Herbert Wirkner
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Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, seit der Wiedergründung des Landes Thüringen im Jahr 1990 im Ergebnis der friedlichen Revolution des Herbstes 1989 hat sich die Thüringer CDU-Fraktion im Thüringer Landtag mit zahlreichen Initiativen für die Aufarbei
tung des SED-Unrechtsstaats und vor allem für dessen Opfer stark gemacht. Unter anderem fällt mir dabei der Erschließungsantrag der CDU zur Strafbarkeit der SED-Verbrechen vom 19. Juni 1991 ein, um das noch mal in Erinnerung zu bringen. Das Anliegen dieses Antrags aus der ersten Stunde des Parlaments in Thüringen war eine Aufforderung an alle mit der Ermittlung und Verfolgung von SED-Straftaten betrauten Behörden, das vorhandene rechtliche Instrumentarium voll auszuschöpfen und die Vergehen als Verstöße gegen Grundsätze der Menschlichkeit zu werten. Immer wieder wurde das Thema „Opfer des SED-Unrechtsstaats“ von der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag auf die Tagesordnung des Plenums gehoben, auch in den letzten fünf Jahren dieser Legislaturperiode.
Auch als Stimmen aus einer bestimmten politischen Richtung immer wieder lauter wurden, man sollte doch die Aufarbeitung des DDR-Unrechts endlich einmal abschließen, war es die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, die in der Landtagssitzung am 8. Juni 2006 deren Fortführung beschloss, um damit die Gerechtigkeit für die Opfer dieses Unrechts so weit wie möglich herzustellen.
Meine Damen und Herren, und schließlich möchte ich Sie auch aus aktuellem Anlass des 30. Jahrestags der friedlichen Revolution an unseren Plenarantrag in der Drucksache 6/5552 aus dem vergangenen Jahr erinnern. Ziel dieses Antrags, der leider nicht die Unterstützung der anderen demokratischen Parteien in diesem Hause gefunden hatte, weil man sich an einem solchen historisch untersetzten Begriff wie „sowjetische Besatzungszone“ störte, war es, von der Landesregierung frühzeitig ein Konzept zur angemessenen Erinnerung an die friedliche Revolution 1989 und an die deutsche Einheit 1990 vor 30 Jahren vorgelegt zu bekommen. Aus Sicht der CDU sind beide Jubiläen von außerordentlicher Bedeutung für die Wiedervereinigung unserer Nation und die Wiedergründung des Landes Thüringen, die entsprechend zu würdigen sind. Mit diesen und den vielen anderen parlamentarischen Initiativen, die von der CDU hier im Hohen Haus in den vergangenen Jahren ausgingen, möchten wir deutlich machen, dass für die CDU diese Erinnerung eine beständige staatspolitische Aufgabe ist, die die Auseinandersetzungen mit den Diktaturen des 20. Jahrhunderts aufgreift und auf diese Weise auch bei den Bürgern das Bewusstsein für die Voraussetzungen und die Zerbrechlichkeit freiheitlich demokratischer Verhältnisse schaffen soll.
Neben dieser Erinnerung sind für uns aber vor allem auch die Opfer und ihre Schicksale von beson
derer Bedeutung. Für viele Betroffene ist es nachvollziehbar eben sehr wichtig, dass ihre Leiden, ihr Status als Opfer der SED-Diktatur anerkannt werden. Aber neben der juristischen Rehabilitierung spielt dabei auch die Entschädigung eine große Rolle, die wir in dieser Legislatur ebenfalls mehrfach thematisiert haben – zum Beispiel in Verbindung mit der Verteilung der PMO-Mittel und einer Einrichtung eines Härtefallfonds für die betroffenen Opfergruppen.
Viele der ehemaligen politisch Verfolgten leiden noch heute unter den Folgeschäden, sei es dadurch, dass ihnen der Weg zum Abitur und damit eine bessere Ausbildung verwehrt worden ist,
sei es durch die gesundheitlichen Spätfolgen ihrer Haft oder sei es durch den Verlust ihrer Heimat und ihres Eigentums infolge von Zwangsaussiedlungen. Wir können zwar das Leid der Opfer der SED-Diktatur nicht mehr ungeschehen machen, aber wir sollten es zumindest lindern. Eine Entschädigung sollte deshalb für alle gelten, die Unrecht im Namen von SED und ihrem Machtinstrument – dem Ministerium für Staatssicherheit – erfahren haben.
Ich verspreche Ihnen, dass die CDU-Fraktion nicht müde wird, auch weiterhin dieses Anliegen im Parlament zu thematisieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus meiner persönlichen Sicht und der meiner Fraktion ist es aber auch erforderlich, dass vor allem Thüringens Schüler auch in Zukunft umfassend über die zweite Diktatur auf deutschem Boden informiert werden. Kein Schüler darf in Thüringen eine Schule verlassen, ohne zu wissen, wie schrecklich Gewaltherrschaft und Freiheitsentzug sind. Bei allen Mühen und Zwängen des Alltags muss uns immer präsent sein, wie wertvoll die Freiheit ist. Sie ist eben keine Selbstverständlichkeit, die vom Himmel fällt.
Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich noch einige Worte in Richtung der AfD verlieren. Ich bin eigentlich der Grünen-Fraktion sehr dankbar, dass sie in ihrer Begründung
zur Aktuellen Stunde die Geschichtsunkenntnis des AfD-Funktionärs klar herausstellt. Herr Höcke – und da spreche ich Sie noch einmal persönlich an –, ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie sich wirklich ein wahres Bild über die Verhältnisse in der DDR machen können.
Ich komme zum Ende. Das Vermächtnis der friedlichen Revolution ist die Auseinandersetzung mit den Diktaturen.
Das ist das Vermächtnis und nicht die Wende 2.0. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, das deutsche Handwerk braucht Hilfe,
die Wirtschaftsmacht von nebenan – so wird sie von den Handwerkskammern bezeichnet. Wer heute einen Handwerker braucht – und ich glaube, viele von Ihnen haben das in den letzten Monaten und Jahren schon versucht –, muss feststellen, dass er längere Wartezeiten in Kauf nehmen muss, weil die Kapazitäten zu gering sind, die Auftragslage ist gut. Das deutsche Handwerk war es, das gerade nach der friedlichen Revolution 1990 in Ostdeutschland dafür gesorgt hat, dass die Arbeitslosigkeit in weiten Teilen des Landes abgefedert worden ist, weil viele Industriebetriebe aufgelöst worden sind. Und das Handwerk war es, das viele Unternehmen gegründet hat, mitunter 10 bis 20 Angestellte, Lehrlinge ausgebildet hat. Ich möchte hier noch einmal grundsätzlich erklären: Seit 1993 gibt es in vielen Handwerksbetrieben tarifliche Regelungen.
Das Gemeinschaftswerk Aufbau Ost ist maßgeblich dem deutschen Handwerk mit zu verdanken. Wenn wir die Situation in den Städten und auch im ländlichen Raum von 1990 mit heute vergleichen, müssen wir feststellen: Das Handwerk hat große Leistungen erbracht. Unsere Städte sind wieder in einem ordentlichen Zustand. Da können wir uns freuen, dass das vor allen Dingen maßgeblich in den 90er-Jahren gelungen ist. Im Jahr 2004 war infolge der Agenda 2010 die Novellierung der bestehenden Handwerksordnung vorgenommen worden. In 53 Handwerksberufen wurde die Meisterpflicht abgeschafft. Das hatte sicherlich den Hintergrund, dass wir noch mehr Menschen die Möglichkeit geben wollten, sich selbstständig zu machen und die Arbeitslosigkeit abzubauen, die auch im Jahr 2004 immer noch grassierend war. Aber was ist passiert? 53 Handwerksberufe, das heißt, in 53 Handwerksberufen gibt es keinen Meisterzwang und damit auch keine Ausbildungsberechtigung mehr. Wir diskutieren jetzt seit Jahren darüber, dass überall Arbeitskräfte fehlen, auch im Handwerk, dass sich junge Leute nicht für den Handwerksberuf entscheiden können, und die, die sich vielleicht entscheiden wollen, keinen Ausbildungsbetrieb finden, weil es viel zu wenige ausbildungsberechtigte Handwerksbetriebe gibt.
Deswegen haben wir 2018 diesen Antrag eingebracht, um die Landesregierung aufzufordern, über eine Bundesratsinitiative zu klären, ob es aufgrund europarechtlicher Regelungen die Möglichkeit gibt, die Handwerksordnung wieder neu zu novellieren, und zu prüfen, ob es nicht möglich ist, in vielen Bereichen des Handwerks wieder den Meisterzwang einzuführen, damit wir Ausbildungsvoraussetzungen schaffen und damit wir vor allen Dingen auch wieder ein Qualitätssiegel erreichen. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks beklagt schon seit Langem, dass es zum Beispiel im Fliesenlegerhandwerk große Probleme auch in fachlicher Qualität gibt, und fordert daher, den Meisterzwang im deutschen Handwerk a) als Qualitätsabsicherung und b) auch als Ausbildungsberechtigung wieder einzuführen.
Nun hat das Kabinett der Bundesregierung vor Kurzem beschlossen, dass zumindest nach allen rechtlichen Prüfungen in zwölf Handwerksberufen wieder die Meisterpflicht eingeführt werden soll, zum Beispiel im Parketthandwerk, Raumausstatterhandwerk und natürlich auch im Fliesenlegerhandwerk. Das bedeutet nicht, dass die bestehenden EinMann-Betriebe, die sich maßgeblich nach 2004 gegründet haben, ihre Existenz aufgeben müssen. Der Bestandsschutz dieser Betriebe wird auf jeden Fall gewährt – und das ist auch richtig so. Das ist der richtige Schritt, wenn wir wirklich wollen, dass wieder Leute ausgebildet werden und dass es Ausbildungsbetriebe gibt, die bereit sind, auch Leute auszubilden. Parallel zu all diesen Bemühungen bemühen wir uns jetzt schon seit Jahren – und Sie werden sich sicherlich an die vielen Debatten erinnern können –, zum Beispiel als Motivation den Meisterbonus einzuführen, damit zumindest die, die ausgebildet sind und vielleicht doch Interesse hätten, eine Meisterausbildung zu machen, mehr motiviert werden, das zu tun, auch wenn in diesen Fachrichtungen eventuell kein Meisterzwang besteht.
Dann setzen wir uns seit längerer Zeit dafür ein, dass die Meisterausbildung generell in Deutschland wieder kostenfrei erfolgen muss.
Auch da gibt es Bundesratsinitiativen und die Bundesregierung ist auf dem besten Weg, die Meisterausbildung kostenfrei zu gestalten. Also es tut sich doch etwas. Es tut sich vor allen Dingen auch etwas bei der Bundesregierung und ich kann nur hoffen, dass das Gesetz in diesem Jahr noch wirksam wird, dass wirklich mit zwölf Handwerksberufen beginnend der Meisterzwang wieder eingeführt wird.
Unser Antrag heute – zum Abschluss – soll nichts anderes sein, als symbolisch zu zeigen, dass wir dahinterstehen und wir nach wie vor die Meinung vertreten, dass es wieder mehr ausbildungspflichtige Betriebe und dadurch mehr Meisterzwang im Handwerk geben muss. Jetzt freue ich mich, vor allen Dingen erleben zu können, dass nach langen Diskussionen im Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft – übrigens sucht die digitale Welt auch Arbeitskräfte, wir haben ja kaum noch Tiefbaubetriebe, die diese Aufgaben erledigen können – die Mehrheit zu unserem Antrag erreicht worden ist.
Ich würde mich freuen, wenn Sie heute mehrheitlich diesem Antrag zustimmen würden. Danke.
Frau Becker, ich habe jetzt aufmerksam Ihrer Rede gelauscht. Sie haben eben behauptet: Crossfahrer im Wald sind Verbrecher. Ich würde Ihnen empfehlen oder ich bitte Sie, das wieder zurückzunehmen.
Meine sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf sieht vor, eine Höhergruppierung des Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur vorzunehmen, und zwar von einer A 16 auf eine B 3. Begründet wird dies damit, so ist es im Gesetz im Absatz 2 beschrieben: „Ebenso weicht die besoldungsrechtliche Eingruppierung des Aufarbeitungsbeauftragten von der der übrigen Beauftragten ab.“ Hier zur Erläuterung: Der Datenschutzbeauftragte des Landes Thüringen hat die B 6, der Bürgerbeauftragte die B 3 und der Behindertenbeauftragte die A 16. Wie allgemein bekannt ist, haben wir diese Höhergruppierung bereits in der ersten Lesung abgelehnt und dies intensiv begründet – das will ich heute nicht noch mal alles wiederholen. Wir sind aber eben der Meinung, dass, wenn es in Sachsen einen Landesbeauftragten gibt, in einem Land mit über 4 Millionen Einwohnern, der die A 15Ü bekommt,
die Höhergruppierung zurzeit ungerechtfertigt ist. Der Behindertenbeauftragte müsste, wenn es schon eine generelle Angleichung geben soll, demnach auch die B 3 bekommen. Sicherlich – und das ist auch die Begründung letztes Mal schon gewesen von Rot-Rot-Grün – gibt es in Zukunft eine erhöhte Aufgabenstellung an den Landesbeauftragten. Das ist sicherlich allein dem Umstand zu verdanken, dass es eine Zusammenlegung der BStUAußenstellen an einen zentralen Ort gibt und dass man plant, so wie wir das schon vor Monaten oder schon vor Jahren gefordert haben, dass man dann an den übrigen Außenstellen nach wie vor eine Gedenk- und Bildungseinrichtung vorhält. Wie ich heute erfahren habe, ist geplant, dort an diesen Außenstellen auch einen personellen Aufwuchs zu organisieren, der letzten Endes auch über den Landesbeauftragten zu organisieren ist. Sicherlich wird der Arbeitsaufwand für den Landesbeauftragten in dieser Periode steigen. Dennoch sind wir der Meinung, dies ist jetzt noch nicht erforderlich, und wir bleiben natürlich bei unserer Ablehnung wie bei der ersten
Lesung. Auch im Ausschuss für Europa hat die CDU mit der soeben von mir vorgetragenen Begründung gegen diesen Antrag gestimmt. Wir lehnen auch in der zweiten Lesung natürlich diesen Antrag ab. Danke sehr.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der vorliegende Entwurf dient im Wesentlichen der Anpassung des Thüringer Hochschulzulassungsgesetzes an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Dezember 2017 in Fragen des Verfahrens zur Studienplatzvergabe im Studiengang Medizin.
Die Anzuhörenden haben den Gesetzentwurf weitgehend begrüßt. So zeigt sich die Kassenärztliche Vereinigung damit zufrieden, dass die Anhebung der Abiturbestenquote um 10 Prozent auf insgesamt 30 Prozent bei der Studienplatzvergabe und damit vor allem eignungsorientierte Kriterien Berücksichtigung finden. Die Beschränkung der Ortswünsche innerhalb der Abiturbestenquote ist abgeschafft worden, das wurde zum Beispiel von der Kassenärztlichen Vereinigung im Wesentlichen begrüßt. Die Einführung einer zehnprozentigen Eignungsquote, in deren Rahmen vom Ergebnis der Hochschulzulassungsberechtigung unabhängige Kriterien Berücksichtigung finden können, ist ebenfalls auf eine große und positive Resonanz gestoßen.
Mit dem vorliegenden Gesetz wird der unter den Ländern ausgehandelte Staatsvertrag in Gesetzesform gegossen. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Medizinstudienplatzvergabe hat dazu geführt, dass der Staatsvertrag auf den Weg gebracht werden musste. Deshalb werden wir diesem Gesetzentwurf der Landesregierung zustimmen.
Aber in diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass es uns einfach erscheint, wenn die Landesärztekammer auf eine Landeskinderquote hinweist und die Landesregierung sagt, dass es aus verfassungsrechtlicher Perspektive nicht möglich ist. Das mag sein. Aber die Landesregierung sollte sich schon klar äußern, ob sie einer Landeskinderquote positiv gegenübersteht oder nicht. Hinter der Verfassung verstecken, das gilt nicht, denn es ist immer auch die Frage der Gestaltung, ob wir solchen Forderungen gegenüber positiv eingestellt sind oder nicht. Deshalb hätten wir uns gewünscht, dass die Ansätze intensiv diskutiert und nicht einfach vom Tisch gewischt werden.
Auch eine Erhöhung der Medizinstudienplätze und entsprechende Förderungen, um dem drohenden Ärztemangel auf dem Land zu begegnen, müssen unbedingt thematisiert werden. Wir wollen das thematisieren, aber die Landesregierung scheinbar nicht. Danke sehr.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, heute nun liegt uns der Gesetzentwurf von Rot-Rot-Grün zur Änderung des Thüringer Aufarbeitungsbeauftragtengesetzes vor. In Punkt A – Problem und Regelungsbedürfnis – wird im zweiten Absatz darauf hingewiesen, dass die besoldungsrechtliche Eingruppierung des Aufarbeitungsbeauftragten von der der übrigen Beauftragten des Landes abweicht. Derzeit erfolgt die Besoldung des Aufarbeitungsbeauftragten in Thüringen auf der Grundlage von A16. Zum Vergleich: Im Land Sachsen, mit circa 4 Millionen Einwohnern insgesamt, erfolgt die Besoldung des Aufarbeitungsbeauftragten momentan auf der Grundlage von E15Ü, also wesentlich geringer. Man mag nun mal, was die Aufgaben des Aufarbeitungsbeauftragten betrifft, vielleicht unterschiedlicher Meinung sein, aber wir sollten uns bewusst darüber sein, dass die Funktion des Landesbeauftragten – und dies ist unabhängig von der Person oder deren fachlichen Eignung, das möchte ich hier ganz besonders hervorheben – äußerst sensibel zu betrachten ist, anders als das bei den weiteren Landesbeauftragten der Fall ist. Die Aufgaben sind
sehr vielseitig und dies schon seit Einsetzung eines Aufarbeitungsbeauftragten, bedarf es doch in dieser Funktion besonderer Zuwendung für jene Personen und Opfergruppen, die noch heute unter den Folgen von 40 Jahren SED-Diktatur leiden, sei es zum Beispiel durch politische Inhaftierung zu DDRZeiten oder sei es – um nur einige Beispiele zu benennen – die Opfergruppe der Zwangsausgesiedelten, die nun schon seit mehr als 30 Jahren um eine angemessene Entschädigung ringen. Auch die Einrichtung eines Notfallfonds lässt auf sich warten. Weder im Bund noch hier im Land Thüringen waren wir in den letzten Jahren in der Lage, eine schon lang erhoffte angemessene Lösung zu schaffen.
Ich sagte anfangs, dass es sich bei dem Amt des Aufarbeitungsbeauftragten um ein sehr sensibles Amt handelt. Darüber hinaus ist es meiner Meinung nach ein sehr politisches Amt, in das die Opfergruppen seit vielen Jahren große Hoffnungen auf Zuwendung und Hilfeleistung bei all ihren oft sehr individuellen Problemen setzen.
Im vorliegenden Gesetzentwurf ist geplant, die Besoldung des Aufarbeitungsbeauftragten für die Aufarbeitung der DDR-Diktatur von der Besoldungsgruppe A16 auf die Besoldungsgruppe B3 zu erhöhen, das entspricht circa 8.000 Euro. Wie wir zwei Tagesordnungspunkte zuvor hören konnten, ist gleichzeitig geplant – das ist das, was mich heute etwas schockiert hat –, in der nächsten Legislaturperiode den Behindertenbeauftragten von der B3 auf die A16 herabzustufen. Das erschließt sich mir nicht, da in dem Gesetzentwurf unter Punkt A im zweiten Absatz geschrieben steht: „Ebenso weicht die besoldungsrechtliche Eingruppierung des Aufarbeitungsbeauftragten von der der übrigen Beauftragten ab.“ In der Begründung steht: „Die Aufwertung der Eingruppierung von der Besoldungsgruppe A16 in die Besoldungsgruppe B3 (für den Aufar- beitungsbeauftragten) erfolgt als Angleichung an die übrigen [...] Landesbeauftragten, die als Spitzenwahlbeamte auf Zeit auch jeweils mindestens in B3 eingruppiert werden […]“. Da erschließt sich für mich nicht, warum man auf der einen Seite etwas heruntergruppieren und auf der anderen Seite etwas hochgruppieren will. Das erschließt sich für mich nicht.
Wir sind der Meinung, dass die Erhöhung unverhältnismäßig ist, betrachtet man die unbefriedigenden Ergebnisse bezüglich finanzieller Entschädigungen von Opfergruppen. Da müssen wir alle in diesem Landtag angesprochen sein. Uns ist es hier im Land Thüringen in den letzten Jahren nicht gelungen, einen eigenen Weg für eine echte Entschädigung der Opfergruppen zu beschreiten, zum Beispiel für die Einrichtung eines Notfallfonds für die
Linderung von Folgeschäden für Opfer der SEDDiktatur, oder sei es für die Opfergruppe der Zwangsausgesiedelten, wie schon erwähnt. Auch im Bund lassen bis heute Regelungen auf sich warten, obwohl zumindest einiges auf den Weg gebracht wurde. Ausgehend davon sind wir der Meinung, dass die Höherbesoldung zu einem Politikum werden kann, auf der einen Seite den Aufarbeitungsbeauftragten höher einzugruppieren, während jene, die schon seit Jahren auf eine finanzielle Unterstützung hoffen, immer noch leer ausgehen. Entscheidungen dieser Art schaffen aus unserer Sicht den Nährboden für jene, die behaupten, die da oben verstehen es, sich zu bedienen, und wir hier unten gehen leer aus. Dies können und dürfen wir nicht gut finden.
Wie ich schon sagte: Die da oben bedienen sich und wir hier unten gehen leer aus. Und das ist in der heutigen politischen Situation eine komplizierte Geschichte, die wir bei all solchen Anträgen heutzutage beachten müssen. Das können und dürfen
wir nicht gut finden und lehnen daher diesen Gesetzentwurf – und ich möchte betonen ungeachtet der Person des Aufarbeitungsbeauftragten Herrn Dr. Wurschi und dessen Leistung – ab. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich Ihnen, Herr Minister Hoff, recht herzlich danken für die deutliche Darstellung der Aktionen in den letzten Monaten. Ich werde auf einige noch mal in meinem Bericht hinweisen.
Der vorliegende Bericht der Landesregierung zu ihren Aktivitäten auf dem Gebiet der Aufarbeitung der SED-Diktatur in Thüringen für den Zeitraum 2018 bis 2019 wurde termingerecht im März dem Landtag übergeben. Er umfasst 54 Seiten und beinhaltet eine Vielzahl von Handlungsfeldern, von Schule, Ausbildung, Wissenschaft und Forschung über Soziales, Gesundheit und erinnerndes Gedenken, Dokumentation und Archiv bis hin zur Auseinandersetzung mit persönlichen Folgen und Schicksalen, um nur einige wesentliche zu benennen.
Der Bericht ist gekennzeichnet vom Bemühen, in den genannten Handlungsfeldern einiges zu bewirken und voranzubringen. Im Übrigen war es das Bemühen aller Fraktionen, auch maßgeblich unserer Fraktion, gemeinsam das zu bewirken, was bis jetzt erreicht worden ist.
Ein aus meiner Sicht wichtiger Teil ist zu Schule und Ausbildung, Wissenschaft und Forschung in dem Bericht aufgezeigt. Die hier aufgezählten Initiativen lassen erkennen, dass man gerade im Bereich Schule und außerschulischer Bildung versucht, Akzente zu setzen, um Schüler und auch das Lehrpersonal zielgerichtet noch intensiver an das Thema „DDR-Geschichte und Aufarbeitung“ heranzuführen und zu sensibilisieren, sich mit dem Thema „deutsche Nachkriegsgeschichte“ und speziell mit der „Geschichte der Diktatur in der DDR“ zu beschäftigen. Hierbei kommt es vor allem auch darauf an, die außerschulischen Lernorte, zum Beispiel die Gedenk- und Bildungseinrichtung Andreasstraße in Erfurt, als Ort der Erinnerung und als Quelle der politischen Bildung gerade in Fragen der Aufarbeitung der DDR-Geschichte zu nutzen.
Ich möchte diese Gelegenheit hier noch einmal nutzen, die Abgeordneten in diesem Haus dafür zu gewinnen, künftig Besuche von Schulklassen im Landtag zu nutzen, auch die Einrichtung in der Andreasstraße zu besuchen. Auch der Landtag sollte hierzu beitragen und Mittel bereitstellen und nicht nur die Fahrten, sondern auch die Besuche in der Andreasstraße durch kostenfreie Eintrittskarten finanzieren. Dies wäre meiner Ansicht nach ein guter
Beitrag eines jeden Abgeordneten, Aufarbeitung und politische Bildung zu unterstützen.
Am Beispiel der Andreasstraße kann man bildhaft erkennen, wie wichtig es ist, dauerhaft in die Stätten der politischen Bildung zu investieren und dies nicht nur aus bautechnischer Sicht, sondern auch Investitionen in die wissenschaftliche Arbeit betreffend. Ich bedauere, dass es uns trotz höherer Nachfrage lediglich gelungen ist, aus dem PMOMittelfonds, der zuletzt ausgereicht worden ist, nur 122.000 Euro an die Grenzlandmuseen auszureichen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Thema „Christentum und Christen in der DDR“. In der Arbeitsgemeinschaft „Christen, Kirchen und andere christliche Religionsgemeinschaften im DDR-Unrechtsstaat – Diskriminierung von Christen in der DDR“, die im Jahr 2017 gegründet wurde, wurde festgelegt, Art und Umfang der Möglichkeiten einer weiteren Aufarbeitung und wissenschaftlichen Erforschung der DDR-Diktatur unter dem Aspekt religionsbedingter Diskriminierung und Verfolgung in Thüringen festzustellen und diesbezüglich Handlungsempfehlungen zu geben. So heißt es in dem Bericht: Es ist zu begrüßen, dass diesbezüglich mit Unterstützung des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung ein Forschungsvorhaben „Diskriminierung von Christen und Christinnen in der DDR“ am Lehrstuhl für Kirchengeschichte unter Federführung des Projektleiters Prof. Dr. Christopher Spehr installiert werden soll. Man kann nur hoffen, dass die finanzielle Ausstattung, die über die Thüringer Aufbaubank erfolgen soll, aufgabenbezogen möglich und realistisch ist. – Bleibt abzuwarten, welches Ergebnis hier erreicht wird.
Zum Thema „Grünes Band“: Hier muss den vielen Grenzlandmuseen eine besondere Bedeutung beigemessen werden. Parallelstrukturen im Bereich des Grünen Bandes sollen grundsätzlich vermieden werden. So viel zu den Handlungsfeldern. Ich möchte mir ersparen, die anderen einzelnen Bereiche, die in ihrer Bedeutung nicht weniger wichtig sind, im Einzelnen zu kommentieren. Ihnen allen ist der Bericht zugegangen, sodass Sie selbst die Möglichkeit haben und hatten, sich ein eigenes Urteil zu bilden.
Zu bemerken bleibt, dass es noch eine Vielzahl von Aufgaben gibt, die sich bei der Aufarbeitung ergeben, Entscheidungen, die längst überfällig sind und vor allen Dingen auch auf Bundesebene einer schnelleren Umsetzung bedürfen, zum Beispiel: Befristung SED-Unrechtsbereinigungsgesetz, Ein
richtung Härtefallfonds, der Minister ist vorhin darauf eingegangen. Es war für mich ein freudiges Erlebnis, dass ich aus den Reihen der CDU-Fraktion mit dem Deutschen Bundestag in einer Mediendokumentation erfahren habe, dass man einen Härtefallfonds auf Bundesebene einrichten möchte mit dem Ziel, auch den Opfern der Zwangsaussiedlung in der DDR gerecht werden zu können. Entscheidungen auf Bundesebene, zum Beispiel zum Standort des neuen Archivgebäudes – der Minister hatte es vorhin bereits benannt –: Im Prinzip ist es so gekommen bzw. wird es so angegangen werden, wie wir das hier gemeinsam schon öfter diskutiert haben. Und die Änderung der Verwaltungsvorschriften, der PMO-Mittel hin zu Entscheidungsleistungen, nicht nur für investive Maßnahmen wie im IMAG-Bericht bestätigt. Das wurde ausschließlich im IMAG-Bericht bestätigt. Auch darauf, Herr Minister, sind Sie vorhin eingegangen.
All diese Forderungen stehen noch im Raum und müssen zügig umgesetzt werden. Dabei freue ich mich besonders, dass die Forderungen der CDU Eingang gefunden haben in eine Position der CDU/ CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, bei der auch – und das möchte ich hier noch mal besonders betonen –, unser Fraktionsvorsitzender Mike Mohring mitgewirkt hat, und dafür Sorge trug, dass eben diese seit Jahren bestehenden Forderungen nun in einem Positionspapier der CDU/CSU-Fraktion fest verankert wurden, das sich „Die Deutsche Einheit: Erinnern – Anerkennen – Brücken bauen“ nennt, in dem all diese Maßnahmen, von denen wir hier reden, aufgezählt wurden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Kürze endet diese Legislaturperiode. Wie zu erkennen ist, ist es auf jeden Fall erforderlich, das Problem der Aufarbeitung auch in den nächsten Wahlperioden zu begleiten, wer auch immer dafür Sorge tragen wird. Die Aufgaben sind enorm und unser aller Bemühen sollte es sein, sich auch weiterhin diesen Aufgaben zu stellen und einer zukünftigen Lösung zuzuführen. Der Landesbeauftragte für die Aufarbeitung der SED-Diktatur muss mehr als bisher in die Lage versetzt werden, Anlaufstelle für vielfältige Problemstellungen zu sein, mit denen sich die Bürger an uns, die Abgeordneten, in letzter Zeit wenden. Darüber habe ich mich mit ihm bereits schon verständigt. In diesem Zusammenhang möchte ich mich bei dem früheren Landesbeauftragten Christian Dietrich und dem neuen Landesbeauftragten, Herrn Dr. Wurschi, für die stets hilfreiche und konstruktive Zusammenarbeit in letzter Zeit, zumindest soweit es mich betrifft, recht herzlich bedanken. Lassen Sie uns auch weiterhin gemeinsam dafür
einsetzen, dass die Menschen, die noch im Schatten der Gesellschaft stehen, sei es durch frühere Inhaftierung in der DDR aus politischen Gründen, durch Zwangsaussiedlung oder repressive Maßnahmen zu Zeiten der DDR-Diktatur, auch nach 30 Jahren politischer Wende seit 1989 unserer Unterstützung versichert sein können. Ich danke Ihnen recht herzlich.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, anhand der Debatte kann man die Notwendigkeit erkennen, ein Sonderplenum durchzuführen.
Ich bedauere natürlich sehr, meine Herren von der AfD, dass es Sie so arg langweilt, wie Sie das vorhin dargestellt haben. Dass Sie sich an der Debatte gar nicht beteiligen wollen, das zeigt allein, dass Sie kein grundsätzliches Interesse an dieser Debat
te haben, wenn es um diese Kulturgüter in Thüringen geht.
Ich möchte noch mal an den Anfang der Debatte zurückkommen. Als der Staatssekretär hier den Sofortbericht abgehalten hat, da fiel der Satz „Angst schüren“.
Angst schüren – wo, bitte schön, sollte man über solche Probleme denn diskutieren, wenn nicht in einem Plenarsaal im Thüringer Landtag? Weil es nur im gegenseitigen Meinungsstreit gelingen kann, den richtigen Weg zu finden, um auch in diesem Fall eine Lösung herbeizuführen. „Angst schüren“ – wie ein Schwelbrand breitet sich seit Wochen die Diskussion über die Zukunft der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten über Thüringen aus. Ich sage Ihnen das bewusst, weil ich in Rudolstadt ansässig bin, wo der Sitz der Stiftung ist. Die Angestellten sind verunsichert, keiner kann eine klare Antwort geben auf die Fragen, die sie stellen. Deswegen haben wir heute diese Sondersitzung beantragt, um ganz deutlich herauszustellen, welche Position wir, die Fraktion der CDU, vertreten.
Vieles ist heute in der Debatte bereits gesagt worden, ich will das nicht wiederholen. In meiner Funktion jedoch als Vorsitzender der Gesellschaft Thüringer Schlösser und Gärten e. V. kann ich hier vermelden, dass unsere Gesellschaft nach eingehender Beratung die Gründung einer Mitteldeutschen Stiftung nicht unterstützt und schon gar nicht das Eingehen von Einrichtungen der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten in eine neu zu gründende Mitteldeutsche Stiftung. Uns erschließt sich nicht, warum es einer Gründung einer neuen Stiftung bedarf. Es gibt doch die Möglichkeit, die in Aussicht gestellten Gelder direkt der Stiftung zukommen zu lassen, ist doch dort das Personal qualitativ und quantitativ vorhanden. Alle Möglichkeiten sind vorhanden, die finanziellen Mittel zweckentsprechend zu verwenden, auch bei der Gefahr, dass andererseits Begehrlichkeiten geweckt werden.
Wir, die Gesellschaft Thüringer Schlösser und Gärten, fordern daher die Landesregierung auf, alle Möglichkeiten auszuloten, die finanziellen Mittel auch ohne Gründung einer neuen Stiftung der eigenen Länderstiftung zuführen zu können. Kultur, meine Damen und Herren, ist Ländersache, in der Verfassung verbrieft. Der Vorgang erinnert mich persönlich speziell an die Diskussionen um den Digital
pakt, der vor Monaten mit den Schulen in den Bundesländern gelaufen ist.
Da hatte der Bund Geld zur Verfügung stellen wollen unter der Maßgabe, sie wollen darüber entscheiden, was damit gemacht wird. So ähnlich scheint es auch hier jetzt zu sein. Man muss sich doch bei aller Diskussion die Frage immer stellen: Warum will man denn diese Mitteldeutsche Stiftung gründen? Was ist denn der Hintergedanke? Es kann doch nicht nur sein, um Begehrlichkeiten abzuwenden von anderen Bundesländern, die ebenfalls Gelder haben wollen. Lassen Sie uns doch gemeinsam den Föderalismusgedanken leben und kommen wir unserer Aufgabe nach, dass Kultur unsere Sache ist, die Sache des Landes Thüringen. Lassen Sie uns gemeinsam daran wirken, beim Bund durchzusetzen, dass die Gelder auch, wenn sie als so dringend notwendig angesehen werden, dann zu uns, nach Thüringen, fließen, vor allem in die vorhandene Stiftung, die seit nunmehr 25 Jahren ihre Arbeit macht. Wir hatten vor Kurzem erst eine Festveranstaltung auf Schloss Heidecksburg. Lassen Sie nicht zu, dass diese Stiftung ausgehöhlt wird und dass es zum Schluss nur noch Fragmente gibt, in der die ländereigene Stiftung letzten Endes wieder in einer anderen Stiftung ist. Daher bitte ich Sie um Sachlichkeit bei der Diskussion in den Ausschüssen. Es muss uns gelingen, die Gelder auch so zu transferieren, ohne dass uns der Bund Auflagen erteilen kann.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Thema „Katzhütte“ rührt mich auf und verpflichtet mich natürlich als Abgeordneter in diesem Wahlkreis, hier nach vorn zu gehen und noch mal eine Meinung darzustellen zum Thema „Katzhütte“. Ich freue mich auch, dass der Abgeordnete Kuschel noch anwesend ist, weil es im Großen und Ganzen vieles betrifft, was ihn selbst betrifft.
Die Gemeinde Katzhütte hat einen Bürgerentscheid herbeigeführt, der rechtlich bedenklich ist. Das wurde hier schon mehrmals ausgeführt.
Und letzten Endes, wenn es heute in das neue Neugliederungsgesetz aufgenommen worden wäre, hätte der Landeskreis ohnehin dagegen geklagt. Insofern ist es gut, dass es schon mal nicht im Neugliederungsgesetz drin ist. Unbestritten ist, dass Katzhütte Hilfe braucht.
Die finanzielle Not und viele Investitionsmängel haben sie gezwungen, den Blick in Richtung Großbreitenbach zu richten. Das Ergebnis ist: Der vermeintliche Bürgerentscheid hat mit knapper Mehrheit dazu beigetragen, dass Katzhütte nach Großbreitenbach kommen sollte. Unbestritten ist, dass der Ort seit dieser Zeit gespalten ist und genau das nicht erreicht wird, was eigentlich eine Gemeindeund Gebietsreform erreichen soll, nämlich dem Wohl der Menschen in der entsprechenden Region zu dienen und die Region starkzuhalten. Herr Kuschel hatte das vorhin angeführt: Wenn sie nicht nach Großbreitenbach kommt, braucht sie Hilfe – das ist nach wie vor unbestritten.
Aber wie ist denn so ein Beschluss zustande gekommen, dass man nach Großbreitenbach will? Da muss ich den Kollegen Kuschel konkret angreifen. Im Januar dieses Jahres war er auf Werbetour für Großbreitenbach in der Gemeinde Katzhütte. Ich habe mir die Mühe gemacht, zu dieser Veranstaltung zu gehen, um zu sehen, wie so etwas abläuft. Da muss ich sagen: Ich war schwer enttäuscht. Durch eine Äußerung wurde Angst geschürt, die letzten Endes dafür gesorgt hat, dass noch mehr Unsicherheit zustande kam, indem er Folgendes gesagt hat – ich lese vor –: Kuschel verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass seine Landesregierung, falls Sie nicht nach Großbreitenbach wollen, ohnehin bei der Aufstellung des künftigen Haushalts beabsichtigt, die Kriterien für Bedarfszuweisungen zu verschärfen, um künftig nur jenen Gemeinden eine Bedarfszuweisung zu geben, die gemäß Leitbild zur Gemeindereform die entsprechende Einwohnerzahl haben.
Und ich muss sagen – das sage ich hier noch mal öffentlich, das habe ich auch in der Presse kundgetan –: Das hat mich schwer enttäuscht. Mit so einer Angststrategie kann man Menschen in der heutigen Zeit nicht beeinflussen, es sei denn zum Nachteil. Ich bedaure sehr, dass es heute solcher Methoden bedarf, um Menschen zu überzeugen, das eine
oder andere richtig zu machen. Das ist für mich eine verwerfliche Politik und eines Abgeordneten unwürdig.
Damit hier kein Zweifel entsteht: Wir als CDU-Fraktion wollen immer die Freiwilligkeit und ich – speziell als Person – trete dafür ganz vehement ein. Aber diese Freiwilligkeit muss immer unter der Maßgabe erfolgen, dass dies dem öffentlichen Wohl dient und nachhaltig zur Stärkung der Region beiträgt. Das war auch, wenn ich das richtig verstanden habe, die Intention der Landesregierung. Wenn Katzhütte weggeht, ist die Region der neuen Verwaltungsgemeinschaft Schwarzatal wieder maßgeblich geschwächt. Mit jedem Weggang aus einer Region ist eine Verwaltungsgemeinschaft geschwächt. Was bleibt, ist natürlich die Sorge: Was wird mit den Ortschaften, was wird mit Katzhütte, was wird dann mit der Region? Ich möchte nur erinnern, dass diese Region eigentlich einmal zu den schönsten von Thüringen zählte und heute noch zählt.
Schwarzburg – 100 Jahre Weimarer Verfassung –: Geldnot.
Sitzendorf, bis hoch nach Katzhütte – eine wunderschöne Region. Was wir brauchen, ist finanzielle Unterstützung. Wir brauchen – und das ist meine persönliche Meinung – ein Investitionsprogramm für den ländlichen Raum. Ich persönlich würde mir wünschen, dass das Schwarzatal eine Musterregion für diese politische Strategie wird. Wir brauchen finanzielle Hilfe. Mein Kollege Fiedler hat das ja heute schon angekündigt: Sollte die CDU in Regierungsverantwortung kommen – und ich nehme das jetzt mal beim Wort –, dann werden die Kommunen auf jeden Fall mit mehr Geld ausgerüstet.
Fakt ist eines: Auch der Abgang zu Großbreitenbach wird dem Ort Katzhütte und der Region nicht dauerhaft helfen. Deswegen plädiere ich jetzt hier dafür: Lassen Sie um Himmels Willen Katzhütte in dieser Region und schaffen wir dort gemeinsam die Bedingungen, dass die finanzielle Voraussetzung geschaffen wird, dass die Gemeinden selbstständig leben und arbeiten und überzeugen können, dass sich eine Gemeinde- und Gebietsreform positiv auf eine Region auswirken kann. Sollte der Versuch unternommen werden, Katzhütte noch einmal nach Großbreitenbach anzuschließen, würde ich das als einen eklatanten Fehler betrachten.
Also, lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass diese Regionen finanziell so ausgestattet werden, dass sie solche Vereinigungen und solche Zusammenlegungen mit anderen Gemeinden nicht nötig haben. Danke.
Zukunft des Stasi-Unterlagen-Archivs in Thüringen
Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR und der Präsident des Bundesarchivs haben am 13. März 2019 dem Deutschen Bundestag ein gemeinsames Konzept für die dauerhafte Sicherung der Stasi-Unterlagen durch Überführung des StasiUnterlagen-Archivs in das Bundesarchiv vorgelegt. Damit wurde einem entsprechenden Beschluss des Deutschen Bundestags in der Drucksache 18/8705 von Juni 2016 Rechnung getragen. Gemäß diesem Konzept ist es geplant, in jedem ostdeutschen Bundesland nur einen zukunftssicheren Stasi-Unterlagen-Archivzweckbau vorzuhalten, unter der Maßgabe, dass auch an den bisherigen Außenstellen, an denen kein neuer Archivzweckbau vorgehalten wird, Dienstleistungen, Informationen, Beratungen, Antragstellungen und Akteneinsichten entsprechend des jeweiligen Bedarfs angeboten werden können. Die Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten wurde bereits beauftragt, geeignete Objekte bzw. Standorte für den Neubau der jeweiligen Archivzweckbauten in den neuen Bundesländern auszuloten.
Ich frage die Landesregierung:
1. Gibt es seitens der Landesregierung bereits Vorstellungen über den Standort für einen neuen Archivzweckbau in Thüringen und wenn ja, welche?
2. Gab es bereits erste Kontakte zwischen der Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten und der Landesregierung bezüglich der Standortwahl für einen neuen Archivzweckbau und wenn ja, mit welchem Ergebnis?
3. Gibt es bereits seitens des Bundes Finanzierungvorstellungen für den weiteren Betrieb der bisherigen Außenstellen und die Errichtung eines neuen Archivzweckbaus und wenn ja, wie sehen diese aus, und wenn nein, wie will die Landesregierung die weitere Betreibung der Außenstellen und den Archivzweckbau finanziert wissen?
4. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, wann der Bundestag die entsprechende Abschlussentscheidung trifft und wenn ja, in welchem Zeitraum soll das vorgelegte Konzept umgesetzt werden?
Herr Professor Hoff, noch eine zusätzliche Frage: Könnten Sie sich vorstellen – Sie haben das ja eben selbst dargestellt, dass es uns wichtig ist –, an den Außenstellen in Gera und in Suhl Orte des Gedenkens nach wie vor vorzuhalten – ich sage jetzt mal – ähnlich wie hier in der Andreasstraße in Erfurt? Könnten Sie sich vorstellen, dass der Stiftung Ettersberg vielleicht zusätzliche Aufgaben übertragen werden könnten oder dass die Stiftung Ettersberg eventuell aufgrund des Erfahrungswerts hier in der Andreasstraße diese Betreibung an den Außenstellen zusätzlich übernimmt – natürlich auch unter Berücksichtigung des Vereins, der in der Amthorstraße in Gera tätig ist? Weil ich der Meinung bin, dass es hier quasi um hoheitliche Sachen geht, wenn Unterlagen eingesehen werden. Könnten Sie sich vorstellen, dass es hier eine zentrale Stelle gibt, die das insgesamt angeht, dass die Stiftung Ettersberg da mit eingebunden werden könnte?
Werte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Thüringer Ausführungsgesetzes zum Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern wurde in der 137. Plenarsitzung am 31. Januar 2019 an den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung überwiesen. Der Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung hat den Gesetzentwurf in seiner 55. Sitzung am 21. Februar 2019 und in seiner 56. Sitzung am 21. März 2019 beraten. Der Ausschuss hat einstimmig empfohlen, den Entwurf der Landesregierung anzunehmen. Danke.
Werte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, liebe Gäste, im Februar 2018, also nun vor einem Jahr, hat unsere Fraktion einen Antrag in Drucksache 6/4944 eingebracht, der das Ziel verfolgt, eine Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen, um die zu erwartenden finanziellen Mittel aus dem Parteivermögen der ehemaligen SED und Massenorganisationen, kurz PMO genannt, die zur Auszahlung standen, im Jahr 2018 flexibel einsetzen zu können.
Bis jetzt gibt es eine Verwaltungsvereinbarung, deren Maßgabe es ist, diese Mittel für investive und investitionsfördernde Maßnahmen der öffentlichen Hand im Bereich der wirtschaftlichen Umstrukturierung zu 60 Prozent sowie für investive und investitionsfördernde Maßnahmen zu sozialen und kulturellen Zwecken zu 25 Prozent im Bereich der öffentlichen Hand und zu circa 15 Prozent im Bereich der nicht staatlichen Träger zu verwenden. Diese Verwaltungsvereinbarung wurde zwischen der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderausgaben, kurz BvS genannt, und den Bundesländern geschlossen.
Im Laufe der letzten Jahre wurden in Thüringen bereits 69,5 Millionen Euro aus dem PMO-Vermögen ausgezahlt, deren Verwendung schon damals auf der Grundlage der bis dato geltenden Verwaltungs
vereinbarung erfolgte. Nun hat Thüringen im Jahr 2018 wiederum 32,4 Millionen Euro aus dem PMO-Vermögen erhalten. Nimmt man die bestehende Verwaltungsvorschrift zur Grundlage, müssen die Mittel, diese 32,4 Millionen Euro, wie folgt Verwendung finden: 19,44 Millionen Euro für die wirtschaftliche Umstrukturierung der öffentlichen Hand, 8,1 Millionen Euro für investitionsfördernde Maßnahmen zu sozialen und kulturellen Zwecken im Bereich der öffentlichen Hand und 4,86 Millionen Euro für nicht öffentliche Träger, und dies laut Verwaltungsvorschrift maßgeblich für investive Maßnahmen.
Dies mag sicherlich – gerade nach dem Zusammenbruch der DDR und der maroden Infrastruktur auf dem Territorium der neuen Bundesländer – seine Richtigkeit gehabt haben. Zeitgemäß ist diese Verwaltungsvorschrift mit seiner strikten Verteilungsvorgabe auf keinen Fall. Darüber waren wir uns schon im vergangenen Jahr, als wir uns hier über das Thema unterhalten haben, vor allen Dingen auch mit der Fraktion der Grünen einig.
Diese im Ausland geparkten Gelder der SED und all ihrer unsäglichen Scheinfirmen beruhten hauptsächlich auf dubiosen Exportgeschäften, die zum großen Teil auf dem Rücken von politischen Gefangenen, die zur Zwangsarbeit unter teilweise sehr unmenschlichen Bedingungen gezwungen wurden, ausgetragen wurden, um hier nur eine Opfergruppe zu benennen, die in keiner Weise in der oben genannten Verwaltungsvorschrift für eine wenigstens teilweise Entschädigung vorgesehen ist. Wie viel unsägliches Leid musste in der ehemaligen DDR von vielen Menschen ertragen werden, denkt man zum Beispiel an die Zwangsaussiedlung aus den ehemaligen Grenzgebieten der DDR Anfang der 50er- und 60er-Jahre und an die zum Teil drastischen Folgen? Ein besonders leidvolles Schicksal mussten jene ertragen, die ihre geliebten Angehörigen an der innerdeutschen Grenze zu betrauern hatten und haben, und die Familien derer, deren Angehörige in den Gefängnissen aus politischen Gründen jahrelang weggesperrt waren oder gar den Tod fanden. Wer denkt an die Kinder, die in den Heimen von ihren Eltern getrennt leben mussten, weil diese auf Jahre weggesperrt wurden, und viele von ihnen niemals mehr zu ihren Eltern zurückkonnten – Kinder, die als Erwachsene zum Teil noch heute an den Folgen des Erlebten leiden? Gleiches gilt natürlich auch für die Eltern.
An all diese Personengruppen, die ich jetzt als Beispiel aufgezählt habe, wurde bei der Erarbeitung dieser Verwaltungsvorschrift nicht gedacht – keine Wiedergutmachung, keine Entschädigung.
Der Sinn dieses Antrags im Monat Februar des vergangenen Jahres bestand schon damals wie heute darin, auf eine nicht mehr zeitgemäße Verwaltungsvorschrift hinzuweisen und auf deren Überarbeitung zu drängen, um auch denen gerecht werden zu können, die jenseits von Investitionen ebenfalls Berücksichtigung finden sollten – zum Beispiel beim Einrichten eines Härtefallfonds oder gar Entschädigungen wie zum Beispiel bei der Gruppe der Zwangsausgesiedelten.
Unser Antrag zielte bereits vor einem Jahr darauf ab, die Landesregierung aufzufordern, sich für eine Bundesratsinitiative aller Bundesländer einzusetzen, um eine Flexibilisierung der Verwaltungsvorschrift und deren Auszahlungsmöglichkeiten zu erreichen. Unser damaliger Antrag wurde von der Regierungskoalition nicht mitgetragen und stattdessen durch einen eigenen Alternativantrag ersetzt, der aber nicht unserem Anliegen entsprach, nämlich eine Bundesratsinitiative zum Zweck der Veränderung der Verwaltungsvorschriften zu initiieren.
Die Landesregierung wurde lediglich im Antrag von Rot-Rot-Grün aufgefordert – dazu komme ich jetzt, Frau Rothe-Beinlich, einen Moment –, sich mit den anderen in Betracht kommenden Bundesländern beim Bund dafür einzusetzen, dass ein Fonds für Härtefälle und für bisher nicht berücksichtigte Opfergruppen aus SED-Unrecht eingerichtet wird.
Dies scheint jedoch ohne Veränderung einer Verwaltungsvorschrift, was der Sinn und Zweck unseres Antrags war, sehr fraglich. Es ist nicht bekannt, dass dies bis heute jemals mit dem Bund verhandelt wurde. Unsere Forderung, die Verwaltungsvorschrift zum Zweck der Flexibilisierung zu ändern und sich um eine Bundesratsinitiative auch jetzt noch intensiv zu bemühen, bleibt daher aufrechterhalten, hat man doch vor Kurzem aus den Medien erfahren können, dass eventuell weitere 100 Millionen Euro zur Disposition stehen. Ungeachtet dessen wurde bereits auf der Grundlage der vorhandenen Verwaltungsvorschrift über die Vergabe der Gelder in Thüringen verhandelt, also über die 32,4 Millionen Euro.
Im Zuge der Beantwortung einer Kleinen Anfrage des Abgeordneten Walk wurde eine Vielzahl von gestellten Anträgen aufgezeigt, von denen sicherlich eine große Anzahl geeignet gewesen wäre, mit PMO-Mitteln gefördert werden zu können, wie zum Beispiel die Ausstellung in Mödlareuth, das Grenzlandmuseum Teistungen, das Dokumentationszen
trum Jena, wo es um die Aufarbeitung der Justiz in der ehemaligen DDR ging, oder um Ausstellungselemente am Ort Probstzella, am Grenzbahnhof, um nur einige zu benennen.
In der Antwort des Finanzministeriums hieß es seinerzeit – es liegt nun schon einige Monate zurück –: „Die aktuell vorliegenden Anträge überschreiten bereits die dem Freistaat zugeflossenen PMO-Mittel um ein Vielfaches. Eine Priorisierung von Maßnahmen, die alle [Voraussetzungen für eine Förderung aus PMO] erfüllen, ist bereits erfolgt. Daher können darüber hinaus eingehende Anträge aus den genannten Gründen keine Berücksichtigung finden.“ Das hat gezeigt, dass es an diesen PMO-Mitteln doch ein großes Interesse gab. So weit zunächst – so gut.
Wir fordern jedenfalls auch heute noch die Landesregierung auf, alle priorisierten Antragstellungen zu benennen und zu berichten, wie die Auswahl der Projekte begründet wird. Gleiche Begründung fordern wir für die abgelehnten Projekte. Uns ist bekannt, dass zum Beispiel der Antrag Schifflersgrund mit 300.000 Euro für investive Maßnahmen abgelehnt worden ist. Uns ist auch bekannt, dass eine Naturschutzstation in Jena gefördert werden soll. Ich will auch voraussagen, man will nicht das eine mit dem anderen ausspielen, aber man will damit eigentlich einmal dokumentieren, dass es doch wichtiger wäre, speziell zum Beispiel solche Maßnahmen wie das Grenzmuseum „Schifflersgrund“ mit solchen PMO-Mitteln zu unterstützen. Dafür sollten sie uns alle zugeführt werden. Das wäre meiner Meinung nach auch eine gute Lösung gewesen.
Ungeachtet dessen bleibt unsere Forderung uneingeschränkt bestehen, sich nach wie vor für einen Härtefallfonds für die Opfer des DDR-Unrechts einzusetzen und die Voraussetzungen durch Änderung der Verwaltungsvorschrift zu schaffen, dass durch die Einrichtung eines Entschädigungsfonds für die Zwangsausgesiedelten aus dem Grenzgebiet der ehemaligen DDR eine angemessene Entschädigungszahlung aus PMO-Mitteln erfolgen könnte. Dies sollte bei aller Dringlichkeit für eine Vielzahl von Projekten, die zur Diskussion standen, oberste Priorität haben. Dafür treten wir als Fraktion ein und auch ich ganz persönlich werde aus innerster Überzeugung nicht eher ruhen, bis sich in dieser Richtung Bewegung und eine Lösung abzeichnen.
Zum Schluss gestatten Sie mir noch eine persönliche Anmerkung: Es ist mir unverständlich, dass 30 Jahre nach Grenzöffnung noch immer über Wiedergutmachung diskutiert wird und versucht werden muss, jenen eine entsprechende Fürsorge entgegenzubringen, die in 40 Jahren DDR Schlimmstes
erleben mussten. 30 Jahre kämpfen die Opfer um Rehabilitation, um Entschädigung, Wiedergutmachung für ergangenes Unrecht. Da denke ich zum Beispiel an ein seit vielen Jahren bekanntes Rechtsverfahren der Familie May hier in Erfurt.
Neuerlich gibt es jedoch eine Diskussion über alle Parteien hinweg, dass man den Osten Deutschlands wieder mehr in den Fokus politischen Handelns rücken muss. Ich hoffe daher, dass man künftig auch dem Thema „Aufarbeitung und Wiedergutmachung“ die Aufmerksamkeit zukommen lässt, die unbedingt notwendig ist.
Ich bin überzeugt, auch im Namen meiner Fraktion sprechen zu können: Wir werden von nun an und noch beherzter unseren Beitrag bezüglich Wiedergutmachung leisten. Und ich lade Sie alle dazu ein, an der Lösung dieser Aufgabe im Interesse der vielen Betroffenen im Land Thüringen mitzuarbeiten. Danke sehr.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte hier noch einmal klarstellen: Es geht bei dem Antrag nur darum, dass die Verwaltungsvorschrift für die PMO-Mittel geändert werden muss. Diese Bundesratsinitiative, die Sie mir übergeben haben, Frau Rothe-Beinlich, bezieht sich eben nicht grundsätzlich auf die Änderung der Verwaltungsvorschrift. Ich möchte Ihnen, Frau Taubert, als Ministerin ausdrücklich dafür danken, dass Sie im Anschluss der Debatte so sachlich dazu beigetragen haben, das Thema noch einmal zu erklären. Ich freue mich, dass Sie das so sachlich getan haben, das ist dieser Debatte eigentlich auch gezollt. Ich würde mich freuen, wenn wir weniger beherzt mit diesen Dingen emotional umgehen oder uns den Vorwurf machen, dass wir das als Wahlkampfthema nutzen.
Das ist schon gar nicht mein Ansinnen, das können Sie mir glauben. Es geht um die Sache und wenn es um die PMO-Mittel geht, dann sollten wir alle an einem Strang ziehen. Fakt ist eins: Im Februar 2018 haben Sie unseren Antrag nicht mitgetragen.
Es geht auch heute noch mal darum, in Erinnerung zu bringen und noch mal den Antrag zu stellen, dass diese Verwaltungsvorschrift geändert werden sollte und muss, vorausgesetzt, dass es weitere finanzielle Zuwendungen an die Länder gibt. Das ist das Ansinnen und ich möchte mich ausschließlich bei Ihnen, Frau Ministerin Taubert, für die sachliche Darstellung bedanken.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weiß nicht, wer von den Abgeordneten im Leben schon einmal ein Unternehmen hatte und sich an öffentlichen Ausschreibungen beteiligt hat, weil er tariflich gebundene Arbeitnehmer beschäftigt, und zwar mehr als einen.
69 Seiten Vergabegesetz sprechen schon allein für sich. Wenn man in der Praxis die Realität sieht, muss man sich mal vor Augen führen, was das für kleine Unternehmen bedeutet, wenn sie sich an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen wollen, 69 Seiten Gesetzeskenntnis zu haben, um alles das beizubringen, was man braucht.
Sicherlich ist die Forderung nach mehr Lohn, um ein besseres Leben zu generieren, eine wichtige Forderung. Aber ich sage es auch gleich: Ein vergabespezifischer Mindestlohn gehört nicht in dieses Vergabegesetz.
Ich möchte Ihnen das auch begründen. Viele Betriebe – ich spreche jetzt maßgeblich für kleine Handwerksunternehmen – sind tariflich schon seit vielen Jahren gebunden und zahlen wesentlich mehr als 10 Euro oder 10,04 Euro. Aber Sie müssen sich hier mal in die Situation versetzen: Sie haben eventuell einen öffentlichen Auftrag, Sie bezahlen 13/14 Euro Stundenlohn, was ja in der Regel auch noch nicht sehr viel ist, und Sie müssen Arbeiten verrichten, wozu Sie eventuell unqualifizierte Menschen brauchen, wofür Sie vielleicht denen mal eine Chance geben, die nie auf dem ersten Arbeitsmarkt eine Chance haben, eine Tätigkeit zu finden. Dann denke ich nur an das Problem der Integration von Arbeitskräften auf dem Arbeitsmarkt, alles zum Teil unqualifizierte Menschen, wo man auf dem Bau oder im Baugewerbe froh sein könnte, wenn man Leute generieren könnte, um bestimmte Aufträge zu realisieren. Nun stellen Sie sich vor, Sie geben jemanden 13 Euro Stundenlohn oder 12,50 Euro – so wie das in den tariflichen Regelungen im Bauhandwerk vorgesehen ist – und müssen jetzt jemanden einstellen, der mindestens 10,04 Euro be
kommt ohne Qualifikation, ohne Arbeitserfahrung usw. usf. Dann stelle ich mir eben die Frage: Wie soll man das denen gegenüber verantworten, die jahrelang im Betrieb arbeiten, Tariflöhne bekommen? Ein letzten Endes so geringer Unterschied motiviert doch keine Arbeitskräfte und
es motiviert auch nicht zur Qualifikation derer, die letzen Endes in dem Tarifsystem arbeiten.
Ich wünsche mir schon länger, dass es die Einstiegsschwelle noch niedriger gibt, um jenen eine Chance zu geben, die keine Qualifikation haben. Wenn wir davon sprechen, dass wir Leute mit geringer Qualifikation oder gar keiner in den Arbeitsmarkt integrieren wollen, dann kann es doch nicht noch Sinn und Zweck sein, in einem Vergabegesetz den Mindestlohn, der ohnehin gesetzlich vorgeschrieben ist, noch zumindest optisch zu erhöhen. Denn letzten Endes sind 50 Cent auch keine Größenordnung, mit der man leben kann.
Im Übrigen gibt es Unternehmen, die haben eine hohe Verantwortung, haben eine soziale Verantwortung gegenüber ihren Arbeitnehmern.
Ein guter Unternehmer ist nur so gut, so gut er gute Leute hat, und gute Leute kriegt man nicht zum Nulltarif. Da muss man sowieso genügend Geld bezahlen, um gute Leute zu haben.
Mit diesem Gesetz unterstellen Sie den Unternehmen, dass sie keine Verantwortung gegenüber Arbeitnehmern haben. Sie wollen sie praktisch vorführen. Das sind alles Sachen, die entweder tariflich zu regeln sind oder Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam zu regeln haben.
Kurzum: Ich bin der Überzeugung, dieser spezifische Mindestlohn gehört hier nicht rein, die Proble
me sind groß genug und es schafft keine zusätzlichen Arbeitskräfte.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, vor allen Dingen begrüße ich die Schülerinnen und Schüler auf der Zuschauertribüne und ich freue mich, dass Sie ausgerechnet zu diesem Thema heute hier Platz genommen haben. Es geht nämlich um Ihre Zukunft seit dem 9. November 1989.
Der 9. November 1989 – es wurde vorhin gesagt – war ein Freudentag für viele Menschen. Ja, es war ein Freudentag – für die, die es erlebt haben, zumindest für den größten Teil der Menschen in der DDR. Es ist aber auch ein Tag des Gedenkens an die Opfer der innerdeutschen Grenze, auch ein Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, der Reichspogromnacht am 9. November 1938. Und deswegen geziemt es sich, eine solche Diskussion auch in Würde zu führen, um den Opfern gerecht zu werden, die ihr Leben in 40 Jahren DDR an der Grenze gelassen haben und somit jeder für sich einen kleinen Baustein dazu beigetragen haben, dass letztendlich dieses Schandmahl der deutschen Nachkriegsgeschichte, nämlich diese innerdeutsche Grenze, im Jahr 1989 zu einem Ende gekommen ist.
Es war gegen 18.00 Uhr am 9. November 1989, als Schabowski, Mitglied des Zentralkomitees der damaligen SED, abends in einem Presseinterview – wurde live übertragen damals auf der Tagesschau, ich habe das live gesehen – nun das Ende der DDR eingeleitet hat, indem er die Öffnung der Grenzen bekannt gegeben hat. Ja, das war ein Tag der Freude. 40 Jahre Mauer und Stacheldraht, 40 Jahre Diktatur, 40 Jahre Gängelung waren nun zu Ende und die Menschen konnten in eine neue Welt hinein entlassen werden, in eine neue Zukunft, die euch auf der Tribüne gehört. Und ich freue mich, dass ich dies in meinem Alter damals so objektiv miterleben konnte. Und ich freue mich erst recht, dass ich heute zu diesem Thema hier reden kann, auch wenn es sicherlich für den einen oder anderen nicht verständlich ist, warum es so unterschiedliche Meinungen zu so einem sensiblen Thema gibt. Und, Frau Pelke, dass Sie uns heute hier in die Ecke der AfD im Zusammenhang mit dem Antrag stellen, das schmerzt mich außerordentlich. Das hätten Sie nicht nötig gehabt, das hat der Vorgang nicht nötig und insofern weise ich das mit aller Energie zurück.
„Angemessene Erinnerung an die Friedliche Revolution vor 30 Jahren und den Fall der Berliner Mau
er am 9. November 1989“, das ist die Überschrift über unserem Antrag – völlig unverfänglich für jedermann, der eigentlich nachvollziehen kann, was wir alle in der DDR erlitten haben, ein völlig normaler Antrag. Mit dem Antrag werden der 30. Jahrestag der Friedlichen Revolution und der Fall der Mauer thematisiert, indem die Landesregierung dazu aufgefordert wird, die Jahre 2019 und 2020 durch besondere Veranstaltungen, Maßnahmen und Bildungsangebote entsprechend zu würdigen. Zu diesem Zweck soll die Landesregierung ein Gesamtkonzept zur Erinnerung an diese beiden historischen Ereignisse entwickeln. An dessen Erarbeitung sollen ebenfalls die jeweiligen Gedenkstätten für die Opfer der sowjetischen Besatzungsherrschaft, der SED-Diktatur sowie der Grenzmuseen beteiligt werden. Bei der Planung der Veranstaltungen sollen ebenfalls unsere angrenzenden Bundesländer Bayern, Hessen und Niedersachsen mit eingebunden werden. Nicht mehr und nicht weniger sind das die Forderungen der CDU-Fraktion.
Mit dem Antrag soll Thüringen in eine besondere Pflicht genommen werden, in den Jahren 2019 und 2020 an die historischen Ereignisse der Friedlichen Revolution von 1989 sowie an den Fall der Mauer zu erinnern, zumal seitens der Landesregierung – abgesehen vom Festakt zur Deutschen Einheit – bis dato keine weiteren Maßnahmen und Veranstaltungen geplant waren oder gar sind.
Aus Sicht der CDU sind beide Jubiläen von größter Bedeutung für die Wiedervereinigung Deutschlands und die Wiedergründung des Landes Thüringen, die entsprechend zu würdigen sind. Für die CDU ist die Erinnerung eine beständige staatspolitische Aufgabe, die die Auseinandersetzung mit den Diktaturen des 20. Jahrhunderts aufgreift und auf diese Weise auch bei den Bürgern das Bewusstsein für die Voraussetzungen und die Zerbrechlichkeit freiheitlich demokratischer Verhältnisse schärfen soll. So weit, so gut!
Der Antrag – es wurde schon mehrmals erwähnt – wurde im Plenum erstmals am 26. April beraten, seitdem ist ein halbes Jahr vergangen. Im Grunde hätten alle Fraktionen damals schon zustimmen können, schon 2018 im April! Aber es kann eben nicht sein, was nicht sein darf, dass nämlich die CDU-Fraktion mit ihrem Antrag die erste Fraktion war, die das Thema besetzt.
Jetzt begann das parlamentarische Kindergartenspiel – anders kann ich das für mich persönlich nicht mehr bezeichnen – über Alternativanträge, die im Kern nichts anderes wollen, als das, was die CDU-Fraktion mit ihrem Antrag bereits gefordert hat. Es wird quasi nach weiteren unsäglichen Details – man kann sagen, sogar Krümeln – gesucht, um mithilfe eines Alternativantrags zwar die Idee des CDU-Antrags zu übernehmen – wie das ja auch sichtbar ist, wenn man beide Alternativanträge
durchliest –, aber durch eingearbeitete Änderungen mit einem eigenen Antrag im Hohen Haus zu glänzen.
Wir haben Ihnen, den Koalitionsfraktionen von RotRot-Grün, die Hand gereicht. Leider wurde quasi im letzten Augenblick, in der Ausschusssitzung am 26. Oktober, also vor circa zwei Wochen, diese ausgestreckte Hand der CDU-Fraktion verwehrt.
Dies ist keine Frechheit, das ist die Tatsache, Frau Rothe-Beinlich!
Es ist so! Darüber können Sie sich jetzt wieder aufregen. Aus meiner Sicht ist das jedenfalls unverständlich. Nur weil Rot-Rot-Grün komplett die eigenen Vorschläge eins zu eins übernommen wissen wollte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, so funktioniert eben Demokratie nicht! Sondern Demokratie lebt immer von den Kompromissen und nie von einer Meinung, der sich alle anderen unterordnen müssen. Wir waren auch bereit, Kompromisse einzugehen. Dessen bin ich mir sicher, aber es kommt eben dazu, dass wir uns nicht auf einen gemeinsamen Antrag einigen konnten.
Dem von der Regierungskoalition angekündigten Änderungsantrag können wir natürlich nicht zustimmen, weil dieser insgesamt die Intention unseres eigenen Antrags, nämlich das Ereignis der Friedlichen Revolution von 1989 kompromisslos in den Mittelpunkt zu stellen, durch überflüssige Ergänzungen verwässert und damit sinnentstellt.
Auch weil dieser durch Weglassen den Bereich „Opfer der sowjetischen Besatzungsherrschaft und der SED-Diktatur“ stark relativiert. Die Ignoranz – kann man schon sagen – gegenüber den Gewaltverbrechen in der sowjetischen Besatzungszone ist nicht nur nicht nachvollziehbar, sondern steht vor allem im Widerspruch zu den Ergebnissen der modernen Geschichtsforschung.
Warum tun Sie sich eigentlich so schwer mit dem geschichtswissenschaftlich untersetzten Begriff der sowjetischen Besatzungszone? Gerade die deutsche Sozialdemokratie sollte sich leidvoll daran erinnern, wie viele Sozialdemokraten in der sowjetischen Besatzungszone – zum Beispiel ins Konzentrationslager Buchenwald – abgeführt worden sind, nur weil sie dem Einheitsgedanken zwischen der Kommunistischen Partei und der SPD nicht gefolgt sind.
Und das waren alles Opfer in der sowjetischen Besatzungszone. Das möchte ich nur noch mal kurz in Erinnerung bringen.
Nicht zuletzt können wir nicht zustimmen, weil Ihr Antrag beinahe den Eindruck vermittelt, die historische Entwicklung in Polen – da erinnere ich an Solidarność seit dem Jahr 1980 – und in der Sowjetunion im Zusammenhang mit Perestroika und Glasnost hätten die Friedliche Revolution in der DDR ausgelöst, obwohl diese die Entwicklung der Friedlichen Revolution von 1989 lediglich befördert haben. Ich denke, hier sollten wir historisch ganz korrekt bleiben. Wir lehnen Ihren Antrag ab, weil aus unserer Sicht der von Ihnen eingebrachte Bezug zum Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit – zu dem wir eigentlich im Grundsätzlichen stehen – im Zusammenhang mit den Ereignissen der Friedlichen Revolution 1989 vollkommen verfehlt ist. Warum? Mit diesem Bezug zum Landesprogramm wird der Antragsteller dem Mut der vielen Menschen des Herbstes 1989 und vor allem auch davor in keiner Weise gerecht. Denn es ist etwas völlig anderes, sich gegen einen Unterdrückungsstaat, wie es der SED-Staat war, aufzulehnen, als an der Seite des Rechtsstaats für dessen demokratische Werte einzutreten, wofür ja bekanntermaßen die vom Landesprogramm unterstützten Projekte stehen sollen.
Wir lehnen Ihren Antrag ab, weil Sie im Punkt 2, Absatz 5, wo das Naturmonument Grünes Band erwähnt ist – es wurde ja heute schon ausgiebig darüber diskutiert –, ja quasi scheinheilig sind und Sie mit Ihrem Gesetz zum Grünen Band genau das Gegenteil machen. Hier kritisieren wir und der betroffene Geschichtsverbund Thüringen, in dem auch die Grenzmuseen organisiert sind, vor allem die unzureichende Einbindung und Berücksichtigung der Akteure der Grenzerinnerung und der Aufarbeitung vor Ort, die sich seit vielen Jahren mit der historisch politischen Bildungsarbeit im ehemaligen Todesstreifen beschäftigen. Vor allem befürchten diese Akteure jedoch die Schaffung von parallelen Arbeitsstrukturen im Rahmen ihres Konzepts „Grünes Band Thüringen“. Zudem befürchten jene Akteure, dass mit der Umsetzung des Konzepts das Verhältnis zwischen Erinnerungsarbeit, Gedenkkultur und Umweltbildung nicht zukunftsgerecht zu gestalten ist. In Ihrem Gesetz werden die Angebote „Grünes Band“, Fähigkeiten und Möglichkeiten der Grenzlandmuseen im Bereich der historisch-politischen und ökologischen Bildung und Vermittlung für den
sanften Tourismus leider nur viel zu unzureichend berücksichtigt.
Wie ich aus der Zeitung erfahren konnte, hat Ministerpräsident Ramelow vor einiger Zeit den Grenzbahnhof in Probstzella besucht. Ich selbst war einige Wochen zuvor dort. Er hatte dort eindrucksvoll in Augenschein nehmen können, wie mit vielen privaten Initiativen dieser Grenzbahnhof zu einem Gedenkort umgearbeitet worden ist. Was ich in Ihrem Alternativantrag allerdings vermisse, ist, dass Sie sich zu den erforderlichen Investitionen, die in den Grenzlandmuseen notwendig sind – und auch am Grenzbahnhof in Probstzella –, in keiner Weise geäußert haben und auch Planungen nicht mit in Ihre Konzepte aufgenommen haben. Ich würde mir wünschen, auch mit Blick auf gerade diesen Bahnhof – und natürlich sage ich das bewusst, weil es in meiner Region ist und ich diesen Bahnhof auch persönlich erleiden musste –, dass genau solche Planungen für Investitionen mit aufgenommen werden, die sich maßgeblich dann in diesen Einrichtungen niederschlagen. Ich hoffe, dass der Grenzbahnhof in Probstzella nun endlich auch mal staatliche Unterstützung bekommt, dass dort weitere Initiativen, die geplant sind, zur Realisierung kommen können. Das nur als Nebenanmerkung.
Nun noch einige Worte zum AfD-Antrag: ebenfalls parlamentarischer Kindergarten. Auch die AfD suchte das Haar in der Suppe und fand schließlich für sich heraus, dass das Vermächtnis der Friedlichen Revolution von 1989 angeblich im CDU-Antrag zu kurz gekommen sei und daher ein eigener Alternativantrag eingebracht werden müsse. Dass eine angemessene Erinnerung immer auch mit einem Vermächtnis verknüpft ist, dürfte auf der Hand liegen. An Ihre Adresse gewandt möchte ich daher aus der Begründung unseres Antrags zitieren: „In der Auseinandersetzung mit den Diktaturen des 20. Jahrhunderts schärfen Bürgerinnen und Bürger ihr Bewusstsein für die Voraussetzungen und die Zerbrechlichkeit freiheitlich demokratischer Verhältnisse.“ Ich möchte diesen Satz in Richtung AfD quasi im Sinne Ihres geforderten Vermächtnisses ergänzen: Die Bürger schärfen ihr Bewusstsein für die Zerbrechlichkeit freiheitlich demokratischer Verhältnisse, wie sie heute wieder einmal von populistischen Parteien, wie es die AfD ist, betrieben wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der AfD, das allerdings ist unser Vermächtnis der Friedlichen Revolution von 1989.
Ich glaube nicht daran, aber ich hoffe immer noch auf ein Umdenken. Es würde diesem Tag gut zu Gesicht stehen, wenn wir uns gemeinsam auf den Weg machen und den Antrag der CDU-Fraktion parteiübergreifend heute unterstützen. Danke.
Herr Dittes, ich möchte etwas zur Versachlichung der ganzen Problematik beitragen. Mir fehlt es im Wesentlichen in Ihren Ausführungen,
dass Sie mal auf die Auswirkungen eines gesetzlichen Feiertags eingehen, nicht nur auf die Wirtschaft. Bedenken Sie bitte, dass es Krankenhäuser gibt, Pflegeheime gibt und andere Einrichtungen, die, egal ob Feiertag ist oder nicht, immer für die Menschen da sein müssen. Ich hätte jetzt die Frage: Was glauben Sie, welche Auswirkungen das auf solche Einrichtungen hat, die jetzt schon um Arbeitskräfte bangen und ringen, wenn ein zusätzlicher Feiertag dazu führt, dass man zusätzliches Personal einstellen muss, um das auszugleichen?
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Zuschauer auf der Tribüne, es ist wirklich schön, dass zu einem solchen Tagesordnungspunkt vor allen Dingen junge Leute hier drinsitzen. Ich möchte Ihnen eine Botschaft nach oben senden: Lassen Sie sich trotz der Diskussionen hier auf keinen Fall abhalten, auch einen Handwerksberuf ins Auge zu fassen.
Ich kann Ihnen versichern, Sie können sich und Ihrer Familie damit eine gesicherte Existenz schaffen, wenn Sie es richtig anstellen. Nach dem Handwerksberuf kann es jegliche Form von Qualifikatio
nen geben. Das Handwerk ist eine gute Voraussetzung, um sich für das Leben fit zu machen.
Wir wollen heute darüber reden, dass die Meisterausbildung eigentlich eine Grundvoraussetzung bildet, um das zu organisieren.
Ich möchte mal mit meinem Vortrag etwas in die Geschichte zurückgehen. Wir fangen im Jahr 1989 an. Am 9. November, also in wenigen Wochen, wird sich zum 29. Mal der Tag wiederholen, an dem die innerdeutsche Grenze gefallen ist. Nun werden Sie sich fragen: Was hat die innerdeutsche Grenze mit dem Handwerk zu tun? Ich fokussiere meinen Beitrag hauptsächlich auf die neuen Bundesländer, denn die deutsche Einheit hat Tausenden von Menschen durch die Auflösung alter, maroder und nicht marktfähiger Betriebe Arbeitslosigkeit beschert – Arbeitslosigkeit, die natürlich Sorgen entwickelte. Die Menschen mussten ihr Leben neu anfassen und ihr Leben auf den Kopf stellen – eine akrobatische Meisterleistung –, ohne den Boden unter den Füßen zu verlieren. Und es ist gelungen. Es ist gelungen, weil es auch das Handwerk gab, was in der DDR eigentlich nicht organisiert war.
Es galt, große Aufgaben zu bewältigen: marode Infrastrukturen, alte Gebäude, alte Schulen, heruntergekommene Kindergärten. Jeder, der in meinem Lebensalter ist und das durchlebt hat, weiß, wovon ich rede. Wenn man die Bilder von Erfurt und Leipzig von 1989 bis heute vergleicht, weiß man, was sich doch da zum Guten geändert hat.
Das Handwerk hatte hier eine besonders große Aufgabe, galt es doch, diese Infrastruktur, diese Gebäude wieder instand zu setzen. In diesen ehemaligen ostdeutschen Gebieten war es so, dass es wenig Handwerksbetriebe gab, und es rekrutierten sich ehemalige Industriemeister zum Handwerksmeister. Es gab Meisterausbildung nach der alten Handwerksordnung – bundesdeutsches Recht – und so gab es innerhalb kurzer Zeit Tausende von kleinen Handwerksbetrieben, die Menschen beschäftigt haben, versicherungspflichtig, und die damit dazu beigetragen haben, die Arbeitslosigkeit im Wesentlichen in den ersten Jahren abzufedern. Gerade die 90er-Jahre waren Boom-Jahre für das Handwerk; da möchte ich betonen, nicht nur in Ostdeutschland – in den neuen Bundesländern –, da haben auch viele alte Bundesländer mit profitiert.
Im Jahr 1998 kam es zu einem Politikwechsel in Deutschland. Infolge des Politikwechsels – Kohl wurde abgelöst, Schröder wurde Bundeskanzler, eine rot-grüne Bundesregierung – gab es im Jahr 2004 die Agenda 2010. Viele diskutieren heute noch über diese Agenda, sie hat viele Verwerfungen gebracht, vor allem auf dem Arbeitsmarkt.
Ein wesentlicher Bestandteil der Agenda 2010 war die Novellierung der damaligen Handwerksordnung, wo 50 Prozent aller Meisterzwänge in allen Gewerken des Handwerks abgeschafft worden sind, weil man glaubte, damit mehr Arbeitslose in Arbeit zu bringen. Es sollte also jedem ermöglicht werden, ohne Meisterqualifikation in den Arbeitsmarkt, in die Selbstständigkeit zu kommen. So entstanden viele Solounternehmen. Ich möchte noch mal an diese damaligen Regelungen zu den IchAGs erinnern. Die Folgen waren: 50 Prozent der Gewerke hatten keine Ausbildungsberechtigung mehr. Damit kam es zu einer strengen und straffen Reduzierung der Lehrausbildung. Wo keine Lehrberechtigung mehr besteht, kann man niemanden mehr ausbilden. Das Interesse am Handwerk wurde natürlich auch bei jungen Menschen damit nicht gefördert, weil man vielleicht keine Perspektive hatte, weil es ja gar keinen Handwerksbetrieb mehr gibt, der einen einstellt und eventuell ausbildet.
Fazit: In den letzten 17 Jahren ist die Zahl der Unternehmen in den hier betrachteten wichtigsten Zweigen des Ausbaugewerks zwar gestiegen – mit Ausnahme von Tischlern. Am stärksten trifft das auf die Fliesen-, Platten- und Mosaikleger zu, die vor allem aufgrund der eingeführten Zulassungsfreiheit nach der Novellierung der Handwerksordnung im Jahr 2004, so wie eben benannt, ihren Unternehmensbestand vervierfacht haben. Allerdings ist, wie auch in den übrigen Zweigen, die Zahl der Beschäftigten stark zurückgegangen. Infolge der Handwerksnovellierung dürfte es zu einem sogenannten Drehtüreffekt gekommen sein, indem bestehende Betriebe Beschäftigte infolge der vielen Existenzgründungen der Kleinunternehmen entlassen mussten. Es bauten sich gegenüber den Unternehmen, die versicherungspflichtige Arbeit angeboten und noch Meisterzwang hatten, auf einmal Betriebe als Solounternehmen auf, die all diese Zwänge nicht hatten, keine Leute beschäftigt haben und natürlich voll in die Konkurrenz derer eingedrungen sind, die den Leuten versicherungspflichtige Arbeit, zum Teil zu guten Tariflöhnen, geboten haben. Das hat dazu geführt, dass diese Betriebe im Laufe der Jahre Arbeitskräfte abbauen mussten, weil sie diesem Konkurrenzdruck nicht mehr widerstanden.
Es kam also zu einem Anstieg der Solobeschäftigten und Einzelunternehmen. Allerdings entstehen – ausgelöst von der Handwerksordnungsnovelle von 2004 – immer häufiger kleine Unternehmenseinheiten mit weniger Beschäftigten und Auszubildenden. Das war dann das Ergebnis. Über 40 Prozent der Handwerksbetriebe werden heute von Soloselbstständigen geführt. Die Zahl der Lehrlinge sank in den deregulierten Handwerksberufen seit dem Start im Jahr 2004 bundesweit und lag deutlich unter dem Niveau in den Berufen mit Meisterpflicht.
Lassen Sie mich mal kurz eine Statistik vortragen, damit uns allen das noch mal in Erinnerung kommt: In Thüringen gibt es über 30.000 Handwerksunternehmen, 152.000 Beschäftigte – das ist der Stand vom 30.06. dieses Jahres. Ausbildungsstätten gab es im Jahr 2005 6.628 und im Jahr 2017 3.431 – also fast halbiert. Lehrlinge im Thüringer Handwerk gab es im Jahr 2005 noch 15.556, in diesem Jahr – Stand 30.06.2018 – 6.000 – mehr als halbiert; Meisterprüfungen 2016 439, 2017 405 – abnehmende Tendenz. Auch die Einführung der Meisterprämie, die wir immer forderten, kam nicht zum Zuge, es gab nur eine Bestenprämie, die hat natürlich all diesen Rückgang nicht aufgehalten.
Es gibt also Zweifel am Beitrag zu weitergefassten wirtschaftspolitischen Zielen wie Beschäftigung, Wachstum und Innovation, an der Novelle 2004. Sie hat das Ziel, das man erreichen wollte, nicht erreicht. Die Ausbildungsleistung der deregulierten Gewerbe infolge der Novelle ist stark gesunken. Weder gesunkene Preise, höheres Marktvolumen noch eine höhere qualitative Differenzierung wurden bislang empirisch aufgezeigt. Umso drängender stellt sich die Frage: Was ist bei der Novelle 2004 verloren gegangen?
Der große Befähigungsnachweis ist eine gewachsene Institution, die im Handwerk in hohem Maß identitätsstiftend wirkt. Althergebrachte handwerkliche Traditionen, Werte und Sozialisierungsmuster sind eng mit dem Lebensentwurf und Berufsethos verknüpft, als selbstständiger Meister einen eigenen Gewerbebetrieb zu führen und vor allem Lehrlinge auszubilden. Wichtige volkswirtschaftliche Funktionen des Handwerks stehen damit im Zusammenhang, etwa im Bereich der Dualen Ausbildung, des Innovationssystems und der regionalen Entwicklung. Die Meisterpflicht ist hierfür nicht allein entscheidend, jedoch einer der wichtigsten Garanten.
Lassen Sie mich zum Schluss noch mal auf unseren Antrag kommen und lassen Sie mich ihn noch mal zitieren, damit deutlich wird, worum es hier eigentlich geht: Wir wollen heute erreichen, dass durch Zustimmung – und zwar über alle Parteigrenzen hinweg – sich der Landtag „zur dualen Ausbildung mit ihrer Aufbau- und Zusatzqualifikationsmöglichkeit [bekennt]. Sie ist ein wichtiger Faktor für die Qualitäts- und Fachkräftesicherung und damit auch für die Unternehmensnachfolge im Thüringer Handwerk.“ Wie oft haben wir darüber hier schon gesprochen? Daher wird die Landesregierung aufgefordert, „sich im Bundesrat mit einer Initiative für eine verfassungskonforme Novellierung der Handwerksordnung einzusetzen; das Ziel der Novellierung sollte eine Aufwertung zulassungspflichtiger Gewerbe gemäß Anlage A der Handwerksordnung unter der Berücksichtigung EUrechtlicher Vorgaben sowie einer Einzelfallbetrachtung sein“, und weiterhin, „dafür einzutreten, den
Status der deutschen Meisterqualifikation in Europa zu verteidigen, zu sichern und zu stärken.
Gegenüber der Europäischen Union ist darauf zu drängen,“ – und das ist ein ganz wichtiger Punkt – „den Meisterbrief für einzelne Berufsbilder EU-konform einzuführen.“
Für den weiteren wirtschaftlichen Erfolg Thüringens ist eine Aufwertung der beruflichen Bildung erforderlich. Die Fehlentwicklungen der letzten Jahre müssen daher zügig korrigiert werden. Dazu zählt die Novellierung der Handwerksordnung im Jahr 2004. Sie hatte die Herabstufung vieler Gewerbe in der Anlage B der Handwerksordnung zur Folge. Zu dem Schluss, dass dieses dringend notwendig ist, kommt im Übrigen auch das Volkswirtschaftliche Institut für den Mittelstand und das Handwerk der Universität Göttingen. Wir fordern eine korrigierte Handwerksordnung mit dem Ziel der Aufwertung des Meisterbriefs und der zulassungspflichtigen Gewerbe. Die Landesregierung soll sich auf Bundesebene dafür einsetzen. Auch das Thüringer Handwerk fordert ein Umdenken in der Politik. Vielleicht wissen einige von Ihnen, dass vor Kurzem der Thüringer Handwerkertag in meiner Heimatstadt Rudolstadt war. Es waren circa 8.000 Menschen vor Ort, die sich für das Handwerk interessiert haben. Das war ein wunderschöner Tag.
Hier gab es viele Bekenntnisse, sich wieder dem Handwerk zu widmen und eigentlich auch das mit zu organisieren, was wir hier heute besprechen. Ich hoffe, dass auch endlich einmal Taten folgen und nicht nur Worte.
Zudem ist einer schleichenden Entwertung der dualen Ausbildung und ihrer Aufbau- und Zusatzqualifikationen durch Vereinheitlichkeitsbestrebungen für den EU-Binnenmarkt vehement entgegenzutreten. Auch das ist ein wichtiger Punkt.
Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen wollen Gleiches tun. Ich wünsche mir, dass wir das unterstützen. Bekanntlich sind das ja SPD-regierte Bundesländer. Ich bitte Sie daher, den Antrag der CDU zu unterstützen. Wir brauchen wieder mehr Meister, damit wir die Grundlage schaffen, dass sich Lehrlinge ausbilden lassen können, damit sie ein selbstbestimmtes Leben auch im Handwerk führen können. Danke.
Werter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zweite Lesung – der Antrag der AfD fordert, die Meisterausbildung in Thüringen
kostenfrei zu gestalten, aber dies ausdrücklich für deutsche Handwerker. Ziel in dem Entwurf soll es sein, die Meisterabsolventenzahl in Thüringen signifikant zu erhöhen.
Aus meinen Ausführungen in der letzten Landtagssitzung, als das Gesetz in der ersten Lesung war, können Sie dem Wortprotokoll, wer das gerne möchte, entnehmen, dass wir diesen Antrag natürlich ablehnen, weil wir zum einen nicht glauben, dass durch dieses Gesetz eine signifikante Erhöhung der Meisterausbildung erzielt werden kann, und dies zum anderen auch nicht notwendig ist. Denn im Koalitionsvertrag des Bundes ist auf der Seite 30 Folgendes vereinbart: „Wir werden mit dem Aufstiegsfortbildungsgesetz […] finanzielle Hürden für den beruflichen Aufstieg abbauen mit dem Ziel einer weiteren deutlichen Verbesserung beim Unterhaltszuschuss, Erfolgsbonus und bei der Familienfreundlichkeit.“ Damit wird ein weiterer Beitrag geleistet, „um finanzielle Hürden für angehende Technikerinnen und Techniker, Meisterinnen und Meister sowie Fachwirtinnen und Fachwirte im Sinne der vollständigen Gebührenfreiheit zu beseitigen.“ Das Ziel ist die vollständige Gebührenfreiheit für Technikerinnen und Techniker, Meisterinnen und Meister sowie Fachwirtinnen und Fachwirte. Was bedarf es der Worte mehr?
Wir lehnen diesen Antrag grundsätzlich ab. Wir bleiben bei unserer Entscheidung von der ersten Lesung. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, es tut mir leid, ich musste doch noch mal nach vorn kommen. Deswegen habe ich meine Redezeit so kurz gehalten, um noch mal nachzumunitionieren.
Herr Möller, ich würde Ihnen raten, gucken Sie mal auf die Seite des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Dort ist explizit aufgeführt...
Sie haben nur den ersten Teil gelesen, Sie haben nicht bis zum Schluss durchgerechnet.
Noch einmal: Die Meisterausbildung ist heute relativ gering. Wobei ich jetzt eine persönliche Meinung hier vertrete, ich bin überzeugt, man sollte auch einen Eigenanteil bei jedem, der heute irgendetwas studiert, beibehalten. Aber es ist garantiert und so ist es noch mal im Koalitionsvertrag ganz eindeutig festgelegt, dass man beabsichtigt, auch die Meisterausbildung in Zukunft dauerhaft kostenfrei zu organisieren. Das müsste uns ja jetzt erst mal reichen.
Aber was mir besonders nicht gefällt, ist, dass man so ein sachliches Thema eigentlich missbraucht, um damit populistisch Politik zu machen. Das gefällt mir überhaupt nicht und das Thema ist dafür auch nicht geeignet. Dass es so wenige Meisterausbildungen gibt, hat eine grundsätzlich andere Ursache. Das liegt schon daran, dass immer weniger einen Handwerksberuf lernen wollen und demzufolge auch keine Meisterausbildung machen wollen. Über 50 Prozent der Meister sind abgeschafft worden, da gibt es heute Betriebe, die brauchen gar keine Meisterausbildung mehr, und demzufolge gibt es auch immer weniger Lehrausbildung. Wenn wir die Meisterausbildung in Zukunft stärken wollen, dann müssen wir die Berufsausbildung stärken.
Dann müssen wir schon in den Schulen beginnen, die Berufsausbildung zu organisieren, indem man junge Menschen motiviert, nicht nur zu studieren, sondern auch mal einen ordentlichen Beruf zu erlernen. Man kann nur hoffen, dass es genügend Betriebe gibt, die auch bereit sind, wieder Menschen einzustellen und in die Lehrausbildung zu führen. Das kann übrigens nur ein Meister. Weil es weniger Meister sind und weil der Meisterzwang für viele abgeschafft worden ist, gibt es so wenige Berufsausbildungen. Wir müssen also, wenn es um die Meisterausbildung geht, bereits in der Berufsausbildung, in der Schulbildung ansetzen – dort liegt eigentlich der Hase im Pfeffer – und nicht bei der Finanzierung der Meisterausbildung. Und dieses populistisch zu missbrauchen, Herr Möller, das lehne ich grundsätzlich ab.
Das ist Ihre Art und Weise.
Das ist mir inzwischen bekannt geworden, aber das ist nicht mein Herangehen an politische Lösungen.
Ich glaube auch, für die Mehrheit dieses Parlaments ist das nicht das Herangehen. Es ist eigentlich beschämend, wie eskalierend dieses Thema jetzt hier behandelt worden ist.
Lesen Sie trotzdem noch mal auf dieser Seite nach. Sie können dann nachrechnen, dass das nicht an dem ist, so wie Sie das hier vorgetragen haben. Das ist auch so platt hier in den Raum geworfen worden. Das ist nicht so mit der Finanzierung. Die Finanzierung ist heute schon größtenteils relativ preiswert. Das Problem ist zum Beispiel: Wir wollen ja auch noch einen Meisterbonus, das war ja mal ein Antrag von uns, um diese Kosten noch weiter zu reduzieren.
Es gibt inzwischen nur eine Meisterprämie und ich bin immer noch guter Dinge, dass der Ministerpräsident seinem Versprechen eines Tages nachkommt. Und er weiß ja, ich habe ihn schon vor längerer Zeit mal in einer Nische in der Geschichte einen Platz angeboten, wenn er den Meisterbonus einführt, so wie es damals bei der Handwerkskammer versprochen worden ist. Ich bin noch guter Dinge, dass das irgendwann zu erreichen ist. Ansonsten kann ich mir nur wünschen, dass wir wieder viel mehr junge Leute motivieren können, einen Beruf zu lernen, einen Handwerksberuf und daran anschließend nicht nur zu studieren, sondern eventuell vielleicht vorher eine Meisterausbildung zu machen. Danke.
Werter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, schon interessant, wie so ein Thema politisch missbraucht werden kann. Herr Höcke, mit den Nürnberger Meistersängern kann ich Ihnen natürlich nicht entgegnen – ist übrigens eine interessante Vorgabe zu Ihrem Redebeitrag gewesen. Ich werde Ihnen etwas anderes zitieren. Ich bin jetzt vier Jahre hier im Thüringer Landtag und zu den unterschiedlichsten Veranstaltungen, vor allen Dingen bei der Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer und auch hier im Hause hört man immer wieder das Wort „Handwerk hat goldenen Boden“.
Ich werde Ihnen jetzt mal den Spruch, wie er sich wirklich darstellt, vortragen, um ebenfalls einen kulturellen Einstieg in meine Rede zu garantieren: „Handwerk hat goldenen Boden, sprach der Weber. Da schien ihm die Sonne in den leeren Brotbeutel.“ Es war eigentlich sarkastisch gemeint, auf die Armut vieler kleiner Handwerksmeister, insbesondere der Weber, gemünzt. Deren Armut war im 19. Jahrhundert durch die Industrialisierung wahrhaft sprichwörtlich geworden. Heute wird nur noch der erste Teil zitiert, in der oft fälschlichen Annahme, dass Handwerker als Dienstleister besonders gut verdienen. Ich möchte das mit diesem Spruch hier mal klarstellen, dass fälschlicherweise immer davon ausgegangen wird, dass grundsätzlich Handwerk „goldenen Boden“ im übertragenen Sinne hat, dass alle reich sind, die heute in handwerklichen Tätigkeiten unterwegs sind. Ich wünschte mir manches Mal, dass dieser Spruch Beachtung findet, und zwar in Gänze, um ihn nicht zu missbrauchen, um etwas nach außen falsch darzustellen, was sich so in der Wirklichkeit nicht abspielt.
Werter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, wieder einmal werden das Thema „Handwerksmeister“, deren Qualifizierung und die dafür erforderlichen Finanzen zum Thema gemacht. Seit Jahren setzen wir uns als Fraktion dafür ein, gleichfalls wie im Bundesland Bayern, einen Meisterbonus in Thüringen einzuführen. Trotz anfänglicher Hoffnungen auch aufgrund von damaligen Äußerungen des Ministerpräsidenten, der den Meisterbonus vor der Handwerkerschaft für unterstützenswert befand – ich kann mich noch genau an den handwerkspolitischen Abend vor drei Jahren erinnern – hat sich dies jedoch nicht erfüllt. Lediglich eine Meisterbestenprämie wurde eingeführt, quasi ein Tropfen auf den heißen Stein. Und heute? Heute wieder etwas völlig Neues.
Die AfD fordert, die Meisterausbildung in Thüringen kostenfrei zu gestalten, aber dies ausdrücklich – und ich betone das besonders – nur für deutsche Handwerker. Und auch die FDP hat heute in der
Zeitschrift einen großen Presseartikel gehabt. Auch sie wollen neuerdings die Meisterausbildung kostenfrei gestalten.
Da stelle ich mir vor, beide – sowohl die AfD als auch die FDP – haben sich doch jetzt wirklich mal inhaltlich mit dem Koalitionsvertrag von CDU und SPD beschäftigt, denn dort ist eigentlich all das schon geregelt. Ich kann den Medien und den Fraktionen und allen politischen Kräften nur ab und zu anraten, diesen Koalitionsvertrag speziell zu diesem Punkt noch einmal zu studieren.
Also: Meisterausbildung in Thüringen kostenfrei. Dabei sollen nach dem Gesetzentwurf die Kosten für Meistervorbereitungslehrgänge und die Prüfungen in Form eines zinslosen Darlehens übernommen werden. Die Rückzahlung des Darlehens soll nur dann erfolgen, wenn der Absolvent nicht mindestens fünf Jahre in Thüringen bei einem Handwerksunternehmen mit Hauptsitz in Thüringen beschäftigt ist oder ein Handwerksunternehmen gründet oder ein bestehendes übernimmt. Ziel des Entwurfs soll es sein, die Meisterabsolventenzahl in Thüringen signifikant zu erhöhen. Gleichfalls soll die Ungleichbehandlung zum akademischen Bildungsweg in Bezug auf die Kosten überwunden werden. Ihr Gesetzentwurf, meine sehr verehrten Damen und Herren von der AfD, ist sehr kurzsichtig und Sie vergessen doch, dass Thüringen keine Insel ist. Oder meinen Sie „Thüringen first“?
Das kann ich Ihnen sagen: So funktioniert ein föderalistisches Staatssystem nicht und die Bundesrepublik Deutschland auch nicht und die Sicht auf Europa schon gar nicht.
Während Sie die Kosten für die Finanzierung der kostenfreien Meisterausbildung auf den Landeshaushalt umlegen wollen, vergessen Sie scheinbar, dass der Bund bereits bis zu 80 Prozent der Kosten der Meisterausbildung übernimmt.
In § 1 Ihres Gesetzentwurfs heißt es: „Auf die Förderung der Meisterausbildung nach diesem Gesetz haben Anspruch 1. Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes, die die Zugangsvoraussetzungen für eine Meisterausbildung erfüllen.“ Hier greift Ihr Gesetzentwurf doch wesentlich zu kurz. Wenn Sie tatsächlich den Fachkräftemangel beheben wollen, sollte sich Ihr Gesetzentwurf an § 8 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes des Bundes orientieren, welcher unter anderem eine Förderung auch für Bürger aus der Europäischen Union vorsieht, deren Hauptwohnsitz sich
im Sinne des Melderechts seit mindestens drei Jahren im Freistaat Thüringen befindet oder die seit mindestens drei Jahren in einem ungekündigten und nicht befristeten Arbeitsverhältnis einem Handwerksbetrieb mit Hauptsitz in Thüringen beschäftigt sind oder die von einem Handwerksbetrieb mit Hauptsitz in Thüringen für den Fall der erfolgreichen Absolvierung der Meisterausbildung ein verbindliches Angebot einer unbefristeten Einstellung als Meister vorweisen können.
Um dem Fachkräftemangel zu begegnen und mehr Personen für die Meisterausbildung zu gewinnen, ist es falsch, die Zugangsvoraussetzungen für den Erhalt der Förderung so eng zu fassen. Hier ist das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz besser geeignet als Ihr Gesetzentwurf zur kostenfreien Meisterausbildung, denn Förderungsvoraussetzungen sind weiter gefasst.
Der größte Knackpunkt Ihres Entwurfs ist die Finanzierung. Zur Unterstützung der potenziellen Meister sollen Landesmittel von circa 10 Millionen Euro verwendet werden, obwohl der Bund die Meisterausbildung im Rahmen des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes finanziell unterstützt. Lehrgangsund Prüfungsgebühren bis zu 15.000 Euro werden mit einem Zuschussanteil von 40 Prozent bereits bedacht. Die restlichen 60 Prozent werden als Darlehen gewährt. Von dem Darlehen wiederum werden bei einem Prüfungserfolg 40 Prozent erlassen und sollte der Meisterabsolvent ein Unternehmen gründen, werden 66 Prozent des Darlehens durch den Bund bezuschusst. Im günstigsten Fall muss schon heute ein Meisterabsolvent nur 3.060 Euro von 15.000 Euro für seine Meisterausbildung selbst tragen, den Rest übernimmt bereits der Bund. Und um noch mal auf den geforderten Meisterbonus von 1.000 Euro zurückzukommen: Würde der Absolvent bei Einführung dieses Meisterbonus 1.000 Euro bekommen, müsste er gar nur noch 2.060 Euro aufbringen, um einen Meisterabschluss zu finanzieren. Man kann sich natürlich auch darüber streiten, ob es überhaupt sinnvoll ist, grundsätzlich alles kostenfrei zu gestalten. Eine solche Ausbildung hat auch ideell einen bestimmten Wert. Die Frage muss auch gestattet sein: Was wird eigentlich, wenn ein Meister, der seine Meisterausbildung macht, diese Ausbildung abbricht?
Zusätzlich fördert der Bund noch die Kosten für das Meisterprüfungsobjekt. Hier liegt der Zuschussanteil bei 40 Prozent. Zudem haben die Union und die SPD im Koalitionsvertrag auf Seite 30 vereinbart – jetzt komme ich noch mal darauf zurück –: „Wir werden mit dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz („Aufstiegs-BAföG“) finanzielle Hürden für den beruflichen Aufstieg abbauen mit dem Ziel einer weiteren deutlichen Verbesserung beim Unterhaltszuschuss, Erfolgsbonus und bei der Familienfreundlichkeit.“ Damit wird ein weiterer Beitrag geleistet, „um finanzielle Hürden für angehende Tech
nikerinnen und Techniker, Meisterinnen und Meister sowie Fachwirtinnen und Fachwirte im Sinne der vollständigen Gebührenfreiheit zu beseitigen.“ Ziel ist die vollständige Gebührenfreiheit für Technikerinnen und Techniker, Meisterinnen und Meister sowie Fachwirtinnen und Fachwirte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der AfD, Ihr Gesetzentwurf greift nicht nur bei den Anstrengungen gegen den Fachkräftemangel zu kurz, Sie wollen auch den Landeshaushalt mit 10 Millionen Euro zusätzlich belasten, was völlig ungerechtfertigt ist. Ich habe jetzt versucht, Ihnen klarzumachen, dass es nicht nur ungerechtfertigt ist, sondern auch bestenfalls die Absicht, durch populistische Gesetzentwürfe in den Fokus zu geraten.
Der Bund strebt eine gesamtstaatliche Regelung an – also nicht „Thüringen first“ – übernimmt bereits jetzt einen großen Anteil der Kosten, die bei einer Meisterausbildung entstehen. 10 Millionen Euro, wie von Ihnen vorgesehen, würden eine Doppelförderung darstellen und könnten sicherlich sinnvoller im Haushalt Verwendung finden. An dieser Stelle sind unter anderem folgende Änderungsanträge der CDU-Fraktion im Doppelhaushalt 2018/2019 noch mal erwähnt: Drucksache 6/4965, Unternehmertum in Thüringen früh im Bildungsprozess verankern, und die Drucksache 6/4968, Umfassenden Meisterbonus in Thüringen einführen – beide Anträge seinerzeit von Rot-Rot-Grün abgelehnt. Hier möchte ich noch einmal vor allem den Fokus auf die Einführung des Meisterbonus legen und appelliere an die Koalitionsfraktionen, ihre ablehnende Haltung noch einmal zu überdenken.
Und abschließend noch: Es ist ein sehr wichtiges Thema, es darf nicht populistisch missbraucht werden. Und noch einmal: Wenn wirklich nur der erste Satz gelten soll, Handwerk hat goldenen Boden, dann müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, dass wir mehr Berufsausbildung organisieren, und aus der Berufsausbildung heraus müssen wir mehr Meister organisieren und diese Meister müssen auch letzten Endes bereit sein, ein Unternehmen zu gründen, es fortzuführen, Menschen zu beschäftigen und vor allen Dingen Lehrlinge auszubilden, das ist nämlich der Sinn von Meisterausbildungen.