Protokoll der Sitzung vom 22.02.2018

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: So ein Blödsinn, was du erzählst!)

Ich finde: Das ist zu wenig, das ist zu dünn. Das beschreibt die Bilanz Ihrer Regierung in den letzten vier Jahren: Sie sind mit Kommunalisierung gescheitert, Sie sind mit der Verwaltungsreform im Land gescheitert, Sie sind mit der Gebietsreform in diesem Land gescheitert, Sie sind mit Personalentwicklung in diesem Land gescheitert. Sie haben nichts auf die Reihe gebracht,

(Ministerpräsident Ramelow)

(Beifall CDU)

nichts geschafft, was die Zukunftsfähigkeit dieses Landes organisiert.

(Unruhe DIE LINKE)

Sie haben die Rücklagenkonten leergeräumt, 1 Milliarde Euro Rücklagen leergeräumt. Die können wir jetzt wieder auffüllen, weil die Finanzministerin klugerweise entschieden hat zu tilgen und auch zurückzuführen, und weil sie den Jahresabschluss 2017 nach Ihrer Haushaltsbeschlussfassung vorgelegt hat.

(Unruhe DIE LINKE)

Das ist die Wahrheit. Sie hat vor Ihrer Geldausgabegier rechtzeitig die Schotten dicht gemacht. Gut, dass diese Finanzministerin an dieser Stelle aufgepasst hat.

(Beifall CDU)

(Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wissen Sie, Herr Ministerpräsident, eines sollten Sie als Regierungschef wissen: Es gibt keine halbe Verfassungswidrigkeit.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es gibt aber eine materielle – eine materielle und eine formale!)

Entweder ist ein Gesetz mit der Verfassung vereinbar oder es ist nicht mit der Verfassung vereinbar. Dazwischen gibt es nichts, auch wenn das ein linker Ministerpräsident denkt. Entweder gilt das Gesetz oder es gilt nicht – halbe Gesetze gibt es nicht und die gelten bei der Verfassung auch nicht halb oder ganz. Ihre Verfassungswidrigkeit bei der Gebietsreform ist festgestellt.

Herr Abgeordneter Mohring, Ihre Redezeit ist ausgeschöpft.

Pressemitteilung des Thüringer Verfassungsgerichts: „Abstrakte Normenkontrolle der CDU-Fraktion zum Vorschaltgesetz erfolgreich“.

(Unruhe DIE LINKE)

Herr Abgeordneter Mohring.

Und einen Satz noch:

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Nein!)

Das Urteil besagt: Das Gesetz zur Durchführung der Gebietsreform ist nichtig. Das hat der Verfassungsgerichtshof entschieden – nichtig!

(Beifall CDU)

Herr Ministerpräsident Ramelow, bitte, Sie haben das Wort.

Herr Mohring, den Spaß will ich mir am Ende doch noch machen. Es war schön, Ihnen eben zuzuhören. Sie sagen, die Landesregierung hätte keine Vorschläge und es wäre von mir in zehn Minuten kein einziger Vorschlag gemacht worden. Ich bin nur vorgegangen, um noch mal klarzustellen, was Sie hier für eine Show abgezogen haben.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ehrlich gesagt, dass Sie, lieber Herr Mohring, nicht mal bemerken: Sie gehen zu einem Tagesordnungspunkt vor, zu dem wir ein Gesetz vorlegen, und sagen dann, wir hätten nichts vorgelegt. Wo sind Sie eigentlich?! Sind Sie im falschen Raum, oder sind Sie noch bei gestern, bei Cannabis?

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe CDU; Abg. Reinholz, fraktionslos)

Jetzt bitte ich Sie alle, sich zu beruhigen, auch Herrn Kowalleck – bitte!

Wir schließen jetzt die Beratung und kommen zur Abstimmung. Beantragt wurde, den Gesetzentwurf zu überweisen. Ich darf auch um etwas Zurückhaltung auf der Regierungsbank bitten. Der Gesetzentwurf soll an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen werden. Das ist beantragt worden. Wer das wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Danke schön. Gegenstimmen? Die Stimmen der Koalitionsfraktionen. Enthaltungen? Die Stimmen der CDU-Fraktion. Damit ist diese Ausschussüberweisung mit Mehrheit abgelehnt.

Es wurde beantragt, den Gesetzentwurf an den Innen- und Kommunalausschuss zu überweisen. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind alle Fraktionen. Es gibt keine Gegenstimmen, Enthaltungen auch nicht. Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig an den Innen- und Kommunalausschuss überwiesen.

Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 6 und rufe auf den Tagesordnungspunkt 3

(Abg. Mohring)

Thüringer Gesetz zum Klimaschutz und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels (Thüringer Klimagesetz – ThürKlimG –) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/4919 ERSTE BERATUNG

Ich gehe davon aus, dass die Ministerin das Wort zur Begründung wünscht. Frau Ministerin Siegesmund, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, liebe Gäste auf der Tribüne, vor allen Dingen, wenn ich ins Rund blicke: Dies ist ein Gesetzentwurf, der sich auch mit Rückblick auf den eben abgeschlossenen Tagesordnungspunkt um die Zukunftsfähigkeit des Landes dreht. Es geht um Klimaschutz und die Vorlage eines Klimagesetzes für das Land Thüringen. Denn da sitzt die Generation, die es betrifft zur Frage, wie unsere Lebensqualität im Land aussehen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Jahr 2018 begann mit einem Rekord. Ich wage zu behaupten, die meisten von Ihnen haben diesen Rekord verschlafen. Dieser Rekord fand morgens um 6.00 Uhr am 01.01.18 statt und die Erneuerbaren haben in dieser Zeit am 01.01., morgens gegen 6.00 Uhr, 95 Prozent des gesamten Strombedarfs der Bundesrepublik abgedeckt. Das war ein einmaliges Ereignis, mag jetzt der eine oder andere von Ihnen denken, und in Spitzenzeiten mag das möglich und auch interessant sein. Derjenige und diejenige, die das denken, haben auch recht, aber an dieser Stelle ist dieses Ereignis auch ein Beispiel dafür, was eigentlich seit der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Jahr 2000 geschafft worden ist. Niemand oder wenige Menschen haben damals gedacht, dass 18 Jahre danach so eine Möglichkeit besteht, fast 100 Prozent Erneuerbare im Stromnetz zu haben. Damit meine ich Strom aus Wind, Sonne, Wasserkraft und Biomasse.

Wenn man sich die Zahlen noch einmal anschaut: Im Jahr 2007 bestand unser Strommix unter anderem aus 21 Prozent Atomkraft, 46 Prozent Kohle sowie 13 Prozent Erneuerbaren. Und nur zehn Jahre später, nämlich 2017, sind wir bei 11 Prozent Atomstrom – der Atomausstieg ist richtig, unumkehrbar, aber noch sind es 11 Prozent –, 36 Prozent Kohle – da sind wir schon beim CO2-Problem – und 33 Prozent Erneuerbaren. Innerhalb von zehn Jahren eine Verdreifachung des Anteils der Erneuerbaren, das ist der richtige Weg, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dieser Erfolgsmeldung setze ich aber die vor einigen Tagen veröffentlichte Studie einer Forschergruppe aus den USA, aus Colorado, entgegen. Dazu ist zu berichten, dass der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 deutlich schneller steigt als ursprünglich angenommen, dass wir inzwischen im globalen Vergleich eine Erwärmung von über 1,3 Grad weltweit haben, die Gletscherschmelzen verursacht. Wir haben es in Thüringen auch mit einer Erwärmung, mehr Extremwetterereignissen, trockeneren Sommern, deutlich weniger Niederschlägen, mehr Stürmen und anderen, beispielsweise Hochwasserereignissen zu tun und sind mitten im Klimawandel. Der Klimaforscher Prof. Schellnhuber hat also völlig recht, wenn er sagt, die globale Erwärmung ist die größte längerfristige Bedrohung unserer modernen Zivilisation. Das ist in vielen Ecken und Enden dieser Welt zu erkennen, aber natürlich auch bei uns. Da knüpfe ich sehr gern an Prof. Klaus Töpfer an, der vergangene Woche auf unserer ErneuerbareEnergien-Konferenz gesprochen hat: „Was alle angeht“, sagte er, „das können auch nur alle lösen.“ Damit ist auch die Frage berechtigt: Was leistet Thüringen, um beim Thema „Klimaschutz“ deutlich voranzugehen?

Unser Klimarat in Thüringen warnt eindeutig, was gesundheitliche Beeinträchtigungen betrifft. Das ist das eine, dass gerade ältere Menschen in den durchschnittlich heißeren Sommern der letzten Jahre gesundheitlich beeinträchtigt sind. Die Forstbereiche betreffend nehmen wir den Waldumbau so vor, dass es, was den Klimawandel betrifft, entsprechende Vorsorgemaßnahmen gibt. Die Landwirtschaft wird sich auf trockenere Sommer einstellen müssen. Viele Bereiche sind davon betroffen. Deswegen lohnt es sich, darüber zu reden: Wie bereiten wir uns vor?

Ich will aber noch einmal einen globalen Blick werfen. Wenn wir wissen, dass sich gerade auch die Bundesrepublik in Paris 2015 dazu bekannt hat, Klimaschutzziele zu erfüllen, und wir in Bonn – ich war bei der Weltklimakonferenz vergangenes Jahr im November in Bonn dabei – dies auch noch einmal bekräftigt haben, dann nützen nicht nur warme Worte, sondern da muss man auch handeln. Das ist unsere Aufgabe, übrigens auch in Thüringen.

Mit Blick auf den Bund – ich sage das so offen – hätte ich mir schon gewünscht, dass wir gerade beim Kohleausstieg, bei einer CO2-Steuer oder anderen Themen deutlicher zeigen, was für eine Vorreiterrolle wir gehen wollen. Wenn selbst der Bundesverband der Energiewirtschaft mit Blick auf die deutsche Energiepolitik derzeit davon spricht, dass es mutloses Mikromanagement ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann ist doch klar – und das war auch der Geist der Weltklimakonferenz in

(Präsident Carius)

Bonn –, dass es umso mehr auf die Regionen ankommt, die ihren Beitrag leisten. Mit Regionen meine ich die Kommunen, die Gemeinden, die Städte, die Unternehmen, die Landkreise und natürlich auch die Länder. Da reiht sich Thüringen beispielsweise ganz gut ein in ein Abkommen gemeinsam mit Kalifornien und vielen anderen Regionen der Welt unter dem Titel „Under2 MOU“. Wir als Region wollen das Ziel „2 Grad“ verstetigen und dazu unseren Beitrag leisten.

Wir wollen einerseits die Verringerung der Treibhausgasemissionen vorantreiben. Wir wollen eine Klimaschutzstrategie auf den Weg bringen. Wir wollen ein klimaverträgliches Energiesystem. Wir wollen nachhaltige Mobilität stärken. Wir wollen kommunalen Klimaschutz stärken, einen klimaneutralen Gebäudebestand. Wir wollen bei den öffentlichen Stellen Vorbild sein. Und wir wollen die Anpassung an den Klimawandel vorantreiben. Das sind die acht Punkte, die im Klimagesetz stehen. Lassen Sie mich zu den einzelnen acht Punkten kurz ausführen.

Punkt 1 – Treibhausgasminderung –: Erstmalig legen wir in Thüringen konkrete Ziele zur Verringerung des Treibhausgasausstoßes im Vergleich zum Jahr 1990 fest. Bis zum Jahr 2030 sollen die Emissionen um 60 bis 70 Prozent sinken, bis zum Jahr 2040 um 70 bis 80 Prozent, bis zum Jahr 2050 um 80 bis 95 Prozent. Handlungsleitend ist die jeweils maximale Emissionsreduktion, das heißt, Sie können das Ganze auch runterbrechen auf die Formel 70-80-95 bis zum Jahr 2050.

Da komme ich zum zweiten Punkt: Wie kommen wir denn dahin? Wenn man sich die Energieversorgung in Thüringen anschaut, sieht man, dass es tiefhängende Früchte nicht gibt, sondern dass wir eine Klimastrategie brauchen – das ist Punkt 2 des Klimagesetzes –, die auch den Weg dahin beschreibt. Wir haben im vergangenen Jahr einen breiten Dialogprozess gestartet, viele Workshops durchgeführt, speziell mit Kommunen für die verschiedenen Themenfelder der Energieversorgung, der Wirtschaft, des Verkehrs, der Gebäude, der privaten Haushalte. Die 53 Maßnahmenvorschläge, die daraus erwachsen sind, liegen der Thüringer Landesregierung als erste Klimastrategie vor. Wenn Sie so wollen, ist das Klimagesetz mit seinen Zielen der Buchdeckel der Ziele, die wir für Thüringen erreichen wollen, und die Klimastrategie füllt auf den einzelnen Seiten den Weg dahin, damit das Ganze auch entsprechend umgesetzt werden kann. Von Anfang an – das zeigt die Diskussion zur Klimastrategie ganz besonders – setzen wir dabei auf Teilhabe und Akzeptanz. Einen so breiten Diskussionsprozess zu einer solchen Strategie hat es bislang in dieser Form nicht gegeben.

Punkt 3 des Klimagesetzes – Aufbau eines klimaverträglichen Energiesystems –: Ja, 100 Prozent

Erneuerbare bis 2040 in Thüringen sind möglich. Übrigens ist auch gestern wieder beim parlamentarischen Abend der Handwerkskammer klar geworden, dass es da auch um regionale Wertschöpfung geht. Wer baut denn die Solarmodule auf die Dächer der Thüringer? Das ist natürlich das Handwerk.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)