Meine Damen und Herren, ich hatte eigentlich gedacht, ich kann mir meinen Redebeitrag heute ersparen. Eine völlig unverfängliche Antragstellung der CDU-Fraktion, von der ich dachte, dass sie eigentlich fraktionsübergreifend mitgetragen wird. Wir waren gemeinsam vorgestern Abend auf dem parlamentarischen Abend des Handwerks. Das Schö
ne und Interessante daran war, es gab eine Podiumsdiskussion und alle Fraktionen waren an der Podiumsdiskussion beteiligt. Es gab kritische Worte des Handwerkskammerpräsidenten, die sicherlich noch alle, die mit zugegen waren, in den Ohren haben. In der Podiumsdiskussion kam eines herüber, und zwar von allen Fraktionen: Wir wollen das Handwerk auf allen Ebenen unterstützen.
Das war der Tenor. Da ich nun weiß – heute ist das wieder ganz markant geworden –, dass manche Politiker heute vergessen, was sie gestern gesagt haben, habe ich mir dann doch vorgenommen, meinen Redebeitrag heute hier im Interesse der Sache vorzuführen. Vor allen Dingen, damit auch die Zuschauer auf den Tribünen wissen, um was es geht. Ich möchte noch einmal zu den vier Kernpunkten des Antrags kommen, die ich Ihnen kurz noch einmal vortragen möchte.
Überschrift des Antrags, den wir heute eingebracht haben: „Handwerk stärken – Meisterbonus einführen“. Das ist keine Generaldebatte heute über das Meisterwesen in Thüringen.
I. Der Landtag stellt fest, dass die Meisterausbildung ein wichtiger Bestandteil für die Weiterqualifizierung von Fachkräften ist und als Qualitätssiegel im Handwerk dient.
II. Darüber hinaus betont der Landtag die Wichtigkeit der dualen Ausbildung als Ausbildungsmodell für Fachkräfte in Europa und spricht sich für die Beibehaltung des Meisterbriefs auf europäischer Ebene aus.
1. wie viele Personen seit 1990 erfolgreich eine Meisterausbildung in Thüringen absolviert haben (bitte in Fünfjahresscheiben) , so laut Antrag,
2. wie viele Personen seit 1990 eine Meisterausbildung begonnen hatten (bitte in Fünfjahresschei- ben),
3. wie hoch die Abbrecherquote in den einzelnen Jahrgängen seit 1990 im Bereich der Meisterausbildung ist (auch dies bitte in Fünfjahresscheiben) und
1. bis Dezember 2015 ein Konzept zur Einführung eines Meisterbonus in Thüringen für das Thüringer Handwerk zu entwickeln und
2. bei einem erfolgreichen Abschließen der Meisterausbildung jeden Handwerksmeister mit 1.000 Euro zu fördern.
Noch einmal zur sachlichen Begründung gemäß Antrag: Die Handwerkskammern haben im Februar 2015 berichtet – dies natürlich auch an dem parlamentarischen Abend des Handwerks vorgestern Abend –, dass immer weniger Gesellen sich zum Meister weiterbilden lassen. Ein Rückgang in der Meisterausbildung bedroht das Rückgrat unserer heimischen Wirtschaft und schwächt den Wirtschaftsstandort Thüringen.
Noch einmal kurz zu ein paar statistischen Zahlen: Auf 10.000 Einwohner in Thüringen kommen 90 Handwerksbetriebe, im Bundesdurchschnitt sind es 70. Daran erkennt man schon die Wertigkeit des Handwerks speziell hier in Thüringen.
Auch das hat natürlich seine Gründe. Insofern ist es umso wichtiger, dass Thüringen nach Bayern – wir schauen in das Bundesland Bayern, obwohl es hier eigentlich um unsere eigenen Interessen geht – mit gutem Beispiel vorangeht und neue Anreize in der Meisterausbildung schafft. In Bayern wurde das Instrument des Meisterbonus von den Kammern positiv bewertet. Für sie ist der Meisterbonus ein wichtiger und richtiger Schritt, die Weiterbildung im Handwerk ein Stück attraktiver zu machen. Die Bonuszahlung von 1.000 Euro für eine erfolgreiche Anerkennung der beruflichen Weiterentwicklung setzt ein Zeichen, dass neben der akademischen die berufliche Bildung erstrebenswert ist. Wir haben gestern hier in vielen Diskussionen gehört, dass wir Thüringen immer mehr zu einem Bildungsland machen wollen. Dazu gehört natürlich so eine Bildung zum Handwerksmeister mindestens genauso.
Für den Wirtschaftsstandort Thüringen sind die Handwerksmeister nicht nur ein Garant für Qualität, sondern sie bilden – und das ist ein ganz wichtiger Punkt – ein wichtiges Reservoir an Selbstständigen. Eine Studie der Universität Göttingen kam zu dem Schluss, dass von Meistern geführte Handwerksbetriebe krisenfester sind als Firmen ohne Meister. Nach der Studie sind nach fünf Jahren 70 Prozent der Meisterbetriebe noch am Markt aktiv, während im gleichen Zeitraum nur noch 40 Prozent der nicht meistergeführten Unternehmen verblieben sind. Man sollte das einmal Revue passieren lassen. Welche Schicksale daran hängen, ich weiß nicht, ob das alle von Ihnen wissen. Gerade vor diesem Hintergrund, dass bis zum Jahr 2018 circa 2.800 Unternehmensnachfolgen in Thüringen anstehen und davon noch über 40 Prozent der betroffenen Unternehmen keine geeignete Lösung parat haben, weil es keine Nachfolger gibt, weil es eben niemanden mehr gibt, der den Mut aufbringt, eine Firma zu gründen – ich komme dann noch einmal darauf zurück –, muss die Meisterausbildung zusätzlich vor allem auch hier im Land Thüringen
Nun, meine Damen und Herren, es ist heute hier schon gesagt worden, durch die Novellierung der Handwerksordnung vor Jahren kam es dazu, dass in vielen Bereichen des Handwerks der Meisterzwang abgeschafft worden ist. Was ist seitdem passiert? Es gibt viele Betriebe, die haben den Meisterzwang noch und bei vielen ist er abgeschafft worden. Ein Beispiel ist das Fliesenlegerhandwerk. Hier wurde der Meisterzwang abgeschafft, seitdem haben sich eine Vielzahl von Betrieben gegründet und neulich stand in einer großen deutschen Zeitung: Hilferuf der Innungen des Fliesenlegerhandwerks. Durch die Abschaffung des Meisterzwangs kam es zur Gründung von vielen Betrieben und seitdem natürlich auch zur Häufung von vielen Problemen, was die Qualität der Ausführung von Arbeiten betrifft.
Bei den Innungen gehen Beschwerden ein, dass die Qualität auf Kosten der Quantität geht. Die Innung des Fliesenlegerhandwerks fordert zum Beispiel wieder die Einführung des Meisterzwangs.
Nun wissen wir, dass die Novellierung der Handwerksordnung, überhaupt das Thema Handwerksordnung, nicht das Thema dieses Antrags ist, aber ich gebe Ihnen recht, Herr Hausold – da bin ich sehr nah bei Ihnen –, es muss grundsätzlich über die Handwerksordnung nachgedacht werden. Ich sage jedem von hier aus, ich bin dafür und viele Kollegen von mir sind der gleichen Meinung: Wir brauchen in Deutschland wieder die Einführung des Meisterzwangs für alle Handwerksbetriebe!
Ich will Ihnen jetzt einmal ein Beispiel aus der Praxis erzählen, damit Sie wissen, wovon ich rede. Stellen Sie sich mal einen Handwerksmeister im Malergewerbe vor. Da gibt es diesen Meisterzwang noch, dann, wenn Sie einen Menschen beschäftigen wollen. Sie haben einen Handwerksbetrieb im Malergewerbe und haben natürlich als Meister auch die Möglichkeit, Lehrlinge auszubilden. Das ist auch Sinn und Zweck solcher Betriebe. Wir reden hier immer über Nachfolge, über Lehrausbildung. Nur wer einen Handwerksmeister hat, darf Lehrlinge ausbilden. Was passiert jetzt? Die Verwerfungen sind nicht nur auf dem Arbeitsmarkt dadurch, dass der Meisterzwang in vielen Bereichen abgeschafft worden ist. Es gibt noch viele ganz andere Verwerflichkeiten auf dem Handwerkssektor. Da gibt es den Fakt: Sie haben als Meisterbetrieb einen Lehrling im Malerhandwerk ausgebildet. Der Malerlehrling beendet danach seine Ausbildung und verlässt den Betrieb auf eigenen Wunsch und geht über Fördermaßnahmen als Selbstständiger aus der Arbeitslosigkeit hervor und darf gleiche Leistungen
vollbringen wie der Meisterbetrieb, solange er niemanden einstellt. Aber er wird nicht dafür sorgen, dass Berufsgenossenschaftsbeiträge bezahlt werden, dass Urlaubsgeldkassenbeiträge bezahlt werden und dass vor allen Dingen Arbeitgeberanteile in die Sozialsysteme bezahlt werden.
Deswegen muss grundsätzlich die Handwerksordnung neu durchdacht werden und der Meisterzwang in Thüringen, in Deutschland, bundesweit wieder eingeführt werden. Das sollte eine Bundesratsinitiative werden, die auch von Thüringen aus begleitet wird und die uns hilft. Insofern unterstütze ich das natürlich, dass wir die Handwerksordnung grundsätzlich noch mal evaluieren. Das erst mal zu dem Grundsätzlichen.
Es gibt in Deutschland zwei hervorragende Politiker, die sich jeder auf seine Art und Weise hervorgetan haben und sich ganz eindeutig zum Handwerk immer bekannt haben. Der eine ist Otto von Bismarck. Das ist schon einige Zeit zurückliegend.
Ich darf Ihnen mal zitieren, was dieser Mann, der heute noch bekannt ist durch seine Sozialreformen, die er eingeleitet hat – wir leben heute noch in den ganzen Sicherungssystemen des sozialen Netzes, Arbeitslosenversicherung, und damit hat er sich ins Stammbuch der Geschichte eingetragen. Heute noch wird über Otto von Bismarck diskutiert, wenn es um die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland geht, worauf wir übrigens stolz sind.
Der hat einmal zitiert bei einer Veranstaltung, auch wenn das schon im vorvorigen Jahrhundert war: Der Handwerkerstand, der den Kern des Mittelstands bildet, ist für ein Staatsleben unbedingt notwendig.
Dem gibt es nichts hinzuzufügen. Der andere Politiker aus neuester Zeit, der natürlich auf andere Art und Weise auf sich aufmerksam gemacht hat, ist unser Ministerpräsident Bodo Ramelow.
Ich hatte das Vergnügen, mit ihm gemeinsam vor einiger Zeit die Handwerkskammer in der Thüringenhalle zu besuchen, als dort die Handwerksbriefe an 260 Neumeister übergeben wurden. Der Ministerpräsident hat dort die Festrede gehalten. Ich möchte auch aus dieser Rede zitieren. Wo haben wir es? Jetzt ist wahrscheinlich der Zettel weg.
kommen und er hat dort gesagt, dass er davon ausgeht, dass es der Gesellschaft überhaupt nicht bewusst ist, welchen Stellenwert der Meister in Deutschland hat.
Ich habe das natürlich unterstützt, Herr Ministerpräsident, und heute nehme ich Sie beim Wort. Heute wünsche ich mir von Ihnen, dass Sie diesen Antrag der CDU schon aus reinem strategischen Denken mit übernehmen.