Protokoll der Sitzung vom 31.05.2012

Meine Damen und Herren, ich bitte doch um mehr Aufmerksamkeit.

Es liegt auch daran, wie lange die Expositionsdauer ist. Es liegt daran, ob man selbst eventuell raucht. Das Problem ist tatsächlich, wir müssen mit Augenmaß die Interessen von Arbeitnehmern schützen, wir müssen mit Augenmaß die Interessen der Kinder schützen und dazu bedarf es, das gebe ich gern zu, hier und da noch Nachregelungen. Wir müssen aber auch akzeptieren, dass das Thüringer Nichtraucherschutzgesetz gerade wegen der liberalen Ausrichtung, gerade wegen der Durchsetzung mit Augenmaß in Thüringen erheblich mehr akzeptiert ist als andere Gesetze in anderen Bundesländern. Wir müssen doch einfach auch mal diese Lebenswirklichkeit anerkennen. Wenn wir mal von dem missionarischen Eifer Einzelner absehen, würde ich einfach sagen, wir lassen das Gesetz, was sich in der Bevölkerung verankert hat, was anerkannt ist, so bestehen und lehnen diesen Antrag ab.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Eine Sache möchte ich allerdings noch sagen: Im Bundestagswahlkampf der GRÜNEN findet sich im Umgang mit Drogen - und Tabak ist eine Droge der Dreiklang Prävention, Hilfe und Entkriminalisierung. Die Thüringer GRÜNEN können sich dazu nicht einmal bei den legalen Drogen durchringen.

(Beifall SPD)

Vielen Dank. Als Nächste hat das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Siegesmund.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich weiß gar nicht, was Sie gegen ein gutes, langes Leben haben, aber das muss jeder für sich selber entscheiden.

(Unruhe CDU, FDP)

(Abg. Dr. Hartung)

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Lebensver- längerungspartei!)

Lieber Herr Dr. Hartung, meines Wissens haben Sie den Doktor in Medizin. 300 Menschen sterben am Tag infolge des Rauchens - erster Punkt. Zweiter Punkt: Sehr viele sterben jährlich an den Folgen des Passivrauchens. 40 Prozent - das steht in Ihrer viel zitierten DAK-Studie, die Sie hier so hoch und runter bemüht haben, die nicht nur Sie gelesen haben, Herr Dr. Hartung - der Menschen, die an Krebs erkranken, erkranken aufgrund von Tabakkonsum an Krebs. Da frage ich mich schon, wie Sie sich hier ernsthaft als Mediziner hinstellen und sagen können, ein konsequenter Nichtraucherschutz ist nicht wünschenswert.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wo bleibt eigentlich Ihr Ethos als Mediziner? Wenn ich mich recht entsinne, haben Sie, als Sie einer anderen Fraktion angehört haben, die Frage eines konsequenten Nichtraucherschutzes zum Teil anders betrachtet. Also wechseln Sie nicht nur Fraktionen, sondern auch Ihre Meinungen,

(Zwischenruf Abg. Dr. Hartung, SPD: Nein, das stimmt nicht!)

dann ist das schade, aber ich habe mich jetzt schon sehr über Ihre Rede gewundert.

Zu Herrn Grob: Unser Gesetz ist nicht halbgewalkt. Wenn dem so wäre, dann müssten Sie Herrn Seehofer das Gleiche vorwerfen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da würde ich Ihr Gespräch gern hören, das Sie mit Herrn Seehofer führen. Im Gegenteil, es ist konsequent und deswegen schlagen wir das ja auch genauso vor, wir wollen konsequenten Nichtraucherschutz, weil es uns vor allem darum geht, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schützen und Punkt an die FDP - weil es uns darum geht, zu entbürokratisieren. Gerade Sie

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Das haben wir doch gar nicht gesagt.)

- Sie sind noch nicht dran, ich will Ihnen das aber gerne mitteilen - sind immer dafür, Bürokratie abzubauen. Herr Bergner, der kommunal gut verankert und unterwegs ist, weiß auch, wie schwierig es ist, entsprechend Ordnungswidrigkeiten zu ahnden und nachzuvollziehen; schon allein weil das unheimlich viel Geld kostet und keiner die Zeit dafür hat. Was wir machen, ist entbürokratisieren. Wir haben eine klare Regelung, die wir vorschlagen. Wir schaffen keine Ausnahmeregelung

(Unruhe FDP)

und gut ist. Das ist das, was wir wollen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen anderen

nicht unser persönliches Wohlbefinden aufzwingen, darum geht es überhaupt nicht.

(Unruhe SPD)

Es geht darum, dass man nicht nur an sich denkt, sondern auch an die anderen, die man im Zweifel schädigt,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

bewusst oder unbewusst. Ich verstehe nicht, warum das in manche Köpfe hier nicht geht.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Nana, nicht so überheblich.)

Das sind drei Viertel derjenigen, die in Studien befragt wurden, übrigens auch der Raucher - 50 Prozent der Raucherinnen und Raucher, die in der Umfrage des Deutschen Krebsforschungsinstituts befragt wurden, sagen, dass sie sich deutlichere, bessere, klarere, konsequentere Nichtraucherschutzgesetze wünschen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also schauen Sie sich doch einfach an, was die Menschen wollen. Wir sind ja auch nicht allein, wir haben ja viele Unterstützer und Unterstützerinnen gewonnen. Ich sage Ihnen, wer an unserer Seite steht. Da steht zum Beispiel die Agentur, da steht die Techniker Krankenkasse, die AOK PLUS Sachsen/Thüringen, der Berufsverband der Pneumologen Thüringen, Herr Dr. Hartung, die Thüringer Landesstelle für Suchtfragen, das Aktionsbündnis Nichtrauchen, die Nichtraucherinitiative Deutschland und viele andere, die sich unserem Gesetzentwurf angeschlossen und ihn, lieber Herr Grob, gelesen, geprüft und für gut befunden haben. Es gibt ja immer die fünf Standardausreden der Koalition, warum Gesetze der Opposition schlecht sind. Dieses ist handwerklich sehr, sehr gut. Das haben uns nämlich all jene, die ich Ihnen gerade aufgezählt habe, bestätigt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen - Sie waren ja schon mal klüger - kann ich Sie eigentlich nur ermutigen zu folgendem Schritt: 2007 haben meines Wissens nach hier in diesem Hause die Fraktionen den Fraktionszwang beim Thema Nichtraucherschutz aufgegeben, weil allen klar war, dass es hier nicht an der Stelle darum geht, Parteipolitik zu machen,

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das hat sich so ergeben.)

sondern mal ein bisschen über den Horizont hinaus zu denken. Es geht nämlich um Gesundheitsschutz und um nichts anderes. Deswegen will ich schon mal an dieser Stelle sagen, geht es auch nicht um mehr, sondern weniger Regeln und die konsequent. Deswegen wäre das ein gutes Gesetz für Thüringen.

Jetzt will ich noch mal Ihre Aufmerksamkeit nach Bayern und in das Saarland lenken. In beiden Bundesländern wurde deutlich - und das sind eben die Erfahrungen, die wir jetzt gesammelt haben in den vergangenen Jahren -, dass ein komplettes Rauchverbot in Restaurants, Bars und Kneipen sich inzwischen hervorragend bewährt hat. Die Befürchtungen der Gegner, die damals überall zu lesen waren, sind nicht eingetreten.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das ist nicht wahr. Das stimmt doch überhaupt nicht.)

Im Übrigen haben wir das auch in einer Kleinen Anfrage, die wir hier in Thüringen eingereicht haben, abgefragt. Das Kneipensterben hat nicht eingesetzt. Deswegen ist weder Bayern noch das Saarland in irgendeiner Form dazu geneigt, das Ganze wieder abzuschaffen, sondern - im Gegenteil - man will dabei bleiben. Im Gegenteil, es ist sogar so, dass speiseorientierte Betriebe und Diskotheken ein Umsatzplus verzeichnet haben

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ein schönes Argument für die FDP. Und noch etwas: Die Verringerung der Betriebskosten ging damit einher. Das ist auch etwas Schönes, was Ihnen eigentlich gefallen dürfte. Man spart sogar noch Kosten. Kultur- und Freizeitveranstaltungen und das Oktoberfest sind trotzdem erfolgreich, das stellt doch überhaupt niemand in Abrede. Das ist doch gar nicht der Punkt, auch wenn dort in Teilen nicht mehr geraucht werden darf. Die Gesetze aus Bayern und dem Saarland schaffen also Klarheit. Und was, wenn nicht Klarheit genau in diesen Bereichen, nämlich Gesundheitsschutz an erster Stelle, ist das, was uns eigentlich auch gefallen muss, was übrigens Wirtinnen und Wirten auch gefällt, weil sie wissen, woran sie sind. Und diese Ausnahmetatbestände, die wir bislang in Thüringen haben, die führen doch vor allen Dingen zu einem - zu großer Verunsicherung.

Ein ganz zentrales Argument für unser Gesetz ist noch mal die Akzeptanz in der Bevölkerung. Die ist zum effektiven Nichtraucherschutz in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Heute befürworten 75 Prozent der Menschen in der Bundesrepublik klare konsequente Nichtraucherschutzgesetze. Das waren 2005 nur 53 Prozent. Sie sehen also, dass das gestiegen ist, übrigens auch selbst bei Rauchern, ich erwähnte es schon. Der Wunsch nach rauchfreien Gaststätten ist in allen Wählerschichten, Herr Dr. Hartung, und übrigens auch in allen Parteien tief verankert. Deswegen muss uns auch klar sein, mit dem breiten Bündnis, das wir als GRÜNE gefunden haben für unser Gesetz, reden wir nicht über irgendetwas, sondern über Gesundheitsschutz und darüber, wie wir konsequent etwas vorschlagen können, was die Gesundheit auch fördert, indem wir vor allen Dingen, wenn wir über Herz, Gesundheit und andere Dinge reden, den

Menschen etwas mit auf den Weg geben, wie es ihnen auch an bestimmten Stellen besser gehen kann.

Wir haben gestern über ländliche Räume geredet vielleicht noch ein Argument, das vermutlich jetzt gleich von der FDP kommt -, es gibt vielleicht in bestimmten Dörfern und ländlichen Regionen nur eine Gaststätte im Dorf. Ausgerechnet in dieser ist nun das Rauchen erlaubt, dann steht die Familie vor der Frage, gehe ich da jetzt rein oder lasse es bleiben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Die bleiben zu Hause und rauchen im Kinderzimmer!)

Die Wahlfreiheit derer, die sich dem nicht aussetzen wollen, ist an unserer Stelle das höhere Gut als derjenigen, die meinen, sie müssen unbedingt an dieser Stelle - jedem sei sein Laster gegönnt nachgehen. Also denken Sie darüber nach, was im richtigen Leben möglich und richtig ist. Dann kommen wir auch einen Schritt weiter. Danke.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abgeordnete Jörg Kubitzki.

(Heiterkeit CDU, FDP)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, eigentlich bedauere ich mich ein bisschen selbst, jetzt zu dem Thema zu sprechen. Aber Sie haben erst mal ein Beispiel gehabt, wie wir auch als Fraktion mit Minderheitenmeinungen umgehen. Wir lassen die Minderheitenmeinung zuerst reden. Ich hoffe, es ist eine Minderheitenmeinung, muss ich an dieser Stelle sagen.

(Heiterkeit im Hause)