungsförderung ist 2013 ausgesetzt worden. Ich muss Ihnen nicht von Kaltensundheim berichten, wo am Ende der Umstieg auf konventionelle Landwirtschaft der einzige Ausweg war, weil Sie sich nicht gekümmert haben.
Ich komme zum Hochwasserschutz. Im Koalitionsvertrag steht bei Ihnen: Ziel ist es, „das Thüringer Hochwasserschutzprogramm fortzuschreiben und finanziell angemessen auszustatten“. Ein beschlossenes Thüringer Hochwasserschutzprogramm gibt es nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren. Was es gibt, sind hier und da vollmundige Bekundungen und eine Reise der Ministerpräsidentin durch das Land und die Tatsache, dass sie sich an der einen oder anderen Stelle umschaut. Es gibt aber auch jene, die sie nicht besucht hat, weil die offenbar noch kein Geld bekommen haben und nicht entsprechend in die Kamera lächeln wollen. Das gehört nämlich zur Wahrheit auch dazu.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Umweltpolitik können Sie also nicht mal 10 Prozent Umsetzung in Ihre Bilanz schreiben und das Gleiche gilt zum Stichwort Massentierhaltung.
Es ist gerade eben eine Meldung des LKA rausgegangen,
wo Beamte im Augenblick im Saale-Holzland-Kreis eine Schweinezuchtanlage - heißt es in der LKAPressemitteilung, eine Schweinemastanlage wird es sein - durchsuchen, weil Sie jedem, der in Thüringen eine Mastanlage eröffnen wollte, auch noch die Tür richtig weit aufgehalten haben und mit Fördermitteln in sechsstelliger Höhe dafür gesorgt haben, dass es noch mehr Massentierhaltungsanlagen gibt.
Dazu sagen wir Nein.
Wir sagen Nein zu mehr Antibiotikaeinsatz in der Landwirtschaft; Sie haben sich nicht darum gekümmert. Wir sagen auch Nein zu mehr Nitrateintrag auf Thüringens Böden; auch das war Ihnen egal. Das ist Ihre Art und Weise einer nicht zukunftsfähigen Umweltpolitik. Auch bei der Reduzierung des Flächenverbrauchs treten wir nach wie vor auf der Stelle.
Ein Wort noch zur Frage des Naturschutz- und Wassergesetzes: Das haben Sie einfach ausgesessen, auch hier keine Initiative. Und Sie wollen mir erzählen, dass Sie mit der Nachhaltigkeits- und Biodiversitätsstrategie, die Sie einfach nur fortgeschrieben haben, auch nur einen Akzent gesetzt haben, um das Artensterben in Thüringen aufzuhalten. Das ist Märchenstunde de luxe, das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, reden wir darüber, was diese Koalition sich im Bildungsbereich vorgenommen hat. Wenn die Ministerpräsidentin als Spitzenkandidatin, als die sie eingeladen war, bei dem vom Mitteldeutschen Rundfunk initiierten gemeinsamen ersten Interview und dem anschließenden Chat teilgenommen hätte, hätte sie mitbekommen, hätte sie wahrgenommen, dass bildungspolitische Fragen die Menschen in Thüringen besonders umtreiben, dass Lehrermangel, Schulstundenausfall und Hortkommunalisierung den Eltern Sorgenfalten ins Gesicht treiben. Aber Sie haben an der Stelle lieber gekniffen, deswegen haben Sie auch nicht mitbekommen, dass den Eltern sehr wohl aufgefallen ist, dass Sie die freien Schulen im Regen stehen lassen haben und dass wir als Grüne vor das Verfassungsgericht in Weimar ziehen mussten, um für diese freien Schulen zu kämpfen, und wir bleiben auch an der Seite der freien Schulen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere Frau Ministerpräsidentin, Sie haben die SPD mit Ihrem etatistischen Staatsverständnis an dieser Stelle laufen lassen und haben der SPD geholfen, dass es eine sich selbst erfüllende Prophezeiung gibt, nämlich dass natürlich, wenn an freien Schulen weniger Mittel zur Verfügung stehen, diese Schulen Schulgeld erheben müssen. Das ist doch ganz klar, dass das nicht anders funktioniert und damit in dem Fall auch die Zugangshürden größer werden. Das haben Sie unterstützt und dafür müssen Sie sich auch verantworten, Frau Ministerpräsidentin. Das Gericht hat Ihnen und Ihrem Kabinett bescheinigt, dass die Gesetze, die Sie verabschiedet haben, in Teilen auch noch verfassungswidrig sind, das gehört nämlich auch zur Bilanz dazu, darüber muss man reden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zur Verkehrspolitik. Im Koalitionsvertrag schrieben Sie: „Das Land nutzt alle Möglichkeiten, um den Bau von Ortsumgehungen zu beschleunigen.“ Jetzt ist „alle Möglichkeiten“ ein sehr dehnbarer, interpretierbarer Begriff. Scheinbar haben Sie damals, 2009, noch die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger bei Straßenlärm und Ortsumgehung wahrgenommen, das haben Sie dann aber ganz schnell vergessen, denn ernst genommen haben Sie diese Sorgen nie - Großengottern beispielsweise lässt grüßen, Frau Ministerpräsidentin.
Ja, vor Ort sein reicht aber nicht. Einmal vorbeikommen, guten Tag sagen und nach 30 Minuten wieder ins Auto steigen, hilft doch den Menschen
dort nicht, die dem Lärm ausgesetzt sind, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Bei der Planung und dem Ausbau der Infrastruktur herrschen doch weiter Konzeptlosigkeit und leere Versprechen.
Es gab nie eine Prioritätensetzung, weil Sie sich es nicht getraut haben. Davon, dass im Koalitionsvertrag etwas von einem attraktiven Nahverkehr steht, will ich gar nicht reden. Wir haben als Grüne ein Konzept vorgelegt, „ThüringenTakt“ heißt das. Davon ist dieses Land sehr weit entfernt. Wir sagen, wie es geht.
Auch in der Verkehrspolitik haben Sie unter dem Strich, bei dem, was Sie versprochen haben, keine 90 Prozent erfüllt, sondern nicht mal 10. Das spricht auch an dieser Stelle für eine echte Matheschwäche.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Ihrer Jenaer Rede haben Sie gesagt, Frau Ministerpräsidentin, dass Thüringen vor großen Reformen steht, vor Anstrengungen, die Thüringen unternehmen muss. Da bin ich ganz bei Ihnen. Aber Ihnen war und das merkt man auch, wenn man diese viereinhalb Jahre mal Revue passieren lässt - von Anfang an der Widerstand klar. Sie haben damals gesagt ich war mit dabei, als Sie die Rede gehalten haben -, Sie haben einen Kollegen zitiert und haben gesagt: „Reformiert werden darf, aber ändern darf sich nichts“ - das darf nicht das Motto sein. Es ist aber das Motto geworden, kleine Reförmchen und ändern soll sich möglichst nichts. Da sieht man, was von der Jenaer Rede am Ende übrig geblieben ist. Bestes Stichwort dafür: die Funktional- und Gebietsreform. Die hat dankenswerterweise Herr Pidde vorhin selbst angesprochen, da kann ich der SPD an der Stelle ausnahmsweise beipflichten, zustimmen, weil es dazu überhaupt nicht gekommen ist, weil Sie die gemeinsame Kraft dazu nicht hatten, das Einsehen nicht und weil es der CDU an der Stelle nach wie vor darum geht, ihre Pfründe zu sichern,
nichts anderes.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin dankbar für all jene, die heute gemeinsam draußen vor dem Landtag klargemacht haben, dass wir unser Gemeinwesen,
unsere Kultur, unsere Demokratie lebendig halten und stärken, wenn wir gegen die NPD auftreten und für Demokratie eintreten. Es ist uns schon aufgefallen, dass in den letzten viereinhalb Jahren, wenn es um das Stichwort Willkommenskultur ging, wir als Stichwortgeber auch offenbar jemand waren, der da durchdringen konnte. Von Willkommenskultur reden inzwischen ganz viele in diesem Land, aber ich sage Ihnen auch, der Weg ist noch weit. Der Weg ist noch sehr weit und damit, Frau Ministerpräsidentin, dass Sie Stichworte übernehmen, kommen Sie nicht weiter. Wenn man wirklich Willkommenskultur will, gehört auch dazu, ehrlich Bilanz zu ziehen und in Richtung SPD zu schauen. Herr Pidde, das war vorhin auch ein bisschen Verhöhnung der Flüchtlinge, denen wir immer helfen wollten in diesem Land.
Wenn man Willkommenskultur will, muss man bei einem Antrag zum Winterabschiebestopp auch mal Rückgrat zeigen und dem Koalitionspartner zeigen, was Humanität ist und nicht jedes Mal kneifen.
Wenn man Willkommenskultur will, wenn man eine humane Gesellschaft will, muss man sich hier vorn auch hinstellen und muss sich von Nützlichkeitsdebatten distanzieren.
Herr Pidde, auch das haben Sie nicht gemacht.
Und wenn man Willkommenskultur will, muss man auch mal das Rückgrat haben zu sagen, wir sagen Nein in den zwei Landkreisen zu dieser Praxis, dass es nach wie vor Gutscheine statt Bargeld gibt.
Das ist entwürdigend, meine sehr geehrten Damen und Herren, und ich bin froh und dankbar dafür, dass die sieben Länder, in denen Grüne in der Landesregierung sitzen, es geschafft haben, im Bundesrat die Verschärfung des Asylrechts, die die CDU auf Bundesebene wieder durchdrücken wollte, aufzuhalten. Das ist ein gutes Zeichen, weil es darum geht, dass nämlich das Motto der evangelischen Kirche, Nächstenliebe, Klarheit verlangt und an der Stelle muss man auch ein klares Zeichen setzen und das war richtig so.
Da sind wir auf dem richtigen Weg.
Ich komme zum Ländervergleich Ihrer Bilanz, nämlich der Frage, die Sie vorhin immer wieder angesprochen haben: Sind wir jetzt eigentlich Klassenprimus oder sind wir Durchschnitt? Da zieht man natürlich als Landesregierung gern vor allen Dingen Punkte heran, bei denen man immer besser ist als die anderen. Die CDU rühmt sich sehr gern, solide beim Haushalten zu sein und angesichts von 16 Mrd. € Schulden in den letzten Jahren Regierungsverantwortung ist das eine ziemlich mutige These. Ist ja völlig richtig, dass Thüringen angefangen hat, Schulden abzubauen, wie es übrigens das Gesetz verlangt, und es ist auch lobenswert, dass es einen entsprechenden Überschuss gab. Dazu muss man aber auch sagen - das war wieder nur die halbe Wahrheit -, dass die konjunkturelle Lage das Ganze auch begünstigt hat, und dafür hat Politik weiß Gott nicht gesorgt, sondern es ist Ihnen in den Schoß gefallen.
Es ist aber nicht nur, meine sehr geehrten Damen und Herren - es geht noch weiter, hören Sie mal zu - Thüringen in den Schoß gefallen. Man hat in Thüringen 340 Mio. € erwirtschaftet, das ist der Überschuss, in Sachsen waren das 820 Mio. €, in Mecklenburg-Vorpommern 320 Mio. €, Sachsen-Anhalt 250 Mio. € und jetzt kommt es, alle halten sich an ihren Stühlen fest, Rot-Rot, Brandenburg hat 700 Mio. € Überschuss geschafft.
Da sieht man, dass offensichtlich an vielen Stellen Haushaltspolitik wenig mit einem Parteibuch, jedenfalls an dieser Stelle, zu tun hat,
sondern einfach mit haushaltspolitischer Vernunft, einer guten Konjunkturlage und der Tatsache, dass man Wahrheiten ausspricht. Bei den Finanzen war Thüringen deswegen im ostdeutschen Ländervergleich okay, aber keine Spitze. Herr Voß, das muss man Ihnen auch so klar sagen. Nicht mehr und nicht weniger.
Die Ministerpräsidentin hat zwei weitere Kernthemen ihrer derzeitigen Regierung genannt: Wirtschaft und Arbeit. Die wirtschaftliche Erholung Thüringens war seit 2009 natürlich, nach dem Tiefpunkt, den wir 2009 hatten, rasant, aber wenn man sich das BIP anguckt, ist ganz klar, dass wir auch hier im Vergleich zu anderen Ländern einfach wieder nur Mittelfeld sind. Denn diese Zahlen muss man sich sehr genau ansehen gegenüber den anderen Ländern. Das Plus unterscheidet sich einfach nicht so sehr von den Ergebnissen in anderen ostdeutschen Ländern, dass Sie sich die Medaille ans Revers heften können und sagen können, wir waren es. Sie waren es eben nicht, weil in anderen ostdeutschen Ländern die Entwicklung ähnlich war. Deswegen ist das auch nicht etwas, was Sie in Ih
rer Bilanz auf der Habenseite für sich verbuchen können. Ich will noch einen Blick in die alten Länder werfen. Im grün-rot regierten Baden-Württemberg ist das Plus sogar deutlich größer, was bedeutet, dass sich der Abstand zwischen Ost und West 25 Jahre nach der friedlichen Revolution zum Teil auch wieder vergrößert. Das muss man sich sehr genau ansehen und darüber auch zwischen den Ländern diskutieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was dementsprechend nicht geht und worauf man nicht stolz sein kann, wenn das Land wirtschaftlich, wenn der Motor wieder „angesprungen“ ist, ist, dass Sie dann auch sehenden Auges die Investitionsquote auf 13 Prozent gesenkt haben. Somit werden wir jedenfalls den Aufholprozess, der in den letzten zwei, drei Jahren gestartet ist, nicht beibehalten können. Darüber müssen Sie auch nachdenken und diskutieren, wenn es darum geht, eine echte Bilanz zu ziehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu einer Bilanz gehört eben auch zu sagen, worüber Sie nicht geredet haben - ich habe es am Anfang schon gesagt -, der schwarze Himmel über der Staatskanzlei, schwärzer geht es nicht, das sind die Versorgungsskandale, Filz und Korruption. Es gehört natürlich auch dazu, diese lange Liste weiterzuführen, was eigentlich diese Koalition nicht geschafft hat. Ich habe vorhin insbesondere von Herrn Pidde ganz viele Projekte gehört, die ab 2015 zum Tragen kommen sollen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie dann nicht in dieser Koalition in Verantwortung stehen, um die durchzuführen, damit Sie dann fünf Jahre später wieder hier stehen und sagen, übrigens fünf Jahre später wollen wir Folgendes tun. Überlegen Sie genau, ob Sie das möchten, Herr Pidde, denn viel geschafft haben Sie tatsächlich nicht.
Denn was doch mal sehr klar ist: Große Koalitionen lösen doch keine großen Aufgaben. Die großen Aufgaben sind für die nächste Legislatur allesamt übrig geblieben.
Große Koalitionen erzeugen große Probleme, Versorgungsskandale und Große Koalitionen finden in der Regel den kleinsten gemeinsamen Nenner. Mir reicht das nicht. Ich finde, Thüringen hat 24 Jahre nach der friedlichen Revolution mehr verdient, weil wir eine lebendige Demokratie
- da gehört ein Politikwechsel dazu - mit frischen, grünen Ideen dabei haben. Darum geht es in der Tat, um eine lebendige Demokratie, viel lebendiger als jede der einzelnen Ideen, Frau Ministerpräsi
dentin, die Sie vielleicht in den Koalitionsvertrag geschrieben haben, aber wo Sie die Kraft nicht hatten, auch nur 10 Prozent davon entschlossen umzusetzen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin.
Überwachung des Protestcamps gegen das Rechtsrock-Konzert in Gera
Am 5. Juli 2014 fand in Gera das Neonazi-Festival „Rock für Deutschland“ statt. Einige Tage zuvor organisierten die Gewerkschaften in Ostthüringen zusammen mit dem Aktionsbündnis „Gera gegen Rechts“ ein Protestcamp vor dem Geraer Hauptbahnhof. Dieses wurde laut Augenzeugen von mehreren Dokumentationsteams mit fest installierten Kameras und möglicherweise Richtmikrofonen aus einem leer stehenden Gebäude heraus überwacht.
Ich frage die Landesregierung:
1. Über welchen Zeitraum erfolgte eine Überwachung des Protestcamps durch Beamte und Bedienstete des Landes?
2. Auf welche Weise erfolgte die Überwachung (ins- besondere unter Einsatz welcher technischen Mittel oder anderen Formen der Überwachung)?
3. Zu welchem Zweck erfolgte gegebenenfalls die Überwachung mit den eingesetzten technischen Mitteln?
4. In welcher Form werden die bei der Überwachung gesammelten Daten gespeichert und weiterverwendet?
Vielen Dank. Herr Staatssekretär, noch mal die Nachfrage, weil es jetzt recht schnell ging. Sie sagen, ab 05.07., 11.00 Uhr, waren die Kameras betriebsbereit, sind aber nie angeschaltet worden. Habe ich das richtig verstanden?
Zweite Nachfrage: Genau das Gleiche gilt auch für die Richtmikrofone, die nicht aufgezeichnet haben?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Danke, Herr Hey, für den frenetischen Jubel. Der wird aber gleich nicht von Ihnen fortgesetzt werden, weil ich Ihnen sagen muss, konstruktive Opposition hat ihre Grenzen.
Dieses Gesetz ist so unglaublich schlecht, dass wir als diejenigen, die sagen, wir geben durchaus in den Ausschüssen und auch wenn es um Änderungsanträge geht, viel bei, aber an dieser Stelle ist die Grenze auch erreicht.
Herr Gumprecht, so sehr Sie dafür werben, diesem Gesetz zuzustimmen, so sehr weiß ich, dass Sie im Tiefsten Ihres Herzens damit nicht zufrieden sein können. Ich werde begründen, warum meine Fraktion diesen Gesetzentwurf ablehnen wird.
Wir haben einen Gesetzentwurf vor uns liegen, der in einer unglaublichen Geschwindigkeit durch das parlamentarische Verfahren gepeitscht wurde. Herr Eckardt hat vorhin davon gesprochen, dass am 2. April 2014 das Gesetz vorlag. Es gab eine ausführliche Anhörung, in der nicht nur die drei betroffenen Kliniken ihre Unzufriedenheit äußerten, sondern so ziemlich alle, die an der Anhörung teilgenommen haben. Es war, um es kurz zu sagen, desaströs. Wir haben nach der Anhörung der Landesregierung, dem Sozialministerium nahegelegt, den Gesetzentwurf zurückzuziehen. Sie wollten unbedingt daran weiterarbeiten. Ich finde, offen gestanden, auch nicht, dass der Änderungsantrag von SPD und CDU das Gesetz besser macht, er verschlimmbessert das Ganze nur.
Es gab, meine sehr geehrten Damen und Herren, mehrere Ausschussberatungstermine. Es gab eine extra Anhörung mit dem Verfassungsrechtler Prof. Würtenberger. Es gab ein juristisches Gutachten der Landtagsverwaltung, vom Datenschutzbeauftragten eine Einlassung und selbst der Vorsitzende der Strafvollzugskommission hat sich bemüßigt gefühlt, sich zu äußern und Bedenken beizugeben. Allein ich sage Ihnen, es wurde nicht besser und deswegen ist dieses Gesetz etwas, mit dem wir nicht einverstanden sind. Herr Gumprecht, Sie sagen: Worauf vertraue ich? Ich vertraue darauf, dass durch diese Expertise, die wir als Abgeordnete bekommen haben, ganz klar ist, dass der Maßregelvollzug keinen guten Weg gehen wird mit dem Gesetz, was Sie heute hier beschließen werden. Wir haben nach der Anhörung empfohlen, den Gesetzentwurf zurückzuziehen, das wäre das Richtige gewesen, um wirklich umfassend darüber zu diskutieren, wie Therapie und Unterbringung psychisch kranker Menschen künftig aussehen sollen, weil das derzeitige und auch das kommende Verfahren nicht den Herausforderungen entspricht, vor die uns dieses sensible Thema „Unterbringung im Maßregelvollzug“ stellt,
besonders, wenn man den Aspekt der Privatisierung berücksichtigt. Herr Gumprecht, Sie haben
vorhin gesagt, was das Ziel 2002 war. Ich glaube, es gibt nicht nur eine Fraktion, nämlich unsere, sondern auch andere, die der festen Überzeugung sind, die Privatisierung 2002 war ein Fehler, und sobald es geht, muss man das Ganze im Rahmen der entsprechenden Verträge rückgängig machen.
Grundsätzlich sehen wir Grüne im Bereich der Stärkung von Beteiligungsrechten und in der Transparenz von Erarbeitungsprozessen für Thüringen deutlichen Nachholbedarf. Wir werden auch nicht müde, dafür einzutreten. Aber ich muss Ihnen sagen, wenn Sie wirklich eine ernst gemeinte Reform hätten machen wollen, wären Sie es schlicht und ergreifend anders angegangen. Es ist bedauerlich, dass das nicht passiert ist.
Ich will zum Gesetz selbst kommen. Die Unterbringung im Maßregelvollzug in Thüringen erfolgt in drei forensischen Kliniken, Stadtroda, Mühlhausen und Hildburghausen. Sie haben die Urteile benannt, aufgrund derer es eine Novellierung geben muss. Das Bundesverfassungsgericht fordert Änderungen insbesondere im Bereich Funktionsvorbehalt und beim Demokratisierungsprinzip. Das heißt, bei der privatrechtlichen Unterbringung muss die Beleihung der medizinischen Zwangsbehandlung in Thüringen in Zukunft anders geregelt werden. Dann gab es das Gutachten von Prof. Dr. Würtenberger, der sich intensiv mit den Besonderheiten des Thüringer Modells auseinandergesetzt hat. Es gab aber darüber hinaus auch noch ein Gutachten von Dr. Kammeier, der an deutlich vielen Stellen und Eckpunkten des Gesetzentwurfs massive verfassungsrechtliche Bedenken gesehen hat, bis heute sieht, und dem Sie schlicht nicht zuhören wollten.
An dieser Stelle, Herr Gumprecht, machen Sie doch aus Ihrem Herzen keine Mördergrube. Erwähnen Sie wenigstens denjenigen, der sich intensiv, nicht nur in Thüringen, sondern in vielen Bundesländern, mit Maßregelvollzug beschäftigt hat und dem Sie nicht mal zuhören wollten, nur weil er auf grünem Ticket in die Anhörung eingeladen war. Das finde ich immer schade, dass die Diskussion dann so läuft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren - gerne am Ende, Herr Gumprecht -, so ziemlich das Einzige, was in dem Gesetzentwurf klar ist, ist, dass drei Beamte im höheren oder gehobenen Dienst beim Landesverwaltungsamt eingestellt werden sollen. Herr Prof. Würtenberger nennt sie Interventionsbeauftragte, Dr. Kammeier nennt sie Sanktionsbeauftragte und dabei bleibt es auch. Es ist nicht geklärt, was die eigentlich tun sollen. Wie stellt sich das Sozialministerium die Arbeit dieser Sanktionsbeauftragten also vor? Wie und wann genau sind diese in den jeweiligen Kliniken präsent? Welche Form der Indikation wird zur Informationsgewinnung über den Zustand der Patientinnen und Patienten herangezo
gen? Immer noch viele Fragen, die offen sind. Es bestehen aus unserer Sicht viele Unklarheiten. In der Stellungnahme hat Dr. Kammeier - wir haben mit ihm auch zu Ihrem Änderungsantrag telefoniert, der hält seine Bedenken auch danach aufrecht, er ist einfach ausgewiesener Experte -, ich wiederhole es noch mal, grobe Bedenken, dass Thüringen hier gegen Bundesrecht, genauer gesagt, gegen § 61 StGB verstößt. Das heißt, Sie gehen hier auf ganz dünnes Eis mit dem Gesetzentwurf; ich kann Ihnen davon nur abraten. Wir sagen, dass das Modell des Interventionsbeauftragten falsch und unangemessen ist, dass sich Thüringen hier auf dem Holzweg befindet.
Zum Schluss drei Punkte: Es braucht verlässliche und klare Rahmenbedingungen, damit die Versorgung der Patientinnen und Patienten gesichert ist.
Sofort. Es braucht die Stärkung der Selbstbestimmungsrechte und es braucht eine differenzierte Verhältnismäßigkeitsprüfung.
Aber all das macht das Gesetz nicht und deswegen lehnen wir den Gesetzentwurf ab. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, gern absolviere ich heute noch die Premiere, erstmals als Berichterstatterin des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zu dem Bündnisgrünen-Antrag „Netzneutralität endlich gesetzlich festschreiben“ vorzutragen.
Mit dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird die Landesregierung aufgefordert, eine Bundesratsinitiative zur gesetzlichen Verankerung der Netzneutralität zu initiieren, um sich auf europäischer Ebene für eine entsprechende gemeinsame Regelung einzusetzen. Darüber hinaus soll sich der Landtag für mehr Transparenz bei Volumenpaketen mit anschließender Drosselung aussprechen, damit diese nicht mehr als Flatrate verkauft werden dürfen. Der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE fordert eine Verankerung der Netzneutralität im Thüringer Landesmediengesetz. Der Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit hat den Antrag in seiner 45. Sitzung am 2. Juli 2013, in seiner 49. Sitzung am 12. November 2013, in seiner 53. Sitzung am 11. März 2014 und in seiner 55. Sitzung am 13. Mai 2014 aufgerufen. Eine inhaltliche Beratung wurde mehrmals verschoben, um zunächst die Ergebnisse des Koalitionsvertrages auf Bundesebene, dann die Debatte auf europäischer Ebene und schließlich die Beratungen zum Thüringer Landesmediengesetz abzuwarten. In seiner 57. Sitzung am 8. Juli 2014 erklärte der Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit die Punkte II und III des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE für erledigt. Mit Hinweis auf die knappe Zeit bis zum Ende der Legislatur empfiehlt der Ausschuss mehrheitlich, den verbleibenden Punkt I des Antrags „Netzneutralität endlich gesetzlich festzuschreiben“ abzulehnen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, lange mussten wir darauf warten, dass dieser Antrag überhaupt besprochen und diskutiert wird,
dann nehme ich auch sehr gern die Möglichkeit wahr, diesen Antrag einzubringen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Familie ist so ziemlich das schönste und größte Abenteuer im Leben. Umso wichtiger ist es, dass Politik alles dafür tut, dass Familien einen guten Start ins Leben haben.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, noch nie war es so ernst um die Zukunft der Hebammen und die sind bekanntlich Unterstützerinnen und Unterstützer auf diesem Weg. Gerade für Eltern, die jede Unterstützung, jeden guten Rat an dieser Stelle benötigen, ist es eine schwierige Situation, weil durch den angekündigten Ausstieg der Nürnberger Versicherung aus dem Bereich der Haftpflichtversicherung für die Hebammen das Aus für den gesamten Berufsstand droht und damit, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht nur eine Unterversorgung werdender Mütter und Väter, sondern auch eine große Reduktion dessen, was wir als Wahlfreiheit bezeichnen, nämlich die Wahlfreiheit, entscheiden zu können, wie ein guter Start ins Leben gelingt.
Nachdem die Haftpflichtversicherung in den letzten Jahren um mehr als das Hundertfache stieg - wir haben dazu unlängst auch Material als Grüne veröffentlicht. Ich weiß nicht, ob Sie das sehen können. 1981 war eine Hebammenhaftpflichtversicherung bei umgerechnet 30 €, im Juli 2013 ist sie bei über 5.000 €. Die Haftpflichtversicherung ist also von 30 € auf über 5.000 € gestiegen. Da sieht man, was eigentlich mit dieser Berufsgruppe passiert ist. Das Risiko an dieser Stelle dem Markt preiszugeben hat nicht funktioniert und damit zeigte sich auch, dass das System dieser Versicherung nicht funktioniert.
Was heißt das für Thüringen? Meine sehr geehrten Damen und Herren, ohne Haftpflichtversicherung dürfen freiberuflich tätige oder Beleghebammen ihrem Beruf nicht mehr nachgehen. Das heißt, ab 1. Juli 2015 ist der Ofen aus, das aber nicht nur an Geburtshäusern in Thüringen, sondern - und das
wissen leider die Wenigsten - auch an neun Kliniken in Thüringen, sollte nicht etwas geschehen. Es gibt neun Belegkliniken, Belegkrankenhäuser, wo nur Hebammen tätig sind, die, wenn nicht das Krankenhaus dafür entscheidet, einen Teil der Haftpflichtversicherung zu übernehmen, diese Haftpflicht selbst bezahlen müssen. Deswegen gibt es hier in den Krankenhäusern Sondershausen, im Krankenhaus Waltershausen-Friedrichroda, im Kreiskrankenhaus Schleiz, im Kreiskrankenhaus Greiz, im Klinikum Altenburger Land, in den Henneberg-Kliniken Hildburghausen-Schleusingen und in den MEDINOS-Kliniken des Landkreises Sonneberg ein großes Problem, weil nämlich dort Geburtshilfe nicht mehr stattfinden kann, es sein denn, Politik mischt sich ein, es sein denn, Politik steuert um.
Die Hebammen, meine sehr geehrten Damen und Herren, landauf, landab, die fragen sich nun - die freiberuflich tätigen -, ob sie jetzt ihre Praxisräume noch öffnen können oder bereits schließen müssen, ob sie also ab Beginn 2015 ihrem Beruf noch nachgehen können. Das Geburtshaus Jena nimmt bereits jetzt Anmeldungen für Geburten im - halten Sie sich fest - Januar 2015 entgegen. Die Frauen sind also gerade darüber informiert, dass sie Familienzuwachs bekommen und rufen an. Wie lange eigentlich noch die Möglichkeit der Geburtshilfe dort angeboten werden kann, weil die Hebammen verunsichert sind, weil sie nicht wissen, wie es nach dem Juli 2015 weitergeht, ist offen. Die Vorsitzende des Hebammenlandesverbandes Thüringen, Elke Pirrhs, berichtet, dass ihr Telefon seit Wochen und Monaten nicht ruhig steht. Es gibt viele große Fragezeichen, weil natürlich, wenn in Geburtshäusern in Thüringen Frauen abgewiesen werden, sie sich an den Hebammenlandesverband wenden und diese auch nicht wissen, was sie den werdenden Eltern oder den Hebammen raten sollen. Eins steht fest: Der Versicherungsmarkt kann das Problem nicht lösen, es braucht hier auch eine Landesinitiative.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben im Januar 2012 bereits einen Antrag eingereicht, um Thüringen wachzurütteln, um diese Landesregierung wachzurütteln. Seit diesem Antrag, der übrigens gemeinschaftlich von allen Fraktionen im Thüringer Landtag beschlossen wurde, ist nichts passiert - politisch kein Signal aus Thüringen. Dabei gibt es Demonstrationen in Jena und Erfurt, es gibt Petitionen, die unterschrieben gemeinschaftlich getragen werden. Es gibt auf Twitter einen eigenen Hashtag - da können Sie einmal „Hebammen retten“ eingeben und sehen, wie viele sich kümmern, wie viele davon ausgehen, dass Politik sich einsetzt. Ich erwarte heute von dieser Debatte hier,
dass die Landesregierung den werdenden Eltern, den Hebammen, denjenigen, die es betrifft, ein familienpolitisches Signal zeigt und deutlich macht, dass es nicht egal ist, die Wahlfreiheit der werdenden Eltern beiseitezuschieben, sondern dass es Konzepte und Ideen gibt, auch aus diesem Land, auch aus Thüringen, denn dafür ist diese Landesregierung verantwortlich.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Gumprecht, ich bin mir nicht sicher, ob die Eltern, die in Nöten sind, damit zufrieden sind, wenn Sie ihnen sagen: Ich hoffe, dass es zu einer Lösung der Betroffenen untereinander kommt.
Ich will das noch verstärken. Ich weiß, dass es diese Eltern nicht zufrieden stellen kann, wenn es darum geht, dass Politik sagt, eure Wahlfreiheit ist uns egal. Das ist das, was Sie gerade gemacht haben.
Das zeigt mir, dass Sie immer noch nicht verstanden haben, worüber wir reden. Wahlfreiheit ist Ihnen egal. Ich will daher einige von den Stimmen hier in dieses Plenum reintragen, die sich seit vielen Monaten Gedanken machen und die einfach Sorge darum haben, wie ein guter Start ins Leben für ihre Familie individuell geht. Das ist eine Aktion des Hebammenlandesverbandes Thüringen. Da schreiben die werdenden Eltern auf den Karten: „Wenn es keine Hebammen mehr gibt, wer soll denn dann so geduldig meine Fragen beantworten?“ oder „Eine Geburt ohne Hebamme können wir uns nicht vorstellen.“ oder „Krankenhäuser sind für Kranke, ich möchte selbst entscheiden können, wo und wie ich mein Kind bekomme.“ Auch das eine Stimme einer werdenden Mutter: „Bitte unterstützen Sie die Arbeit der Hebammen und stellen Sie sicher, dass diese auch in Zukunft ihre Arbeit ausüben können.“ Sie haben gerade gesagt, Herr Gumprecht: Ich hoffe, dass es zu einer Lösung der Betroffenen untereinander kommt. Das ist nicht meine Sache - bleiben Sie jetzt dabei?
Eine andere Stimme: „Für meine nächsten Geburten wünsche ich mir eine optimale Betreuung mit einer Hebamme.“ oder „Helfen Sie diesen wertvollen Menschen in ihrer Arbeit, sie zu unterstützen.“ Und letzte: „Auch meine Töchter sollen ihre Kinder dort zur Welt bringen können, wo sie es wollen. Am besten mit einer Hebamme, die sie gut kennen und der sie vertrauen können. Dafür bitte ich Sie, sich einzusetzen.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eines hat doch wirklich jeder verstanden: Eine Geburt, ein Start ins Leben ist keine Sache, die man den freien Kräften des Marktes überlassen kann. Die Tatsache, die Wahlfreiheit bei einer Geburt sicherzustellen, funktioniert nicht. Das hat dieser implodierende Versicherungsmarkt an dieser Stelle doch gezeigt. Es sind 2013 151 Versicherungen angeschrieben worden. 147 hatten nicht einmal Interesse daran, diese Versicherung in ihr Portfolio aufzunehmen. Übrig blieben nur jene, die im Augenblick noch versichern und ab Juli 2015 geht selbst die eine, die sich jetzt noch bereit erklärt hat, raus. Das heißt, diese Systematik funktioniert nicht. Die Geburt, diese Geburtshilfe den freien Kräften des Marktes und diese Versicherung den freien Kräften des Marktes zu überlassen, ist gescheitert. Das muss man anerkennen und da braucht es auch ein klares politi
sches Bekenntnis dazu, dass das eine politische Aufgabe ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Mir macht Sorge, dass das nicht der einzige Berufsstand sein wird, den das künftig betrifft. Es kann sein, dass es an dieser Stelle die Hebammen als Erstes betrifft und andere Heilberufe darauf folgen. Darüber muss man sich unterhalten. Ich nenne mal die Jahreshaftpflichtversicherung der Gynäkologen: bei über 42.000 €. Rechnen Sie sich das mal aus, was das am Ende heißen und kosten soll, wo dieser Weg hinführt, den wir hier anfangen zu beschreiten. Ich habe das Gefühl, dass immer noch nicht die Tragweite dessen verstanden worden ist, dass es am Ende um eine Systemfrage geht, die die Hebammen als Erste betrifft, aber wir in den kommenden Monaten und Jahren nicht loswerden, wenn es hier nicht ein politisches Umsteuern gibt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Zeit läuft gegen uns, gegen die Familien im Land und vor allem auch gegen die Hebammen selbst. Ich habe vorhin in der Einbringung versucht, die große Verunsicherung darzustellen. Es geht um viele Dinge an dieser Stelle. Es geht natürlich um eine angemessene Vergütung, das ist der erste Punkt, den hat Herr Gumprecht auch benannt. Es geht auch um die Frage, wie die Haftpflicht künftig auf ein solides Niveau gebracht werden kann oder wer diese Haftpflicht bezahlt. Wenn man nämlich anerkennt, dass man das nicht den freien Kräften des Marktes überlassen kann, muss man sich ernsthaft mit dieser Idee des staatlichen Fonds auseinandersetzen. Herr Gumprecht fragt zu Recht, wenn wir bei diesem Berufsstand anfangen, was das eigentlich für andere Berufsstände heißt, wo es ähnlich ist. Die Frage ist berechtigt. Aber man muss es diskutieren und an dieser Stelle ist diese Frage des staatlich finanzierten Haftungsfonds neben der Frage eines privaten Haftungsfonds nebeneinandergestellt und dann muss man abwägen, was besser ist. Ich persönlich bin der Ansicht, was es jetzt braucht auf Bundesebene, ist erst mal ein staatlicher Haftungsfonds, der staatlich finanziert ist, um auch den Systemfehler anzuerkennen. Es braucht aber auch noch etwas Zweites. Die Berufsgenossenschaft, die die Hebammen bislang alleine unter ihren Fittichen hat, schafft das nicht. Die kann das nicht tragen. Was man braucht, ist eine gemeinsame Berufsgenossenschaft der Heilberufe, wo alle gemeinsam zueinander stehen und dieses Risiko der Geburtshilfe solidarisch auf viele Schultern verteilt wird. Wenn das beides auf Bundesebene angepackt wird, ist man einen großen Schritt weiter. Dann löst man den Systemfehler, dem wir im Augenblick ausgeliefert sind, den die werdenden Eltern, Kinder und vor allen Dingen auch die Hebammen ausge
liefert sind. Das wäre eine Möglichkeit, wie man das relativ schnell lösen kann. Aber noch mal: Wir haben jetzt Juni 2014. All jene, die sich die Freiheit nehmen wollen zu wählen und die da anklingeln, wo freiberufliche Hebammen erreichbar sind und gesagt bekommen, das tut mir leid, ich kann Ihnen jetzt im Augenblick nicht helfen, all jenen ist mit solchen Ideen im Augenblick nicht geholfen, solange interministerielle Arbeitsgruppen auf Bundesebene reden und ergebnisoffen auseinandergehen, solange der Bundesverband der Hebammen mit dem Ministerium redet und es da keine Bewegung gibt und solange auch die Kassen an dieser Stelle einfach nicht das richtige Wort miteinander finden. Ich glaube, das ist ein Punkt, den man einfach deutlich machen muss. Es muss hier eine Lösung her. Das heißt aber auch, dass es an diesen Stellen gegenseitig Bewegung geben muss. Man kann nicht darauf warten, dass sich der andere zuerst bewegt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will noch mal darauf zurückkommen, was die Landesregierung betrifft. Man kann hergehen und kann eine Bundesratsinitiative starten. Schleswig-Holstein hat das getan. Wir haben uns bei dieser Frage distanziert verhalten, obwohl Grüne auf diesem Antrag mit draufstehen, weil ich einfach einen anderen Qualitätsbegriff an dieser Stelle erwarte als in dieser Bundesratsinitiative. Ich hätte mir aber gewünscht, dass wir im Februar darüber mal diskutieren können. Deswegen damals unser Dringlichkeitsantrag. Ich bin schon gespannt, wie sich Ministerin Taubert da positioniert. Was mich auch interessiert, Frau Ministerin, ist, was eigentlich seit unserem Antrag vom Juni 2012, der in diesem Haus beschlossen wurde, Ihrerseits in Ihrem Haus getan wurde, um das, was der Landtag damals beschlossen hat, zu erfüllen. In diesem Antrag steht, und der wurde hier beschlossen, dass die Landesregierung sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für solide Arbeits- und Einkommensbedingungen der Hebammen einsetzt. Ich frage Sie: Was haben Sie seit Mitte 2012 für die Hebammen getan? Ich frage Sie auch, inwieweit Sie sich mit anderen Bundesländern gemeinsam für die Umsetzung der aus dem IGES-Institut erstellten Datenlage eingesetzt, was Sie dafür getan haben, um diese für Thüringen zu verbessern. Ich möchte wissen, was Sie von diesem beschlossenen Antrag tatsächlich in den letzten zwei Jahren umgesetzt haben, um im Sinne der Hebammen einen Schritt nach vorn zu gehen. Ich glaube, dass an dieser Stelle wenig passiert ist. Es wäre nicht nur frauenpolitisch ein Desaster, es ist vor allen Dingen familienpolitisch ein Desaster, wenn es dazu heute keine guten Antworten gibt.
Stichwort Ausbildung: Die Hebammen selber sagen, wenn man sich im Land umhört, nicht nur, dass wir selber entscheiden wollen, ob wir freie Geburtshilfe oder vor allen Dingen Vor- und Nachsor
ge machen, die Hebammen sagen auch, auch wir sind ein Berufsstand, der älter wird, der auf Ausbildung, auf neue Hebammen angewiesen ist, die in diesen Berufsstand gehen wollen. Die Debatte, die wir hier seit Monaten, fast schon seit einem guten Dreivierteljahr, führen, weil sie auch in anderen Ländern im Übrigen natürlich diskutiert wird, die verunsichert natürlich auch all jene jungen Leute, die gegebenenfalls darüber nachdenken, Hebammenschülerin oder Hebammenschüler zu werden. Das muss man mit bedenken. Die unklare Ausbildungssituation führt auch dazu, dass die Nachfrage nach den wenigen Ausbildungsplätzen, die wir in Thüringen hatten, deutlich gesunken ist. Sie ist immer noch höher als die Anzahl der Ausbildungsplätze, was bei beispielsweise 15 in Jena keine Kunst ist, dass sich mehr als 15 bewerben. Aber sie ist deutlich gesunken. Wenn man sich mit den Hebammen unterhält, dann weiß man auch, was da im Augenblick passiert.
Unklar ist übrigens auch - auch da interessiert mich ein klares Wort der Ministerin -, auf der einen Seite ist es richtig, diesen Berufsstand zu akademisieren und das wird ja jetzt auch an der FH in Jena passieren. Aber da frage ich mich, was denn parallel mit dem Ausbildungsgang an der Berufsschule passiert, ob das auf einmal wegfällt, inwieweit überhaupt Anmeldungen für den Studiengang an der FH Jena angenommen werden können. Ich glaube, da ist vieles nicht klar, vieles nicht besprochen. Auch da bitte ich um Klärung. Ich weiß nicht, ob Sie dazu Stellung nehmen wollen oder gegebenenfalls das nicht anwesende Kultusministerium. Wenn Ausbildung in diesen Berufen der Geburtshilfe für das Kultusministerium nicht interessant genug ist, um an dieser Debatte teilzunehmen, finde ich das umso bedauerlicher.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, dass wir gut beraten sind, im Ausschuss tatsächlich über die vorliegenden Anträge zu reden. Der Antrag von CDU und SPD ist wenigstens das kleine Feigenblatt, das wir erwartet haben, um den Hebammen in Thüringen die Wertschätzung und Anerkennung entgegenzubringen. Deswegen ist es wenigstens auch ein Schritt in die richtige Richtung. Der Antrag der FDP fällt inhaltlich deutlich hinter den von uns, den dieser Landtag bereits im Juni 2012 beschlossen hat, zurück.
Deswegen würden wir uns, sollte dieser heute zur Abstimmung kommen, bei diesem enthalten.
Ich kann nur dringend darum bitten, dass auch Thüringen, dass das Sozialministerium, dass das Ministerium, das sich um die entsprechende Ausbildung kümmert, wenn es darum geht, endlich den Weckruf verstanden hat. Bei mir ist angekommen, dass viele von jenen Frauen, die seit Monaten darum
kämpfen, dass ihre Stimme gehört wird, jetzt an einem Punkt sind, wo sie sagen, wenn die Politik immer noch nicht verstanden hat, wissen wir auch nicht mehr weiter. Diese Stimmung sollten wir in Thüringen gar nicht haben. Es sollten vor allen Dingen auch jene endlich verstehen, die familienpolitisch meinen, den goldenen Clou gefunden zu haben, wenn wir über das Landeserziehungsgeld diskutieren. Wer immer noch nicht verstanden hat, dass Hebammenunterstützung die beste Familienpolitik für dieses Land ist,
der ist an dieser Stelle im Hintertreffen. Verstehen Sie das endlich, engagieren Sie sich, setzen Sie sich ein im Sinne der Eltern und Familien in Thüringen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Es steht mir nicht zu, Ihre Kommentierung zu kommentieren, aber was ich gern machen möchte, ist, mich für die fachlich gute Auseinandersetzung zum einen bei der Ministerin zu bedanken. Aber zwei Fragen möchte ich anknüpfen.
Zum einen, Frau Ministerin: Sie haben nicht zur Frage gesprochen, wie Sie die Situation der neuen Belegkrankenhäuser einschätzen, wo es prekär wird für diejenigen, die freiberuflich tätig sind und die eben nicht in den festen Dienst der Häuser gehen wollen.
Zum Zweiten dezidiert die Frage zur Ausbildung: Wie wird die künftige Ausbildung zwischen SBBS Jena und der FH Jena laufen? Ist es so, dass mit Abschluss dieses dreijährigen Kurses der Hebammenschülerinnen in Jena automatisch ab Herbst auch die Akademisierung an der FH beginnt, ja oder nein?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Ende der SED-Diktatur, das war zum einen der Beginn unser aller politischen Freiheit. Heute ist, frei nach Hannah Arendt, Politikfreiheit. Meine sehr geehrten Damen und Herren, da muss es auch gestattet sein zu sagen, wir wollen uns auf die Suche nach der Wahrheit begeben. So habe ich meine Vorredner, insbesondere Herrn Weber, auch verstanden. Ich bin froh darum, dass es das Bekenntnis gab, diesen Untersuchungsausschuss in der kommenden Legislatur einzurichten.
Ich bin Herrn Weber deswegen auch dankbar für die nachdenklichen Worte, weil man einen Transformationsprozess, wie er in den letzten 25 Jahren in Gang gekommen ist, nicht einfach wegwischen darf, indem hier und da subjektive Erinnerungen vorgetragen und als die alleinige Wahrheit verkauft werden können, sondern weil ich, nennen Sie es Gnade der späten Geburt, zu der Generation gehöre, die nun mal Bischofferode nicht eins zu eins miterlebt hat und die, wie viele andere meiner Generation oder nachfolgender Generationen, darauf angewiesen ist, dass es Zeitzeugendokumente gibt, mit denen man sich auseinandersetzen kann, und dass es eine wissenschaftliche Aufarbeitung mit diesen Zeitzeugendokumenten gibt und dass es die Möglichkeit gibt, für diejenigen, denen Thüringen am Herzen liegt, diesen Teil der Thüringer Geschichte nicht nur aufgearbeitet zu bekommen, sondern sich selbst ein Bild dazu zu machen. Deswegen kann ich Ihnen sagen, ich habe hohen Respekt vor allen, die sich damals engagiert haben, und
werde den Teufel tun und sagen, der eine hat sich mehr oder weniger engagiert, der eine hat mehr oder weniger Wahrheit in seinem Beitrag hier gerade im Plenum vorgetragen, sondern ich werde Ihnen sagen, dass ich der festen Überzeugung bin, dass meine und nachfolgende Generationen es verdient haben, dass wir hier einen Beitrag dazu leisten, dass sie zumindest den Weg in Richtung Wahrheit bereitet bekommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Wort „Bischofferode“ und die Kumpel, die sich am Ende des Jahres 1993 zum Hungerstreik als letzter Ausdrucksmöglichkeit ihres Protests gedrängt sahen, stehen eben für viele Thüringerinnen und Thüringer für den Beginn der 90er-Jahre und gehören zum Teil des Transformationsprozesses dieses Landes. Neben vielen anderen Geschichten prägte dies den Beginn. Deswegen, finde ich, gehört es sich auch, der Fraktion der Linken dafür zu danken, dass sie die Große Anfrage thematisiert hat und wir auch noch mal darüber sprechen können, was das Ganze heißt.
Es gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren, Dokumente, die dazu beitragen, so dass all jene, die sich Gedanken darüber machen wollen oder die sich dafür interessieren, einfach nachlesen können, was damals passiert ist. Ich will mal einen kurzen Absatz, Frau Präsidentin, mir Ihrer Erlaubnis vortragen, der vielleicht ein Puzzleteil dieses riesengroßen Mosaiks ist, das definitiv in einer Aussprache mit einer Redezeit von 10, 15 oder 20 Minuten auch nicht in Gänze aufgearbeitet werden kann. Aber da schreibt beispielsweise ein Zeitzeuge seinen Eindruck. Es geht los mit folgenden Worten: „Ein schöner Deal. Die Vereinigung Deutschlands“ so Kali+Salz-Chef Bethke im April 1993 zu seinen sehr geehrten Aktionären - „eröffnet die historisch einmalige Chance, durch die Zusammenführung der K+S-Aktivitäten von K+S West und MDK Ost die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu verbessern. Von Hilfe für den Osten ist keine Rede mehr, denn“ - so formuliert Bethke - „natürlich konnten keine Einzelinteressen bei diesem Konzept berücksichtigt werden und auch der unvermeidliche Kapazitätsund Arbeitsplatzabbau führt für die Betroffenen zweifellos zu Härten.“ Ein Puzzleteil, und dann musste sich dazu verhalten werden. Der Hungerstreik und das, was am Ende diejenigen durchlitten haben, kann nur eine Konsequenz dieses Zitates sein. Womöglich gab es da noch viele, viele, viele andere.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen tut Aufklärung not. Viele Fragen aus der Großen Anfrage sind nicht gänzlich beantwortet. Die Frage, wie die Bergleute bis dahin behandelt wurden, ob sie gehen mussten, weil die Qualität des von ihnen abgebauten Rohstoffes am Ende
sozusagen umgekehrte Psychologie - zu gut war, ob tatsächlich potenzielle Investoren auf politischen Druck hin behindert wurden - viele, viele Fragen benötigen eine gründliche Aufarbeitung. Ich glaube, dass die Debatte hier dafür nur ein Anfang sein kann.
Seit 1999 zahlt Thüringen jedes Jahr etwa 20 Mio. €. Und es ist davon auszugehen, dass auch in den kommenden Jahren noch erhebliche Kosten der Altlastensanierung anstehen. Die Frage steht im Raum, auch - ich weise noch einmal darauf hin im Sinne kommender Generationen: Was heißt das für die kommenden Jahre? Noch einmal, ich beanspruche nicht, dass diese Generationen, die in den kommenden Jahren dafür geradestehen müssen, um die Ereignisse im Detail wissen. Darum geht es nicht, aber es geht sehr wohl um die Frage, welche Konsequenzen das Ganze hat, inwieweit muss der Bund hier noch einmal einspringen, wer hat mit wem wann geredet, inwieweit können wir Transparenz herstellen und wo muss noch einmal nachverhandelt werden. Wir haben dazu auch unsere Bundestagsfraktion gebeten, einmal zu recherchieren. Die Antwort des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages lautet erst einmal: Der Bund sieht sich im Augenblick nicht in der Verantwortung. Wir erwarten einfach von der Landesregierung, dass sie alle politischen Möglichkeiten prüft, ausschöpft und ergreift, natürlich weiter verhandelt und im Sinne Thüringens, im Sinne kommender Generationen sich hier auch einsetzt und so Bischofferode nicht nur einerseits aufklärt, sondern zum anderen auch zum Teil einer Geschichte werden lässt, wo klar ist, wenn Fehler gemacht wurden, dann kann man die auch beheben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Große Anfrage versucht nun, nicht nur nach den Bedingungen des Zustandekommens des Kalifusionsvertrags und des Generalvertrags zu fragen, sie thematisiert auch die Entwicklung der Situation der Menschen und der Wirtschaft vor Ort - meine Vorredner sind darauf eingegangen. Sie fragt auch nach der Bedeutung der Erfahrungen für die Gegenwart. Was die wirtschaftliche Entwicklung der Region um Bischofferode angeht, so hat uns die Landesregierung gezeigt, dass gerade, wenn man schematisch nur so eine kleine Region betrachtet, das ihrer Ansicht nach nicht weit führt, sondern dass wir darüber reden müssen, das anders zu bewerten. Wenn es darum geht, die beruflichen, die individuellen Schicksale der ehemaligen Kalikumpel zu beleuchten, auch da gibt es wenig dezidierte Antworten. Wir lesen, dass sich das Land offenbar auch nicht für die Erinnerung an die bergmännische Tradition in der Region wirklich interessiert. Wenn man bestimmte Aspekte herausgreift und die nachverfolgen will, da laufen leider viele Antworten ins Leere.
Noch einmal: Ich denke, dass hier auch nach der Großen Anfrage viele Fragen übrig bleiben. Ich denke, dass auch die Frage der künftigen Finanzierung und die Frage der Informationsflüsse nicht geklärt sind. Deswegen von uns vollste Unterstützung, dies in der kommenden Legislatur in einem Untersuchungsausschuss gemeinsam zu beraten auf Grundlage von Zeitzeugendokumenten, auf Grundlage dann hoffentlich aller veröffentlichten Verträge und hoffentlich auch so transparent, dass K+S endlich liefern muss und es nicht mehr möglich ist, sich von einem Unternehmen in dieser Art und Weise am Nasenring durch die Arena ziehen zu lassen. Das bleibt von dieser Legislatur nämlich hängen, dass das auch nach 25 Jahren möglich ist. Damit sollte Thüringen Schluss machen und stattdessen vor allen Dingen den Menschen sagen, welche Konsequenzen in den kommenden Jahren noch auf das Land zukommen. Vielen Dank.
Herr Kummer, vielen Dank. Bei aller Betonung der Gemeinsamkeiten, ich kann Ihnen das jetzt nicht ersparen, meines Wissens nach ist in Brandenburg eine rot-rote Landesregierung dafür verantwortlich, dass 800 Menschen umziehen müssen, weil neun Tagebaue in Welzow-Süd - zum Thema Braunkohleförderung - neu erschlossen werden bzw. ausgeführt werden. Sie haben jetzt gerade auf das Thema Braunkohle abgehoben - wie weit würden Sie denn aus Sicht der Thüringer Linken dem Verfahren der Linken in Brandenburg an dieser Stelle zustimmen?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenigstens sollten wir kurz einmal über das Gesetz mit dem sperrigen Namen Thüringer Gesetz über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung sprechen. Faktisch geht es darum, eine EU-Richtli
nie umzusetzen, die EU-Recht für den Schutz von Patientinnen und Patienten bei der grenzüberschreitenden Versorgung herstellt, und wenn die Berichterstatterin meint, es gab dazu im Ausschuss unterschiedliche Positionen, finde ich, ist es auch wert, das zu besprechen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, worum geht es? Das Gesetz sieht vor, dass sich alle Versicherten in der Europäischen Union auch in einem anderen EU-Mitgliedstaat behandeln lassen können und ihre Behandlungskosten von ihrer heimischen Krankenkasse in der Höhe erstattet bekommen, die man im Inland bekommen könnte. Wenn also grenzüberschreitend medizinische Leistungen in Anspruch genommen werden, dann sind hier die Gesundheitsdienstleister zum einen, also Ärzte, Kinderkrankenpfleger, Zahnärzte, Hebammen, Apotheker und andere betroffen, aber auch Patientinnen und Patienten. Ich finde, dass es sich wenigstens gehört, in diesem Landtag einmal darüber zu sprechen, was das für die Thüringerinnen und Thüringer heißt.
Zwei Dinge - zum einen die Tatsache, dass sich der Thüringer Landtag jetzt damit beschäftigt, ist im Vergleich mit anderen Bundesländern wieder einmal spät. Wir sind Schlusslicht, andere Bundesländer haben sich bereits mit dem Gesetz beschäftigt und es gibt durchaus Unterschiede in den einzelnen Beschlüssen der Landtage. Drei davon will ich hervorheben.
Zum einen die Informationspflicht. Das Land Sachsen hat sich beispielsweise dafür entschieden, dass Informationspflichten grundsätzlich barrierefrei erfolgen sollen. Das Land Thüringen hat dies in dem uns vorliegenden Gesetzentwurf nicht festgeschrieben. Es besteht eine umfassende Informationspflicht der Gesundheitsdienstleister gegenüber den Patientinnen und Patienten. Wie gesagt, im Sächsischen Landtag entschied man sich dafür, das Ganze barrierefrei zu gestalten, in Thüringen nicht.
Ich frage Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, warum? Zweiter Punkt: Haftpflichtversicherung. Wir diskutieren gerade bei dem Berufsstand der Hebammen nicht nur über die Erhöhung der Haftpflichtversicherung, sondern auch das Auslaufen der Haftpflichtversicherung zu Mitte 2015. Auch diese anderen Berufe, die hier genannt werden, sind davon betroffen. Im Gesetz steht, dass die Gesundheitsdienstleister eine Haftpflichtversicherung vorhalten müssen. Das ist alles schön und gut. Angesichts der Tatsache, dass wir bei den Hebammen in der Bundesrepublik eine sehr angespannte Lage haben, finde ich es spannend, dass sich hier keiner dazu äußern möchte, inwieweit das am Ende auch die Bundesrepublik betrifft, wenn an dieser Stelle die Hebammen hier, jedenfalls die freiberuflichen Hebammen, keine Haftpflichtversicherung
mehr vorweisen können, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Das Dritte: Ungeklärt ist, inwieweit zusätzliche Kosten auf die Gesundheitsdienstleister zukommen. Wie kommt also die Landesregierung zu der Aussage, dass sich Kosten nicht erhöhen würden? Noch mal: Es gab unterschiedliche Positionen im Ausschuss. Ich finde, dass man darüber sprechen muss, wie Gesundheitsversorgung tatsächlich auch grenzüberschreitend gut und funktionsfähig sein kann. Wir werden alles in allem dem Gesetzentwurf als Grüne zustimmen, wenngleich wir in diesen drei Punkten Fragen haben, die aus unserer Sicht ungeklärt sind. Das bleibt dann wohl der kommenden Landesregierung vorbehalten, diese Fragen zu klären.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, na klar, in der Vorwahlkampf- oder Wahlkampfzeit reden alle von guter Arbeit und guten Löhnen und Herrn Weber ist es jetzt in der letzten Minute gerade noch einmal gelungen, sich von der Großen-Koalitions-Soße in Berlin abzusetzen. Natürlich kann die Linke jederzeit eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema beantragen. Ich finde es gut, ich finde es richtig. Ich glaube, beim Thema Mindestlohn muss sich Rot-Rot-Grün hier gegenseitig gar nicht agitieren. Aber eines ist doch mal klar, der ak
tuelle Anlass, nämlich der Murks, der in dieser Wartburger Erklärung steht, ist gegeben und da darf man auch mal deutlich machen, wofür jede Partei steht. Niedriglohnstrategie war hier im Raum. Da war Herr Weber ganz pikiert und hat gefragt: Was soll denn das, wir machen doch alles richtig? Sie müssen sich aber mal die Geschichte Thüringens ansehen. Ich glaube, das hat die Linke hier gemeint und das weiß auch jeder in diesem Saal, dass Thüringen unter der CDU jahrelang ein Niedriglohnimage gepflegt hat.
Sie wissen als Parteien der einen oder anderen Seite alle, wie das ist, wenn man sich einmal ein Image zugelegt hat, wie schwer oder leicht es ist, das wieder abzulegen. Wenn sich herumgesprochen hat, in Thüringen sieht es so aus, dass man billig Arbeitskräfte ausbeuten kann, dann versuchen Sie mal in ihren vier schwarz-roten Jahren - ich erinnere an die Koalitionssoße -, das wieder loszuwerden. Das wird ein Stück Arbeit, Herr Weber, und dessen müssen Sie sich auch annehmen. Es ist gerade spannend, wenn man sich die bundespolitischen Debatten ansieht, zu schauen, wie sieht es dann in Thüringen aus. Natürlich haben wir uns diese Erklärung der CDU angesehen und wenn Sie das lesen, dann sehen Sie, das tut einigen innerhalb der Christdemokraten doch sehr, sehr weh, die Tatsache, dass der Mindestlohn auf Bundesebene zum 01.01.2015 endlich umgesetzt wird. Die Sprache in diesem Papier ist doch Folgendes: Der Mindestlohn soll die Ausnahme sein und nicht umgedreht.
Es geht darum, konsequent Ausnahmen zu schaffen, weil Sie nicht dazu stehen, weil Sie als die vermeintlichen Wirtschaftsweisen - an dieser Stelle ruft freundlicherweise auch Herr Heym dazwischen besser wissen, was für dieses Land gut ist. Da liegen Sie aber falsch, da sind Sie auf dem Holzweg.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt nicht nur zig Studien, es weiß inzwischen jeder, dass man von seiner Hände Arbeit nicht nur leben können muss, da geht es auch um Würde. Da geht es übrigens auch um die Frage - und das haben Sie nämlich nicht erwähnt, Frau Holzapfel -, wie viel der Staat eigentlich jährlich in Subventionen von Unternehmen steckt, weil Aufstockerinnen und Aufstocker nicht von dem Geld leben können, was sie verdienen, sondern noch einmal zusätzlich zum Amt laufen müssen. Das ist schäbig und wir wissen das. Wir wissen, dass es in anderen Ländern besser geht und dass das beendet werden muss, wis
sen wir auch. Armut trotz Erwerbstätigkeit - gegen dieses Phänomen der „Working Poor“, Sie können sich überall umschauen in den europäischen Ländern, ist es richtig, etwas zu tun. Deswegen ist es auch vernünftig, dass der Mindestlohn kommt.
Jetzt will ich die SPD auch mal bei ihrer Ehre packen, sie habe das ja schon immer gesagt und gewusst. Ich möchte mal daran erinnern, dass es die bündnisgrüne Fraktion in Thüringen war, die im Mai 2012 ein Mindestlohngesetz für Thüringen vorgelegt hat
und dass wir die Möglichkeit geboten haben, die Tür aufgemacht haben, sämtliche Vergaben öffentlicher Aufträge daran zu orientieren, dass vernünftig bezahlt wird. Allein Sie haben sich mit Frau Lieberknecht untergehakelt, sind nach Berlin gelaufen, haben so ein bisschen Pseudo-Bundesratsinitiative gemacht und dann darauf gehofft, dass das passiert, was jetzt ist - zum 01.01.2015 regnet es Ausnahmen. Ja, der Mindestlohn kommt, aber über die Ausnahmen muss man diskutieren. Offenbar gibt es da innerhalb der Koalition auch immer noch Druck.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen, ein Image wird man ganz schlecht von heute auf morgen los, da müssen Sie hier auch mit einer gemeinsamen Sprache auftreten, das kann ich an dieser Stelle auch Frau Holzapfel nur empfehlen, weil Sie über Menschen reden, die es verdient haben, die es wirklich verdient haben, von ihrer Hände Arbeit leben zu können. Und wenn Sie dann Jugendlichen sagen, dass sie doch in Supermärkten, weil sie unter 21 sind, besser aufgehoben sind als Menschen, die jahrelang im Einzelhandel tätig sind und ein Recht darauf haben, vernünftig bezahlt zu werden, auch da sind Sie auf dem Holzweg, wenn Sie Ausnahmen fordern. Das sage ich in Richtung CDU-Fraktion. Oder wenn Sie für Saisonbeschäftigte, die definitiv eine hohe Leistung bringen und von denen viel erwartet wird, wenn Sie für diejenigen behaupten, auch dafür sind Ausnahmen das Richtige, auch da liegen Sie falsch. Ich glaube, auch im Bau, auf dem Feld und ringsherum geht es darum, dass Arbeit angemessen bezahlt wird. Was Sie wollen, ist eine Dauerausnahme; das ist nicht das Richtige.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zur gestern veröffentlichten Studie zum Aufbau Ost noch ein Satz: Ich glaube, wer heute meint, sagen zu können, der Aufbau Ost kann als Nachbau West - und das ist lange die Strategie gewesen - nach 25 Jahren auf Herz und Nieren geprüft werden und dann kann man Schlüsse ziehen, der liegt falsch.
Das wird noch viele Jahre dauern, das ist richtig, aber dazu gehört auch, dass man konsequent
daran arbeitet und gute Arbeit für Thüringen auch wirklich umsetzt. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, nachdem der Freundlichkeiten jetzt hier ge
nug ausgetauscht worden sind, möchte ich einmal drei Punkte glattziehen.
Herr Heym, Sie sagen, Sie können den Blick in die Kugel: Es wird Probleme geben. Er begründet das nicht sachlich, sondern er stellt es einfach in den Raum. Jetzt kann man diese heute schon zitierte Böckler-Stiftung hernehmen und kann sagen: Was ist denn mit den Bedenkenträgern, wie kann man denen denn entgegnen und argumentieren? Ich halte Ihre Denkweise für nichts anderes als apokalyptische Drohungen. Das muss ich jetzt einmal an der Stelle so sagen. Wenn Sie es eigentlich vertreten sollen und mit so einer Haltung durch das Land gehen, weiß ich, was das am Ende heißt. In dieser Studie heißt es, ich zitiere einmal: „Deutschland zählt nach Studien der EU zu den Innovationsführern in Europa, daher könnten Betriebe gut mit Effizienzsteigerungen auf die Lohnuntergrenze reagieren.“ Ein Grund, warum die Böckler-Stiftung sagt, habt Vertrauen darin, dass der Mindestlohn auch für die Bundesrepublik das Richtige ist. Ich ziehe aus Ihrer kritischen Haltung, Herr Heym, folgende Konsequenz: Sie haben kein Vertrauen in die Innovationskraft und Fähigkeit dieses Landes. Und indem Sie durch das Land ziehen und sagen, der Mindestlohn ist etwas, was Probleme macht, entziehen Sie den mittelständischen Unternehmen auch in Thüringen das Vertrauen.
Das halte ich für eine fatale Wirtschaftspolitik.
Das will ich Ihnen einmal sagen. Auf solche Gedanken kommt man vielleicht, wenn man zum Frühstück immer nur eine Bratwurst isst.
Dann gibt es einen zweiten Punkt, den ich wichtig finde. Das eine ist, dass CDU und SPD, da nehmen Sie sich beide gar nichts, durch das Land gehen und sagen: Wer hat es gemacht? Wir haben es gemacht, die Arbeitslosenquote in Thüringen gesenkt. Aber solange Sie auch gleichermaßen hergehen und behaupten, dass eine niedrigere Arbeitslosenquote auch gute Arbeit ist, haben Sie nichts verstanden.
Doch, ich habe auch den Zungenschlag bei Ihnen so gehört, Herr Höhn, denn Sie haben an der einen oder anderen Stelle eine andere Betonung gehabt. Aber Sie müssen bitte auch einmal von dem hohen Ross herunterkommen und deutlich machen, dass gute Arbeit mehr ist, nämlich dass das gut finanziert wird.
Und in einem Punkt stimme ich Ihnen allen sehr zu, nämlich den Durchschnittslohn von 15 € für Thüringen runtergebrochen, da ist eine Marge drin, ich glaube, auf solche Zahlen sollte man sich in der Debatte gar nicht einlassen. Was heißt denn 15 € im Durchschnitt, dass mancher vielleicht 50 € verdient und ein anderer wieder nur 6,50 € oder die Schere noch weiter auseinandergeht? Ich glaube, da sollten wir qualitativ einfach sehr genau sehen, was das am Ende heißt. Ich rate einfach dazu, dass man, wenn man über gute Arbeit redet, auch gute Arbeit meint. Dazu gehört ein vernünftiger, guter, auskömmlicher Lohn und davon ist die CDU anhand ihres Papiers jedenfalls noch weit entfernt. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für Sport bin ich zuständig, sehr geehrte Herren. Deswegen haben wir uns auch im Freundeskreis Sport und darüber hinaus immer gut austauschen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir freuen uns natürlich als Grüne auf den parlamentarischen Abend mit dem Landessportbund heute Abend
und finden es richtig und gut, heute hier über den 4. Thüringer Sportbericht - wer ihn nicht kennt, so sieht er aus - zu sprechen. Der Antrag der CDU und der SPD sprach davon, dass es darum geht, einen modernen Sportbericht zu entwickeln. Also haben wir uns natürlich in der Auseinandersetzung mit dem Sportbericht immer die Frage gestellt: Weist er auch in die Richtung eines modernen Sportlandes Thüringen? Unter dieser Überschrift will ich gern unsere Bewertung des Sportberichtes vornehmen.
Ich will aber als allererstes sehr herzlich den vielen, vielen Menschen in Thüringen, es sind über 60.000, danken, die sich insbesondere ehrenamtlich jedes Jahr um das Sportland Thüringen kümmern. Das sind 13 Millionen ehrenamtlich geleistete Arbeitsstunden pro Jahr und das ist eine Menge, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Das ist eine Menge Freizeit, die da viele beigeben, persönlich beigeben, investieren. Dafür einen herzlichen Dank. Als Zweites natürlich der große Dank an die hauptamtlich Tätigen, allen voran der Landessportbund, das gehört dazu, vor allen Dingen auch an jene, die mit ihrem breiten und ganzen Wissen, ihren großen Erfahrungen seit vielen Jah
ren den Thüringer Leistungs- und Breitenport voranbringen. Natürlich gilt das auch dem Schulsport und allem, was im weitesten Sinne dazugehört.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, fast vor einem Jahr wurde der Antrag von CDU und SPD zur „Erarbeitung eines modernen Sportberichts mit Perspektiven für den Thüringer Sport“ hier im Plenum eingebracht. Seitdem hat nicht nur der Ausschuss diskutiert, sondern hat sich auch der Freundeskreis Sport getroffen. Ich will einmal was zum Verfahren sagen. Ich fand es gut, dass es die Möglichkeit für alle Fraktionen gleichermaßen gab, Schwerpunkte, die im Sportbericht beleuchtet werden, einzubringen. Das ist eine gute, eine kooperative Art und Weise. Ich würde sogar sagen, da haben alle Fraktionen miteinander Sportsgeist bewiesen. Richtig so! Gut auch das weitere Verfahren, nämlich die Möglichkeit der Anhörung mit dem Olympischen Sportbund, den 16 Landessportbünden und vielen anderen, die sich engagiert haben, bis hin zu den Sportgymnasien Jena, Erfurt, natürlich auch beteiligt der Breitensport, auch vertreten durch die Thüringer Sportjugend, das sportwissenschaftliche Institut und viele andere, die dabei waren, bis hin zu Vertreterinnen und Vertretern aus den Schulen oder auch der Fanprojekte und - nicht zu vergessen - der Mobilen Beratung in Thüringen Für Demokratie - Gegen Rechtsextremismus. Das heißt, das ganze Spektrum war einmal abgedeckt. Das war gut, das war wertvoll, das war umfassend. Ich will aber an dieser Stelle auch einen großen Dank an den Thüringer Behinderten- und Rehabilitationssportverband und die Landesseniorenvertretung richten, die sich auch mit viel Expertise, Akribie und Details eingebracht und auf verschiedene Aspekte hingewiesen haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der moderne Sportbericht - und nun kommt das Aber, was auch sein muss an dieser Stelle - ist in erster Linie aber eine Rückschau, wenn Sie so wollen, eine Bestandsaufnahme und bietet wirklich wenig Ausblick auf das, was kommen kann. Vielleicht ist das auch der Tatsache geschuldet, ich stelle jetzt einfach mal die Vermutung an, dass wir eben auch am Ende dieser Legislatur sind, dass die Zukunft des Leistungs- und Breitensportes eben nicht vollumfänglich beleuchtet werden kann. Das ist vielleicht auch das, was Herr Grob vorhin meinte, mit: ihm fehle an der einen oder anderen Stelle die nötige Präzision. Mir fehlt auch komplett, das sage ich so klar, ein dezidiertes Konzept, dezidierte Gedanken zur Frage der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Sport. Auch da bleibt das Ganze vage, zu vage im Bereich Inklusion. Eine der größten Aufgaben, die Thüringen in den nächsten Jahren hat, wie können Menschen zusammen gemeinsam Sport erleben? Wie kann man gerade jene im Spitzen-, Breiten- und Schulsport fördern? Da hätte ich mir, wenn es wirklich ein moderner Sport
bericht sein soll, nicht nur den Ist-Bestand gewünscht, sondern auch Ideen dafür, wie es weitergehen kann. Dazu kein Konzept.
Punkt zwei, wo wir sagen, auch hier hätten wir uns, ich bleibe mal bei dem Bild von Herrn Grob, mehr Präzision gewünscht: Im Sportbericht steht, eine der Hauptaufgaben des Landes ist, den Sportstättenbau voranzutreiben, zu unterstützen. Es weiß jeder, dass Bund, Land und Kommunen an dieser Stelle gemeinsam agieren müssen. Aber wir haben auch, wer ein bisschen aufmerksam Zeitung liest, gesehen, dass in den vergangenen Monaten gerade der Sanierungsstand von bestimmten Sporteinrichtungen, insbesondere Sporthallen, ein großes Problem ist. Es gibt zwei aktuelle Beispiele, die ich benennen will. Das eine ist im Landkreis Greiz kommunale Aufgabe, nichtsdestotrotz muss es benannt werden - die Frage, dass in den Turnhallen nach dem Sport wegen Legionellenbefalls nicht mehr geduscht werden kann. Wenn man sich darüber auseinandersetzen muss, wo das Geld herkommt, um das entsprechend sicherzustellen. Scheint eine kleine Sache zu sein, aber es ist eine präzise Sache. Das zweite ist ein Beispiel in der Montessori-Schule in Jena, wo die Turnhalle so verschimmelt ist, dass die Eltern sich inzwischen fragen, können wir unsere Kinder dort tatsächlich turnen lassen?
Also das eine ist natürlich die Landesaufgabe des Sportstättenbaus, aber ein gutes rundes Bild zum Thüringer Sport heißt auch, dass man sich anschaut, wie agieren Bund, Land und Kommune gemeinsam, um Sportstätten so gut wie möglich nicht
nur zu bauen, sondern auch auf einem guten Stand zu halten? Deswegen geht es darum, den Sanierungsstau zum einen zu benennen, aber zum anderen genau konzeptionell da heranzugehen und Wege aufzuzeigen, wie solche Mängel zügig abgestellt werden können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, uns geht es darum, ich will fünf Schwerpunkte benennen, einfach auch noch einmal vertiefend zu sagen, was wir uns wirklich für einen modernen Sportbericht wünschen. Wir haben als Fraktion ein sportpolitisches Positionspapier verabschiedet, einige Punkte benannt und die seien hier auch erwähnt:
Erster Punkt, ganz klar: Sanierungsstau beenden. Die Ministerin hat gesagt, sie möchte die Investitionen verdoppeln. Man wird sehen, was die Haushaltsberatungen für die nächste Legislatur und das Jahr 2015 oder gegebenenfalls auch 2016 bedeuten. Ja, es geht darum, ganz klares Bekenntnis von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Fördermittel für die Sanierung und Modernisierung von Sportstätten bereitzustellen und die Schulsportstättenförderung
zu verbessern, um ganz früh an den Schulen da anzusetzen. Dazu gehört, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch, dass man auf Barrierefreiheit achtet, sehr bewusst achtet und so saniert, dass man auch unter modernen, gesellschaftlich angemessenen Bedingungen saniert und einen guten Sanierungsstand erreicht.
Punkt 2, Gesundheits- und Bewegungskonzepte: Zugang für alle. Wir wollen Gesundheits- und Bewegungskonzepte fördern und setzen uns natürlich auch für den Ausbau altersgerechter und gesundheitsorientierter Sportangebote ein. Das gilt im Übrigen auch, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn es um Frauen- und insbesondere um Mädchenförderung im Sport geht. Herr Grob, ich erinnere mich gern an unsere illustre Debatte vor drei Jahren zu unserem bündnisgrünen Antrag zur Stärkung des Frauen- und Mädchenfußballs und bekomme noch heute Briefe deswegen, die uns dafür danken, dass wir uns da engagiert haben. Das Gleiche gilt auch, wenn es darum geht, natürlich Sportangebote für Menschen mit Migrationshintergrund bereitzustellen.
Punkt 3, grünes Herzensanliegen: Uns ist wichtig, Bewegungsräume zu schaffen und die Umwelt zu schützen. Jetzt geht natürlich die Grüne her und schaut als Erstes - das stimmt nicht, als Erstes, wir haben es gemacht -, wie viel räumt denn dieser Sportbericht dem Thema Sport und Umwelt ein? Es war einer der Punkte, die wir Grüne auch in die Debatte hineingetragen haben. Laut Inhaltsverzeichnis sind das drei Seiten - Seite 110 bis Seite 112 -; faktisch, wenn Sie sich den Text ansehen, kommen Sie auf eine dreiviertel A-4-Seite, weil noch dieses hübsche Foto dabei ist, es zeigt ausgerechnet, wie ein Biker durch den Wald tourt und sich austobt. Was ich sagen will, ist, wir haben vorhin in der Aktuellen Stunde über die Hohe Schrecke geredet. Das ist immer so die eine Baustelle. Wenn man mal über Umwelt- und Naturschutz redet, das ist immer so in der Blase und wenn es dann um das richtige Leben geht, ist Umwelt- und Naturschutz schnell wieder vergessen. Ich wünschte mir, wenn wir über Oberhof, wenn wir über Skitunnel, wenn wir über viele andere Dinge sprechen, dass Sport und Umwelt nicht nur irgendwie ein Muss unter ferner liefen auf einer Seite in einem modernen Sportbericht ist, sondern klar ist, Umweltschutz ist etwas, was Sport gut tut. Es gibt gute Ansätze von der Naturstiftung David angefangen über das Wildkatzenprojekt des BUND und viele andere Dinge. Verstecken Sie doch solche Dinge nicht in einem Bericht, sondern heben Sie sie wenigstens hervor und zeigen Sie doch Perspektiven auf, das kann doch nicht so schwer sein! Das Gleiche gilt übrigens, wenn es darum geht, eine integrierte und nachhaltige Verkehrs- und Stadtplanung zu machen, die Spiel-, Sport- und Bewegungsräume eröffnet.
Das sind, meine sehr geehrten Damen und Herren, Dinge des Alltags. Da muss man nicht so tun, als sei das nur eine Sache, die zwischen zwei Buchdeckel gehört, um alle zwei Jahre einmal darüber geredet zu haben.