In unseren Räumlichkeiten stoßen wir dann schnell an Grenzen; auch sehe ich hier den hohen finanziellen Einsatz für die notwendigen, anstehenden Umbauarbeiten.
Und es geht mir in meinem Wahlkreis nicht allein so. Ich kenne genügend Einrichtungen, die in den letzten Jahren sehr viel investiert haben und jetzt nochmalig Geld in die Hand nehmen müssten.
Ich weiß auch nicht, warum wir von einer bisher sehr guten Praxis abweichen. In jeder Region gibt es integrative Kindergärten,
die mit entsprechendem, spezialisiertem Fachpersonal kompetent mit den Kindern arbeiten. Als Mutter eines behinderten Kindes würde ich nicht die ortsnahe Betreuung wählen, sondern ich würde eine Einrichtung in der Nähe wählen, in der mein Kind optimal gefördert wird und in der auch die Ausstattung entsprechend ausgelegt ist.
Ich verweise hier noch mal auf die Stellungnahme des Gemeinde- und Städtebunds, denn er hat zu Recht von Millionenkosten in einem dreistelligen Bereich gesprochen. Das, denke ich, sollte man nicht ignorieren. Auch wenn Sie einen Blick in Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention werfen, erkennen Sie, dass das Recht behinderter Menschen auf Bildung auf allen Ebenen anerkannt und umgesetzt werden muss. Das wurde bei uns in Thüringen bisher sehr gut gemacht. Ich stelle nicht in Abrede, dass ein gutes Miteinander und frühzeitiges Kennenlernen von behinderten und nicht behinderten Kindern gerade soziale Kompetenzen stärkt und gewisse Barrieren im Alltag abbaut. Deshalb sind die integrativen Kindergärten auch ein optimales Angebot.
Nun komme ich zu einem weiteren Punkt: Das ist die Umsetzung. Das Gesetz soll zum 01.01.2018 in Kraft treten. Was passiert vor Ort? In meiner Gemeinde haben wir sehr lange gewartet und ziemlich zum Schlusspunkt jetzt im Dezember die Sitzung mit dem Träger gehabt, um den Wirtschaftsplan zu verabschieden, der uns schon seit Juli vorlag. Ich dachte aber, wir sind schon etwas konkreter mit den Dingen, die dieses Gesetz uns auferlegt und können das einarbeiten. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Klarheit hat es nicht gebracht. Wir stehen heute vor einer Reihe von Fragen und vieles ist noch unklar. Wird den Kommunen das Geld erstattet, vor allem wann?
Wie funktionieren Um- und Abmeldung während eines Kindergartenjahrs? Welche Stichtage gibt es? Was passiert mit notwendigen Erhöhungen der Kindergartengebühren im laufenden Jahr und deren Erstattung für die letzten Besucher des Kindergartens? Wie gehen wir mit einkommensabhängigen Gebühren um, die sich verändern?
Einen weiteren Punkt will ich nur andeuten: Das sind die Kosten für die Vor-, Zu- und Nachbereitung der Mahlzeiten. Diese müssen jetzt neu auf das Verpflegungsgeld umgelegt werden.
Das bezahlen die Eltern. Sie hatten den Anspruch, dass die Eltern nicht mehr zahlen müssen. Letztendlich muss ich wahrscheinlich sogar investive Kosten – wir haben eine neue Küche im Kindergarten – umlegen.
Sie wollten Eltern entlasten, aber ich sehe, dass viele Neuregelungen genau das konterkarieren. Eine weitere Neuregelung ist nämlich, dass die Leiterin/der Leiter einer Einrichtung ab einer Kinderzahl von 69 Kindern einen Hochschulabschluss nachweisen muss. Das bringt doch Erhöhungen im Personalbereich und damit Erhöhungen auch bei den Betreuungskosten. Ich bin nicht sicher, ob die 100 Millionen Euro, die hier in den Raum gestellt wurden, dazu ausreichen. Ich muss auch sagen, das ist ja eine Frechheit, wenn die Kommunen Erhöhungen machen. Herr Kuschel, Sie waren übrigens im Stadtrat in Arnstadt auch dabei und haben jetzt erst Erhöhungen beschlossen, habe ich mir gerade sagen lassen.
Hier die Kommunen als Lügner, als Betrüger, als Trickser, als Täuscher zu bezeichnen – Herr Wolf, Frau Pelke – das ist schon eine gehörige Frechheit.
Betriebskosten steigen, das wissen wir aus dem eigenen Privatbereich, das wird auch bei Kindergärten passieren. Das Verpflegungsgeld ist jetzt noch mal mit heranzuziehen und einzurechnen. Wie gesagt, es ist ein Gesetz, es ist hinreichend debattiert worden. Das ist gut und richtig und so muss es auch sein. Aber heute beschließen wir. Wir haben jetzt noch vierzehn Tage Zeit im Ort, in den Kommunen, um diese Dinge umzusetzen. Denken Sie doch allein an das Personal für die Drei- bis Vierjährigen, das jetzt nötig wird. Das ist doch nicht einfach auf der Straße zu finden.
(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Sie sollten das Gesetz auch lesen, zu dem Sie sprechen!)
Da gibt es natürlich schon erhebliche Schwierigkeiten in der Umsetzung. Es bleibt nur zu hoffen, werter Minister, dass uns die Durchführungsbestimmung, Rechtsverordnung, all die Dinge, die notwendig sind, um in den Kommunen Rechtssicherheit zu schaffen, entsprechend auch zeitnah vorgelegt werden. Danke schön.
Danke schön, Frau Holbe. Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir nicht vor. Ich würde damit Herrn Minister Holter das Wort für die Landesregierung erteilen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, sehr geehrte Abgeordnete, werte Gäste auf der Tribüne, liebe Vertreterinnen der Landeselternvertretung Kita, sehr geehrte Frau Grosse-Röthig, sehr geehrter Herr Wagner und sehr geehrter Herr Richter! Sehr geehrter Herr Weinrich, ich freue mich, dass Sie auch da sind, sozusagen noch zum Ende Ihrer Tätigkeit in Thüringen!
Sie wollen noch miterleben, wie das Kita-Gesetz verabschiedet wird. Und ich darf auch Nadine Hübener von der GEW begrüßen und alle diejenigen, die uns am Livestream zuschauen, ebenfalls.
Jeden Morgen in der Früh bringen Mütter und Väter, Omas und Opas Kinder in die Kindertagesstätte. Sie bringen ihre Kinder gern hin, die Kindern gehen sehr gern dort hin, weil sie gut aufgehoben sind, weil sie nicht nur betreut werden, sondern weil sie von leidenschaftlichen, engagierten, kompetenten Erzieherinnen und Erziehern auch gebildet werden. Ich denke, es ist Zeit, heute
den Frauen und Männern, die in den Kitas arbeiten, Danke zu sagen. 90.000 Kinder gehen in Thüringen in eine Kindertagesstätte. Ein Alleinstellungsmerkmal Thüringens, Herr Ministerpräsident, ist, dass wir Kinder 10 Stunden betreuen. Andere Länder liegen deutlich darunter, ich will das noch mal unterstreichen. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal Thüringens,
das ist auch eine familienpolitische Entscheidung. Die Landesvertretung Kita hat heute Morgen über Twitter mitgeteilt, Bildungsgerechtigkeit meets Familienfreundlichkeit. Ich füge hinzu: Gegenwart trifft Zukunft. Ich sagen Ihnen, dieses Gesetz ist eine Einladung an junge Menschen und an junge Familien – an junge Menschen in Thüringen zu bleiben, eine Familie zu gründen bzw. nach Thüringen zu kommen und an junge Familien hierzubleiben, hier zu leben und hier zu arbeiten, weil es gute Bedingungen in der Kita gibt.
Meine Damen und Herren, ich will etwas zu dem parlamentarischen Verfahren sagen. Im Juni dieses Jahres wurde das Gesetz in den Landtag eingebracht. Man kann ein halbes Jahr rechnen, ich rechne mal die Sommerpause heraus, dann kommen wir auf vier Monate. Mir geht es bloß darum, dass dieses Gesetz in einem zügigen Verfahren behandelt wurde.
Ja, Frau Rosin, es gab ein paar Stolpersteine, und Herr Präsident, ich will das gern wiederholen, ich danke Ihnen und Ihrer Verwaltung ausdrücklich für die Unterstützung, damit wir mit der Fassung vom 27. September eine einheitliche Grundlage für die Behandlung dieses Gesetzes hier im Landtag hatten.
Und ich danke den Koalitionsfraktionen für die engagierte und inhaltsreiche Bearbeitung dieses Gesetzentwurfs sowie allen, die an der Anhörung teilgenommen haben. Ich danke auch Ihnen von der Opposition. Wissen Sie warum? Es sind heute in der Debatte noch mal die Unterschiede zwischen der AfD, der CDU und den Koalitionsfraktionen in familienpolitischen, in kinderpolitischen, in frauenpolitischen und anderen Fragen deutlich geworden.