Insofern lassen wir uns doch zum eigentlichen Gegenstand dessen, was hier besprochen wird, liebe Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne, zurückkommen. Es geht um einen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen, Gesetz zum weiteren Ausbau der Demokratie. Es geht nicht um ein Gesetz über die Frage, wie man sich in sozialen Netzwerken verhält. Zur Frage, wie man sich in sozialen Netzwerken verhält, kann man tatsächlich auch eine lange Diskussion anhand eines Abgeordneten des Deutschen Bundestags, Herrn Schipanski, führen,
der übrigens in der Frage des Blockierens von Menschen, die eine andere Meinung haben als er, ein wirklich aktiver Akteur in den sozialen Netzwerken ist.
Wer im Glashaus sitzt, werfe den ersten Stein. Insofern lassen Sie uns doch wieder zur Sache zurückkommen und das ist, glaube ich, was im Sinne dessen ist, was der Kollege Mohring hier angesprochen hat, wie er sich quasi auf Habermas‘ Kommu
nikationstheorie und den zwanglosen Zwang des besseren Arguments bezogen hat und dem sollte man in der Debatte hier wieder Rechnung tragen. Insofern geht es in diesem Gesetz darum, dass direkte Demokratie ausgebaut werden soll. Direkte Demokratie ausbauen heißt, dass wir uns tatsächlich anschauen müssen, was die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen sind, die bisher bestehen. Der Abgeordnete Mohring war sehr freizügig in dem Durchmischen der unterschiedlichsten Themenfelder, nämlich der verfassungsrechtlichen Überprüfung eines Vorschaltgesetzes zur Gebietsreform und der verfassungsrechtlich vorgegebenen Prüfung, die eine Regierung, wenn ein Antrag auf Volksbegehren gestellt wird, zu der Frage vornehmen muss, ob es einen Haushaltsvorbehalt gibt. Dass wir darüber reden können und der Ministerpräsident seit Anbeginn seiner Amtszeit die Frage stellt, ob wir insgesamt zu mehr Regelungen der direkten Demokratie kommen und auch den Haushaltsvorbehalt bei Volksbegehren zurücknehmen, ist eine Debatte, über die wir tatsächlich in diesem Landtag und auch seitens der Landesregierung gern reden und diskutieren wollen.
Wir wissen, dass es dazu unterschiedliche Meinungen, auch unterschiedliche Begründungen gibt, aber das eine mit dem anderen hier unzulässig zu vermischen, um am Ende über ein Twitter-Verhalten von unterschiedlichen politischen Akteuren zu sprechen, ist nicht Inhalt dieses Gesetzentwurfs.
Der Gesetzentwurf setzt um, was im Koalitionsvertrag unter dem Motto „Mitmachen, mitbestimmen, Verantwortung tragen“ vereinbart worden ist. Die Landesregierung hat bereits im Jahr 2015 eine Gesetzesinitiative zur Herabsetzung des Wahlalters von 18 auf 16 Jahre gestartet. Diese Gesetzesinitiative ist seinerzeit auf Initiative derjenigen Partei, die sich heute zum Fürsprecher der jungen Leute und der direkten Demokratie macht, der CDU, verhindert worden und ist insofern
nur auf der Kommunalebene durchgesetzt worden – da die CDU der festen Überzeugung war, dass junge Leute, so wie der Fraktionsvorsitzende es hier sagt, zwar viele Rechte haben sollten, aber nicht auf Landesebene, nur auf kommunaler Ebene.
„[Deine] Rede […] sei: Ja, ja; nein, nein. [Alles Weitere] ist vom Übe“ – so steht es schon in der Bibel.
Insofern finden wir es positiv, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nun ein zweiter Anlauf unternommen wird. Die damals angeführten guten Gründe, die für eine solche Herabsenkung sprechen, gelten heute umso mehr, denn – und da kann ich durchaus an das anschließen, was der Fraktionsvorsitzende der CDU sagte – die Herabsenkung des Wahlalters ist eine logische Konsequenz aus veränderten Lebenssituationen von Jugendlichen, auch in der Informations- und Mediengesellschaft. Partizipation und Mitwirkung in allen gesellschaftlichen Bereichen ist für viele Jugendliche heute selbstverständlich und genau dieser Frage trägt dieser Gesetzentwurf Rechnung. Wir unterstützen als Landesregierung diese aus dem Parlament eingebrachte Initiative, weil sie dem Rechnung trägt, was wir als Landesregierung damals noch unter dem verehrten Minister Poppenhäger begonnen haben und hier wieder erneut zur Diskussion gestellt wird. Vielen Dank.
Vielen Dank. Ich schließe damit die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung. Es ist Überweisung an den Ausschuss für Inneres und Kommunales und an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz beantragt worden. Ich stimme zunächst über die Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss ab. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Wie bitte?
Doch, mir wurde mitgeteilt, es wurde beantragt, jetzt lasse ich es abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist offensichtlich keiner, wahrscheinlich ist der Antragsteller nicht da. Damit ist diese Beantragung erledigt und
wir kommen zur Abstimmung über die Überweisung an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen, der CDU-Fraktion und der Abgeordneten Gentele und Krumpe. Danke schön. Gegenstimmen? Enthaltungen? Die Stimmen der AfDFraktion. Damit mit Mehrheit an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz überwiesen.
Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt. Gibt es noch irgendwelche Wünsche zum Tagesordnungspunkt? Das ist nicht der Fall. Ich schließe damit also diesen Tagesordnungspunkt.
Thüringer Gesetz über die Errichtung eines Beteiligtentransparenzregisters beim Landtag – Thüringer Beteiligtentransparenzregistergesetz – (ThürBeteiltransG) Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/4807 ERSTE BERATUNG
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ein durchaus sperriger Name: Beteiligtentransparenzregistergesetz. Die drei Regierungsfraktionen hatten sich zur Aufgabe gemacht, beim Landtag ein Transparenzregister einzurichten, um offenzulegen, welche Organisationen und welche Einzelpersonen an parlamentarischen Vorgängen beteiligt sind.
Was jetzt unter einem zugegebenermaßen – ich sagte es schon – etwas sperrigen Namen vorliegt, erfüllt diesen Anspruch in besonderer Weise. Politikerinnen und Politiker aller Ebenen sind oftmals auf externen Sachverstand angewiesen, um auf den verschiedensten Gebieten kompetente Entscheidungen treffen zu können. Sie greifen hierfür auf Expertenkommissionen, auf Forschungsinstitute und auf Expertise aus Verbänden und Vereinen sowie auf professionelle Beraterinnen und Berater zurück. Das ist sozusagen unser Alltag. Objektive Beratung und interessensgeleitete Einflussnahme markieren dabei die theoretischen Gegenpole. Faktisch jedoch sind die Grenzen zwischen objektiver Beratung und dezidierter Interessenvertretung fließend. In der öffentlichen Wahrnehmung des sogenannten Lobbyismus wird dieser häufig mit negativen Erscheinungen wie Manipulation und Korruption in Verbindung gebracht. Dabei wird allerdings außer Acht gelassen, dass interessengeleitete Einflussnahme auf die politischen Akteurinnen und Akteure an sich selbstverständlicher und auch legitimer Bestandteil des demokratischen Prozesses ist, die eine ausgewogene Gestaltung öffentlicher Angelegenheiten überhaupt erst ermöglicht.
Eine Kernforderung an Beteiligung im demokratischen System ist hierbei die Transparenz – und darauf kommt es uns an – von politischen Entscheidungsfindungen für die Bürgerinnen und Bürger, damit sie auch nachvollziehen können, warum und wie beispielsweise welche Expertisen in Gesetzesvorhaben Eingang finden. Thüringen wird diese Forderung, wie sie etwa von LobbyControll und Transparency schon lange erhoben wird, nun konsequent umsetzen. Wir sehen mit unserem Gesetzesvorschlag eine Registrierung von Amts wegen vor, wenn sich eine natürliche oder juristische Person mit Stellungnahmen an einem bestimmten parlamentarischen Verfahren beteiligt. Das heißt, es wird eben keine Art – ich nenne es mal – „Kontaktsperre“ von nicht registrierten Personen zu Abgeordneten geben. Die Ausübung des freien Mandats wird nicht eingeschränkt und die Mitglieder des Landtags sind nach wie vor frei darin zu entscheiden, mit wem sie sich austauschen wollen. Nur bei ganz konkreten Vorhaben, insbesondere Gesetzgebungsverfahren, greift die Registrierung ein, sobald die Beteiligten aktiv werden. Durch die Herstellung größtmöglicher Transparenz wird jeglicher böse Schein von vornherein vermieden.
Das Beteiligtentransparenzregister wird benutzerfreundlich ausgestaltet. Grundsätzlich soll – so unser Vorschlag – die Einsichtnahme in das Register online erfolgen. Das Landtagspräsidium wird hierzu ein Umsetzungskonzept erarbeiten und dem zuständigen Fachausschuss zur Kenntnis geben. Verstöße gegen die Registrierungspflicht müssen effektive Sanktionen nach sich ziehen. Unser Gesetzentwurf unterscheidet zwischen der Schwere und der Art der Regelverletzung. Nach vorheriger Androhung entscheidet das Landtagspräsidium über ein Ordnungsgeld zwischen 100 und 10.000 Euro.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden drei Ziele erreicht:
1. Die Bürgerinnen und Bürger haben das Recht zu wissen, unter welchen Umständen politische Entscheidungen getroffen werden. Das setzt natürlich einen Zugang zu Informationen darüber voraus, welche Akteure und welche Interessen Einfluss genommen haben.
2. Umfassende Transparenz ist die Voraussetzung, um im öffentlichen Interesse gleiche Regeln für alle Interessensträger zu schaffen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf schafft einen sogenannten legislativen Fußabdruck, der sichtbar machen kann, wenn in einzelnen Feldern Partikularinteressen überwiegen, und der so einen präventiven Schutzmechanismus gegen einseitige Entscheidungen bildet.
Ich freue mich auf die Debatte und hoffe dann natürlich auch auf eine Verweisung an den Justizausschuss. Vielen herzlichen Dank.
Vielen Dank. Ich eröffne die Beratung und als Erster erhält Abgeordneter Scherer für die CDU-Fraktion das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn ich nachher von Herrn Adams wieder eine Schulnote „ungenügend“ bekomme
mit der Behauptung, ich würde hier Sachen sagen, von denen ich genau wüsste, dass sie falsch sind – was ich schlicht für eine Unverschämtheit halte –, erlaube ich mir trotzdem, Folgendes zu sagen:
Ich habe von dieser Stelle aus schon mehrfach bei Gesetzentwürfen der AfD von purem Populismus gesprochen. Das Beteiligtentransparenzgesetz will ich nicht unbedingt als reinen Populismus bezeichnen, aber den Titel „Aktionismus“ verdient der Entwurf aus meiner Sicht allemal.
Ich will gar nicht darüber reden, dass Linke und Grüne in Thüringen alles das, was auf Bundesebene bereits abgelehnt wurde – übrigens mit den Stimmen der SPD –, dann versuchen, in Thüringen durchzudrücken – ob es nun für Thüringen passt oder nicht. Das Thüringer Beteiligtentransparenzregistergesetz ist jedenfalls ein Musterbeispiel für eine neue Art von Bürokratie und staatlicher Kontrolle unter dem Mäntelchen angeblicher Bürgernähe, die Sie ja glauben, für sich gepachtet zu haben. Es wird hier ein Lobbyismus-Popanz aufgebauscht – im Sinne von Einflussnahme, Korruption und Bestechung –, der mit der Wirklichkeit in der Gesetzgebung im Thüringer Landtag nicht das Geringste zu tun hat.
Auf die handwerklichen Mängel des Entwurfs will ich nur kurz eingehen. Herr Ministerpräsident, es wird Sie überraschen, dass Sie zum Subjekt eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens werden können, wenn die Staatskanzlei etwa einen Fehler bei der Übermittlung von Daten nach § 4 des Gesetzes macht. Legen Sie dann dagegen Einspruch ein, dann stehen sich der Landtagspräsident als derjenige, der das Ordnungsgeld verhängt, und der Ministerpräsident als Beschuldigter gegenüber, denn nach § 4 ist die Landesregierung zur Datenmeldung verpflichtet und nach § 6 ist die Landesregierung