Mit dem uns vorliegenden Gesetzentwurf soll nachgeholt werden, was SPD, Grüne und Linke in anderen Bundesländern bereits eingeführt haben. Dort ist die Theorie zur Praxis geworden. Ich möchte Ihnen gern beispielhaft ein paar Bildungsangebote der Bremer Wirtschafts- und Sozialakademie nennen, die für die Seminarangebote von Bildungsurlaub in der Realität zuständig ist.
Der Ministerpräsident hat schon Interesse –; „Ehe und Familie – ein Auslaufmodell?“; „Die Stasi oder: Das Leben der Anderen“; „Stolz, ein Deutscher zu sein?“; „Nationalidentität früher, heute und morgen“; „Putins Projekt: Eurasien“; „Der rhetorische Werkzeugkasten“. Siebentens: „Mitarbeiterführung und Mitarbeiterinnenführung“; Achtens: „Durchsetzungsfähigkeit von Frauen“.
Sie müssen bloß nachgucken im Internet! „Schnell reagieren – treffend antworten“; „Wem gehört das Wasser?“; „Wie entwickelt sich das Klima?“; „Das Geschäft mit dem Essen“; „Buddha und Konfuzius – die Weisheiten des Ostens“. Und jetzt, Herr Ministerpräsident: „Schluss mit lustig: Politik und Humor in Deutschland“.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Humor braucht nicht nur die Politik, sondern den brauchen vor allem die Handwerker und Unternehmen in Thüringen, wenn man sich die praktischen Folgen anschaut, die Gesetze, wie wir Sie heute hier beraten, in Deutschland haben.
Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich bin sicherlich der Letzte hier im Hohen Hause, der etwas gegen historische und politische Bildung sagen würde. Aber: Sie muss im Arbeitsleben freiwillig und nicht politisch verordnet sein.
Im Übereinkommen Nr. 140 der Internationalen Arbeitsorganisation – Frau Ministerin hat schon darauf hingewiesen – über den bezahlten Bildungsurlaub von 1974 hatte sich die sozialliberale Bundesregierung damals verpflichtet, einen bezahlten Bildungsurlaub zum Zweck der Berufsbildung, der allgemeinen und politischen Bildung sowie der gewerkschaftlichen Bildung einzuführen.
Da der Bund untätig blieb, haben die westdeutschen Länder – immer dann, wenn die SPD mitregiert hat – nach und nach angefangen, entsprechende Gesetze zu verabschieden. Einige neue Länder folgten nach 1990. Nach den schwierigen Jahren der wirtschaftlichen Umstrukturierung unseres Bundeslands und eines langsam wachsenden wirtschaftlichen Wohlstands in Thüringen häuften sich seit einigen Jahren Forderungen nach einem Thüringer Bildungsurlaubbzw. Bildungsfreistellungsgesetz. Diese Forderungen kommen dabei insbesondere von den Gewerkschaften und linken Politikern, die teilweise in verschiedene Gesetzesinitiativen mündeten.
Die CDU ist in der Tat kein Freund dieser Initiativen, denn die soziale Marktwirtschaft und Ludwig Erhard, die ja selbst der Ministerpräsident für sich entdeckt haben will, sehen staatliche Eingriffe in die Wirtschaft nur als notwendig an, wenn der Markt sich nicht selbst regulieren kann. Bei der Qualifizierung, Fortbildung und Weiterentwicklung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Freistaat ist dies in keinster Weise notwendig, so haben es uns auch gestern Abend die Handwerker alle bestätigt.
Die Unternehmen und Handwerksbetriebe, die Pflegedienste und Verwaltungen, die Sparkassen und Gastronomiebetriebe, die Schulen und Polizeiinspektionen, sie alle bieten schon heute sehr arbeitnehmerorientierte Bildungsangebote an. Dabei übernehmen diese Einrichtungen häufig die Kosten der Bildungsangebote, stellen Arbeitszeit zur Verfügung und finden andere praktische und finanzielle Anreize zur Qualifizierung ihrer Mitarbeiter. Berufliche Weiterbildung hilft den Beschäftigten, ihre Qualifikation zu erhalten, zu verbessern und zu erweitern. Im Zeitalter der Globalisierung ist die Qualifikation der Beschäftigten zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor geworden. Insofern haben insbesondere im Zeitalter des Fachkräftemangels auch die Unternehmen ein originäres Interesse daran, ihre Mitarbeiter berufsbegleitend weiterzuqualifizieren.
Deshalb ist die CDU-Fraktion – wie auch die Wirtschaft – der Ansicht, dass es keiner gesetzlichen Regelung der Bildungsfreistellung oder des Bildungsurlaubs bedarf. Den Gesetzentwurf der Landesregierung lehnen wir daher strikt ab, denn er stellt eine große Belastung für überwiegend kleine und mittelständische Unternehmen in unserem Freistaat dar.
Eine gesetzliche Regelung der Bildungsfreistellung darf keinesfalls gegen die Thüringer Wirtschaft durchgesetzt werden. Sie reden davon, gestern Abend Herr Adams auch wieder: Handwerk hat goldenen Boden. Aber in Wirklichkeit sehen Sie nur das Gold oder das Geld des Handwerks und entziehen ihm mit Ihrem Handeln den Boden.
Was die Landesregierung hier mit ihrem Gesetzentwurf vorlegt, ist ein tiefer Einblick in ihr wirkliches Denken. Jetzt, wo die ersten Gesetze von Ihnen das Parlament erreichen, zeigt sich das Misstrauen gegen die Menschen, gegen die Abgeordneten, gegen die Unternehmen und die Ideologie Ihrer Politik.
Meine sehr geehrten Damen und Herren. Im Koalitionsvertrag 2009 haben CDU und SPD vereinbart, sich im Zusammenhang mit einer Stärkung des Ehrenamts dafür einzusetzen, die Bildungsfreistellung, den Bildungsurlaub im Einvernehmen mit den Unternehmen – im Einvernehmen mit den Unternehmen – und unter Berücksichtigung betrieblicher Erfordernisse gesetzlich zu regeln. Bis zum Ende der 5. Legislatur gelang es jedoch nicht, das Einvernehmen mit der Wirtschaft herzustellen,
(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Wenn Sie es strikt ablehnen, wie wollen Sie dann das Einvernehmen herstellen?)
sodass keine gesetzliche Regelung erfolgte. Die jetzige Landesregierung hat nicht einmal versucht, das Einvernehmen herzustellen. Sie sagt, sie hört dem Handwerk zu, sie redet mit dem Handwerk – ja, aber letztlich machen Sie doch, was Sie wollen.
Für uns war und ist es bei einer gesetzlichen Regelung der Bildungsfreistellung, wenn Sie unbedingt kommen muss, wichtig, dass unter anderem die betrieblichen Strukturen in Thüringen beachtet wer
Auch setzen wir uns dafür ein, dass Arbeitnehmer genauso wie Arbeitgeber ihren Beitrag an der Bildungsfreistellung leisten und wenige Tage Urlaub dafür investieren. Die Belastungen für die Wirtschaft sollten so gering wie möglich gehalten werden.
Der nun vorliegende Gesetzentwurf sieht einen Anspruch auf jährlichen Bildungsurlaub von fünf Tagen ab einer Betriebsgröße von fünf Beschäftigten vor. Eine Erhöhung des Betriebsurlaubs nach Betriebsgröße, frei nach dem Motto „Je größer der Betrieb, umso höher die Belastung durch die Arbeitnehmerfreistellung“, das ist wettbewerbsgefährdend und expansionshemmend. Ein Anspruch auf Weiterbildung von jährlich drei Tagen soll auch für Lehrlinge gelten. Wer mit Handwerkern spricht, der weiß, dass Handwerker häufig auch schon überlegen, Lehrlinge deswegen nicht einzustellen, weil sie während des ersten Lehrjahrs kaum im Betrieb sind, sondern auf Ausbildung.
Die Bildungsveranstaltungen müssen mindestens zwei Tage dauern. Es gibt keinen Erstattungsanspruch der Wirtschaft für die Freistellung der Beschäftigten, auch Heimarbeitende sowie Richter und Beamte profitieren vom Bildungsurlaub und Sie befristen das Gesetz bis 2020. Damit ist der vorliegende Gesetzentwurf, Frau Ministerin, nicht mehr vergleichbar mit den ursprünglichen Eckwerten des Entwurfs der letzten Landesregierung.
Es hätte sich also gehört, eine Anhörung und somit eine formale Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände durchzuführen. Sie mogeln sich um Ihre Verantwortung, brechen parlamentarische Tradition
und reden nur mit handverlesenen Personen. So läuft Regierungshandeln nicht! Sie ignorieren den Sachverstand des Verbands der Wirtschaft, der Handelskammer Erfurt, der IHK Erfurt und der kommunalen Spitzenverbände und Sie ignorieren den Sachverstand Ihrer federführenden Ministerien, wenn Sie den ursprünglichen Entwurf der Minister Klaubert und Tiefensee in nächtlichen Politbürositzungen verbessern.
Ich komme zu den Kosten: Bei der Auflistung der Kosten im Begleitblatt des Gesetzes werden die Kosten, die dem Freistaat durch den Freistellungsanspruch für Beamte und Richter sowie Angestellte des Freistaats entstehen, völlig außen vor gelassen. Frau Ministerin schaut schon ganz aufmerk
Allein mit Blick auf die Landesbediensteten ergeben sich nämlich folgende Kosten – Landesamt für Statistik: 60.000 Landesbedienstete mal fünf Bildungsfreistellungstage sind 300.000 Arbeitstage, 20 Prozent, da bleiben 60.000 Arbeitstage übrig; ein durchschnittlicher Bediensteter – wer die Steuererklärung regelmäßig ausfüllt, weiß das – arbeitet so um die 220 Tage im Jahr; das sind 273 Stellen im Land mehr. 45.000 Euro beträgt der Verdienst im Durchschnitt, das sind rund 12 Millionen Euro jährliche Belastung für den Landeshaushalt mehr. Auf das gesamte Gesetz gesehen, auf die Legislaturperiode gesehen, entstehen Mehrkosten für das Land von 60 Millionen Euro.
Dies kann man für die Kommunen ebenso rechnen. Gemeinden und Gemeindeverbände beschäftigen zur Erfüllung ihrer kommunalen Aufgaben ungefähr 35.000 Personen, das Landesamt für Statistik ist auch hier wieder meine Quelle. Das mal fünf Tage ergibt 175.000 Arbeitstage, davon maximal 20 Prozent, das sind 35.000 Arbeitstage. Das führt letztendlich wieder zu 160 Stellen mehr, mal 45.000 Euro, das sind rund 7 Millionen Euro Mehrkosten im Jahr für die Kommunen, auf fünf Jahre gesehen 45 Millionen Euro. Damit belasten Sie die öffentlichen Haushalte in Thüringen mit 105 Millionen Euro in dieser Wahlperiode mehr.