kurz wenigstens mitteilen, warum ich Ihren Antrag absolut ablehne. Das hat nicht nur etwas damit zu tun, dass ich sehr gern rauche und das auch sehr gern in Gesellschaft mache wie jetzt im Anschluss, sobald ich hier fertig bin mit der Rede,
- leider kann man ja im Plenarsaal nicht rauchen, sonst würde ich das ja höchstwahrscheinlich tun damit zu tun, dass ich Ihnen unterstelle, dass Sie von einer völlig falschen Lebensvorstellung ausgehen, nämlich davon, möglichst lange zu leben,
nicht davon, wofür und wozu es sich zu leben lohnt, sondern das Leben als eine Aneinanderreihung von Sekunden, Minuten und Stunden zu betrachten.
Ich glaube, alle, die „Momo“ gelesen haben, wissen, dass es nicht darum geht, sondern dass es letztendlich darum geht, das Leben zu genießen
in vollen Zügen, natürlich, und zwar im doppelten und dreifachen Sinne - und dass man zuletzt genau weiß, wofür und wozu man gelebt hat. Es geht nämlich nicht darum, nur gesund und rein in Ihrem Verständnis zu leben, wie Sie sich das höchstwahrscheinlich vorstellen, sondern - und jetzt möchte ich den Philosophen Pfaller von der Universität Wien zitieren: „Statt zu fragen, wofür wir leben, fragen wir uns nur noch, wie wir möglichst lange leben, wir mäßigen uns maßlos.“ Das ist als Merkmal unserer Epoche eher Krankheitssymptom. Die Leute werden dazu angehalten, ihr Leben als Sparguthaben zu betrachten und eifersüchtig darauf zu achten, dass ihnen niemand etwas abknapst. Das ist eine Vorsicht gegenüber dem Leben, die das Leben selber tötet. Sie führt zu einer vorzeitigen Leichenstarre.
(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wenn das so wäre, wären wir keine Abgeordneten geworden.)
Herr Pfaller sagt auch - dem möchte ich mich zumindest für den kleineren Teil meiner Fraktion, die mit mir gemeinsam Ihren Antrag ablehnen werden, anschließen - ich setze da ja noch auf die CDU und die SPD, ich glaube, da ist Verlass -,
(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Das ist ein Nichtraucherschutzgesetz und kein Lebens- zeitverlängerungsgesetz, Frau Kollegin.)
dass wir nicht den Tod fürchten sollten, sondern das schlechte Leben. Mit Verboten und mit Einschränkungen wird meiner Meinung nach das Leben nicht besser, sondern schlechter. Danke schön.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, es passt ganz gut, nach den Raucherinnen spricht jetzt ein Nichtraucher
mit selber Intention. Ich bin Zeit meines Lebens Nichtraucher gewesen, habe nie geraucht, will auch nicht rauchen und fühle mich selbstverständlich wie viele andere Nichtraucher - übrigens auch wie die Mehrheit der Raucher - in Gaststätten, in denen nicht geraucht wird, wohler als in Gaststätten, in denen geraucht wird.
Das ist also vom Wohlbefinden völlig klar, aber ich käme nicht auf die Idee, mein persönliches Wohlbefinden mittels gesetzgeberischer Kompetenz anderen Leuten aufzuzwingen.
Wir finden nun im Gesetzentwurf, der uns jetzt vorliegt, bekennendermaßen das Verschließen der Schlupflöcher, das konsequente Verbannen des Rauchens aus dem öffentlichen Leben. Ich persönlich vermisse die einzige Änderung, die meines Erachtens in diesem Gesetz wirklich gerechtfertigt wäre, das ist nämlich der Titel von Nichtraucherschutzgesetz in Raucherschutzgesetz. Denn in allen Studien, die nach dem Erlass der Nichtraucherschutzgesetze in Deutschland angefertigt worden sind, lässt sich kein Benefit für Nichtraucher dadurch erkennen, wenn sie Gaststätten besuchen, dass in diesen Gaststätten nicht mehr geraucht wird. Selbst die größte weltweit angefertigte Studie zu dem Thema - das ist eine Studie aus Deutschland, der Deutschen Angestellten-Krankenkasse findet dazu keinen Beleg. Die DAK hat ihre Versicherungsdaten von 3,7 Mio. Versicherten über 30 Jahre - das ist jeder 15. Deutsche in der Altergruppe - einem amerikanischen Institut zur Auswertung gegeben. Bezüglich dieser Auswertung findet sich zum Effekt für Nichtraucher in der gesamten 13-seitigen Auswertung - im Langtext ist es noch krasser - nur ein einziger Satz, den ich hier mal zitieren darf: „Aus biologischer Sicht legen aktuelle Untersuchungsergebnisse die Schlussfolgerung nahe, dass die Passivrauchexposition als lang- und kurzfristiger Risikofaktor für akute koronare Ereignisse angesehen werden kann.“ Das ist der einzige Satz. Es findet sich in der weiteren Auswertung, in allen Daten im Fazit, kein einziger Hinweis mehr auf die Schädigung von Passivrauchen oder den Nutzen für Passivraucher durch das Rauchverbot in Gaststätten. Gleichzeitig findet sich auch keinerlei Beleg für die zitierte Eingangsbehauptung, nirgends, auch kein weiterer Bezug.
Ich habe auf den fehlenden Nutzen für Nichtraucher - wir kennen ja andere Länder, in denen die Nicht
raucherschutzgesetze länger erlassen waren schon mal hingewiesen. Aber es geht den Antragstellern bekennendermaßen auch gar nicht nur um den Nichtraucherschutz. Sie schreiben selber in die Begründung, Sie wollen das Rauchen insgesamt reduzieren. Die Daten, die man derzeit in der Zeitung liest, geben Ihnen scheinbar recht. Die Zahl der jugendlichen Raucher ist auf einem historischen Tiefstand (12 Prozent),
(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was sagt uns das, Herr Hartung, was sagt uns das?)
- ich komme noch dazu, man muss mehr als die Schlagzeile lesen -, die Zahl der Raucher insgesamt um 5 Prozent zurückgegangen auf 29 Prozent, das ist auch ein historischer Tiefstand. Es ist oberflächlich betrachtet, wenn man nur die Schlagzeile liest, sehr eindeutig. Wenn man sich aber die Mühe macht, zum Beispiel längerfristige Studien anzuschauen. Bei jugendlichen Rauchern sieht das Bild gänzlich anders aus. Das würde ich Ihnen wirklich empfehlen. 1993 hatten wir einen Anteil von 20 Prozent Jugendlichen, die rauchen. Dieser Anteil ist bis 1997 auf 28 Prozent gestiegen.
Auf diesem Niveau verharrte der Anteil bis 2001 und hat sich dann schon bis 2007, also lange vor Einführung aller Rauchergesetze, annähernd halbiert auf 15 Prozent. Diese 15 Prozent vor Einführung der Nichtraucherschutzgesetze waren bereits ein historischer Tiefstand. Seitdem ist der Anteil noch einmal um 3 Prozent zurückgegangen. Das entspricht nicht einer Versteilung des Rückgangs nach Einführung der Nichtraucherschutzgesetze, sondern einer Abflachung des Rückgangs. Das muss man einfach mal anerkennen, wenn man die Studien liest.
Das Nächste ist die Frage der Raucher insgesamt, die weniger geworden sind. Das sind zum einen, ich habe es erwähnt, weniger jugendliche Raucher, zum anderen liegt es daran, dass unter den gesellschaftlichen Eliten in Deutschland, den Besserverdienenden und Höhergebildeten, Rauchen nicht mehr schick ist. Unter den Spitzenverdienern, Ärzten, Apothekern, Lehrern, ist der Anteil der Raucher nur noch bei 18 Prozent - ein historischer Tiefstand. Gleichzeitig ist es aber so, dass das permanente Zeigen auf die Raucher im Zuge dieser Antiraucherkampagnen dazu führt, dass es eine Einstellungsveränderung bei unseren Eliten gibt. Es gibt Umfragen, womit unsere Spitzenverdiener, unsere gesellschaftlichen Eliten, die Bessergebildeten Rauchen assoziieren. Da kommt an erster Stelle Armut - Rauchen gleich Armut -, dann kommt eine ganze Weile nichts und als Zweites kommt Laden
diebstahl. Auf die Frage, womit unsere Eliten rauchende Jugendliche assoziieren, ist die erste Antwort Schule schwänzen, zweite Antwort Komasaufen, dritte Antwort sexuelle Exzesse. Das ist das, was die Antiraucherkampagne in der Gesellschaft auslöst. Das ist eine Realität.
Andersherum: Studien - Sie müssen mal nachlesen, wenn Sie so ein Gesetz schreiben. Andere Realität, wie sehen sich die Raucher selbst, wie sehen sich Geringverdiener selbst. Erstens, wenn man Leute mit niedrigen Einkünften, niedriger Bildung, sozial schwache Schichten befragt, geben 70 Prozent an, im Zuge dieser Antiraucherdebatte bekommen sie das Gefühl suggeriert, sie sind die moralisch schlechteren Menschen. 50 Prozent dieser Leute sagen, sie sind in ihren sozialen Kontakten deutlich eingeschränkt, weil sie abends nicht mehr mit ihren Arbeitskollegen in die Kneipe zum Bier und zur Zigarette gehen können. Wir hängen diese Leute im Prinzip...
Mit unserer Debatte tun wir eine Kluft auf zwischen den Eliten, bei denen Rauchen als nicht mehr schick gilt, und den sozial Schwachen,
die immer noch mit einem Anteil von 50 bis 60 Prozent weiterhin rauchen, ohne dass ein Rückgang zu verzeichnen ist.
Das Problem ist nämlich, wenn Sie sich den Realitäten mal nicht verschließen würden, diese Leute hören nicht auf mit Rauchen.
Auch das lässt sich nachweisen, das lässt sich beweisen. Lesen Sie doch mal die Studien! Die hören nicht auf mit Rauchen, die rauchen zu Hause. Der Effekt ist der, dass wir 2007 38 Prozent von Grundschülern hatten, in deren Wohnumfeld regelmäßig geraucht worden ist, und 2010 sind es über 50 Prozent. Das heißt, dadurch, dass der Familienvater nicht mehr mit seinen Kumpels in die Eckkneipe geht, weil er dort nicht mehr rauchen kann, sondern lieber mit dem Bier vor dem Fernseher sitzt, haben Kinder einen Schaden.
Wir können es nachweisen. Die Zahl der bei der Schuleinführung beeinträchtigten Kinder mit einer chronischen Lungenerkrankung steigt, mit Bluthochdruck steigt und so weiter. Es ist nachweisbar. Sie können es nachlesen - es gibt auch dazu Erhe
Das Problem ist, der Punkt ist, es ist vollkommen klar, Nichtraucherschutz ist wichtig am Arbeitsplatz, Nichtraucherschutz ist dort wichtig, wo sich Menschen nicht erwehren können.