Protokoll der Sitzung vom 19.03.2014

Ich heiße Sie ganz herzlich willkommen zur Sitzung des Thüringer Landtags, jetzt zu dem regulären Teil. Ich begrüße auch die Gäste auf der Zuschauertribüne und die Vertreter der Medien und weise darauf hin, dass für diese Plenarsitzung als Schriftführerin Frau Abgeordnete Kanis neben mir Platz genommen hat und die Rednerliste der Abgeordnete Meyer führt.

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Fiedler, Herr Abgeordneter Günther, Herr Abgeordneter Metz, Herr Abgeordneter Dr. Voigt, Herr Minister Geibert und Herr Minister Reinholz zeitweise.

Ich weise darauf hin, dass am Ende der heutigen Plenarsitzung gegen 19.00 Uhr der Thüringer Handwerkstag für den parlamentarischen Abend eingeladen hat. Sie haben alle die Einladungen bekommen, Zeitpunkt gegen 19.00 Uhr.

Zur Tagesordnung gebe ich folgende Hinweise:

Die Große Anfrage der Fraktion der FDP und die Antwort der Landesregierung in den Drucksachen 5/5897 und 5/6510 in TOP 31 wurden gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung zur Beratung auf die Tagesordnung gesetzt. Daraus folgt, dass dieser Tagesordnungspunkt in dieser Plenarsitzung im Regelfall aufgerufen wird. Ich bitte dann um den Vorschlag zur Platzierung, sage aber erst die anderen Hinweise zu der Tagesordnung an.

Bei der Verteilung der Einladungen gab es fehlende Beschlussempfehlungen und die entsprechenden Hinweise auf die Drucksachennummern. Das sind zu TOP 1 die Drucksachennummer 5/7467, zu TOP 4 die Drucksachennummer 5/7476, zu TOP 5 a die Drucksachennummer 5/7465, zu TOP 5 b die Drucksachennummer 5/7466 und zu TOP 11 die Drucksachennummer 5/7472.

Als Berichterstatter zu TOP 11 wurde der Abgeordnete Kubitzki benannt.

Die angekündigten Gesetzentwürfe der Landesregierung haben zu TOP 8 die Drucksachennummer 5/7452, zu TOP 9 die Drucksachennummer 5/7453 und zu TOP 10 die Drucksachennummer 5/7454.

Der Wahlvorschlag der Fraktionen der CDU, DIE LINKE und der SPD zu TOP 32 hat die Drucksachennummer 5/7481.

Der Wahlvorschlag der Fraktion DIE LINKE zu TOP 33 hat die Drucksachennummer 5/7482.

Der TOP 2, Thüringer Gesetz zur Änderung von Vorschriften im Bereich des Rettungswesens und des Brand- und Katastrophenschutzes, wird von

der Tagesordnung abgesetzt, da der zuständige Ausschuss noch nicht abschließend beraten hat.

Zu Tagesordnungspunkt 34, der Fragestunde, kommen die Mündlichen Anfragen in Drucksachen 5/ 7392, 5/7430, 5/7438, 5/7450, 5/7451, 5/7455, 5/ 7456, 5/7464, 5/7468 bis 5/7471 - korrigierte Fassung - und 5/7480 hinzu. Die Mündlichen Anfragen in den Drucksachen 5/7430 und 5/7450 werden im Einvernehmen mit den Fragestellern am Freitag aufgerufen.

Die Landesregierung hat mitgeteilt, dass neben den bereits in den letzten Plenarsitzungen angekündigten Sofortberichten zu den Tagesordnungspunkten 12, 13, 15, 16, 20 und 23 sowie zum Tagesordnungspunkt 25 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung Gebrauch gemacht wird.

Ich weise darauf hin, ich habe das Signal aus allen Fraktionen vernommen, dass man sich einvernehmlich geeinigt hat, dass die Tagesordnungspunkte 3, 4 und dann auch 8, 9 - das war vereinbart worden, das sind alles Tagesordnungspunkte, die das Innenministerium betreffen - am Freitag mit Eintritt in die Tagesordnung behandelt werden. Damit ist das so festgestellt.

Jetzt frage ich nach dem Platzierungswunsch der FDP-Fraktion für die Große Anfrage und die Antwort der Landesregierung. Bitte, Herr Parlamentarischer Geschäftsführer.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich beantrage namens meiner Fraktion die Einordnung am Donnerstag nach den Wahlen.

Gut. Das ist ein Recht Ihrer Fraktion, die Platzierung hier am Donnerstag nach den beiden Wahlen einzuordnen. Jetzt gibt es dazu offensichtlich eine Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Emde.

Frau Präsidentin, ich denke, es entspricht unserer Geschäftsordnung, dass wir die Beratung dieser Großen Anfrage auch nach den Gesetzen einordnen, und beantrage daher, dass wir die Große Anfrage am Freitag als letzten Tagesordnungspunkt aufrufen.

Dann lasse ich über beide Anträge abstimmen. Die FDP hat beantragt, die Platzierung am Donnerstag nach den Wahlen vorzunehmen. Wer dem seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Mitglieder der Fraktion der

FDP. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Mitglieder aus den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und CDU und damit eine Mehrheit. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Doch, es gibt 1 Stimmenthaltung aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Diese Platzierung ist abgelehnt worden.

Jetzt lasse ich über den zweiten Antrag, dies am Freitag vor Abschluss des Beratungstages aufzurufen, abstimmen. Wer dieser Platzierung seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und CDU sowie FDP, also alle. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Die gibt es auch nicht. Lassen Sie mich erst einmal feststellen, dass wir diese Platzierung jetzt einvernehmlich so vorgenommen haben.

Herr Abgeordneter Emde, jetzt haben Sie die Möglichkeit, das zu sagen, was Sie sagen wollen.

Frau Präsidentin, wir hatten uns auch verständigt, dass der Tagesordnungspunkt 10, die Änderung zum Thüringer Verfassungsgerichtshofgesetz, am Freitag aufgerufen wird. Das war vorhin untergegangen. Ich wollte es nur noch einmal klarstellen.

Gut, dann halten wir das für das Protokoll so fest. Ich hatte vorhin nur die 3, 4, sie waren neu, für den Freitag eingeordnet, 8, 9 - und so hatte man sich schon verständigt - und 10 sind am Freitag vorgesehen. Aber auch das haben wir jetzt für das Protokoll noch einmal so festgestellt.

Wird der nun vorliegenden Tagesordnung mit den eben vorgenommenen Änderungen widersprochen? Das ist nicht der Fall, so dass wir jetzt den Tagesordnungspunkt 35 aufrufen können, die Aktuelle Stunde. Die Fraktionen der CDU und SPD haben eine gemeinsame Aktuelle Stunde beantragt und weiterhin die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und DIE LINKE eine Aktuelle Stunde eingereicht. Sie kennen das Prozedere. Jede Fraktion hat in der Aussprache eine Redezeit von 5 Minuten zu diesem Thema. Die Landesregierung hat 10 Minuten Redezeit zu jedem Thema. Wird die Redezeit der Landesregierung überschritten, dann verlängert sich die Aussprache für das jeweilige Thema mit einer Zeitansage, die ich Ihnen jetzt nicht vortragen werde, die wir Ihnen zu gegebener Zeit bekannt geben werden.

Ich rufe auf den ersten Teil der Aktuellen Stunde

a) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktionen der CDU und

der SPD zum Thema: „Konsequenter Verbraucherschutz Keine grüne Gentechnik in Thüringen“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/7443

Ich erteile das Wort für die SPD-Fraktion der Abgeordneten Mühlbauer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Gentechnik ist nicht grün, Verbraucher und Produzenten müssen wirksam geschützt werden. Die grüne Gentechnik klingt verlockend nach der vermeintlichen Vereinbarung des anscheinend Unvermeidbaren. Hinter dem Begriff verbirgt sich jedoch auch schlicht die Veränderung von Erbmaterial von Organismen in Abgrenzung zur medizinischen roten und industriellen weißen Biotechnologie in den Genen von Pflanzen. Sie ist deswegen nicht etwa risikolos, sondern bringt unabsehbare und viel zu häufig ausgeblendete Gefahren mit sich. Das sehen auch die Bürgerinnen und Bürger. Laut einer repräsentativen Umfrage durch das Bundesumweltministerium, das Bundesamt für Naturschutz, vom Oktober 2010 lehnen beinahe 90 Prozent der deutschen Bevölkerung den Anbau, Vertrieb und Konsum gentechnisch veränderter Organismen (GVO) strikt ab. Ebenso verhalten sich die Landwirtinnen und Landwirte. Diese haben auch keinen Einfluss mehr darauf, dass ihre Felder gentechnikfrei bleiben. Einmal ausgesetzt, setzen sich die transgenen Pflanzen über kurz oder lang auf den Feldern durch. Ein Zurückdrängen kann nur durch weitere Manipulationen und scheinbare Verbesserungen des Erbgutes erreicht werden. Kontaminationen sind oft unumkehrbar, die Biodiversität ist damit bedroht. Von einer häufig konzertierten Wahlfreiheit oder sogar Koexistenz kann gar nicht die Rede sein. Den langfristig unkalkulierbaren Schaden tragen die Landwirte und die Verbraucherinnen und Verbraucher. Das scheinbar altruistische Argument der Befürworter und der herstellenden Chemiekonzerne, durch die Ernte und den Verkauf transgener Lebensmittel den Welthunger leichter beseitigen zu können, verliert sich in Wohlgefallen. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Die Versorgung der Weltbevölkerung mit Nahrungsmitteln ist kein Problem der Menge, sondern eine Frage der Verteilung. Vergegenwärtigt man sich weiterhin, dass teilweise nur sterile gentechnisch veränderte Organismen auf den Markt gebracht werden, wird der reine Profitgedanke umso durchsichtiger. Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten unterstützen dies durch eine Patentrechtspolitik, die die Veränderungen an zum Leben bestimmten Organismen unter dem Deckmantel des Schutzes intellektuellen Eigentums durchgreifend

(Vizepräsidentin Dr. Klaubert)

garantiert. Herbizidresistente Pflanzen führen nicht etwa dazu, dass weniger Pestizide verwendet werden. Im Gegenteil, auch das zu vernichtende Unkraut passt sich an, so dass noch stärkere Bekämpfungsmittel eingesetzt werden müssen. Das führt zu einer höheren schleichenden Intoxikationsgefahr der Konsumentinnen und Konsumenten durch das verwendete Pflanzengift. In bestimmten Umgebungen sind die Pflanzen, die auch als gentechnisch veränderte Organismen vertrieben werden, sogar selbst das Unkraut und bereits resistent, so dass Pflanzenschutzmittel ihre Wirkung gänzlich verfehlt haben. Auch andere Zusammenhänge von grüner Gentechnik auf die Ökologie und Gesundheit der Menschen sind bis heute nicht hinreichend erforscht. Nur ein Bruchteil der Aussetzungen, etwa 1 Prozent der Aussaaten, wird überhaupt kontrolliert. Eine prozessbegleitende Problemlösung, wie sie häufig konzertiert wird, ist nicht zu erkennen. Sie bleibt aber ungeachtet dessen in jedem Fall abzulehnen. Der Qualitätsstandard in der Landwirtschaft wird damit untergraben, ja gänzlich konterkariert. Eine Problemlösung ist auch mangels vorhandener Alternativpläne ausgeschlossen. Wir - die SPD-Fraktion in Thüringen - begrüßen ausdrücklich die Unterzeichnung der Charta von Florenz durch die Landesregierung und den Beitritt zum Europäischen Netzwerk Gentechnikfreier Regionen als erstes deutsches Bundesland. Die Aufnahme in das Netzwerk darf aber kein Lippenbekenntnis bleiben. Thüringen muss in allen Richtungen darauf drängen, dass das Dokument auch tatsächlich umgesetzt wird. Dazu gehört einerseits die Werbung für gentechnikfreie Zonen in den Landkreisen, Städten und Gemeinden, andererseits aber auch die Einsetzung in die europäische Gesetzgebung und auf Bundesebene. Grüne Gentechnik kann und wird, soll aus unserer Sicht für Thüringen nicht der Weg werden. Ein klares „Nein“ aus unserer Sicht und ein „Danke“ für den entschiedenen Einsatz an die Landesregierung.

Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Abgeordnete Scheringer-Wright das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, der transgene Mais 1507 steht vor der Zulassung für den Anbau in der Europäischen Union. Deutschland, der deutsche Agrarminister hat sich in der entsprechenden Sitzung im Februar dieses Jahres bei der Entscheidung enthalten. Damit wurde keine qualifizierte Mehrheit gegen die Zulassung dieses Maises erzielt. Man hört, dass die Bundeskanzlerin das so wollte. Damit reißt die Bundeskanzlerin mühsam errungene Positionen, die durch den Druck der Bevölkerung in Deutschland erzwungen wurden, ein.

Was bedeutet das für Thüringen? Die CDU- und SPD-Bundesregierung fällt der CDU-/SPD-Landesregierung in den Rücken. Um was geht es eigentlich bei diesem Mais? Die US-Firma, die den herausgebracht hat, Pioneer Dupont, wirbt mit zwei Eigenschaften für diesen Mais. Dieser Mais enthält das Gift des Bacillus thuringiensis. Dieser Mais ist resistent gegen Glyphosat, einen Herbizidwirkstoff, der zum Beispiel im Roundup oder Basta verwendet wird.

Damit ist dieser Mais einerseits giftig für Maiszünsler und damit auch für alle verwandten Insekten wie Falter und auch Schmetterlinge, also ähnlich wie der verbotene Mais MON810. Auf der anderen Seite bringt dieser Mais mit sich, wenn er angebaut wird, dass der Glyphosat-Einsatz noch weiter steigt. Es gibt eine Studie, die kürzlich veröffentlicht wurde. Da wurde bei 70 Prozent der Probanden festgestellt, dass sie Glyphosat im Urin hatten. Glyphosat ist zellschädlich, greift vor allem Embryonalzellen und Plazentazellen an und hat damit schlimme Auswirkungen für die Reproduktion der Menschen.

Ein großes Problem ist auch, dass dieser Mais bislang schon in die Europäische Union importiert werden darf. Damit haben wir eine schleichende Verunreinigung, zum Beispiel über Verfütterung, dieses Maises in der Tierhaltung.

Meiner Ansicht nach hat sich die Landesregierung auf dem Titel „gentechnikfreie Region“ ausgeruht. Denn selbst wenn die Opt-out-Klausel greifen wird, also die Ausstiegsmöglichkeit, dann reicht das nicht, um Thüringen gentechnikfrei zu halten. Es braucht eine Bundesratsinitiative, um Kennzeichnungslücken zu schließen. Milch, Eier und Fleisch von Tieren, die mit gentechnisch verändertem Mais oder Soja gefüttert werden, müssen nicht gekennzeichnet werden. Auch Lebensmittel, die Verunreinigungen bis 0,9 Prozent gentechnisch veränderter Organismen enthalten, müssen nicht gekennzeichnet werden.

Vor diesem Hintergrund muss man feststellen, dass jetzt schon der Verbraucherschutz mit den Füßen getreten wird. Wenn man es mit Verbraucherschutz ernst meint, müssen die Kennzeichnungslücken geschlossen werden und eine Kennzeichnungsgrenze, ein Freibetrag, diese 0,9 Prozent, abgeschafft werden. Es muss natürlich verhindert werden, dass dieser transgene Mais 1507 in Deutschland, in der Europäischen Union angebaut werden darf. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Für die CDU-Fraktion hat Abgeordneter Primas das Wort.

(Abg. Mühlbauer)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir haben die Thematik Gentechnik und Verbraucherschutz noch einmal zum Gegenstand einer Aktuellen Stunde gemacht, weil es sich lohnt, deutlich zu machen, wie weit wir in Thüringen schon sind, und zwar auf der Grundlage des CDU-/SPD-Antrags aus 2010. Das gefällt zwar nicht Frau ScheringerWright. Man findet immer ein Haar in der Suppe, was wir noch nicht geschafft haben.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Das gefällt mir, reicht aber nicht.)

Wir sind jedenfalls froh, dass wir das Thema in Thüringen angepackt und so weit gebracht haben.

Da lassen wir uns auch nicht ständig einreden, das wäre nichts und das hätten wir nicht und das hätte alles viel weiter sein können. Ja, hätten Sie es doch gemacht.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: 2005 haben wir einen Antrag ein- gebracht.)

Es waren CDU und SPD, die in dieser Legislatur die Gentechnikfreiheit als Thema besetzt haben.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Hur- ra, hurra, hurra!)

Schönen Dank für den Beifall, das haben wir auch verdient.