Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir beantragen – entgegen dem, was Herr Kollege Dittes gesagt hat – Überweisung an den Innenausschuss,
weil wir durchaus der Meinung sind, dass es sich lohnt, da weiter zu reden und daran gemeinsam zu arbeiten. Denn der Innenminister muss oder sollte vorlegen und ich erinnere Sie daran, dass nicht nur die GdP, sondern auch die DPolG, die Deutsche Polizeigewerkschaft, genauso diese Dinge fordert. Wir können doch nicht einfach ignorieren – und hier sitzen ja Gewerkschafter –, dass die Meinung der GdP und der DPolG auf einmal nicht mehr zählt. Wo kommen wir denn eigentlich hin? Wir sollten das sehr ernst nehmen. Deswegen bitte ich Sie, fordere Sie auf, dass wir das überweisen und im Ausschuss weiter bereden können.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das war ein sehr umfassender Vortrag. Ich möchte jetzt mal zur Sache zurückkehren. Ich glaube, niemand von uns möchte hier irgendwie die Terrorgefahr verharmlosen oder unsere Polizei oder andere Ämter unvorbereitet in solche Gefahren laufen lassen. Die Frage ist doch, ob dieser Antrag tauglich ist, hier Abhilfe zu schaffen. Natürlich, wir haben uns ja auch hier als Koalition vereinbart, dass wir uns auch besonders um die Sicherheit kümmern wollen, dass wir uns auch besonders um die Einsatzstärke der Polizei in Thüringen kümmern wollen. Wir haben eine Evaluation der Polizeireform vorgesehen, die unter der anderen Regierung, der alten Regierung eingeleitet worden ist. Wir haben uns vorgenommen, Wolfgang Fiedler, auch das Stellenabbaukonzept noch mal zu überprüfen, das auch die alte Landesregierung auf den Weg gebracht hat.
Also alles Dinge, die bei den Polizeigewerkschaften auf Kritik gestoßen sind. Jetzt ist aber doch die Frage: Ist das, was Sie hier vorschlagen und wünschen, geeignet, das begehrte Ziel zu erreichen? Natürlich braucht man immer auch Konzepte zur Terrorabwehr und natürlich kann man auch in Thüringen so etwas erarbeiten. Aber dass wir dies hier auf dem Marktplatz des Landtags diskutieren wollen – und der Kollege Dittes hat schon darauf hingewiesen: Die Landesregierung soll aufgefordert werden, dem Landtag bis zum Ende des Jahres 2015 ein organisatorisch und personell untersetztes Sicherheitskonzept zum Umgang mit möglichen Terroranschlägen zur Beratung vorzulegen. Das heißt, wir sollen hier in dem Rund sitzen und
aber das soll doch in den Landtag, dieses Konzept – gegen Terroristen kämpft. Wenn ich Ihnen eines sagen kann, verehrter Kollege Fiedler, wenn Sie den Jürgen Hoffmann von der DPolG oder den Kai Christ von der GdP mal danach fragen, was sie davon halten, dass wir hier personenuntersetzte Konzepte im Landtag diskutieren, über Einsatzarten zur Terrorismusbekämpfung, da wird Ihnen nicht Jubel entgegenschlagen, das glauben Sie nicht im Ernst!
(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Darum geht es doch gar nicht, es geht darum, die Vor- aussetzungen zu schaffen als Parlament!)
Darum geht es, das steht hier: Sie wollen dem Landtag ein organisatorisch und personell untersetztes Sicherheitskonzept zur Beratung vorlegen. Wir sollen alle, wie wir hier sitzen, dann darüber beraten, ob die vorgesehenen Einsatzpläne von Terroristen sinnfällig, ausreichend, zielführend, überzeugend, kostengünstig und was weiß ich noch alles sind.
Und das kann ja wohl nicht wahr sein, das ist absurd! Darauf hat der Kollege Dittes zu Recht hingewiesen, denn das macht man nicht auf so einem Marktplatz hier. Das sind Dinge hier, die zu Recht in internen Gremien
(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Seit wann ist das Parlament ein Marktplatz? Wir sind doch keine Kasperbude oder so was!)
Ja, wir sind ein ungeeigneter Marktplatz für ein personell untersetztes Sicherheitskonzept. So einfach ist das.
Der Marktplatz, das ist doch hier ein Parlament, das hier den Schulklassen vorführt, wie Demokratie funktioniert, und den Schulklassen sage ich: Wir werden hier keine Namen von Polizeibeamten im Landtag öffentlich diskutieren, die in Antiterroreinsätzen sind oder gar dazu eingesetzt werden sollen. Das verspreche ich auch den beiden Polizeigewerkschaften von dieser Stelle aus, dass es mit uns so etwas hier nicht geben wird. Damit sind wir auch bei der Tatsache, wo und von wem solche Konzeptionen erarbeitet werden.
Wie und ob die Terrorgefahr sich speziell hier in Thüringen in der Bedrohungslage auswirkt, das ist natürlich im Einzelnen immer zu diskutieren und das ist auch Gegenstand von Berichterstattungen in speziell dafür eingerichteten Gremien, die Sie alle kennen. Auch das ist eine Tatsache, die nicht allein auf Thüringen beschränkt entschieden werden kann, das heißt, ein Terrorismusbekämpfungskonzept wird sich auch immer überregional absprechen und orientieren müssen. Das heißt, es geht auch gar nicht als Thüringer Sonderweg, denn dass es jetzt einen Terrorismus gibt, der hier speziell in Thüringen gerade entsteht und speziell begrenzt auf Thüringer Land besondere Gefahren hervorruft, die nur durch Thüringer Behörden allein zu bekämpfen sind, das glaubt hier auch keiner. Deswegen ist es einfach so, dass dieser allgemeine Rundschlag hier niemandem hilft, weder werden hier die Sicherheitsinteressen der Bürger wirklich ernst genommen, noch nützt es den Polizistinnen und Polizisten, die natürlich zu Recht auch ein Anrecht darauf haben, hier von uns im Thüringer Landtag geschützt und entsprechend ausgestattet zu werden, um auch solchen terroristischen Gefahren nicht gefahrlos ausgeliefert zu sein.
Das kann man alles sachlich diskutieren, das diskutieren wir ständig in den dafür vorgesehenen Gremien, aber wie gesagt, in dieser Detailgenauigkeit Einsatzpläne hier im Landtagsplenum zu diskutieren, dafür gibt es überhaupt keinen Raum und ich habe mich auch sehr gewundert, wie Sie auf eine solche absurde Idee verfallen konnten. Auch deswegen werden wir diesen Antrag hier namens meiner Fraktion ablehnen und es hat keinen Sinn, so etwas an den Innenausschuss zur Weiterberatung zu überweisen.
Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin, werte Abgeordnete, werte Gäste, „Terrorgefahr ernst nehmen – Sicherheitsbehörden vorbereiten“ – und hier sind wir schon bei des Pudels Kern. Wie hoch die Terrorgefahr in Thüringen wirklich ist, weiß niemand, und geht es nach der Landesregierung, wird es auch so bleiben. Denn nur so kann man ihr Konzept des Umbaus der Polizei verstehen.
Dass selbst Ihrem Ministerpräsidenten leise Zweifel an der Sache kommen, zeigen die Aussagen, welche er in der Presse getätigt hat. So werden Sie Ihrem Innenminister eine schwere Hypothek auferlegen, indem Sie Sicherheitsorgane falsch ausrichten. Ich bin wirklich gespannt, Herr Poppenhäger, wie Sie das den anderen Innenministern erklären wollen, den Sonderweg Thüringens bei den V-Leuten. Das wird schwierig werden.
Dass das nicht nur gestandene Islamisten sind, zeigen die Ereignisse in der jüngsten Zeit. Vor Kurzem erst ist eine 18-jährige Thüringerin in Begleitung einer 15-Jährigen aus Sachsen-Anhalt mutmaßlich nach Syrien ausgereist,
um dort die Reihen des IS zu füllen, die im Namen einer menschenverachtenden Ideologie Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen. Warum sollten, stellen Sie sich mal die Frage, unbescholtene Bürger diesen Weg gehen? Junge Menschen? Vielleicht ist hier ein anderer Ansatz gegeben.
(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Vielleicht sollte sich das die AfD mal überlegen mit ihrer Ausgrenzungs- politik!)
Wie können wir diese Frage beantworten, wenn wir die Sicherheitsbehörden, die sich gerade damit beschäftigen, dezimieren oder gar abschaffen wollen? Wie diese Fälle zeigen, findet auch in Thüringen der extremistische Islam in seiner Reinform, dem Salafismus, Anhänger. Von vorgeblich politischem Salafismus zu gewalttätigem Salafismus ist es nur ein kleiner Schritt, wie alle Sicherheitsexperten wissen. Die Zahl der Salafisten liegt in unserem Freistaat bei etwa 100 – man höre, bei etwa –, also man hat keine genauen Zahlen. Die Zahl der zurückgekehrten IS-Kämpfer ist nicht bekannt. Dabei ist jeder einzelne dieser Heimkehrer brandgefährlich, bringt er Kampferfahrung mit und ist im Um
gang mit modernen Kriegswaffen geschult. Reden Sie mal mit den Polizisten vor Ort, die mit ihrer unzureichenden Ausrüstung einer solchen Gefahr begegnen müssen. Auf dem globalen Waffenmarkt sind ohne Weiteres günstig Kriegswaffen zu bekommen. Der Bürgerkrieg in der Ukraine führt dazu, dass der Nachschub an Waffen nicht nachlassen wird.
Doch was tut die Landesregierung, um der wachsenden Terrorgefahr zu begegnen und im Allgemeinen auf die prekäre Sicherheitssituation im Freistaat zu antworten? Sie will die V-Leute faktisch abschaffen, die dazu da sind, Extremisten zu überwachen.
Sie will eine Enquetekommission einsetzen, die im Kontext der NSU-Morde Konzepte gegen Rassismus und Diskriminierung entwickeln, aber keine Kommission, die Vorschläge erarbeitet, wie man der religiösen Radikalisierung junger Menschen mit und ohne Migrationshintergrund entgegenwirken kann. Sie will am Stellenabbau bei der Thüringer Polizei festhalten, nur, die genauen Ausmaße sind noch nicht bekannt. Dabei sagt die GdP in Thüringen schon heute, dass die Bereitschaftspolizei keine komplette Hundertschaft zu Demonstrationen und anderen Gefährdungslagen aufstellen kann. An eine Unterstützung anderer Bundesländer ist unter dieser Bedingung nicht zu denken. Die Innenminister anderer Länder werden deshalb in Zukunft zweimal überlegen, ob sie ihre Bereitschaftspolizei nach Thüringen schicken. Denn mit dem Personalabbau kündigt die rot-rot-grüne Landesregierung die Solidarität zwischen den Bundesländern auf. Jenseits der Bereitschaftspolizei wäre diese Solidarität auch wichtig, um Organisierte Kriminalität, Transitkriminalität, mafiöse Strukturen zu bekämpfen, die nicht an der Thüringer Landesgrenze haltmachen. Ich wiederhole noch einmal: Isis, Salafismus, Ukrainekonflikt, Organisierte Kriminalität – Bedrohungen gibt es genug. Man kann sich vor diesem Hintergrund nur wundern, wo unsere Koalitionäre leben: Im Freistaat oder in Gedanken doch wo ganz anders? Vielen Dank.
hier im Thüringer Landtag, ich möchte zunächst einmal auf ein Missverständnis eingehen, was hier offensichtlich im Raum war. Es gab Unruhe bei dem Begriff „Marktplatz“ und der Bezeichnung, dass wir hier auf dem Marktplatz sind. Ich erlaube mir, zu zitieren aus Wikipedia: „Bei Homer gilt das Fehlen einer Agora als ein Anzeichen für Rechtund Gesetzlosigkeit. Laut Herodot war die Agora für den Perserkönig Kyros II. das bestimmende Merkmal einer selbstständigen griechischen Stadt.“ Wir alle wissen, dass die Agora also sozusagen der Ursprung des Parlamentarismus, des Austauschs, des Meinungsstreits ist, aus der alten griechischen nicht Mythologie, sondern Geschichte. Deshalb möchte ich Ihnen noch mal ganz kurz vorlesen, was die Agora denn ist. Die Agora – ich glaube, das darf man durchaus auch anders betonen, aber darüber streite ich mich an der Stelle nicht –, Agora war im antiken Griechenland der zentrale Fest- und Versammlungsort und Marktplatz einer Stadt. Insofern, willkommen hier in der Agora – wie auch immer man es aussprechen möchte. Das ist nicht Oberlehrer, lieber Herr Mohring, sondern das zeigt doch die Debatte vom heutigen Morgen.
Lieber Herr Primas, damit sind wir genau wieder bei der Debatte, die wir heute Morgen geführt haben, nämlich dem Bildungsfreistellungsgesetz. Es hilft immer wieder, über den Tellerrand zu schauen, dann kann man sich manche Debatte hier im Thüringer Landtag, ob man nämlich dieses Haus als „Agora“ bezeichnen darf, auch wieder sparen, meine sehr verehrten Damen und Herren.