Da ich gerade das bestehende Spannungsfeld angesprochen habe, gleich eine Bemerkung noch zu § 12 des Gesetzentwurfs zum Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit. Zum Spannungsfeld zwischen Informationsanspruch einerseits und Schutz persönlicher Belange andererseits gehört natürlich auch die Frage der Ansiedlung der Funktion des Beauftragten für Informationsfreiheit, ob nun beim Datenschutzbeauftragten - die von Ihnen fa
vorisierte Variante - oder beim Bürgerbeauftragten die von uns favorisierte Variante. Hier haben wir eine grundsätzlich divergierende Position. Sie favorisieren die Variante, weil somit die Bewertung beider Rechtsgebiete, Informationsfreiheit und Datenschutz, in einer Hand liegt und somit ein Ausgleich über den Beauftragten als unabhängige Institution erfolgen kann. Problematisch aus unserer Sicht ist diese Konzentration auf den Datenschutzbeauftragten deshalb, weil er sowohl Prüfbehörde gegenüber der Behörde in datenschutzrechtlichen Fragen ist als auch möglicherweise Ansprechpartner für Drittbetroffene auf der Grundlage des § 11 des Thüringer Datenschutzgesetzes. Oder, um es salopp zu sagen, ein Datenschutzbeauftragter und ein Beauftragter für Informationsfreiheit nähern sich einer rechtskonformen Abwägung zwischen Informationsfreiheit und Datenschutz aus unterschiedlichen Richtungen und mit unterschiedlichen Motivationen. Dies betrachten wir nicht als hilfreich im Interesse einer Rechtsgrundform und auch gelungenen Abwägung zwischen sich im Einzelfall durchaus auch konträr gegenüberstehenden Rechtsgütern.
Auch was die verfahrensrechtlichen Regelungen des Entwurfs anbetrifft, ist wohl eher von einem ich würde sagen - behördenfreundlichen Gesetz als von einem bürgerfreundlichen Gesetz zu sprechen. Allein die formulierte Ablehnungsfiktion des § 6 Abs. 3 offenbart diese Grundhaltung der Verfasser des Gesetzentwurfs. Um es vielleicht einmal zu veranschaulichen und die Absurdität dieser Regelung aufzuzeigen: Stellt man einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung zum Beispiel für ein Einfamilienhaus und erhält nach drei Monaten keinen Bescheid, dann gilt dies als Genehmigung. Begehrt man allerdings eine transparente Verwaltung und dementsprechend Informationen, die Behörde schweigt sich drei Monate über diesen Antrag aus, dann gilt er als abgelehnt. Zum Vergleich: Die SPD schlug eine einzuhaltende Bearbeitungsfrist von einem Monat vor, in Ausnahmefällen war eine begründete Verlängerung auf zwei Monate zulässig und dann gab es einen entsprechenden Bescheid. Nun einigt sich die Koalition darauf, dass auch das Nichtagieren der Verwaltung zum Verwaltungsakt wird. Hier wird Unwillen, Schlendrian oder Bürgerferne honoriert. Wir fragen, was soll diese Regelung? Die Ablehnungsfunktion ist unseres Erachtens auch rechtswidrig und unterläuft die Grundsätze des Verwaltungsverfahrensgesetzes, wie zum Beispiel den der Bekanntmachung nach § 41. Hiervon gibt es genau eine Ausnahme in § 42 a, die Genehmigungsfiktion, wenn dies durch andere Rechtsvorschrift geregelt ist. Eine Rechtsgrundlage für die Wirksamkeit nicht bekanntgemachter Ablehnungen gibt es allerdings nicht. Wir halten daher diese Regelung möglicherweise für rechtswidrig. Davon unabhängig wird durch die Ablehnungsfunktion der mögliche Rechtsweg einer Untätigkeitsklage von vornherein durch eine Ablehnungsfunktion
nach dreimonatiger Untätigkeit der Verwaltung ausgeschlossen. Nun könnte man argumentieren, dass man statt der Untätigkeitsklage durch die Einlegung eines Widerspruchs gegen die Ablehnungsfiktion gleich zu einer Rechtsprüfung in der Sache gelangen kann. Das nicht geringe Manko dabei wird aber nicht erwähnt, dass der Antragsteller über die fiktive Ablehnung seines Begehrens nicht verpflichtend unterrichtet wird. Der Eingriff durch Verwaltungsakt in die Rechte erfolgt also ohne zwingende Kenntnisnahme des hiervon Betroffenen. Das kann auch nicht dadurch geheilt werden, dass auf Verlangen hin die Ablehnungsfiktion bestätigt werden muss. Daraus entstehen im Übrigen auch erhebliche verfahrensrechtliche Fragen, wie beispielsweise nach dem Rechtscharakter dieser Bestätigung.
Weitere behördenfreundliche Regelungen so möchte ich sie nennen - insbesondere im Vergleich zum SPD-Entwurf finden sich auch in der Frage nach der zuständigen Behörde. Während die SPD bürgerfreundlich formulierte, dass eine nicht zuständige Stelle die zuständige Stelle ermitteln müsse, reicht es nach Ansicht der Koalition aus, wenn die nicht zuständige Stelle Auskunft im Rahmen des ihr Bekannten erteilt. Hier werden meines Erachtens die allgemeinen Regelungen im Verwaltungsverfahrensrecht zur Auskunftsund Beratungspflicht, wenn nicht unterlaufen, so doch zumindest infrage gestellt.
Auch die Regelung zur kostendeckenden Erhebung von Gebühren und Auslagen ist unserer Ansicht nach eher hinderlich als förderlich. Aus gutem Grund gilt im Bereich der Grundrechtswahrnehmung keine Gebührenerhebung, beispielsweise im Versammlungsrecht. Es sollte überlegt werden, im Bereich der Informationsfreiheit auch die Inanspruchnahme gebührenfrei erfolgen zu lassen, um die Inanspruchnahme nicht durch eine Gebührenerhebung zu beschränken. Dies ist kein Plädoyer dafür, keine Kostentransparenz herzustellen, ganz im Gegenteil. Es ist ein Plädoyer dafür, die Inanspruchnahme der Informationsfreiheit nicht vom Geldbeutel abhängig zu machen. Einen entsprechenden Vorschlag haben wir in unserem Gesetzentwurf dazu formuliert.
Abschließend möchte ich noch auf zwei Aspekte eingehen. Für die SPD-Fraktion war Kern ihres Vorschlags im Juli dieses Jahres die Einrichtung eines Informationsregisters nicht nur bei den Landesbehörden. Frau Marx dazu in einer Pressemitteilung, Zitat: „Ein für jedermann im Internet zugängliches Informationsregister ist die Kernforderung der SPDFraktion, mit der wir in die Abstimmung mit unserem Koalitionspartner gehen.“ Das Ergebnis lässt sich in § 11 Abs. 3 des Entwurfs lesen. Angesichts der Tatsache, dass Sie Ihre Kernforderung aus dem § 14 Ihres Entwurfs nicht verwirklichen konnten, ist die interessante Frage, wie Sie dennoch dem Gesetzentwurf heute hier Ihre Zustimmung ge
ben wollen. Oder werden Sie dann im Innenausschuss noch einmal Korrekturen vornehmen wollen? Denn das von der Landesregierung vorgeschlagene Informationsregister ist allenfalls ein Rumpfinformationsregister, öffentlich zugänglich im Rahmen technischer und organisatorischer Möglichkeiten, kein Wort über den zwingenden Inhalt des Informationsregisters, kein Wort darüber, wie und in welcher Form dieses zugängig sein soll, stattdessen wird die SPD-Kernforderung in das einfache Regierungshandeln durch Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung verlagert, ohne dass hierüber der Landtag beteiligt ist.
Auch in einem weiteren Punkt können wir eine durchsetzungsstarke SPD in der Koalition nicht erkennen. Die SPD unterbreitete einen durchaus gelungenen Vorschlag zur Evaluierungspflicht des Gesetzes, der ebenso Vorschläge unserer Fraktion zur verpflichtenden Führung von Statistiken mit aufnahm. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll für Thüringen erstmals ein die Informationsfreiheit regelndes Vollgesetz beschlossen werden. Es wäre geradezu sinnvoll, diese Regelung verpflichtend nach einem Zeitraum von zwei Jahren zu evaluieren. Zuletzt, im jetzigen Entwurfsstadium kann sich der kleine Koalitionspartner noch nicht zufrieden auf die Schulter klopfen. Da dies aber auch nicht Sinn und Zweck von gesetzlichen Regelungen sein kann, sondern im vorliegenden Fall es um die Stärkung der Informationsfreiheit geht, sind eine weitere Beratung im Ausschuss, eine mündliche und öffentliche Anhörung - alles andere wäre dem Regelungsinhalt sachlich zuwiderlaufend - und dann eine Überarbeitung des Gesetzentwurfs zwingend notwendig, um am Ende festzustellen, dass in Thüringen tatsächlich die Informationsfreiheitsrechte eine Stärkung erfahren, wie es dringend nottut. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Idee der Informationsfreiheit ist Ausdruck eines grundlegend veränderten Staatsverständnisses. Wenn wir in die Geschichte zurückblicken, ganz am Anfang stand ein Gemeinwesen, in dem staatliches Handeln grundsätzlich geheim war. Der Staat war die Obrigkeit, der Bürger der Untertan, Ruhe war die erste Bürgerpflicht. Böse Zungen sagen, dass dieser Geist auch heute noch in der einen oder anderen Amtsstube weht. In der Realität jedoch hat sich das Verhältnis zwischen Bürgern und ihrem Staat grundsätzlich gewandelt. Offenheit und Transparenz sind Leitlinien einer
modernen Verwaltung, staatliches Handeln soll nicht hinter verschlossenen Türen, sondern vor den Augen der Bürgerinnen und Bürgern geschehen. Dies begrüße ich auch als Thüringer Verbraucherschützer.
Das Thüringer Informationsfreiheitsgesetz begründet einen gesetzlichen Anspruch auf freien Zugang zu amtlichen Informationen. Hier liegt der Unterschied zum allgemeinen Verwaltungsrecht, das diesen Anspruch denjenigen gibt, die in ein bestimmtes Verfahren einbezogen sind. Der vorliegende Gesetzentwurf geht sogar noch einen Schritt weiter, indem er in § 2 Abs. 2 diesen Anspruch auch auf natürliche und juristische Personen des Privatrechts ausdehnt, wenn sich die Behörde dieser Person zur Erfüllung ihrer Aufgabe bedient oder ihr eine öffentliche Aufgabe übertragen wurde.
Meine Damen und Herren, der freie Zugang zu amtlichen Informationen fördert die demokratische Meinungs- und Willensbildung und stärkt das bürgerliche Engagement. Er schafft konkrete Kontrollmöglichkeiten und erleichtert die Berichterstattung der Medien über Versäumnisse und Missstände. Schließlich kann ein Mehr an öffentlicher Partizipation auch dazu beitragen, die Akzeptanz von staatlichem Handeln zu erhöhen.
Eine weitere Neuerung des vorliegenden Gesetzes ist die Schaffung des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit, dessen Aufgabe nun vom Landesbeauftragten für den Datenschutz wahrgenommen werden soll. Auf den ersten Blick scheinen diese beiden Rollen widersprüchlich zu sein, aber nur auf den ersten Blick, denn Datenschutz, verstanden als Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, will den Bürgerinnen und Bürgern das Wissen sowie die rechtlichen und technischen Mittel in die Hand geben, um selbst über die Verwendung ihrer Daten zu entscheiden. Hier treffen sich Datenschutz und Informationsfreiheit, denn bei beiden steht das Leitbild des mündigen, informierten Bürgers im Mittelpunkt, ausgestattet mit der Souveränität über die eigenen persönlichen Daten, eben auch öffentliche Daten. Ich will heute nicht über Details des Gesetzes sprechen, dazu haben wir sicherlich im Ausschuss noch Gelegenheit.
Meine Damen und Herren, die aktive Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern am Gemeinwesen und die Identifikation mit diesem Gemeinwesen setzt den Zugang zur Information über den öffentlichen Sektor voraus. Das Thüringer Datenschutzgesetz ist hierfür ein wichtiger Baustein. Wir beantragen die Überweisung an den Innenausschuss. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Gesetzentwurf liegt uns seit dem 17.09.2012 vor. Das ist nicht viel Zeit, um einen Gesetzentwurf inhaltlich genau unter die Lupe zu nehmen, und ich muss sagen, es ist in meinen Augen auch kein guter Stil für ein Gesetz dieses Umfangs, dieses so kurzfristig dem Hohen Haus zuzuleiten.
Soweit der Gesetzentwurf in der kurzen Zeit überschaubar gewesen ist, habe ich gute Punkte gesehen, aber auch Punkte, bei denen ich durchaus Redebedarf sehe. Kollege Emde, es ist so, Sie haben recht, wir hätten natürlich auch beanstandet, wenn es nicht zugeleitet worden wäre, aber das hindert eine Regierung nicht daran, mit angemessenen Fristen zu arbeiten. Jede Jurastudentin muss ihre Hausaufgabe pünktlich einreichen und das darf man auch hier erwarten.
Transparenz, meine Damen und Herren, schafft Vertrauen, das wissen wir nicht erst seit den Erkenntnissen über den Nationalsozialistischen Untergrund. Dass Politik essenzielles Vertrauen bei den Bürgern verspielt hat, ist leider kein Geheimnis. Dieses verlorene Vertrauen wieder aufzubauen, wird lange dauern und wird viel Kraft benötigen. Ein Informationsfreiheitsgesetz, das die Transparenz der Behörden fördert, gleichzeitig aber keine bürokratischen Hürden aufstellt, kann nach meiner Auffassung dazu beitragen, verlorenes Vertrauen wieder herzustellen bzw. zurückzugewinnen.
Dafür, meine Damen und Herren, darf das Gesetz aber nicht nur eine leere Hülle sein. Transparenz des Verwaltungsapparates bzw. des Staates gegenüber seinen Bürgern ist eine klassische liberale Einstellung und findet deshalb im Grundsatz selbstverständlich unsere Zustimmung.
In Thüringen gibt es seit Ende 2007 - Kollegin Renner hat bereits darauf aufmerksam gemacht - das Thüringer Informationsfreiheitsgesetz. Das jetzige Informationsfreiheitsgesetz verweist im Wesentlichen auf die bundesgesetzliche Regelung. Bei der Diskussion hier im Plenum zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE habe ich schon einmal ausgeführt, dass die Zahl der Anträge auf Auskunftsbe
gehren relativ gering ist. Dies wurde auch noch einmal durch den Evaluationsbericht bestätigt. Danach wurden beim Land 84 und bei den Kommunen 544 Anträge gestellt. Schwerpunkte waren das Umweltrecht, Polizei- und Ordnungsrecht und das Baurecht. Der verhaltene Gebrauch des Auskunftsbegehrens lässt darauf schließen, dass einfach zu wenig Bürgerinnen und Bürger von dieser Möglichkeit wissen und hier besteht also dringender Nachholbedarf.
Auch bei den Behörden deckt der Bericht Verbesserungsmöglichkeiten auf, und zwar dass es bei den Mitarbeitern in den Behörden auch noch Defizite hinsichtlich der Rechtsmaterie gibt. Unabhängig vom Gesetzentwurf bestehen schon zwei Möglichkeiten, Sensibilisierung der Mitarbeiter und Aufklärung der Bürger, um die Informationsfreiheit zu stärken. Das beste Gesetz nützt uns nichts, wenn die Bürger keine Kenntnis darüber haben.
Der Gesetzentwurf beinhaltet aber auch Punkte, über die wir im Ausschuss noch einmal dringend diskutieren sollten und müssen. Ich finde es grundsätzlich gut, wenn der Verwaltung Fristen gesetzt werden, bis wann ein Verwaltungsakt zu bearbeiten ist. Dies geschieht ja auch, und zwar in § 6 Abs. 3. Nach dem Ablauf von drei Monaten soll der Antrag als abgelehnt gelten. Die Ablehnungsfiktion soll eine schnellere Einklagbarkeit der Informationen ermöglichen. Was der schnelleren Einklagbarkeit aber entgegensteht, ist, dass nach dem Gesetz den Bürgern nur auf Verlangen die Ablehnungsfiktion bekannt gegeben werden muss. Um den Zugang zu der Information wirklich noch schnell zu ermöglichen, muss meines Erachtens die Behörde von sich aus den Eintritt der Ablehnungsfiktion bekannt geben.
Meine Damen und Herren, ich denke, um dem Anspruch eines transparenten Landes gerecht zu werden, steht es uns gut, ein Informationsfreiheitsgesetz zu haben, das übersichtlicher und verständlicher ist als das bisherige Gesetz. Trotz alledem besteht noch an etlichen Stellen Diskussionsbedarf und ich beantrage namens meiner Fraktion ebenfalls die Überweisung an den Innenausschuss. Ich freue mich auf eine dezidierte inhaltliche Diskussion, meine Damen und Herren. Ich danke Ihnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Präsidentin, wir freuen uns über dieses Gesetz und es ist nicht so, dass das hier irgendwie nur eine Halbheit wäre, sondern es ist ein riesengroßer Schritt. Wir haben uns geeinigt und kommen einen großen Schritt voran. Viele regelungstechnische Details wurden genannt. Frau Renner, Sie haben Ihre Pauschalkritik auf einen Kommentarsatz der „Thüringer Allgemeinen“ gestützt, die Hürden seien relativ hoch. Als man zu den Einzelheiten gekommen ist, waren Ihre Hürden, die Sie genannt haben, relativ geringfügig. Sie haben die Stufenprüfung vorgezogen aus Ihrem alten Gesetzentwurf des Ausschlusskatalogs und dann haben Sie noch die Bearbeitungsfrist genannt und die Ablehnungsfiktion. Das seien Indizien für eine Schlechtigkeit des Gesetzes und die Hürden sollen deswegen zu hoch sein. Das nehme ich Ihnen nicht ab und ich habe so ein bisschen den Verdacht, dass Sie mit diesen ungerechtfertigten Angriffen auf diesen wirklich sehr modernen Gesetzentwurf ein bisschen davon ablenken wollten, wie altbacken Ihr Vorschlag aus dem letzten Jahr gewesen ist, denn das war er.
Er war unglaublich altbacken, weil er immer noch diese Weltsicht hatte, Informationsfreiheitsgesetz, da ist der Bürger, da muss man an irgendeiner Amtsstubentür pochen und muss anklopfen und muss sagen, jetzt hätte ich gern mal eine Information und dann kommt ein hochherrschaftliches Prüfungsverfahren in Gang. Das ist nicht so. Wir haben hier einen proaktiven Gesetzentwurf. Minister Geibert hat vollkommen zutreffend und richtigerweise darauf hingewiesen. Wenn Sie nun sagen, dass aus unserem Herzstück, dem § 11, dem Informationsregister, nur noch ein Schatten geworden sei. So ist das auch nicht richtig, denn in der Tat ist das ein Paradigmenwechsel, der sehr wichtig ist und der in Ihrem Gesetzentwurf nicht mal einen Gedanken wert war, geschweige denn Erwähnung gefunden hätte, nämlich dass wir nicht mehr darauf warten wollen, dass Bürger irgendwo anklopfen und sagen, habe ich jetzt hier vielleicht ein Recht, irgendeinen Verwaltungsvorgang zu erfahren, sondern dass wir in § 11 ein Informationsregister schaffen wollen, das ein für jedermann im Internet frei zugängliches Register vorsieht und in das eingestellt werden sollen. Sollen heißt müssen, wenn nicht zwingende Gründe entgegenstehen, Verwaltungsvorschriften von allgemeinem Interesse sowie weitere geeignete Informationen. Dann ist es doch klar, dass wir wirklich das haben, was uns bis jetzt fehlt, nämlich einen niederschwelligen - sagt man ja gern - Zugang zu amtlichen Informationen per Mausklick und kein kompliziertes Behördenverfahren mehr, denn wir haben ja in der Tat gemerkt aus den bisherigen Evaluationen, dass dieses sperrige Recht, dieses umständliche Informationszugangs
recht, gar nicht ausreichend wahrgenommen wurde, weil es auch gar nicht anwender- und nutzerfreundlich gewesen ist. Damit wollen wir aufräumen. Wir haben ein Vollgesetz. Das ist verständlich, es ist einfach. Wie gesagt, wenn Sie sagen, der Ausschlusskatalog, der sei nicht korrekt, der ist wesentlich eingeschränkt worden. Auch darauf hat Minister Geibert ganz wichtig und richtig hingewiesen. Der Ausschlusskatalog entspricht im Übrigen auch anderen Landesgesetzen. Das ist überhaupt nichts Ungewöhnliches, während Ihre Stufenprüfung einen hohen Abstraktionsgrad hat und auch keine wirkliche Rechtssicherheit schafft.
Zum Pflichtprogramm ist eine Kür hinzugekommen. Wir haben gesagt, wir bauen bisherige Beschränkungen ab, aber wir wollen auch etwas Neues anlegen. Das ist dieses Informationsregister. Natürlich ist das hier eher noch im Pflanzstadium in der Formulierung des § 11, das sehe ich ein, aber die Pflanze wird wachsen. Das liegt auch daran, wie wir gemeinsam eine solche fortschrittliche Herangehensweise nach draußen vertreten und uns nicht gegenseitig versuchen kleinzureden. Herr Bergner, Sie haben recht, der Gesetzentwurf hätte ein bisschen früher vorgelegt werden können, aber er ist jetzt da. Ich meine, vor zwei Tagen hatten wir eine Aktuelle Stunde zu anderen Themen und da hieß es immer, die Koalition macht die Hausaufgaben nicht. Jetzt haben wir sie gemacht, jetzt ist es auch nicht richtig.
Um das pünktliche Erledigen, ja, das ist jetzt da und nun werfen Sie uns dann bitte nicht vor, dass wir uns da nicht ausreichend Gedanken gemacht hätten. Das ist ja genau der Grund, warum es auch ein bisschen gedauert hat.
Die Informationsfreiheit - darauf ist schon hingewiesen worden - ist eigentlich ein Transparenzgebot. In § 1 ist das ja auch noch mal genau artikuliert. „Das Gesetz soll unter Wahrung schutzwürdiger Belange die Transparenz der Verwaltung vergrößern und die Möglichkeiten der Kontrolle staatlichen Handelns durch die Bürger verbessern und damit die demokratische Meinungs- und Willensbildung in der Gesellschaft fördern.“ Das schaffe ich nicht mit irgendeinem Antragsverfahren, das schaffe ich, denke ich, niederschwellig nur durch ein Informationsregister, denn in einer modernen Demokratie kann es kein Recht auf Geheimverwaltung geben.
Wo ich Sie nun leider überhaupt nicht verstehen kann, Frau Renner - das habe ich schon damals nicht bei Ihrem Gesetz, bei dem Sie den Bürgerbeauftragten mit dieser Aufgabe betrauen wollten, und auch heute verstehe ich es nicht -, Ihre Kritik beim Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz, weil Sie unangemessene Einschränkungen fürch
ten. Das Gegenteil ist der Fall: Informationsfreiheit bedeutet, den Bürgerinnen und Bürgern die Herrschaft über Informationen und Verwaltungsvorgänge zurückzugeben bzw. zu gewähren, die zur Verwaltung ihrer/unserer Angelegenheiten dienen. Das Datenschutzgrundrecht ist entwickelt worden in der Rechtsprechung als Recht auf die informationelle Selbstbestimmung - ein etwas sperriger Begriff, der aber hier vollkommen passgenau ist. Der Datenschutzbeauftragte - und ich weiß nicht, wie Sie zu Ihrem Missverständnis kommen - ist ein Persönlichkeitsrechtswahrer und gerade kein behördlicher Geheimschutzbeauftragter. Dass Sie das verwechseln und nicht erkennen können, das tut ja schon fast weh. Deswegen ist die Ansiedlung beim Thüringer Datenschutzbeauftragten vollkommen richtig, weil es darum geht, Persönlichkeitsrechte zu schützen, auch wenn es um Behördenvorgänge geht. Da sind die Grenzen der Transparenz. Deswegen ist es zum Beispiel wichtig und richtig - und darauf hat Herr Minister Geibert auch schon hingewiesen -, dass wir zum Beispiel den kommerziellen Handel mit Verwaltungsinformationen auch als Ordnungswidrigkeit ansehen, weil wir auch so etwas nicht kommerzialisieren wollen. Auch dafür ist der Datenschutzbeauftragte da. Wie gesagt, wir haben noch Ausschussberatungen vor uns, ich denke, einer Anhörung können und werden wir uns auch nicht verschließen, das ist wichtig und richtig. Wir wollen Transparenz und Öffentlichkeit schaffen. Das Informationsregister wird kommen und damit werden wir in Thüringen das erste Flächenland sein, das etwas Derartiges einführt. Darauf bin ich jetzt schon stolz und freue mich auf eine anregende Diskussion in der Anhörung und in der Ausschussbefassung mit Ihnen allen. Vielen Dank.