Für den Vorwurf, dass die AfD-Fraktion eigentlich auch Nazis sind, bekommen Sie einen Ordnungsruf. Herr Abgeordneter Möller, Sie haben noch einmal um das Wort gebeten. Bitte schön.
Ja, lieber Herr Hartung, Sie mögen ja ein exzellenter Arzt sein, aber Sie sind ein lausiger Jurist. Das muss ich Ihnen mal sagen.
das Grundgesetz sieht bis auf Artikel 1 keine Grundrechte vor, die schrankenlos gelten. Das gilt natürlich auch für das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Und wenn jemand, wenn ein Ausländer hierherkommt, aus welchen Gründen auch immer, und er möchte hier von diesem Staat Leistungen erhalten, vor allem Leistungen erhalten, er möchte versorgt werden, möchte untergebracht werden, möchte betreut werden, und es drängt sich der Verdacht auf – und nur von diesen Fällen reden wir hier –, dass der bei den Altersangaben betrogen hat, dann ist so ein Fall gegeben, wo ich natürlich als Staat sagen kann, hier gilt so eine Schranke, hier muss ich natürlich auch das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit einschränken. Das hängt natürlich auch von der Eingriffsintensität ab, Frau Kollegin Herold hat Ihnen das fachlich wunderbar erklärt.
(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist doch wohl nicht wahr, das Grundgesetz so fehlzuinterpretieren, Herr Präsident!)
Sie hat Ihnen gesagt, es gibt minimalinvasive Eingriffsmethoden wie zum Beispiel die Ultraschalluntersuchung
und vor dem Hintergrund ist das selbstverständlich gerechtfertigt. Und dann schauen Sie sich bitte mal in unserer europäischen Nachbarschaft um. Wenn ich Sie so höre, könnte man annehmen, da gibt es nur noch Diktaturen, die auf die Menschenrechte pfeifen und auf die Grundrechte pfeifen. Das tun die aber mitnichten. Die haben nur einfach eine mittlerweile wesentlich realitätsnähere und pragmatische
re Auslegung der Grundrechte in dieser Frage als Sie, die in diesem Punkt leider sehr ideologisch ist.
Zwei Zwischenfragen, Sie haben sie gestattet, danke schön dafür. Erstens: Haben Sie gehört, dass ich mich mitnichten nur auf das Grundgesetz, sondern auf die Erklärung der Menschenrechte bezogen habe, die sehr wohl weiter gelten und durch Einzelstaaten nicht einschränkbar sind? Frage Nummer eins.
Zweitens: Sie haben gesagt, ich hätte ideologische Gründe angeführt. Ich habe hier diverse Zitate von nicht linken Medizinern und Ethikern angeführt. Würden Sie mir zustimmen, dass es zumindest angebracht wäre, dass Sie, bevor Sie darüber ein Urteil sprechen, möglicherweise erst mal lesen sollten? Vielen Dank.
Zunächst mal zu Frage Nummer eins, der universalen Geltung der Erklärung der Menschenrechte: Da kann ich Ihnen sagen, Sie sollten sich mal mit der Kairoer Erklärung der Menschenrechte vertraut machen. Das ist so eine schöne Bereichsausnahme, wo Sie ganz schnell merken: Oh, die Menschenrechte gelten doch nicht ganz so universal, wie ich mir das hier im Plenum gerade vorstelle. Sie können auch ganz einfach mal versuchen, in Nordkorea oder im Kongo oder, was weiß ich, in Algerien oder in Saudi-Arabien auf ihre Menschenrechte zu pochen.
Und ganz schnell merken Sie, Menschenrechte sind eine ziemlich regionale Sache, ja? Eine ziemlich regionale Sache.
Und dieser Staat, der eine wirklich einzigartige Liberalität, einen einzigartigen Schutz der Menschenrechte, der Grundrechte gewährleistet, der kann das auch nicht so einfach aus dem Stegreif, sondern der kann das nur, weil diese Gesellschaft nun mal so tickt, wie sie tickt, weil sie so geworden ist, wie sie geworden ist, auch aus ihrer Geschichte heraus. All diese Grundfundamente, die für diese Achtung der Menschenrechte hier in Deutschland mit ursächlich sind, die stellen Sie mit Ihrer Migrationspolitik gerade massiv infrage und Sie werden mit dafür verantwortlich sein, wenn die Menschenrechte hier auch deswegen geschliffen werden.
Zu Ihrer zweiten Frage, die kann ich ehrlich gesagt nicht verstehen. Ich meine, meine Kollegin Herold ist nun selbst vom Fach. Sie hat Ihnen wirklich in epischer Breite dargelegt, warum es fachlich durchaus möglich ist, eine qualifizierte Altersuntersuchung vorzunehmen, welche Sicherheitsabschläge oder Zuschläge dafür zu machen sind. Also vor dem Hintergrund verstehe ich Ihre Frage wirklich nicht, ob wir uns mit der Sache beschäftigt haben. Natürlich haben wir das getan, und zwar mehr als ausreichend. Danke.
Meine Damen und Herren, nur ganz kurz und damit das nicht als sozusagen letztes Wort im Raum stehen bleibt und unwidersprochen bleibt. Auch wenn die rechtspopulistische AfD das gerne so hätte, dass Menschenrechte nach der Herkunft der Menschen vergeben werden: Menschenrechte sind keineswegs eine regionale Sache, Menschenrechte sind universal.
Und wir hier in Thüringen, wir haben uns vorgenommen, Menschenrechte tatsächlich auch umzusetzen und nicht für Menschen aufgrund ihrer Herkunft zu beschneiden.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen, muss ich wieder mal sagen! Herr Möller hat sich ja hier schön ausgelassen, was alles gilt und was nach seiner Meinung nicht gilt, und hat sich auf Artikel 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland berufen. Ich lese mal kurz vor, Artikel 1 Abs. 3: „Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung nach unmittelbar geltendem Recht.“ Artikel 1 besagt, dass die Grundrechte für alle gelten. Artikel 2 Abs. 2: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden.“
Das gilt für alle. Das gilt also für Deutsche und für Ausländer in diesem Lande und „[n]iemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden“, steht in Artikel 3 Abs. 3.
Herr Möller, Sie können das als Jurist nachlesen, dass ist Verwaltungsrecht, FL2, Lehrgang zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Da lernt man das in der normalen Verwaltungsschule. Ich denke, Sie sollten das als Jurist auch kennen und auch lernen und Sie sollten sich vielleicht auch mal damit befassen – und da brauchen Sie nicht zu lachen, Herr Höcke –, warum die Bundesrepublik Deutschland, warum die Väter des Grundgesetzes das damals, 1948, hineingeschrieben haben, aus welcher geschichtlichen Entwicklung heraus sie diese Grundrechte hineingeschrieben haben.
Genau diese Diskussion, die wir heute hier führen, die Sie hier rassistisch führen, die Sie hier menschenverachtend führen, die nicht zu Änderungen kommt, nicht zu Gesetzen führt, sondern die Menschen wieder ausgrenzt,
die wieder die Meinungsfreiheit einschränkt, die wieder Rasselisten aufmacht, die wieder sagt – damals waren es die Juden, heute sind es die Moslems –: „Wir gegen euch, wir gegen dich, du bist der Böse, der Aussätzige“, das ist die Diskussion,
Ich glaube, Herr Harzer, mit dem Vergleich zu 1933 sind Sie ein bisschen über das Ziel hinausgeschossen.