Protokoll der Sitzung vom 26.03.2015

Lieber Herr Primas, damit sind wir genau wieder bei der Debatte, die wir heute Morgen geführt haben, nämlich dem Bildungsfreistellungsgesetz. Es hilft immer wieder, über den Tellerrand zu schauen, dann kann man sich manche Debatte hier im Thüringer Landtag, ob man nämlich dieses Haus als „Agora“ bezeichnen darf, auch wieder sparen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Herr Kollege Henke von der AfD, vielen Dank für Ihren Vortrag. Aber ich glaube, wer in den Argumentationen hin und her kippelt und immer wieder darstellt, jetzt hätten wir in Thüringen nicht mal mehr genug Bereitschaftspolizisten, um unsere

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das ist doch so!)

ja, die waren doch aber jetzt erst letzte Woche in Frankfurt. Wie können Sie denn behaupten, dass Thüringen keine Polizisten mehr hat, um im Länderverbund hier bei Großlagen tätig zu sein? Ich bin mir sicher, dass der Innenminister dazu noch mal was sagen wird.

Lieber Herr Kollege Fiedler, ich frage mich die ganze Zeit, worum es Ihnen geht. Wenn Sie hier argumentieren, ohne Polizei geht es nicht. Wer hat denn hier eine Sicherheitsarchitektur vor Augen ohne Polizei, wer denn? Sie? Also wir nicht. Und gerade diese Koalition hat doch diesen lange aufgebauten

(Abg. Henke)

Missstand, dass wir in der Thüringer Polizei das Erfordernis des Personalabbaus haben, alle Innenminister der letzten 15 Jahre aus Ihrer Partei haben gesagt, wir müssen dort abbauen, aber ich werde es jetzt erst mal nicht tun. Deshalb ist ein ziemlicher Entscheidungsüberstand da und wir wissen nicht, wie wir den Haushalt damit glatt bekommen. Und diese rot-rot-grüne Koalition macht das das erste Mal zum Thema, und zwar genau in der Spannbreite, die Balance zu halten zwischen einem guten Haushalt – das hat Herr Kowalleck geglaubt uns ins Stammbuch schreiben zu müssen, das haben wir aber selber in den Koalitionsvertrag geschrieben – und einer guten Polizei auf der anderen Seite. Wir werden diesen Ausgleich finden, und zwar in der Diskussion mit allen zusammen. Sie brauchen den Menschen hier in Thüringen keine Angst zu machen, dass es demnächst keine Polizei gibt.

Ich glaube, eine Sache, lieber Herr Fiedler, gerade, weil Sie mich angesprochen haben, dass wir eigentlich immer relativ konstruktiv im Kern der Kontrolle zusammenarbeiten. Aber wann ist denn das entstanden, dass Thüringen im Verfassungsschutzverbund außerordentlich kritisch gesehen wird? Das ist doch nicht in den letzten hundert Tagen entstanden. Das ist doch unter Innenministern entstanden, die allesamt Ihrer Fraktion angehört haben, Ihrer Partei angehört haben. Thüringen hat ein schlechtes Bild im Verfassungsschutzverbund abgegeben seit Mitte der 90er-Jahre. Dafür tragen Sie Verantwortung, weil Sie so lange schon in diesem Landtag und auch in der Parlamentarischen Kontrollkommission sitzen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, da muss man ein Stückchen bei der Wahrheit bleiben. Das hilft nicht weiter. Die CDU nimmt mit ihrem Antrag die Situationen in Bremen, Braunschweig und Dresden zum Anlass, um weiterhin Unsicherheit zu schüren. In der Tat oder in der Qualität kam es in Bremen, Braunschweig und Dresden zu einer erhöhten abstrakten Gefahr. Das ist der korrekte Begriff. Sie benutzen aber diese abstrakte Gefährdung – die besteht und die besteht ohne Zweifel – dazu, um ganz konkrete Ängste zu schüren. Und dem, sehr geehrter Herr Fiedler, widersetzen wir uns in den Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, Linke und SPD.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sagen Nein zum Schüren von Angst und wir sagen Ihnen ganz klar: Wir wissen auch, wohin das Ganze führen soll. Alle Debatten um Terrorismus und Terrorismusgefahren haben immer dazu geführt, solange Sie die Mehrheit hatten, dass Sie Sicherheitsgesetze verschärft haben. Dem verweigern wir uns. Wir werden Sicherheitsgesetze nicht verschärfen. Wir werden die Sicherheitslage in Thüringen – so wie es immer war – wöchentlich in den

Sicherheitslagen beurteilen, notfalls auch täglich neu beurteilen. Sie können sich sicher sein, dass die Kolleginnen und Kollegen der Polizei und die Fachleute das auch gut machen. Es gehört unter Garantie nicht hier in die Mitte des Landtags. Ich muss schon sagen, lieber Herr Fiedler, ich hätte es niemals von Ihnen erwartet, dass Sie durch den Thüringer Landtag feststellen lassen wollen, dass die Thüringer Polizei und die Sicherheitsbehörden nicht vorbereitet sind auf einen Terroranschlag, in welcher Form auch immer. Worauf wollen Sie denn die Leute sich vorbereiten lassen? Wollen wir die Vorbereitung auf einen Anschlag wie Nine-Eleven treffen? Wollen wir die Vorbereitung zu einer Flugzeugentführung treffen?

(Unruhe CDU)

Wollen wir eine Entführung eines ICE hier in den Blick nehmen? Wollen wir eine Busentführung in den Blick nehmen? Wollen wir einen Bombenanschlag auf ein großes Volksfest in Thüringen in den Blick nehmen? Sie wissen nicht, wie die Terrorgefahr konkret aussieht – niemand weiß das.

(Unruhe CDU, AfD)

Die Antwort, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sie immer glauben hier die Fachleute zu sein, gibt uns der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Herr Oliver Malchow, der sagt: Kooperation und Koordination sei bei einer Terrorlage das A und O.

(Beifall DIE LINKE)

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, trainiert die Polizei zu jeder Zeit. Diese Fähigkeiten sind hier in Thüringen da. Was immer kommt, sie müssen die Kräfte hinbekommen. Das ist das A und O, meine sehr verehrten Damen und Herren. Da habe ich keinen Zweifel, dass wir darauf vorbereitet sind und dass wir in jedem Fall aus Anschlägen, von denen wir in Europa in den letzten Wochen und auch weltweit Kenntnis erlangt haben, so schlimm das ist, unsere Lehren ziehen müssen, und wir müssen mit unseren Sicherheitsexperten immer wieder darüber sprechen. Aber all das gehört nicht hier in den Landtag, all das gehört auch nicht in den Innenausschuss, sondern es gehört in die Kreise, in das Innenministerium, dorthin, wo die Fachleute solche Fragen beraten und die entscheidenden Richtlinienentscheidungen dazu auch treffen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die Fraktion Die Linke hat sich Abgeordneter Kräuter zu Wort gemeldet.

(Abg. Adams)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste am Livestream und auf der Tribüne! Herr Adams, vielen Dank! Sie haben Teile meines Redebeitrags vorweggenommen – das macht nichts –, aber Sie haben es auf den Punkt gebracht. Vor welchen Bedrohungslagen wollen wir die Menschen schützen? Herr Fiedler, ich bin von Ihnen enttäuscht, dass Sie hier fachlich einen so unterschwelligen Beitrag geleistet haben.

(Beifall DIE LINKE)

Seien Sie versichert, dass die Gewerkschaft der Polizei keine Einheitspartei und auch keine Blockpartei ist. Seien Sie versichert, dass ich mit dem Vorsitzenden nicht über Kreuz liege, aber wir sind in den Ansichten hier und da verschieden. Die Thüringer Polizei hat vielleicht – in Summe betrachtet – ein Stellenproblem, aber im Kern geht es darum, wie viele Menschen – Herr Adams, ich bin wieder bei Ihnen –wir bei einer größeren Schadenslage an den Schadensort kriegen. Bei Schadensereignissen immer sofort von Terror zu sprechen, ist die Verschärfung der Ängste unserer Menschen in Thüringen. Das haben sie nicht verdient. So viel wollte ich Ihnen auf den Weg geben.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Kai Christ hat das gesagt von der GdP Thüringen! Viel- leicht haben Sie es nicht gehört!)

Jetzt hat Herr Abgeordneter Kräuter das Wort, Herr Fiedler.

Herr Fiedler, die letzte gesundheitliche Untersuchung hat bei mir gezeigt, dass das Hirn noch funktioniert, obwohl ich ein junger Abgeordneter bin. Vielen Dank.

(Heiterkeit und Beifall CDU, AfD)

Aber eines will ich Ihnen noch auf den Weg geben: Wenn wir uns vor den Wahlen 2014 die Frage gestellt haben, ob wir denn mal einen Polizisten ins Parlament kriegen, und dann haben wir hier einen stehen

(Unruhe CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Moment – und derjenige, der hier steht, muss dann erleben, wie Sie die parlamentarische Demokratie pflegen,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Jawohl!)

dann habe ich schon eine Zwischenfrage. Wenn Sie meinen, dass unsere Kollegen im Innenministe

rium, von wo wir auch einen Abgeordneten hier sitzen haben, keine Planungsarbeit leisten, und wenn Sie meinen, keine Konzepte dort in der Tasche zu haben, dann sollten Sie sich dort mal umgucken und sich mit den verantwortlichen Menschen mal unterhalten.

Eine letzte Frage hätte ich für Sie: Was denken Sie denn, wer am 04.11. im Jahr 2011 – oder 2012 war es wohl – die Bankräuber von Eisenach gefangen hätte, wenn er keinen Plan gehabt hätte? Das heißt, unsere Kollegen sind auf diese Einsatzlagen vorbereitet. Das Problem, was wir haben, dass wir uns immer anhand der Entwicklung, an der technischen Ausrüstung aufstellen müssen und die Kolleginnen und Kollegen der Thüringer Polizei aus- und weiterbilden müssen. Das kostet Geld und da erleben wir spannende Haushaltsdebatten. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die Fraktion der CDU hat der Abgeordnete Fiedler das Wort. Herr Fiedler, Sie wollten?

(Unruhe DIE LINKE)

Sie haben noch 3 Minuten Redezeit.

Entschuldigung, Frau Präsidentin, dass ich gerade abgelenkt war.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist schon verwunderlich, wenn ein ehemaliger Polizist sich hierherstellt und sagt, ich würde hier irgendwelche Dinge erzählen, die nicht wahr wären. Ich habe mich seit 25 Jahren für die Polizei eingesetzt, egal wer dort als Minister vorne saß. Das werde ich auch weiterhin tun. Jetzt verweise ich auf unseren letzten Punkt: „Die Landesregierung wird aufgefordert, dem Landtag bis zum Ende des Jahres 2015 ein organisatorisch und personell untersetztes Sicherheitskonzept zum Umgang mit möglichen Terroranschlägen zur Beratung vorzulegen.“ Was ist denn daran verkehrt? Hier will niemand die Einsatzpläne wissen, wann, wie, wer, wo, das will niemand wissen. Das kenne ich noch von der alten Opposition, die im Innenausschuss immer alles wissen wollte, wer ist denn wo und wann – Papstbesuch wollen wir jetzt gar nicht erläutern, was da alles vielleicht irgendwo erzählt wurde oder auch nicht.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Die wollen auch wissen, wer ins Bordell geht!)

Ja, das können Sie auch rufen. Vom parlamentsunwürdigen Abgeordneten erwarte ich so was, ist doch klar. Bei Ihnen ist doch nichts mehr heilig. Das ist doch vollkommen klar. Wer gespitzelt hat, das ist

so. Halt, ich habe noch gerade eine knappe Minute Zeit!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Ministerpräsident Bodo Ramelow...

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Zum Thema!)

(Zwischenruf Abg. Müller, DIE LINKE: Den haben Sie gern!)

Den habe ich auch gern. Im Gegensatz zur Linken kann ich mit ihm verhältnismäßig gut leben.

(Unruhe und Heiterkeit DIE LINKE)