Es geht ihr zweitens darum, Menschen, die zu uns kommen, zu kriminalisieren und das Bild des kriminellen Ausländers immer wieder in die Öffentlichkeit zu tragen.
Es geht ihr drittens darum, alle anderen in diesem Land als Strolche zu beschimpfen und sich dann noch als Opfer darzustellen.
Was sie allerdings mit ihrer Antragstellung und ihren Redebeiträgen nicht macht, ist, tatsächlich für öffentliche Sicherheit zu sorgen oder auch nur einen konstruktiven Vorschlag zu machen.
Ich will es noch mal in aller Deutlichkeit sagen: Die AfD war es, die hier in Thüringen gesagt hat, der Anger ist ein Schwerpunkt von Ausländerkriminalität, der Anger ist der Ort, wo geflüchtete Syrer, Afghanen die Straftäter stellen. Ich sage es Ihnen noch mal – nur beispielhaft – 1. Halbjahr 2016: fünf tatverdächtige Syrer, zweimal Ladendiebstahl, einmal Beförderungserschleichung, eine einfache Körperverletzung.
Da zeigt sich doch schon, dass das Bild, was Sie hier zeigen, mit der eigentlichen, tatsächlichen Situation nichts zu tun hat.
Aber was wir machen müssen, meine Damen und Herren, wenn wir das Sicherheitsgefühl der Menschen in diesem Land ernst nehmen wollen, dann müssen wir nicht die Angst bestärken, sondern wir müssen in den Diskurs
ich bin sofort zu Ende – treten über den realistischen Begründungsgehalt dieser Angst, und wir müssen die tatsächliche Situation darstellen und uns darüber austauschen, woher die Angst kommt.
Aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Für die Landesregierung hat Staatssekretär Götze das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Fraktion der CDU fordert unter Berufung auf die Ergebnisse einer von der „Thüringer Allgemeinen“ durchgeführten Umfrage zum Thema „Videoüberwachung öffentlicher Plätze“ deren Ausbau. Die Debatte über
den Einsatz von Videotechnik im öffentlichen Raum wird in Deutschland seit Jahren intensiv geführt. Während Befürworter auf den Abschreckungseffekt und die durch die Videoaufzeichnung erleichterten strafrechtlichen Ermittlungen verweisen, stellen Gegner die Eignung der Maßnahmen in Gänze infrage, weil sie Kriminalität nur in unbeobachtete Bereiche verdrängen würden.
Darüber hinaus wird der mit der Videoüberwachung verbundene Grundrechtseingriff in der Debatte in Deutschland traditionell stark in den Vordergrund gerückt. Bei allen Unterschieden in der Bewertung dürfte jedoch große Einigkeit bestehen, dass eine flächendeckende Überwachung in Deutschland von niemandem gewünscht wird,
sondern sich Videoüberwachung auf Kriminalitätsbrennpunkte und auf besonders gefährdete Objekte und Orte beschränken sollte.
Lassen Sie mich die rechtlichen Voraussetzungen für die polizeiliche Videoüberwachung in Thüringen kurz skizzieren. § 33 Abs. 2 Nr. 1 PAG setzt für die polizeiliche Videoüberwachung voraus, dass an einem öffentlichen Ort tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dort Straftaten verabredet, vorbereitet oder verübt werden sollen. Diese Beschreibung entspricht der des sogenannten gefährlichen Orts oder – geläufiger ausgedrückt – einem Kriminalitätsbrennpunkt.
Der Normzweck ist die Abwehr von Gefahren. Die Maßnahme muss also vorrangig dazu dienen, die Begehung von Straftaten im betroffenen Bereich zu verhüten. Die Dokumentation begangener Straftaten kann allenfalls ein Nebeneffekt sein. Die Einstufung eines Ortes als Kriminalitätsbrennpunkt bedarf einer auf nachprüfbaren Fakten beruhenden Analyse der Kriminalitätsbelastung. Diese muss sich in Bezug auf den zu betrachtenden Ort deutlich von den anderen Teilen des Gemeinde- bzw. Stadtgebietes abheben. Für die Konzeption einer Videoüberwachungsmaßnahme ist über die Feststellung eines Kriminalitätsbrennpunkts hinaus vor allem entscheidend, welche konkreten Delikte begangen werden und ob eine Videoüberwachung überhaupt zur Verhinderung dieser Delikte beitragen kann.
Lassen Sie es mich an einem Beispiel verdeutlichen. Ladendiebstähle, Scheckkartenbetrug oder der Versuch, Falschgeld in Umlauf zu bringen, sind in innerstädtischen Einkaufszonen häufig anzutreffende Delikte, die allerdings vorwiegend in den Geschäften stattfinden. Die Videoüberwachung der angrenzenden Fußgängerzone kann hier wenig bis gar nichts zur Verhinderung solcher Straftaten beitragen.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, in Bezug auf den zweiten Punkt des Antrags möchte ich Folgendes ausführen: Durch die Thüringer Polizeibehörden sind momentan vier Orte als gefährliche Orte eingestuft: in der Stadt Erfurt der Anger, der Willy-Brandt-Platz und die Magdeburger Allee sowie in der Stadt Suhl die Königstraße 44. Soweit der Antrag im Weiteren eine umfängliche Prüfung der Ausbaumöglichkeiten für die Videoüberwachung und eine Berichterstattung im Innenausschuss vorsieht, möchte ich eines in aller Deutlichkeit bereits heute feststellen: Die Entscheidung, welche konkreten Maßnahmen zur Minderung der Kriminalitätsbelastung eines bestimmten Ortes zu veranlassen sind, ist weder durch die Landesregierung noch durch den Thüringer Landtag zu treffen. Verantwortlich sind die örtlich zuständigen Polizeibehörden, die diese Entscheidung in enger Abstimmung mit der Kommune aufgrund der bestehenden gesetzlichen Grundlagen zu treffen haben. Der Einsatz von Videotechnik kann ein Baustein in einem derartigen polizeilichen Konzept sein, er muss es aber nicht zwingend sein. Das polizeiliche Befugnisinstrumentarium ist vorhanden und ausreichend. Ich glaube, wir tun gut daran, Kriminalitätsschwerpunkte nicht künstlich hochzustilisieren bzw. in der Öffentlichkeit herbeizureden.
Werden andererseits solche gefährlichen Orte aufgrund von belastbaren Analysen erkannt, muss und wird dieses Instrumentarium zur Anwendung gebracht werden.
Lassen Sie mich an dieser Stelle deutlich unterstreichen: Unsere Zielstellung ist es, die Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger unseres Freistaats beständig zu verbessern. Der aufgeworfene Punkt des Antrags der CDU-Fraktion trägt hierzu jedoch nicht bei.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wenn wir über die Möglichkeit einer Verbesserung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung durch das Mittel der Videoüberwachung diskutieren, dürfen wir die Möglichkeiten der Kommunen und der Anbieter des öffentlichen Nahverkehrs nicht außer Acht lassen. Auch die Kommunen haben nach § 26 Nr. 1 des Ordnungsbehördengesetzes die Befugnis zum Einsatz von Videotechnik zur Gefahrenabwehr. Gleiches gilt für die Unternehmen im Nahverkehr oder die Betreiber von öffentlich zugänglichen Einrichtungen mit hoher Publikumsfrequenz. Für diese Bereiche bildet § 6 b des Bundesdatenschutzgesetzes bzw. § 25 a des Thüringer Datenschutzgesetzes die erforderliche Rechtsgrundlage. Auch hier sehe ich ein ausreichendes rechtliches Instrumentarium. Wie bei den polizeilichen Maßnahmen gilt hier für mich, dass über den Einsatz von Kameras verantwortungsvoll vor Ort anhand
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, im Hinblick auf den Alternativantrag der AfD-Fraktion ist aus Sicht der Landesregierung Folgendes anzumerken: Wie ich bereits ausführte, obliegt die Auswahl der zu treffenden Maßnahmen zur Minimierung der Kriminalitätsbelastung der örtlich zuständigen Polizeibehörde. Zur Reduzierung von allgemeinen Kriminalitätsformen gehört zuallererst die verstärkte Bestreifung zu erkannten Schwerpunktzeiten. Es handelt sich hierbei um eine Standardmaßnahme, die während des Regeldienstes geleistet wird. Deswegen bedarf es keiner gesonderten Beschlussfassung des Landtags, wie sie durch die AfD vorgeschlagen wird. Der Test sogenannter intelligenter Videoüberwachungssysteme durch die Bundespolizei hat am Bahnhof Berlin Südkreuz gerade erst begonnen. Diese Art der Videoüberwachung beruht im Wesentlichen auf der biometrischen Messung der Gesichtsgeometrie, um die Aufzeichnungsergebnisse mit Referenzdaten aus einer polizeilichen Datenbank abzugleichen. Bei der intelligenten Videoüberwachung handelt es sich also um einen vollständig neuen Technikbereich, die bisher von den Polizeien noch nicht standardisiert eingesetzt wird und deren Geeignetheit es erst abzuwarten gilt. Erst nach Abschluss der Berliner Tests und den gesammelten Erfahrungen ist eine seriöse Aussage darüber möglich, ob die Gesichtserkennung überhaupt schon einen Entwicklungsstand erreicht hat, der den polizeilichen Anforderungen genügen könnte. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sieht die Landesregierung deshalb keine Veranlassung für eine vertiefte Befassung.
Soweit die Einbindung des Landesbeauftragten für den Datenschutz bei der Implementierung von Videoüberwachungsmaßnahmen gefordert wird, weise ich darauf hin, dass dies ohnehin durch § 33 Abs. 3 Satz 4 des Polizeiaufgabengesetzes vorgeschrieben ist. Insoweit erscheint eine Beschlussfassung aus Sicht der Landesregierung entbehrlich.
Noch eine Anmerkung: Herr Walk, Sie hatten es erwähnt, ich war Ordnungsamtsleiter in Erfurt und auch Beigeordneter. 2007 – da waren Sie, glaube ich, noch im Innenministerium beschäftigt – hatten wir ein riesengroßes Problem mit Alkoholkonsum im Bereich Anger. Ich hatte mich damals für ein Alkoholverbot eingesetzt und dieses auch durchgesetzt. Es hat natürlich auch entsprechende Wirkung gezeigt. Ich hatte damals mit einer Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts argumentiert. Das Oberverwaltungsgericht hatte in einer Entscheidung im Jahr 2007 interessanterweise ausgeführt, dass das subjektive Sicherheitsempfinden, um das es in Ihrem Antrag geht, Schutzgut der öf
fentlichen Sicherheit und Ordnung wäre. Genau daraufhin haben wir unsere Rechtsverordnung erlassen und haben so argumentiert. Sie wissen, wir haben vor dem Oberverwaltungsgericht im Jahr 2012 eine Niederlage erlitten. Das Alkoholverbot gilt noch im Umkreis von Schulen, Kindergärten und auf Kinderspielplätzen, aber nicht mehr auf dem Anger.
Ich möchte die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts, die immer noch gilt, in Erinnerung rufen, die sich auch mit ihrer ursprünglichen Rechtsprechung, die das subjektive Sicherheitsempfinden quasi zum Schutzgut der öffentlichen Ordnung erklärt hat, auseinandersetzt. Ich darf kurz aus dem Urteil vom 21.06.2012 zitieren: „Um für die Zukunft etwaigen Missverständnissen vorzubeugen, hält der Senat folgende Klarstellung für geboten: Soweit nach jenem Senatsurteil vom 26. April 2007 einem ‚subjektiven Unsicherheitsgefühl‘ eine weitergehende gefahrenrechtliche Bedeutung als die vorstehend beschriebene zukommen kann, hält der Senat daran nicht fest. Ein bloßes ‚subjektives Unsicherheitsgefühl‘ kann für sich besehen nicht Schutzgut der öffentlichen Sicherheit sein […]. Dies ließe sich schon nicht mit dem klassischen, hier maßgeblichen Gefahrenbegriff in Einklang bringen, wie er in der ständigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, namentlich auch derjenigen des Bundesverwaltungsgerichts […] zu Grunde gelegt wird. Danach wird gerade vorausgesetzt, dass grundsätzlich objektiv und mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der Eintritt eines Schadens droht. Demgegenüber soll es beim ‚subjektiven Unsicherheitsgefühl‘ nicht darauf ankommen, ob es ‚einer tatsächlichen (objektiven) Gefährdung von Personen und Sachen entspricht‘ […].“ Damit läuft Ihr Antrag schon rechtlich ins Leere, weil Sie damit vor dem Oberverwaltungsgericht definitiv Schiffbruch erleiden werden. Herzlichen Dank.
Es ist zum Antrag der Fraktion der CDU Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss beantragt. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der CDUFraktion und der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Das sind die Koalitionsfraktionen und Abgeordneter Gentele. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.
Damit stimmen wir direkt über den Antrag der Fraktion der CDU in Drucksache 6/4503 in der Neufassung ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der CDU-Frak
tion. Gegenstimmen? Die Koalitionsfraktionen, Abgeordneter Gentele und die AfD-Fraktion. Damit ist der Antrag der CDU-Fraktion abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über die Ausschussüberweisung des Alternativantrags der Fraktion der AfD. Es ist die Überweisung an den Innenund Kommunalausschuss beantragt. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Das sind die Koalitionsfraktionen und die CDU-Fraktion. Enthaltungen? Einige Enthaltungen aus der CDU-Fraktion. Damit ist die Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss abgelehnt.
Es ist Überweisung an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz beantragt worden. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen, der CDU-Fraktion und des Abgeordneten Gentele. Stimmenthaltungen? Bei einzelnen Stimmenthaltungen der CDU-Fraktion ist die Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz abgelehnt.
Wir stimmen deshalb direkt über den Alternativantrag der Fraktion der AfD in Drucksache 6/4537 ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen, der CDU-Fraktion und des Abgeordneten Gentele. Stimmenthaltungen? Das sind einzelne Mitglieder der CDU-Fraktion. Damit ist der Alternativantrag in Drucksache 6/4537 abgelehnt.