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Meine sehr verehrten Damen und Herren, es kommt nicht aus dem Nichts und es verschwindet nicht einfach, wenn wir nicht hinsehen, wenn wir nicht genau hinsehen, wenn wir nicht nachspüren, was passiert ist. Deswegen, meine Damen und Herren, bedanke ich mich sehr herzlich, dass die Angehörigen der Familien, die ihre Liebsten durch Täter verloren haben, die aus Thüringen gekommen sind, und wo die Taten in ganz Deutschland geschehen sind, heute bei uns sind und der Debatte folgen. Denn wir diskutieren diese Fakten und Hintergründe auch, damit Sie ein Gefühl dafür haben, dass wir verstanden haben, dass das, was Ihnen angetan wurde, nicht zu akzeptieren ist und wir
nicht einfach den Mantel des Schweigens darüber decken wollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, man kann den Bogen weiter ziehen, wenn ich sage, es kommt nicht aus dem Nichts. Herr Kellner sprach von den Verschwörungstheorien, die mir wohl vertraut sind. Aber diese Verschwörungstheorien sollen nur von einer langen Spur ablenken, auf die Sie auch hingewiesen haben. Ich will die Spur noch mal kurz beleuchten. Das Attentat auf das Oktoberfest in München scheint in keinem Zusammenhang mit dem zu stehen, was wir heute diskutieren. Tatsächlich ist am gleichen Tag Karl-Heinz Hoffmann mit einer großen Gruppe von Autos von Nürnberg losgefahren und man weiß nicht so genau, wohin er wollte. Dieser Karl-Heinz Hoffmann, aus Thüringen kommend, nach der Grenzöffnung vor 30 Jahren nach Kahla zurückkehrend, hat angefangen, Netzwerke aufzubauen. Deswegen ist es eben nicht von ungefähr, dass auf einmal Sprengstoff in Jena und in der Region auftauchte und Fotos belegen, dass in Kahla brennende Kreuze das Zeichen des KuKlux-Klan abgebildet haben. Wenn man dann in die Kollegenschaft von Michèle Kiesewetter schaut und auf einmal zwei Ku-Klux-Klan-Mitglieder in der direkten Vorgesetzteneigenschaft der Kollegin Kiesewetter sieht, dann kommt es einem schon merkwürdig vor, wenn man sagt, welch ein Zufall oder auch nicht Zufall. Die Verbindung ist zumindest, wenn man hört, sieht und hinschaut, erkennbar, eine Verbindung, mit der man sich weit über den Thüringer Landtag hinaus beschäftigen müsste. Insoweit ist das Urteil, über das wir gerade geredet haben, das auf einen Vorfall ergangen ist, der sich auf das Oktoberfestattentat in München bezieht, ein Urteil, das es uns nicht leicht gemacht hat. Deswegen will ich das am Anfang wenigstens deutlich erwähnen.
Es war nicht die Absicht der Landesregierung, die Aufklärung zu behindern, sondern wir sind gehalten, darauf zu achten, welche Akten etwas mit dem ganzen Vorgang zu tun haben und welche Akten möglicherweise in Bezug auf die organisierte Kriminalität dem Vorgang nicht zuzuordnen sind. Deswegen haben wir im Kabinett mehrfach darüber geredet, wie wir dafür sorgen können, dass die einschlägig zuzuordnenden Akten auch dem Untersuchungsausschuss zugänglich gemacht werden. Das ist ein ärgerlicher Vorgang, das will ich einräumen, aber es ist ein Vorgang, bei dem wir auch Verfassungsrecht umzusetzen haben. Das sage ich als jemand, der es sich heute sehr schwer macht, hier vorn zu stehen.
Meine damalige Kollegin Undine Zachlot ist auch da. Wir haben 1996 noch gut in Erinnerung, als im Gewerkschaftshaus in Erfurt die Wehrmachtsausstellung gezeigt wurde und der Rechtsterrorist Manfred Roeder, der gerade aus dem Gefängnis entlassen worden ist, die Ausstellung überfallen hat. Wir haben ihn gestoppt dabei, als er diese Ausstellung zerstören wollte, und danach gab es einen Prozess. In dem Prozess war ich auf einmal mit einer Situation konfrontiert, dass ich angeklagt werden sollte, eine Anzeige bekommen hatte von Manfred Roeder, weil ich ihn festgehalten hatte und ihn gehindert hatte, die Ausstellung zu zerstören.
Bei dem Prozess ist etwas passiert, bei dem ich lange Zeit nicht einordnen konnte, was da eigentlich passiert ist. Ich wusste, dass ich verfolgt werde, und ich wusste, dass ich Angst hatte, aber ich wusste nicht genau, warum. Ich habe es in meiner Seele verschlossen und es hat sich erst wieder geöffnet, als ich die Bilder von Stregda gesehen habe. Madeleine Henfling sprach gerade davon und Birgit Pelke hat es erwähnt. Auf einmal sah ich die Augen von Mundlos und Böhnhardt und dachte, die kennst du. Es war ein seltsames Gefühl zu erleben, dass man sich auf einmal alte Bilder wieder ranholen musste. Wir haben den MDR gebeten, uns einen alten Filmeinspieler zu zeigen von Nachrichten und siehe da, es waren Mundlos und Böhnhardt, die mich verfolgt haben. Ich erinnere mich sehr genau, Undine, Einbruch in unser Büro, der Täter eindeutig gekennzeichnet mit rechtsradikalen Kennzeichen – abgehandelt wurde es als normaler Büroeinbruch. Dann hat unser Keller gebrannt, da war gerade eine neue Ausstellung und die war angezündet. Ermittlungsergebnis: Da seien Kerzen umgefallen und Kinder hätten gespielt usw.
Also wenn wir uns an das Jahr 1996 hier in Thüringen erinnern, dann darf ich einfach daran erinnern, es waren Angelo Lucifero und ich, die wir sozusagen die vom Verfassungsschutz Observierten waren, und Tino Brandt bekam das Geld, mit dem er diese Strukturen aufgebaut hat, und er hat es jedem in die Kamera gesagt. Er hat das Geld genommen, um die Kameradschaft aufzubauen, staatlich gepamperte Nazistrukturen – made in Thüringen.
Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind wir dankbar, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind, weil wir mit Ihnen auch darüber reden wollen, dass, wenn wir nicht wachsam sind in ganz Deutschland, in ganz Europa, sich diese Strukturen weiter ausbreiten. Sie sind nicht einfach weg, nur weil da zwei in einem Camper in Stregda gelegen
haben und die Umstände, wie alles geborgen worden ist, mehr als seltsam waren.
Ich danke den beiden Untersuchungsausschüssen, die sich damit beschäftigt haben. Ich sage ausdrücklich: Es ist gut und richtig, dass die Bundesregierung mit Ihnen, Frau John, eine Beauftragte eingesetzt hat, die sich auch den Mund nicht hat verbieten lassen und – wenn es notwendig war – für die Angehörigen das Wort ergriffen hat, um darauf hinzuweisen, dass wir eine Verantwortung haben, eine Verantwortung für die Taten, die nimmt uns keiner von den Schultern, auch wenn wir nicht ad persona die Schuldigen sind, aber wir sind die Vertreter eines Staates, in dem das geschehen konnte. Darin muss die Aufgabe liegen, diesen Staat wehrhaft zu machen gegen die Anfälligkeit, entweder Mittäter zu sein oder wegzugucken. Diesen Spannungsbogen nimmt uns niemand von den Schultern. Deswegen wäre das Hinschauen und nicht das Wegsperren von Akten 120 Jahre das Richtige.
Deswegen, meine Damen und Herren, sind wir natürlich auch an einem Punkt angelangt, bei dem der Thüringer Landtag mit zwei Untersuchungsausschüssen auch die Dinge nicht leisten kann, die in anderen Bundesländern halbherzig oder gar nicht angefasst worden sind. Es ist heute schon sehr viel dazu gesagt worden, an welchen Stellen man überall hinschauen müsste.
Ich erinnere mich, meine Damen und Herren – und ich weiche komplett von meinem Redemanuskript ab –, an lange Gespräche, die ich mit Clemens Binninger von der CDU hatte, der den Untersuchungsausschuss im Bundestag geleitet hat. Ich habe immer wieder mit ihm über die Erkenntnisse aus Thüringen geredet und er wieder mit mir und er hat mir Fragen gestellt, die ich wieder mit nach Thüringen genommen habe. Ich war jedes Mal irritiert, wenn er mir Hinweise gegeben hat, wo er gesagt hat: „Hier kommen wir nicht weiter.“ Ich erinnere mich, dass er mir als Polizist – er ist Polizeibeamter, ist gut ausgebildeter Polizeibeamter, und er ist völlig unverdächtig, parteipolitisch in irgendeiner Ecke zu stehen – gesagt hat: „Das Geschehen, das rund um die Ermordung von Michèle Kiesewetter festzustellen ist, stimmt nicht mit dem überein, was immer wieder in den Ergebnissen aufgezeigt worden ist.“
Deswegen sind das die Akten, an die auch der Untersuchungsausschuss von Thüringen mit dem Untersuchungsauftrag nicht herangekommen ist. Deswegen kann man es nur streifen und feststellen: Die Geschichte ist nicht zu Ende erzählt. Aber ob das Format der Untersuchungsausschüsse in Thüringen dazu noch ausreichend ist, da habe ich auch Zweifel. Die Frage ist, ob wir nicht einen größeren
Bogen brauchen, wie wir auch wissenschaftlich die Teile untersuchen, die zusammengehören, und wie wir andere Bundesländer und andere Parlamente auffordern und ermuntern, sich ihrer eigenen Verantwortung zu stellen
und zu sagen: „Guckt doch dahin“, wenn ein Verfassungsschutz-V-Mann geführt von einem Verfassungsschutz-Beamten ein Handy hat, das zugelassen ist auf ein Innenministerium. Und auf diesem Handy erfasst man dann: „Wo bleibt der Bums?“ – also die Anfrage, wann kommen die Waffen und was ist mit den Waffen. Und das alles ist aktenkundig. Oder wenn in MAD-Protokollen steht – es wird ja immer gesagt, der MAD hätte nichts gesehen, der MAD hat sich ziemlich geärgert, also Militärischer Abschirmdienst, der andere Geheimdienst – und der MAD sagt: „In den Akten ist klar festzustellen, da kommen junge Bundeswehrangehörige aus Südafrika zurück von einer bestimmten Farm, wo sie immer wieder schießen trainieren konnten“, und sie kommen wieder und der MAD-Beamte notiert: „Wir konnten alles schießen, nur Handgranaten werfen konnten wir nicht, dafür müssen wir noch mal nach Polen fahren.“ Ich zitiere aus den Akten des MAD – im Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags thematisiert. Deswegen bleibt die Frage und die uns begleitende Frage nach dem darunter liegenden Netz und nach der Einbindung: Wie weit zieht sich der Faden? Und ist der wirklich beendet, der Faden? Ist wirklich der Komplex NSU abgeschlossen?
Ich danke Christine Lieberknecht. In ihrer Amtszeit als Ministerpräsidentin, als in Stregda der Camper stand, haben wir sofort telefoniert. Ich war noch Opposition, ihr wart Regierung und die Überlegung war, was der richtige Weg ist, um die Akten zu öffnen. Und es war nicht ganz banal, als Jörg Geibert die Akten als Innenminister auf den Tisch des Untersuchungsausschusses gelegt hat. Er ist der Sonderermittler und es ist umso bemerkenswerter: Als diese Akten von Thüringen ungeschwärzt nach Berlin fahren sollten, gab es eine Übereinkunft anderer Innenminister, ob man nicht diesen Transport unterwegs stoppt – eine Kuriosität sondergleichen in Deutschland! –, weil man die Akten ungeschwärzt in Berlin den Bundestagsabgeordneten nicht zugänglich machen wollte. Alles das gehört zu dem Komplex, über den wir reden. Offenkundig haben da sehr viele ein schlechtes Gewissen. Und offenkundig ist es deshalb richtig, dass man sagen kann, in den Tagen liefen die Schreddermaschinen auf vollen Touren. Und diesen Teil der Akten werden wir nicht mehr erschließen können. Wir können nur
hoffen, dass wir irgendwann mal wieder Zeugen finden, die etwas mehr erzählen und vorher nicht das Zeitliche segnen. Deswegen sage ich, da ist noch einiges zu machen und wir sind nicht am Endpunkt. Wir sind am Endpunkt dieser Legislatur. Wir sind am Endpunkt der Arbeit, die der Untersuchungsausschuss geleistet hat. Ich danke ausdrücklich dem Untersuchungsausschuss, selbst wenn wir uns an einer Stelle mal ein bisschen verhakt haben. Diese Stelle ist, glaube ich, aber nicht die entscheidende Stelle, um damit die Aufklärung zu verhindern, sondern – und ich will es einfach sagen – Vertrauensleute der Polizei, die in der organisierten Kriminalität tätig sind, sind natürlich hochgradig gefährdet in dem Moment, wenn ihre Namen auch nur publik werden. Ich bin aber Madeleine Henfling dankbar für den Hinweis, es darf keine kontrollfreien Zonen geben. Birgit Pelke hat es auch thematisiert.
Also muss man da nur den richtigen Punkt finden, wo die Kontrolle denn stattfindet. Denn um die VLeute des Verfassungsschutzes muss sich unter anderem die Parlamentarische Kontrollkommission kümmern. Die Frage der polizeilichen Kontrolle ist eine, die nicht eine Frage des Untersuchungsausschusses NSU ist, sondern ein prinzipielle Frage. Damit bin ich sehr einverstanden, die prinzipielle Frage auf die Tagesordnung zu setzen.
Aber worum wir uns in der Tat noch weitere Aufgaben vereinbart haben, das ist die Frage: Was ist ein angemessenes Erinnern? Wir möchten an die Toten, die ermordeten Angehörigen von Ihnen, erinnern. Wir möchten einen Platz finden, wie wir zeigen, dass die Täter aus Thüringen kamen, aber dass die Taten für uns wach sind und dass wir die Taten verbinden mit dem „Nie wieder!“ und der Anerkennung Ihren ermordeten Angehörigen gegenüber. Ich bin sehr einverstanden, dass die Akten zusammengefasst und zugänglich gemacht werden, damit man sie wissenschaftlich aufarbeiten kann.
Aber, meine Damen und Herren, Christine Lieberknecht und ich waren am Sonntag in Kassel in der St. Martinskirche, der Bischofwechsel stand an, und in dieser Kirche war wenige Wochen vorher der Trauergottesdienst für Walter Lübcke, den Regierungspräsidenten von Kassel. Der Regierungsdirektor Lübcke, der von einem Täter ermordet wurde, wo man schon wieder in der Struktur des Täters nachschauen kann, das Auto des Täters ist zugelassen im Wartburgkreis. Und die Angehörigen um den Täter herum sind im gleichen Milieu, bei dem die Menschen sich befinden, über die wir hier im
Untersuchungsausschuss reden. Das heißt, wenn wir die Ermordnung von Walter Lübcke in Kassel thematisieren, dann kommen wir um Halit Yozgat gar nicht herum, denn die innere Verbindung ist dieselbe politisch-geistige Struktur, bei der sich Menschen ermächtigen, andere einfach zu ermorden. Und dann geht es um unsere Demokratie, dann geht es um die Fundamente unserer Demokratie, wenn wir zulassen, dass Menschen sich selbst ermächtigen und meinen, andere, die ihnen politisch nicht gefallen, nicht nur niederzubrüllen, sondern sie am Ende auch zu töten.
Deswegen ist es auch erbärmlich – und das muss ich ausdrücklich sagen, meine Solidarität gilt dem Fraktionsvorsitzenden, Herrn Mohring –: Die Postkarte, die da geschrieben worden ist, ist genau in dem geistigen Konstrukt dessen, was an Ermordungen stattgefunden hat. Alle, die solche Briefe bekommen – Herr Mohring ist ja leider nicht der Einzige –, das hat ja veranlasst, dass Herr Innenminister Maier gesagt hat: Wir wollen diese Hotline für all diejenigen machen, und zwar unabhängig davon, welche Funktion sie im Staat haben. Das ging schon los mit den Reichsbürgern, die angefangen haben, ganz normale Richterinnen oder Justizbedienstete anzugreifen und unter Druck zu setzen, aber auch dort haben wir schon den ersten Mord nicht erst seitdem die Polizisten ermordet worden sind. Auch das ist eine Geschichte, in Nordhausen hat sich das vor fast 30 Jahren abgespielt, wo selbst ermächtigte Bauamtsmenschen von den Reichsbürgern der Meinung waren, sie können sich einfach mit Waffengewalt durchsetzen. An all diesen Stellen ist der Staat gefordert, sind wir gefordert, sind wir als staatliche Institutionen gefordert. Deswegen sage ich, vor den Appell an die Anständigen gehört zuallererst der Respekt der Zuständigen und das Handeln der Zuständigen, damit sich die Anständigen und die Zuständigen miteinander aufmachen und sagen, wir wollen den Rechtsstaat verteidigen. Und dafür, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir nur einen kleinen Beitrag geleistet, indem wir den Angehörigen einen Entschädigungsfonds zur Verfügung gestellt haben, mit dem wir ein wenig das Leid mindern wollten von all den erlittenen Geschichten. Wir wollten ihnen damit juristische Auseinandersetzungen ersparen und wir wollten sie begleiten auf dem Weg, damit sie das Gefühl haben, der Freistaat Thüringen lässt sie nicht alleine und wir fühlen uns in der Verantwortung. Die Taten sind außerhalb Thüringens geschehen, aber die Täter kamen aus Thüringen. Das Umfeld ist in ganz Deutschland und dieses Umfeld dürfen wir alle nicht aus dem Blick verlieren. Deswegen, meine Damen und Herren: Wir sind es Ihnen schuldig, dass wir wachsam bleiben, wir sind
es aber unserem Staat schuldig, unserem demokratischen Rechtsstaat. In diesem Sinne: Nie wieder!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich ausdrücklich meiner Ministerin Keller danken möchte.
Ich möchte in diesen Dank auch ausdrücklich Staatssekretär Dr. Sühl mit einbeziehen und den Vorstand sowie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Anstalt öffentlichen Rechts ThüringenForst, allen Försterinnen und Förstern,
die derzeit draußen in den schwierigen Verhältnissen gerade ihr Kreuz machen und unter schwierigsten Bedingungen versuchen, das zu managen, was wir uns lange Zeit gar nicht hätten vorstellen können. Da lese und höre ich: Das hätten wir alles schneller machen können. Da kann ich nur sagen: 18 Monate Dürre hintereinander, da sind nicht nur auf einmal bei Fichten Spuren zu sehen, sondern das ist leider auch auf dem Possen, der Hainleite, der Windleite und auch im Hainich zu sehen. Des
wegen war es in den letzten Monaten so schwierig zu sagen: Was sind die richtigen Maßnahmen, womit fangen wir an, wie gewichten wir es? Einige haben immer nur nach Geld geschrien, andere haben gefragt, wie kriegen wir die Maßnahmen hin, denn – man kann natürlich brüllen: „Der Käfer soll weg“, aber der Käfer ist eine Folge der Dürre und die Dürre würden wir gern wegzaubern und da hilft auch ein bisschen Gießen und ein bisschen Gießkanne nicht weiter, sondern wir brauchen eine Klimaresilienz. Das bedeutet, wir müssen auf das Klima Einfluss nehmen und wir müssen alle Bestandteile unseres gemeinsamen Lebens darauf ausrichten, dass die Klimaresilienz auch erhalten wird, und dabei helfen uns Fichtenmonokulturen leider nicht weiter.
Ich habe die Debatten angesichts der Haushaltsdebatte damals noch mal unterstrichen und habe damals nach der Haushaltsdebatte als letzter Redner gesagt, Haushaltsüberschüsse sind auch dafür da, wenn es im Wald komplizierter werden sollte, und dann müssen wir sie dafür einsetzen. Dann gab es eine lange Debatte, ob man schon viel mehr hätte etatisieren müssen. Die Etatisierung bringt uns aber nicht weiter, wenn wir die Geräte nicht haben, wenn wir die Maßnahmen nicht haben und wenn wir einen Personalabbaupfad vorgegeben bekommen haben, bei dem man uns lange danach gemessen hat, ob wir weiter Personal abbauen oder ob wir jetzt umsteuern. Und wenn wir umsteuern – da muss man immer noch mal darauf hinweisen –, muss man Geld in die Hand nehmen, handlungsfähig sein und dann auch Kapazitäten, die wir dringend brauchen, holen und ankaufen und herholen, weil – das ist völlig klar – aus eigener Kraft werden wir es gar nicht schaffen.
Deswegen haben wir auch neue Mitarbeiter im Moment im Wald – der eine heißt Raptor, der andere heißt Herkules –. Das sind Riesenmaschinen, die konnte ich mir bislang noch nicht mal vorstellen. Die sind notwendig, um Buchen an Stellen abzusägen, bei denen wir uns alle zusammen nicht hätten vorstellen können, dass sie dort abgesägt werden müssen. Ich finde es schmerzhaft und ich finde es mit jedem Waldbesitzer und mit jedem Förster schmerzhaft, wie viele Buchen wir mittlerweile zusätzlich absägen müssen. Mein Besuch im Frühjahr und dann noch mal im Sommer auf dem Possen hat mich gelehrt, sehr demütig zu sein für das, was da im Moment ansteht und was gemacht werden muss. Deswegen auch denen, die sich um den Wald sorgen, mein Hinweis: Wir können nur gemeinsam stark werden, wir können nur gemeinsam
den Weg gehen. Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht auseinanderdividieren lassen.
Einer der Gründe, warum ich auch stolz bin, ist, dass Thüringen immer noch das Gemeinschaftsforstamt hat. Also wer das einfach geringschätzt, dass wir immer noch die gemeinsame Holzvermarktung machen, selbst jetzt in kritischen Phasen, wo wir faktisch auch überfordert sind, alle zusammen überfordert sind,
aber wir verteidigen gemeinsam das Gemeinschaftsforstamt und wir haben es gegen die verteidigt, die eine Monopolkommission einsetzen wollten, damit die gemeinsame Holzvermarktung unterbunden wird. Da wollte man es noch mehr vermarktwirtschaftlichen. Und ich bin auch froh, dass wir immer noch unsere Baumschule in Worbis haben und dass da immer noch gemeinsam das Know-how da ist, um Bäume aufzuziehen, auch wenn ich weiß, dass uns 1,5 Millionen Bäume gar nicht reichen. Wir brauchen viel Hilfe und viel Unterstützung, deswegen haben wir auch mit Landwirten geredet, haben wir mit Landwirtschaftsbetrieben geredet und haben gefragt: Wenn ihr von der Forstschule die entsprechenden Samen bekommt, könnt ihr uns helfen, damit wir auf 20 Millionen Jungbäume hochkommen, damit wir zehn Jahre lang hintereinander jeweils 20 Millionen Jungbäume pflanzen, auf die Flächen, die jetzt alle kahlgesägt werden müssen?
Ich will es noch mal sagen: Nichts davon freut mich – 40.000 Hektar Wald abzusägen, ist eine Katastrophe und schmerzt jeden, der sich damit auseinandersetzt, weil klar ist, da wird Generationsarbeit auf einmal abgeräumt. Deswegen geht es auch darum, zu sagen: Alle sind eingeladen, dann die Bäume zu pflanzen, wenn wir ausreichend Bäume haben. Und dann sollten wir uns alle an die eigene Nase fassen und dann gemeinsam losziehen – mit Schülerinnen und Schülern oder auch mit Betrieben, mit allen, die Patenschaften übernehmen. Aber dazu müssen wir die Jungbäume erst haben und die Flächen müssen vorbereitet sein, damit wir nicht PR-Aktionen machen und uns dann noch mit der Gießkanne darzustellen, damit die PR-Aktion gut läuft.
Deswegen sage ich, die Sorge um den Wald treibt mich viel mehr um, weil alle, wie wir hier sitzen – alle, wie wir hier sitzen –, auch die jüngeren Leute – alle –, wir werden das Ergebnis gar nicht mehr erle
ben, wenn wir die 200 Millionen Jungbäume gepflanzt haben. Wir machen es für die nächste und übernächste Generation – das ist die Weichenstellung, um die es im Moment gerade geht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Egon, ich habe dir ja immer zugehört, da hast du gesagt: Na ja, das ist mir nicht schnell genug, nicht viel genug. Aber dass wir mittlerweile den Waldplan mit 500 Millionen Euro adressiert haben und sagen, dass wir uns diese 500 Millionen Euro zutrauen, und dass die Finanzministerin an den Verhandlungen von Anfang an beteiligt war, also wir keine fachliche Abstimmung gemacht haben, die in Unverbindlichkeit bleibt, sondern die Finanzministerin am Ende gesagt hat: „Ich weiß, dass ich in Zukunft bei sämtlichen Etatplanungen je 50 Millionen Euro zusätzlich bewegen muss“, das ist das, was ich gesagt habe in Bezug auf die Haushaltsüberschüsse, dass wir sie nicht erwirtschaften, um sie zu verjuxen, sondern wir sie dringend brauchen, damit die Generationsaufgabe „Rettet das grüne Herz Deutschlands“ überhaupt gelingen kann.
Dann muss ich mir politisch die Bemerkung schon erlauben: Wer gestern beim Abschaffen der Straßenausbaubeiträge einfach schweigt, einfach keinen Antrag vorlegt,
einfach nichts vorlegt, wie man es anders hätte machen können, wer vom ersten Tag an in die Staatskanzlei eingeladen war, nämlich ausdrücklich die CDU – ich habe ausdrücklich gesagt, lasst uns einen Fahrplan machen, damit wir das nicht im Wahlkampf haben. Denn es geht nicht um CDU oder SPD oder Bündnis 90/Die Grünen, es geht darum, ein gesellschaftliches Thema abzuräumen, das wir uns nicht um die Ohren hauen sollten. Dann die Landtagssitzung zu unterbrechen, rauszugehen, eine PR-Aktion zu machen und zu sagen – auch ich lese es bei der dpa –, also ich gebe jetzt wieder, dass die CDU selber davon ausgeht, dass sie ab Montag Unterschriften sammeln wird, dass diese Unterschriften sich darauf richten werden, dass wir 500 bis 600 Millionen Euro für Straßenausbaubeiträge an die Bürger zurückzahlen sollen,
die Sie kassiert haben. Sie haben die Bürger gezwungen, Sie haben die Bürgermeister gezwungen, Sie haben die Menschen gegeneinander
in Stellung gebracht. Und dann stellen Sie sich gestern hin und sagen: Ab Montag sammeln wir Unterschriften. Habt ihr nichts mehr zum Unterschreiben? Die Gemeindegebietsreform ist weg, damit wolltet ihr schon Unterschriften sammeln. Dann habt ihr jetzt Wind im Wald zum Unterschriftensammeln.
Das Einzige, was Sie können, ist Unterschriften sammeln, aber keine Vorschläge machen.
Was mich ärgert, ist, dass Sie fachlich die Zusammenhänge einfach so lange wegredigieren, bis Sie uns kritisieren können. Sie lassen den Atomausstieg weg, den die Bundesregierung beschlossen hat – in Klammern: Ich bin dafür. Aber es ist Ihre Bundesregierung.
Sie wird von der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die jahrzehntelang Ihre Vorsitzende war, geleitet. Das ist die Grundlage, auf der wir handeln, gesamtdeutsch handeln. Wir sind nicht außerhalb, im Ausland, wir sind Teil der Bundesrepublik Deutschland
und die wird immer noch von der CDU regiert.
Den Dekarbonisierungsbeschluss hat auch Ihre Bundeskanzlerin mit auf den Weg gebracht und dabei vergessen, dass Altenburg dazugehört. In den Vorlagen der Bundesregierung steht das Altenburger Land nicht einmal drin. Das Thema „Gipsausstieg“/“REA-Gips-Ausstieg“ ist nicht mal erwähnt worden. Also überlässt man das einfach uns, indem man sagt: Seht mal zu, wie ihr dann die Scherben wegräumt. Dass Sie bei den Verhandlungen zur EEG-Umlage Ihren Teil der CDU einfach verschweigen, dann verschweigen, dass Gerichte uns zwingen, dass wir Windkraftvorranggebiete ausweisen, nicht weil wir es uns ausgesucht haben, sondern weil Gerichte entschieden haben, entweder es wird ausgewiesen oder wir setzen sie gerichtlich durch, das lassen Sie einfach weg. Da stellen Sie sich hin und sagen, wir hätten den Finger auf CDU-Landräte gerichtet. Also mit Verlaub, die CDU-Landräte sind die, die in der Regionalen Planungsgemeinschaft die Verantwortung tragen – wer denn sonst.
Besonders raffiniert finde ich, wenn Herr Gruhner hier sagt, wir sollten doch wie Bayern 10H machen, und Sie gleichzeitig den Antrag vorlegen, Wind im Wald zu verbieten. Ein Drittel des Landes von Thüringen sind von Wald überwachsen. Wenn wir Wind im Wald verbieten und 10H machen, entsteht in Thüringen keine einzige Windkraftanlage mehr. – Das wollen Sie!
Das wollen Sie! Aber dann erklären Sie das mal Ihrer Bundesregierung. Dann erklären Sie mal, wie das mit dem Strom in Zukunft funktioniert, wenn Sie sagen: Ist uns doch egal.
Und das, was mich wirklich umtreibt, ist, den Kollegen Markus Söder als Held auf seine eigene Veranstaltung einzuladen, ihn als Chefredner zu haben, sich darüber zu freuen, was der gute Markus Söder mittlerweile alles für umweltpolitische Themen sagt, die ich erstaunlich finde und sogar positiv finde, die ich sogar unterstütze, aber dass Sie dann einfach verschweigen, dass der gleiche Markus Söder in der gleichen Zeit in Bayern beschließen lässt, 100 Windkraftanlagen im Staatswald Bayerns zu errichten,
dass Sie uns belügen wollen, dass Sie das wegmogeln wollen – es geht um 100 weitere Windkraftanlagen im Staatswald Bayerns, Beschluss der Bayerischen Staatsregierung. Und wenn Sie die Vergleichszahlen hören wollen, meine Damen und Herren, Stand 2016, Windkraftanlagen im Wald, eingerichtete Anlagen: in Hessen 733 MW Windkraft im Wald, 3 MW bis 5 MW ist eine WKA. Das sind also 220 bis 250 Anlagen, die in Hessen im Wald stehen. Wer regiert Hessen?
Mein Kollege Volker Bouffier. Ich mag ihn sehr, aber offenkundig mögen Sie ihn nicht. Offenkundig wollen Sie uns anschmieren
und sagen, das in Hessen hat mit uns gar nichts zu tun. Noch mal zum Zuhören, nur damit wir über Fakten reden: In Bayern sind zum Dezember 2016
632 MW Windkraft im Wald, also rund 210 Anlagen plus die 100, von denen ich gerade sprach. Das sind Windkraftanlagen konkret im Wald, gegen die Sie kämpfen. Und Sie legen jetzt einen Antrag vor und sagen: Ist uns doch egal, was in den CDU-regierten oder unionsregierten Nachbarbundesländern los ist.
Was ich erbärmlich finde, ist, dass sich zum Beispiel ein Kollege von Ihnen darüber erregt, dass in der Nähe der Burg Hanstein jetzt Windkraftanlagen auf der hessischen Seite errichtet werden.
Genau, unmöglich.
Was ich erbärmlich finde, ist, dass auf der Sichtachse der Heldburg auf der bayerischen Seite Windkraftanlagen errichtet werden sollen. Bei der Heldburg haben wir Einspruch eingelegt, weil wir, meine Damen und Herren, nach einem längeren Diskussionsprozess aller Beteiligten gemeinsam festgelegt haben, in der Sichtachse der Wartburg darf keine Windkraftanlage stehen. Deswegen steht im Thüringer Kriterienkatalog, Herr König: Kultureinrichtungen sind zu berücksichtigen und sind mögliche Ausschlusskriterien. Deswegen sage ich: Empfehlen Sie das doch bitte mal den Kollegen auf der hessischen Seite, aber richten Sie nicht den Finger auf uns, denn wir haben das Ausschlusskriterium kulturbedeutende Einrichtung mit in den Katalog hineingenommen.
Was ich auch interessant finde, will ich nur mal sagen: Das scheint Sie alles nicht zu interessieren, weil Sie offensichtlich nur noch mit diesen Windkraftspezialakteuren in Verbindung sind.
Ja, ja, meine Damen und Herren, ich muss es Ihnen so sagen, denn ich habe die Windkraftgegner eingeladen. Ich habe sie eingeladen, ich habe fachlich den Dialog mit ihnen geführt, ich habe die Fachabteilungen dazu gehört und am Ende dieser Besprechung, und dazu würde ich gern ihre Meinung zu wissen, auf meine Frage, wie denn das mit der Energieproduktion werden soll, ist mir vorgeschlagen worden, man solle doch wieder zur Atomkraft zurückkehren.
Das ist der Vorschlag, der mir aus Ostthüringen gemacht wurde, und die AfD findet das toll. Vielen Dank, Sie können gern noch einen Castor haben. Wir hätten gerade eine Aufsuchungsaktion, die Bundesrepublik sucht nämlich ein Endlager. Wenn Sie es haben möchten! Aber bitte belästigen Sie Ihre Nachbarn nicht damit.
Keiner will wissen, wo der Rest des Atommülls bleibt.
Diese Haltung geht mir echt auf die Nerven! So zu tun, als sei man nicht dabei, als hätte man mit dem Rest der Union in der Republik nichts zu tun und als wären all Ihre Argumente offenkundig von Ihren bayerischen und Ihren hessischen Kollegen als nicht gewichtig angesehen worden. Aber uns halten Sie diese Argumente vor und dann höre ich das einzige Argument: Ja, wir sind nicht Bayern. Ja, tolle Geschichte, das weiß ich auch, dass wir nicht Bayern sind.
Aber war es nicht Bernhard Vogel, der immer gesagt hat: Von Bayern lernen heißt …
Ich erinnere mich noch gut an die Zeiten. Und deswegen noch mal ein kleiner fachlicher Hinweis: Kollege Müller, Sie haben eine Falschinformation gesagt, das muss ich einfach korrigieren, es sei denn, Sie weisen mir die eine noch nach. Es sind nur zwei Windkraftanlagen in Thüringen, die auf Waldboden stehen, die sind in Gefell. Ich habe nämlich alle Windkraftanlagen aufgesucht, die in der letzten Zeit gebaut worden sind, und ich habe mir die Gefeller extra angesehen. Die stehen, meine Damen und Herren, auf Kyrill-Flächen, also nicht die Thüringer Landesregierung, wie es Ihre komische Fraktionszeitung behauptet: Da wird ein Lkw abgebildet, in dem ich vorn drinsitze und gerade mit einer riesigen Windkraftanlage in den Wald fahre. Wunderbar! Sie haben mich, zumindest mein Gesicht, gut getroffen. Aber was Sie den Bürgern dort einreden, dass es Rot-Rot-Grün war, die die Windkraftanlagen in den Wald fahren, um dann den Wald abzusägen, und Sie verschweigen, wer die Windkraftvorranggebiete ausgewiesen hat und wie viel Beteiligung Sie selbst daran haben, das finde ich einfach unredlich.
Und noch mal: Es sind zwei Anlagen, zwei, in Worten: zwei, in Zahlen: zwei, auch in arabischen Zahlen, liebe AfD.
Es sind zwei und es bleiben zwei. Und deswegen haben wir in den Waldplan reingeschrieben: Kalamitätsflächen. Ich will noch mal daran erinnern, weil es von der SPD kam, die das noch mal thematisiert hat: Was können wir tun, damit es nicht heißt, es wird Naturwald abgesägt, um damit eine Windkraftanlage aufzubauen, wenn gleichzeitig 40.000 Hektar toter Wald abgesägt werden müssen? Deswegen habe ich gesagt: Ich komme gut damit klar, wenn man Kalamitätsflächen als Priorisierung nimmt und dann sagt – und das steht in der Verordnung drin und das lassen Sie auch weg und das nehme ich Ihnen übel: Erstens sind es 0,86 Hektar pro WKA, die gebraucht werden, inklusive der Wegezuführung und aller Infrastrukturmaßnahmen. Und zweitens muss 1 : 1,5 Mischwald aufgeforstet werden. Das sind dann am Ende 1,29 Hektar neuer Wald – und bezahlt von dem Windkraftbetreiber.
Und da sage ich, bin ich froh, weil von Ihren Straßenausbaubeiträgen, die Sie an die Bürger zurückgeben, können wir es ja nicht mehr bezahlen.
Also werden wir ja nicht umhinkommen, dort eine klare Regelung treffen zu müssen.
Und lieber Herr Gruhner, ich habe mich noch mal erkundigt, weil Sie hier gesagt haben: Die Schutzvorschriften werden jetzt abgeschafft, Thüringer Schiefergebirge. Herr Gruhner, ja, das ist untersucht worden, das ist auch gut so. Es ist untersucht worden und verworfen worden, Herr Gruhner. Nehmen Sie es doch einfach zur Kenntnis. Es ist nicht umgesetzt worden! Jetzt schüttelt er den Kopf, er weiß es besser als der Staatssekretär, das finde ich erstaunlich. Das ist auch, wenn ich mit Ihnen draußen bin und Waldleute sich aufregen und sagen: Anja Siegesmund sei schuld, dass die Fichten auf dem Rennsteig vom Borkenkäfer kaputtgefressen werden und die Bilder vom Harz auf einmal überall bei uns zur Normalität werden. Und dann stehen Sie dabei und schweigen, dass es um einen Wald geht, der dem Bund gehört.
Das ist der BVVG-Wald in Wurzbach. Und ich habe den Brief gelesen, den Anja Siegesmund an den
Bürgermeister geschrieben hat – Klammer auf: CDU, Klammer zu – und gesagt hat: Wir bieten an, Sie zu unterstützen, wenn Sie die Fläche übernehmen wollen, wir würden zurückziehen. Ich habe einen Brief für Frau Keller geschrieben, da steht drin: Wir sind bereit, als Anstalt öffentlichen Rechts ThüringenForst die gesamte Fläche – 1.400 Hektar Fichten-Monokultur – zu übernehmen mit folgender Zusage – und die habe ich mehrfach in Ihrem Beisein erklärt, Herr Gruhner, Sie standen dabei, aber ich habe Ihre Kommentare hinterher bei der OTZ gelesen. Da habe ich gedacht: Warum steht der dabei und hört das nicht, was ich sage. Ich habe immer wieder gesagt: Diese Fläche muss umgeförstert werden, die kann so nicht bleiben. Sie muss mindestens 30 Jahre umgeförstert werden, wenn es überhaupt reicht. Aber sie einfach nur weiter als Rohstofflager zu nehmen, während sie stirbt, das macht doch keinen Sinn.
Und deswegen ärgere ich mich. Und da, Herr Gruhner, bin ich wieder bei Ihnen: Ich ärgere mich über die BVVG, dass sie in dieser Fläche derzeit das Kalamitätsholz stehen lässt, den Käfer weiter fressen lässt – das sind nämlich die Bilder heute in der OTZ, Lokalausgabe Bad Lobenstein, da kann man es nämlich dann wieder sehen – und dass gleichzeitig in diesem Forst tatsächlich frische Bäume abgesägt werden. Wir machen das nicht! Und ich bestehe auch darauf, dass wir entschieden haben, dass wir derzeit so gut wie keine Waldernte machen, obwohl wir damit wirtschaftlich der Anstalt öffentlichen Rechts einen ökonomischen Schaden zufügen. Wir haben politisch entschieden: Dieser ökonomische Schaden muss von uns getragen werden,
denn der Schaden für die Privatwaldbesitzer und für alle anderen wäre viel höher, wenn wir es jetzt nicht so machen würden. Deswegen sage ich: Auch wenn die AöR am Jahresende Verluste gemacht hat, werden wir sie ausgleichen. Wir werden die AöR nicht alleinlassen und wir werden über die AöR da, wo es geht, auch Holz aufkaufen und übernehmen, obwohl wir damit die gesamte Rettung nicht hinbekommen. Wir brauchen am Ende ein Bekenntnis, dass mit Holz gearbeitet wird, meine Damen und Herren. Wenn wir heute die Bauordnung lesen, dann steht darin, dass Holz nicht benutzt werden soll.
Das muss man ändern, da muss man sagen: Holz muss ein gefördertes Baustoffelement sein. In der Bundesgartenschau in Neckarsulm steht ein zehnstöckiges Hochhaus aus Holz.
Ich würde mir wünschen, dass wir bei der IBA vor dem Eiermann-Bau noch ein paar Musterhäuser hinstellen würden, zum Beispiel Schulergänzungsräume. Nicht Container kaufen, sondern Holzmodulbau machen.
Kindergärtenerweiterungen – man sollte nicht Container kaufen, sondern Holzmodulbau machen und das Ganze mit der IBA kombinieren. Lasst es uns doch den Bürgern zeigen: Das alles kann man aus Holz machen. Das ist das, was ich auch mit den ganzen Sägewerksbesitzern beredet habe, wo wir die gemeinsame Fachbesprechung Forst hatten. Deswegen gilt meine Zusage. Was Ministerin Keller und Staatssekretär Sühl die gesamte Zeit bearbeitet haben und was jetzt langsam anfängt, die Dynamik zu entwickeln, reden Sie es nicht klein und machen Sie es nicht klein.
Meine Damen und Herren der CDU, machen Sie sich nicht kleiner als Sie sind. Sie sind Teil der Bundesrepublik Deutschland und Thüringen ist nicht außerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Lassen Sie uns wenigstens dafür sorgen, dass dieser dumme Satz „Uns ist egal, wo der Strom herkommt, Hauptsache er kommt aus der Steckdose!“ nicht von Ihnen jetzt mit neuer Qualität überformt wird, sodass man sagt: Am Ende lacht sich die AfD kaputt und alle die, die sowieso gegen alles sind.
Eine letzte Bemerkung: Schauen Sie mal, wie viele Glasscheiben hier in diesem Raum sind und wie viele Vögel gegen solche Glasscheiben fliegen. Ich finde, jeder tote Vogel ist einer zu viel. Aber nur über tote Vögel von Windkraftanlagen zu reden und von freilaufenden Katzen kein Wort, von dem Marderhund oder vom Waschbär kein Wort,
kein Wort von denen, die überall als invasive Arten dafür sorgen, dass Bodenbrüter ihr Leben schwergemacht kriegen, das ärgert mich. Deswegen sage ich: Ihre Form, mit Windkraft umzugehen, scheint mir der Kampf gegen den Fortschritt zu sein. Das, finde ich, haben Sie nicht verdient.
Sie sollten einfach mal Vorschläge machen, die nach vorn weisen, vielen Dank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Krumpe, ich beginne, indem ich jetzt direkt an Sie anknüpfe. Es gab gestern Abend eine hervorragende Veranstaltung in Erfurt im Haus Dacheröden, die auch zeitgleich in Schwerin stattgefunden und in sechs weiteren Städten in Deutschland eine neue Debatte eröffnet hat, nämlich eine Debatte für Bürgerräte. Also die Frage: Wie bekommen wir eigentlich eine Vitalisierung der Demokratie, wenn Politikverdrossenheit spürbar ist und Menschen sich nicht mehr mitgenommen fühlen? Eine Entwicklung wird sein, dass die Parlamente sich immer weiter fragmentieren – Sie haben es eben erwähnt. Eine andere könnte aber auch sein, viel mutiger mit dem Thema „direkte Demokratie, Partizipation, Bürgerbeteiligung“ umzugehen.
Ich fand die Diskussion gestern Abend im Haus Dacheröden hoch spannend. Ich fand es auch sehr angenehm, dass aus vielen Fraktionen unterschiedliche Akteure da waren, mitdiskutiert haben, sich den Bürgern gestellt haben. Lieber Herr Mohring, da habe ich Sie ausdrücklich gelobt. Da habe ich ausdrücklich Bezug genommen auf Ihren Vorschlag zum fakultativen Referendum und habe es ergänzt um meine Bemerkung, dass man dann die Haushaltsvorbehalte aus der Verfassung streichen muss, damit das Thema
„direkte Demokratie“ auch gemeinsam gelebt werden kann.
Also Ihren Vorschlag habe ich noch miterwähnt und habe ihn um meinen Vorschlag ergänzt, auf den ich ja als Vertreter von Mehr Demokratie, als ich damals noch außerparlamentarisch tätig war, immer wieder hingewirkt habe: Die Menschen müssen etwas zu entscheiden haben. Und das wiederhole ich am heutigen Tag, denn heute geht es tatsächlich, meine Damen und Herren, um Ihr Königsrecht. Das Haushaltsrecht ist das Königsrecht des Parlaments, und bei direkter Demokratie, wenn es Geld kostet, steht das in direkter Verbindung zum Haushaltsrecht. Wir müssen einen Weg finden, der zum Beispiel in Bayern gefunden wurde, dass man sagt: Bestimmte Haushaltsansätze können, ja, müssen sogar vom Bürger beeinflussbar sein, damit die Bürger das Gefühl haben, es geht um sie.
Am Beispiel von Spaßbädern kann man das sehr deutlich sehen, was passiert, wenn Bürger nicht beteiligt werden und am Ende die Kommunen die Schulden auf viele Jahre allein tragen müssen. Deswegen bewundere ich auch die Entwicklung, die in Bad Tabarz eingetreten ist: ein junger Bürgermeister, der es geschafft hat, die Menschen zusammenzubringen. Und in Bad Tabarz ist bei der Kommunalwahl etwas Besonderes passiert. Während sich alle Menschen irgendwie über Wahlergebnisse am Europawahlsonntag echauffieren, stelle ich fest, in Bad Tabarz hat keine einzige Partei eine Liste eingereicht, sondern alle Parteien haben darauf verzichtet und haben einen Wahlvorschlag eingereicht, bei dem die Bürger ganz allein entscheiden konnten, wie sie ihr Gemeindeparlament in Zukunft sehen wollen. 16 Stimmen hatte jeder Bürger und konnte damit deutlich machen, dass eine Stadt, die Jahrzehnte unter einem Spaßbad und einer Fehlentwicklung gelitten hat, sich auf einmal aufmacht, sich neu zu sortieren. Und da, muss ich sagen, bin ich froh, dass in diesem Fall zum Beispiel das Ministerium für Infrastruktur sehr wohl denen vor Ort beigestanden hat. Die Batteriefabrik wird gerade entsorgt, es wird ein neues Bauprojekt entstehen und es ist viel Geld in die Hand genommen worden, um liegen gebliebene und blockierte Problemfälle endlich aktiv anzugehen.
Ich finde das großartig.
Lieber Herr Mohring – Frau Präsidentin, ich würde gern Herrn Mohring zitieren. Er hat am Anfang eine persönliche Bemerkung zu etwas gemacht, bei dem ich sage, wenn sich jemand hier im Hohen Haus durch mich gestern herabgewürdigt gesehen haben könnte, bin ich gern bereit, mich zu entschuldigen. Dann setzen wir uns nur hin und lesen das Protokoll von gestern. Sie konnten ja unserer Parlamentssitzung gestern fast gar nicht folgen.
Das stimmt nicht, Herr Mohring. Das stimmt nicht. Auch das könnten wir unproblematisch nachvollziehen. Ich gönne Ihnen doch Ihre Fernsehauftritte. Nur das, was Sie heute Morgen hier gemacht haben, heißt, etwas zu kritisieren, bei dem Sie nicht mal anwesend waren, was man problemlos im Parlamentsprotokoll nachlesen kann.
Es erinnert mich an das Zitat von Mike Mohring auf einer CDU-Veranstaltung nach meiner Wahl zum
Ministerpräsidenten: „Wir werden die Bande vor uns herjagen.“ Wir sind die Bande – das war Ihre Formulierung.
Das ist sozusagen der Umgang miteinander. Und am Beispiel des Schulgesetzes …
Na ja, wissen Sie, Sie beginnen mit einer persönlichen Bemerkung, Herr Mohring, und ich würde gern darauf auch persönlich reagieren. Das Thema, das Sie angesprochen haben – Frau Präsidentin, ich zitiere: „Die Kampagne ‚Stoppt Ramelow‘ der Thüringer Jungen Union (JU) ist vom Landgericht Berlin im Kern verboten worden. Das Gericht gab einem Antrag des Ministerpräsidentenkandidaten der Linken, Bodo Ramelow, auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung statt, wie dessen Rechtsanwalt am Mittwoch mitteilte. Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) verteidigte die CDU-Nachwuchsorganisation. Die JU darf laut Gericht nicht mehr behaupten oder in Videos oder auf Flyern verbreiten, dass Ramelow das Gymnasium abschaffen, die alten DDR-Bezirke wieder einführen wolle und die DDR nicht für einen Unrechtsstaat halte. Bei einem Verstoß drohten 250.000 Euro [Strafe].“
Darauf habe ich vorgestern hingewiesen. Ich habe mir das einfach erlaubt, nachdem vorgestern sowohl von der AfD als auch von der CDU auf den Geburtsort von Helmut Holter eingegangen wurde. Darauf habe ich reagiert und habe gesagt, das erinnert mich an das Plakat der Jungen Union, wo eine Bratwurst drauf war und darunter stand: „Eine von hier.“ Daneben war mein Konterfei und da stand drauf: „Keiner von hier.“ Wenn Sie das gut finden, wenn Sie das rechtfertigen,
wenn Sie das auch noch für kritiklos halten, dann darf ich Ihnen sagen: Der damalige Ministerpräsident Dieter Althaus hat diese Kampagne verteidigt. Hinterher kam raus, es war der Versuch einer dreckigen Kampagne, bei dem die Junge Union es übernehmen sollte, den Dreck in meine Richtung als Person zu schleudern, und darauf habe ich vorgestern einfach nur mit Zitaten hingewiesen und an das Plakat erinnert und daran, um was es gegangen ist. Wenn es dabei um eine Entschuldigung geht, Herr Mohring: Auf die Entschuldigung der Jungen Union warte ich bis heute noch! Als die Junge-Union-Kampagne von der NPD übernommen wurde gegen den CDU-Vertreter Zeca Schall, ist die NPD dafür sogar verurteilt worden. Sie hat Strafe zahlen müssen. Auch darauf habe ich vorgestern hingewiesen. Insoweit haben Sie allen Grund, mal über sich selbst nachzudenken, über was Sie heute Morgen hier geredet haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will ausdrücklich denen danken, die diesen Haushalt mit großer Akribie und Leidenschaft vorbereitet haben, vorneweg Heike Taubert, dem Finanzministerium und den haushaltspolitischen Sprechern in den Fraktionen, aber auch meinen Kolleginnen und Kollegen im Kabinett, die ziemlich unter der Knute von Frau Taubert – einer freundlichen Knute, aber eben doch einer Knute –, unserer Finanzministerin, zu leiden hatten, weil nämlich die Frage, ob wir Disziplin üben oder nicht, Heike Taubert immer wieder umgetrieben hat und sie gesagt hat: Bitte nicht anfangen, Geld auszugeben, dieses Geld muss gezielt eingesetzt werden; wir verwalten das Geld des Steuerzahlers. – Liebe Heike, vielen herzlichen Dank für deine Disziplin und deine Ermahnung an uns!
Dann höre ich, dass – und dazu hat Matthias Hey einiges sehr griffig ausgeführt – unser Herangehen, einen Haushalt aufzustellen, mit dem Makel der Verfassungswidrigkeit belastet sei. Es wird einfach die Behauptung aufgestellt, also wieder mal ein Plakat in den Raum gestellt. Und da hat gestern Herr Emde als Ausschussvorsitzender zu Recht ausgeführt, dass ich dazu im Haushalts- und Finanzausschuss Ausführungen gemacht habe, nämlich dass die sächsische Landesregierung einen Doppelhaushalt abgeschlossen hat, der ein Jahr nach ihrer Amtszeit wirkt, und dass die hessische Landesregierung ebenso einen Doppelhaushalt abgeschlossen hat, der ein Jahr nach der Amtszeit gewirkt hat. Beides sind Ministerpräsidenten mit CDU-Parteibuch. Warum also die Verfassungswidrigkeit oder der Makel der Verfassungswidrigkeit
nur dann anzunehmen ist, wenn der Ministerpräsident ein anderes Parteibuch hat, meine Damen und Herren, das bleibt Ihr Geheimnis, lieber Herr Mohring. Ich kann das nicht erkennen.
Ich kann auch nicht erkennen, was Sie an dieser Verfassung zu beklagen haben, wenn uns diese Verfassung eindeutig Möglichkeiten, Rechte und Herangehensweisen vorschreibt. Sie, lieber Herr Mohring, und Ihre Partei, hatten das Prä über Jahre und Jahrzehnte und Sie haben diese Verfassung im Wesentlichen geprägt. Ihre verfassungsgebenden Vertreter haben die Verfassung so geschrieben, wie wir sie anwenden. Auch wieder nur, weil wir ein anderes Parteibuch haben! Also die Verfassungsregeln sind dann richtig, wenn sie von einem CDUMitglied ausgelegt werden, und sie sind dann falsch, wenn die anderen das Gleiche tun, nämlich sich verantwortlich aufstellen
und sagen, dass wir einen Haushalt für das kommende Jahr machen. Es ist ein einjähriger Haushalt, meine Damen und Herren. Ein Doppelhaushalt sei kein Problem, war das Argument der Union, aber ein einjähriger sei ein Problem. Ein Doppelhaushalt ist nichts anderes als zwei Einzelhaushalte, die aneinandergekettet sind.
Insoweit knüpfen wir den 2019er an den 2020er. Frau Finanzministerin Taubert hat das gestern ausgeführt. Sie hat deutlich gemacht: Wir rollen den 2019er-Haushalt aus und überwälzen ihn auf 2020, um damit deutlich zu machen: Das ist staatspolitische Verantwortung und in diesem Maße wollen wir uns festlegen. Und wenn es eine Landtagswahl gibt, dann hat der Landtag das Königsrecht – und dann sagen Sie, er hat aber nicht das Initiativrecht. Herr Mohring, heißt das, Sie haben die Wahl schon verloren? Heißt das, Sie wollen überhaupt nicht die Regierung übernehmen?
Heißt das, Sie trauen sich gar nicht zu, eine Regierung bilden zu können? Denn nur dann stimmt Ihr Argument. Und deswegen sage ich: Ja, meine Damen und Herren, Rot-Rot-Grün traut sich zu, die
Regierung auch in der nächsten Legislatur zu führen. Rot-Rot-Grün traut sich auch zu, sich vor die Bürger zu stellen und zu sagen: Wir wollen abrechnen, was wir gemacht haben, wir wollen abrechnen, was uns nicht gelungen ist, wir wollen auch abrechnen, was uns gelungen ist. Deswegen ist auch Haushaltspolitik in Zahlen gegossene Realität. Darauf will ich ein bisschen hinweisen.
Ich habe gehört, dass – das war die Formulierung vor viereinhalb Jahren –, wenn ein Linker Ministerpräsident wird, dann Schulden ohne Ende gemacht werden, im Keller die Druckerpressen angemacht werden und Geld auf Teufel komm raus ausgegeben wird. Tatsächlich haben wir viereinhalb Jahre später festzustellen: Wir haben nicht einen einzigen Cent neues Geld aufgenommen, wir haben nicht einen einzigen Cent an Krediten aufgenommen, um ihn in den Haushalt aufzunehmen.
So weit zum Thema „Respekt“ – wenn hier vorne jemand redet, ist er nicht sauber – das ist das...
So weit also die persönlichen Bemerkungen heute am Eingang unserer Plenardebatte. Jeder zeigt sich so, wie er nach Gemüt und innerlich auch eingestellt ist.
Meine Damen und Herren, ich will es noch mal sagen: Entgegen aller Ankündigungen von Herrn
Mohring, als er die Bande vor sich herjagen wollte, können wir heute sagen: Wir haben nicht einen einzigen Cent neues Geld aufgenommen, um ihn in den Haushalt zu stecken, keinen einzigen Cent.
Das ist eine Tatsache. Wir haben Kreditverträge umgeschichtet, und zwar durch eine kluge Finanzministerin, die jeden Kreditvertrag, der umschichtbar war, auf einen niedrigeren Zinssatz umgestellt hat.
Liebe Heike, ich finde es toll, dass du so von Herrn Mohring gelobt wirst, dem Spezialisten für Haushalte.
Ich räume nur mit den Legenden auf, die man vor viereinhalb Jahren alle erzählt hat, als man die Bande jagen wollte.
Eine zweite Thematik: Wir werden keine Schulden abbauen. Ich kann hier heute frank und frei gestehen: Ich persönlich hatte eine innere Messlatte, die lag bei 500 Millionen Euro realem Schuldenabbau. Das war das, was ich mit Heike Taubert verabredet hatte. Ich habe gesagt, ich werde alles mit durchhalten, was diese 500 Millionen Euro erreicht. Irgendwann hat mir Heike Taubert signalisiert: Aus den guten Steuermehreinnahmen werden wir genügend Kraft haben, um die Aufgaben zu stemmen, aber wir werden mehr Schulden abbauen. Deswegen bin ich dankbar, dass Heike Taubert am Ende nicht nur 1 Milliarde Euro Schuldenabbau zu vertreten hat, sondern wir werden die magische Zahl 15 Milliarden Euro Realschulden, die Sie, Herr Mohring, hinterlassen haben, abbauen auf unter 15 Milliarden Euro.
1,1 Milliarden Euro Realschuldenabbau!
Und, meine Damen und Herren, die Legende haben Sie vorhin wieder erzählt, indem Sie auf das Rücklagenkonto verwiesen haben. Herr Mohring, manchmal wundere ich mich, dass Sie bei Ihren ganzen – ich weiß nicht, was Sie da immer vor sich herschieben – immer den Eindruck erwecken, wie wir Wunder was die Rücklagen geplündert hätten. Sie nehmen immer irgendeine Zahl, die Sie dann
benutzen, auf der Sie dann herumreiten. Das ist wie ein alter Hund, der immer wieder weiter auf einem Knochen herumkaut. Ich will es jetzt noch mal sagen: Bei den Rücklagen haben wir 330 Millionen Euro vorgefunden. Und wenn ich daran erinnern darf, da gab es noch jemanden, der hieß Voß. Sie möchten ja nicht daran erinnert werden, dass der den Kommunalen Finanzausgleich noch auf 1,6 Milliarden Euro senken wollte. Das möchten Sie gar nicht hören, dass das Ihre Vertreter waren, die das alles getrieben haben. Und dann erleben wir, wie die 330 Millionen Euro, die wir vorgefunden haben, noch einen Tag vor der Amtsübergabe in Kreditverträge weggeschoben worden sind. Das hat Heike Taubert wiedergeholt. Die 330 Millionen Euro sind in die Rücklage gegangen und wir haben gesagt: Das Rücklagenkonto wird Jahr für Jahr unser durchlaufender Posten sein, bei dem wir den nächsten Haushalt finanzieren.
Deswegen kann ich Ihnen, meine Damen und Herren, versichern – und das sage ich auch mal an die Kollegen der schreibenden Zunft, die dann immer schreiben, bei dem Haushalt müsste man feststellen, die Rücklagen seien geplündert: Nein, die 330 Millionen Euro werden am Ende da sein, real, richtiges Geld. Heike Taubert hat mir gesagt, so wie es im Moment aussieht, werden sogar 600 Millionen Euro da sein.
Das heißt, wir haben 1,1 Milliarden Euro Schulden abgebaut und im Rücklagenkonto werden 2020 600 Millionen Euro reales Geld drin sein. Diese 600 Millionen Euro werden wir brauchen – Egon Primas, wir haben ja noch einen Termin zusammen, und Birgit Keller –, der Wald schreit. Wir werden darüber reden müssen – nicht jetzt, nicht heute, da gibt es noch einen Antrag, der auf dem Weg ist. Aber ich weiß, dass wir diese Rücklagen brauchen werden. Wenn sich der Wald so schlimm entwickelt, wie es zu befürchten ist, werden wir viel mehr Geld in die Hand nehmen müssen.
Dafür sind die Rücklagen da. Dafür müssen sie dann auch eingesetzt werden.
Und um mit einer wirklich letzten Legende aufzuräumen: Die kommunale Familie würde von uns ausgepresst, die hat von uns das Geld weggenommen bekommen, und so wenig Geld haben die noch nie gehabt wie unter dieser Regierung. Herr Adams hat darauf hingewiesen, wie der Kom
munale Finanzausgleich war, wie die Finanzausgleichsmasse war. Das hat Herr Adams alles in Zahlen genannt. Aber ich bin ausnahmsweise der Funke Mediengruppe so dankbar, gestern in den Zeitungen, in den drei Zeitungen waren extrem gute Statistiken. Die konnte man sich zum Sharepic umwandeln, die konnte man sich auch auf den Tisch legen. Das hat auch der Ministerpräsident gemacht. Ich habe nur bei Heike Taubert gefragt, ob das alles richtig ist, und sie sagt: Ja, die Zahlen sind so. Deswegen will ich mal in Erinnerung rufen: Aus Steuern und kommunalen Finanzausgleichsmitteln hatte 2014 die gesamte kommunale Familie 3.196.200.000 Euro. 2020 wird die gesamte kommunale Familie an Einnahmen aus Steuern und kommunaler Finanzausgleichsmasse 3.982.400.000 Euro haben. Das ist ein Zuwachs von 2014 auf 2020 von 786.200.000 realer Euro,
also nicht Fantastillionen, nicht irgendwelche eingebildeten Gelder, sondern reales Geld.
Werter Herr Mohring, wenn Sie uns vorhalten, dass wir gute Steuereinnahmen hatten, warum gönnen Sie das eigentlich der kommunalen Familie nicht? Und wenn wir es der kommunalen Familie gönnen, dann legen wir unseren Teil noch dazu, damit die kommunale Familie ihre Haushalte auch aufstellen kann, so wie wir erwarten, dass sie ihre Haushalte aufstellt.
Ich will es noch einmal sagen: 1,1 Milliarden Euro reale Schulden abgebaut, 600 Millionen Euro in den Rücklagen am Ende 2020, die vorhanden sein werden, und dazwischen eine Personalentwicklung, von der immer wieder überall im öffentlichen Raum stand: Ihr müsst endlich mehr Lehrer einstellen, ihr müsst endlich für die Polizei sorgen, ihr müsst endlich für die innere Sicherheit sorgen. Alles das haben wir gemacht.
Wir haben die Weichen jetzt gestellt. Wir haben den Lehrerabbau geändert in einen Einstellungspfad. Wir haben bei der Polizei die Kapazitäten zur Ausbildung erhöht.
Meine Damen und Herren, gestern gab es ja die Auseinandersetzung über das Ressort von Herrn Tiefensee – Breitbandausbau. Wie klappt das eigentlich, Herr Tiefensee, dass am Montag die TEAG das 500. Dorf mit Glasfaser ans Netz bringt? Das 500. Dorf! Ich bin begeistert. Das ist nur einer
der Player, der dabei ist. Dass das alles nicht schnell genug geht, darüber sind wir uns einig. Dass das viel zu bürokratisch ist, sogar darüber sind wir uns einig. Und dass es besser gewesen wäre, die Telekom nicht zu privatisieren,
sondern als Infrastrukturanbieter in staatlicher Hand zu belassen, darüber ist sich jedenfalls ein Teil in diesem Haus einig. Dasselbe gilt eben auch für Schienenverkehre. Wenn man möchte, dass mehr Verkehr auf die Schiene kommt, dann brauchen wir auch eine Bahn, die für alle Bürger und auch für den Schwerlastverkehr da ist, die sich um ihre Infrastruktur auch wieder kümmert, die wieder investiert. Das heißt, es sind auch Bundesaufgaben, die dort endlich wahrzunehmen sind. Und dieser neoliberale Wahn, dass privat alles besser sei als Staat, das macht sich am Breitbandausbau fest. Das ist ein schwerer Kardinalfehler.
Und eine letzte Bemerkung: Es ist einfach falsch zu glauben, dass Gesundheit an der Börse hergestellt werden kann.
Krankenhäuser gehören in die kommunale Hand und zur kommunalen und öffentlichen Aufgabe. Meine Damen und Herren, ich bin auch darüber sehr froh, dass der Ilm-Kreis jetzt die Entscheidung bekommen hat, dass der Busverkehr als kommunale Aufgabe wahrgenommen werden kann. Das war ein langer und schwerer Weg, aber das ist der Hinweis, wo wir eigentlich hinmüssten. Wir brauchen wieder mehr gemeinwohlorientierte Debatten in dieser Gesellschaft, wir brauchen wieder ein Mehr an Solidarität.
Wir brauchen wieder mehr klare Bekenntnisse, dass dieser Staat auf der Seite der Menschen steht, die diesen Staat brauchen. Und ja, ich bin stolz darauf, dass auch das nächste Jahr Kindergartenbetreuung beitragsfrei gestellt wird. Dazu will ich einfach mal sagen: Der Unterschied ist, in Niedersachsen sind vier Stunden pro Tag im Gesetz geregelt, in Hessen sind sechs Stunden im Gesetz geregelt, in Thüringen sind es zehn Stunden – zehn Stunden, die wir stemmen müssen.
Deswegen ist das eine Kraftanstrengung, dass wir das nächste Jahr in die Beitragsfreiheit bringen. Aber Ziel muss es sein, alle Kindergartenbeiträge abzuschaffen, weil es eine Gemeinschaftsaufgabe für uns
als öffentliche Hand ist, an der Seite der Kinder zu sein. Und, meine Damen und Herren, wer mir dann immer erwidert und sagt, na ja, Hartz-IV-Empfänger zahlen ja keine Kindergartengebühren, der muss sich dann dem erniedrigenden Verfahren der HartzIV-Anträge unterstellen, der muss sich dem mal unterziehen. Wenn ein Hartz-IV-Bezieher dem Staat mehr Daten geben muss als ein Cum-Ex-Banker, dann geht irgendwas schief in dieser Gesellschaft.
Über diese Dinge muss man einfach reden, da muss man einfach sehen, wer für solche Dinge Verantwortung trägt. Insoweit, meine Damen und Herren: Wenn das heute der Beginn Ihres Wahlkampfs war – bitte gern, Herr Mohring. Aber wenn in diesem Wahlkampf die Verwaltung von Ihnen beleidigt wird – Ihre Verwaltung –, indem Sie sagen, jetzt ist auf einmal die öffentliche Verwaltung unsere Verwaltung, die die Anträge nicht abarbeitet, damit Heike Taubert hinterher Mehreinnahmen im Haushalt behält. Wie unverschämt ist eigentlich eine solche Denkfigur, dass diese Verwaltung jetzt unsere Verwaltung sei?
Ist es wieder Ihre Verwaltung, falls Sie mal Ministerpräsident werden? Aber es ist die gleiche Haltung, die vorgestern hier thematisiert worden ist, dass die meisten im ThILLM Unterrichtsflüchter seien. Ich fand das genauso empörend. Wenn man mit den Bediensteten des öffentlichen Dienstes so umgeht, dann geht man schändlich mit ihnen um.
Meine Damen und Herren, diese Landesregierung stellt sich auf die Seite der öffentlichen Bediensteten. Wir haben die Mitbestimmung gestärkt, wir haben das Thüringer Personalvertretungsrecht gestärkt und wir haben die Voraussetzung geschaffen, dass die beamtenrechtlichen Besoldungsbezüge abgesichert werden können und auch gute Tarifverträge in Wirkung umgesetzt werden. Aus all diesen Gründen, meine Damen und Herren, bin ich sehr stolz, dass Rot-Rot-Grün nach viereinhalb Jahren immer noch in der Lage ist, eine eindeutige Mehrheit in diesem Parlament aus eigener Kraft abzusichern –
allem Geschrei von Ihnen zum Trotz.
Wissen Sie, was mich unangenehm berührt, Herr Mohring?
Mit der AfD haben Sie damals verhandelt, weil Sie mich verhindern wollten.
Also Sie vergessen das immer, Sie sind immer so vergesslich.
Verzeihen Sie, Herr Mohring, Ihr Weltbild ist so eng, Ihr Karo ist so klein.
Es tut mir leid, wie klein Ihr Karo ist. Die Abstimmung zum Schulgesetz: Vielleicht haben Sie das auch nicht mitbekommen, das ist, wenn man so viel in Fernsehstudios rumsitzt, statt im Parlament zu sein.
Aber eines will ich doch zum Schluss wenigstens sagen: Die Abstimmung zum Schulgesetz, bei dem ich da „das heftig umstrittene Schulgesetz“ lese, meine Damen und Herren, war 46 zu 33.
Sie stehen für 33. Vielen Dank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf mich zuallererst beim Diplomingenieur Helmut Holter
für die exzellente Arbeit als Bildungsminister bedanken. Ein Diplomingenieur, der Hochbau studiert hat und in der Lage ist, mit Baustellen gut umzugehen, nämlich zuerst einmal zu sichern,
eine gute Analyse zu machen, Pläne zu machen, auf Basis der Pläne dann die einzelnen Etappen zu definieren und dann mutig voranzugehen. Lieber Helmut, herzlichen Dank!
Ich freue mich, dass die mecklenburgische Ruhe hier vorn am Pult immer wieder sehr beeindruckend ist, wenn ich hier nebendran sitze und sehe, mit welcher Ruhe du auf manche seltsamen Einwürfe reagierst. Herzlichen Dank dafür!
Ich erinnere mich, lieber Herr Gruhner, an ein Plakat, das die Junge Union geklebt hatte. Da war eine Bratwurst drauf und nebendran mein Konterfei. Unter der Bratwurst stand „Eine von hier“, unter meinem Namen stand „Keiner von hier“. Das ist genau die Tonart, die Herr Höcke gerade angelegt hat und die Sie angelegt haben und die Sie als Junge Union vertreten. Das ist Ihr christliches Weltbild, wenn Sie einteilen, wer hierher gehört und wer hier nicht hergehört. Ich finde, alle Menschen gehören hierher.
Ich finde, es ist nicht entscheidend, wo man geboren ist, sondern es ist entscheidend, was man mit einbringt, damit ein gemeinsames demokratisches Entwickeln auch vorangeht. Deswegen danke ich den Menschen, die sich in Thüringen aufmachen, unser Land sozialer und gerechter und jeden Tag ein Stück lebenswerter zu machen. Ich finde, es gibt viele Gründe, darauf stolz zu sein.
Ich wäre auf Ihr Plakat damals nicht stolz, aber ich erinnere mich auch gut, Herr Gruhner, dass die Junge Union schon in mehreren Wahlkämpfen überall Plakate an die Gymnasien gehängt hat, und zwar in vielen Jahren. Ich bin schon länger in diesem Hohen Haus, ich erinnere mich an viele Jahre, wo die Junge Union die Plakate hingehängt hat an die Gymnasien: „Diese Schule möchte die PDS“ – und später Die Linke – „schließen.“
Heute beschließen wir ein Gesetz, das die Schularten stabilisiert, das mehr Lehrer einstellt. Morgen beschließen wir einen Haushalt, der die finanziellen Voraussetzungen dazu schafft, damit das alles erfolgreich umgesetzt werden kann. Und Sie sitzen da hinten und lächeln und lächeln und lächeln und sind stolz auf Ihren Jugendverband, der andere ausgrenzt.
Und Sie sind dann noch stolz und werden noch laut, wenn die NPD Sie damals noch überholt hat und Zeca Schall mit seiner Hautfarbe abgebildet hat. Die NPD hat dafür sogar eine Strafe bezahlen müssen, die Junge Union hat sich bis heute bei mir nicht einmal entschuldigt. Nicht mal den Anstand ei
ner Entschuldigung kannten Sie. Das ist die Art und Weise, wie Sie Politik machen.
Aber neben der Jungen Union und Ihrem wunderbaren Karriereweg, den Sie da gehen wollten
Sie wollten uns ja verlassen, leider hat es nicht geklappt –, deswegen habe ich aber einen anderen Grund, warum ich vorgegangen bin, weil Sie eben so vehement gesagt haben, was wir jetzt hier alles machen würden.
Ja, es geht um das Schulgesetz. Da können Sie noch so brüllen, es geht um das Schulgesetz. Sie haben nämlich die Behauptung aufgestellt, dass wir die Förderschulen abschaffen wollten. Herr Minister hat es erwähnt und unsere Koalitionsredner haben darauf hingewiesen: Wir haben gesagt, das Thema „Förderzentren ohne Schüler“ haben wir vorgefunden, als wir in die Regierung eingetreten sind. Dann wollten Sie immer sagen: Wer hat das denn gemacht? Das war doch die SPD. Dann wollen Sie doch von sich ablenken. Deswegen will ich am Ende dieser Debatte noch etwas zitieren. Frau Präsidentin, ich würde gern aus einem Dokument des Freistaats Thüringen zitieren: „Wie in den Kindertageseinrichtungen (§ 7 Thüringer Kindertagesein- richtungsgesetz) wird auch in der Schule der integrierenden Bildung und Förderung im Gemeinsamen Unterricht Vorrang gegenüber der Förderung im Förderzentrum gegeben (§ 1 Abs. 2 [Thüringer Förderschulgesetz]).“ Ich wiederhole noch einmal: „Wird auch in den Schulen der integrierenden Bildung und Förderung im Gemeinsamen Unterricht Vorrang [...] gegeben“ – Vorrang gegeben. Dann geht es weiter: „2.1 Gemeinsamer Unterricht. Laut Thüringer Förderschulgesetz lernen Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf soweit möglich in Grundschulen, in den zum Haupt- und Realschulabschluss, zum Abitur oder zu den Abschlüssen der berufsbildenden Schulen führenden Schularten.“ Also Vorrang des Gemeinsamen Unterrichts, das ist 2008 von Bernward Müller eingeführt worden. Das ist Ihre Schulgesetzgebung, die wir vorgefunden und weiterentwickelt haben – nämlich die Frage, ob man Inklusion als gemeinsamen Prozess versteht, bei dem das Prinzip des Gemeinsamen zuerst steht.
Bernward Müller war offenkundig klüger als das, was Sie heute hier versuchen, uns zu unterstellen. Deswegen bin ich froh, dass die Diskussion um die Förderzentren ohne Schüler einfach beendet wird, weil es eine Scheindebatte ist. Worum es geht, ist, den Förderschulen die Qualität zu geben und sie leben zu lassen mit ihrer Qualität, den Kindern und den Eltern gegenüber. Worum es aber auch geht: Kindern, die nicht dauerhaft im Förderzentrum sein müssen, den Weg aus dem Förderzentrum zu ebnen und ihnen zu ermöglichen, einen normalen Schulweg zu gehen, möglichst viele Kinder zusammen.
Ja, meine Damen und Herren, mein Plädoyer, unser Plädoyer ist es, dass besondere Talente auf unterschiedliche Art gefördert werden sollten. Das haben Sie eingeführt, darauf können Sie stolz sein. Wir werden es nicht beenden. Dazu gehört zum Beispiel ein musisches Gymnasium, ein mathematisches Gymnasium, die Spezialschule in Schnepfenthal und andere und eben auch die Förderschulzentren. Da legen wir keine Axt an und auch die apokalyptischen Reiter, die Sie beschreiben, werden nicht eintreten. Geben Sie sich doch mal den Mut und die Kraft, was Bernward Müller auf den Weg gebracht hat, jetzt mit Helmut Holter zu vervollständigen, sodass es eine gute und ruhige Entwicklung an den Schulen gibt. Vielen Dank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, von hier aus will ich zuerst einmal Prof. Hoff danken für die Arbeit, die er leistet.
Ich wünsche ihm und seinem Sohn heute im Krankenhaus eine gute Genesung und ein gutes Gelingen.
Ich will aber den Versuch unternehmen, meine Damen und Herren, noch mal den Fokus zu weiten, weil ich im Moment das Gefühl habe, wir streiten hier im Hohen Rund gegeneinander, obwohl wir eigentlich viel mehr Gründe hätten, miteinander zu streiten,
nämlich für den kulturellen Reichtum, den Thüringen hat, und vor allen Dingen den Begriff, den man immer wieder prägen kann: Eins sind wir, wir sind steinreich. Wir haben über 2.000 Kirchen, bei denen ein großer Sanierungsstau vorhanden ist, wir haben Schlösser, Gärten, Herrenhäuser reichlich. Unser Bundesland ist aus seiner Kleinteiligkeit und der Kleinstaatlichkeit reich gesegnet mit Residenzschlössern und dem entsprechenden Erbe, ein Reichtum, der, meine Damen und Herren – und das sage ich jetzt mal in Richtung CDU –, in den ersten Jahren dazu geführt hat, dass ein Teil dieser Schlösser und Burgen an die LEG gegeben worden ist, mit der Aufgabe, sie zu verkaufen. Manch eines dieser Schlösser und Burgen, die verkauft worden sind, sind jetzt Problemfälle, mit denen wir uns gerade aktuell massiv auseinandersetzen.
In einem Punkt muss ich Katinka Mitteldorf revidieren: Schloss Reinhardsbrunn ist nicht von der Landesregierung verkauft worden, das war schon die
Treuhand. Es hat damals von Herrn Dr. Vogel den Versuch gegeben, das zu unterbinden und eine andere Idee zu entwickeln. Das ist einfach vom Tisch gewischt worden. Trotzdem war es wichtig, dass Christine Lieberknecht den Prozess angefangen hat, Reinhardsbrunn zu enteignen, um es aus dem Kreis der Verbrecher und der illegalen Finanzierung herauszuholen. Wir sind kurz davor, also in den letzten Tagen warten wir jetzt gerade auf den letzten Bescheid, damit wir die Gelder, die schon etatisiert sind, endlich in Reinhardsbrunn einfließen lassen können.
Meine Damen und Herren, was mich ein bisschen stört, ist die Art und Weise, wie jetzt apokalyptische Reiter an den Himmel gemalt werden, über einen Vorgang, dass Schlösser und Burgen möglicherweise in eine neue Stiftung eingebracht werden. Diese apokalyptischen Reiter sind doch insoweit unbegründet. Wenn wir mit dem Bund und einem Nachbarbundesland zusammen eine Stiftung gründen, ist das nichts anderes als das, was wir jetzt schon mit dem Bund und der Stiftung Weimarer Klassik praktizieren, nämlich eine gemeinsame Verantwortung, in die sich Frau Grütters, die Stadt Weimar und wir als Land hineinbegeben haben. Manchmal ist es etwas schwieriger, die Stadt Weimar zu überzeugen, dass sie ihre Eigenanteile noch mal mitfinanziert, damit die Steigerungsraten dann auch bezahlt werden können. Da gab es auch in Weimar Auseinandersetzungen, ob man das Kulturfest oder die Kulturstiftung oder eventuell die eine oder andere Investition gegeneinander ausspielen würde. Ich erinnere mich zumindest ziemlich gut, weil für alle Kommunen, die reich mit solchen besonderen Schlössern, Burgen und Liegenschaften gesegnet sind, immer das Hemd viel zu eng ist. Das gilt für Weimar, das gilt für Gotha, das gilt für Rudolstadt. Deswegen, meine Damen und Herren, ist doch eins klar: Die Stiftung Schlösser und Gärten – und deswegen freue ich mich, dass Frau Dr. Fischer und viele aufmerksame Zuhörerinnen und Zuhörer da sind – kümmert sich in einer vorbildlichen Art und Weise um diese einzelnen Objekte, obwohl alle hier im Raum wissen, dass es derzeit über 300 Millionen Euro Investitionsstau in dieser ganzen Schlösserstiftung gibt.
Ich habe genau das Frau Dr. Fischer, als sie das Amt übernommen hat, gesagt, nämlich dass ich sie für die Gelassenheit bewundere, an so eine Aufgabe heranzugehen. Ich freue mich, dass jemand sagt, dass er die Aufgabe, die von Herrn Paulus
übergeben worden ist, übernimmt. Deswegen war ich auch froh, Herrn Prof. Dr. Paulus jetzt gerade den Thüringer Verdienstorden für seine Leistungen für Thüringen – genau hierfür – überreichen zu dürfen.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, …
Diese Verächtlichmachung ist wirklich so – es ist so quälend!
Wenn ich darauf hinweise, dass Schloss Hummelshain in Ihrer Zeit, als Sie Regierungsverantwortung hatten, verkauft worden ist und der Kaufpreis nicht mal eingezogen worden ist – ich habe es dann gemacht. Ich habe dann letztlich dafür gesorgt, dass es gelungen ist, den Kaufpreis endlich zu bekommen.
Schloss Hummelshain hat jetzt dicken Schwamm drin. Jetzt kommt der Käufer und sagt, dass er es vielleicht auch wieder abgeben will. Sie sitzen da und lächeln vor sich hin, weil Sie denken, Sie können Prof. Hoff hier vorführen
an einem Thema, bei dem tatsächlich der Bund 200 Millionen Euro auf den Tisch legt und sagt: Diese 200 Millionen Euro geben wir für eure Kulturgüter dazu, 100 Millionen Euro für Sachsen-Anhalt, 100 Millionen Euro für Thüringen – aber nur, Herr Kellner, wenn wir 100 Millionen Euro dazulegen. Da hat Prof. Hoff gesagt, dass wir das hinkriegen, obwohl er von der Finanzministerin dazu noch überhaupt keine Freigabe hatte.
Ja, „oh“. Glauben Sie denn, dass das Finanzministerium da steht und sagt, Schloss Reinhardsbrunn wird enteignet, und gibt dann das Geld zur Verfügung! Sie waren doch der zuständige Minister in einer Zeit, als Sie wussten, dass Sie Christine Lieberknecht alleingelassen haben in diesen Fragen.
Sie hat es doch praktiziert. Ich habe die ganzen Vermerke anschließend vorgefunden und habe gesehen, wie Christine Lieberknecht gekämpft hat in der Staatskanzlei, dass dieses Schloss enteignet worden ist. Da gab es immer wieder vom Kabinett
die Hinweise, dass das Geld dafür nicht vorhanden ist. Deswegen bewundere ich Christine Lieberknecht für die Ruhe, mit der sie es dann gemacht hat. Als sich das weiter fortgesetzt hat, hat das Finanzministerium mitgeteilt: Wir sind nicht sonderlich glücklich darüber, weil die nächsten 30 Millionen Euro in Reinhardsbrunn relativ schnell ausgegeben sind. Mit Frau Dr. Fischer war ich gerade in Reinhardsbrunn bei einem Termin. Da haben wir über Friedrichswerth geredet. Jeder hier im Raum sollte sich mal darum kümmern, was mit einem Schloss passiert, das zehn Jahre lang nur geheizt wird, aber keine Nutzung hat, und was ein kulturelles, nicht nur Kleinod ist, sondern ein ganz besonderes Schloss ist, aber in keinerlei Nutzung steht.
Deswegen, meine Damen und Herren, während jetzt von der CDU versucht wird, uns hinsichtlich dessen vorzuführen, ob wir es richtig machen, ob wir die Stilnoten richtig erteilt bekommen, haben wir immer noch die gleichen Sorgen. Wenn Schloss Hummelshain abgegeben wird, ist ein Sanierungsstau dort drin. Der Schwamm sitzt oben im Dach. Wir sind gerade mal dabei und versuchen mithilfe des Fördervereins, das Eintreten des Wassers zu unterbinden. Schloss Reinhardsbrunn wird in das Eigentum übergehen und wir werden uns in die Verantwortung stellen müssen. Das Schloss Crossen ist gerade von einer chronisch unterfinanzierten Gemeinde übernommen worden, damit es nicht von Reichsbürgern gekauft wird. Ich bin dankbar, dass der CDU-Bürgermeister in Bad Köstritz, dass Herr Heiland den Mut hatte, vorher in das Eigentum zu gehen und es jetzt gesichert rüberzugeben. Damit sind wir immer noch nicht an der Lösung für Crossen, aber ich bin froh, dass es nicht in fremde Hände gefallen ist, in die es nämlich fallen sollte. Jeder, der sich lokal damit auskennt, weiß, wovon ich da gerade rede und dass das nicht ganz banal ist. Während wir hier darüber streiten, ob wir die 200 Millionen Euro mobilisieren sollten oder nicht, haben wir immer noch Schloss Hummelshain, Schloss Crossen, Schloss Friedrichswerth, das Wilhelmsthaler Schloss, das in einem Zustand ist, das von Geld nur träumen kann. Und wenn ich dann Reinhardsbrunn sage, dann weiß man ungefähr, was schon an weiteren Problemstellen und Problemfeldern da ist.
Es gibt einen Punkt, da bin ich, Herr Wirkner, mit Ihnen einer Meinung. Es ist tatsächlich so, das, was im Moment die Haushälter vom Bund mit den Ländern machen, ist dasselbe wie beim Digitalpakt. Und es sind auch dieselben Personen. Als Ministerpräsident habe ich eine Runde durch den Vermittlungsausschuss drehen müssen, damit die Bedingungen, die man uns aufgegeben hat, ins GrundGesetz schon reinbeschlossen hat – das waren Ih
re Abgeordneten, Ihre! Ich gehöre dieser großen Koalition überhaupt nicht an, es sind die Leute, über die Sie reden, die aus Ihrer eigenen Partei kommen – und auch von der SPD, natürlich.
Deswegen sage ich ja, ich war dankbar, als Carsten Schneider gesagt hat: Ich kämpfe für Geld für nationale Kulturgüter in Thüringen und in Sachsen-Anhalt. Ich war ihm dankbar dafür. Damals habe ich spontan – da habe ich überhaupt keine Kenntnis gehabt, da können Sie sagen: Ja, was wusste der Ministerpräsident? Gar nichts. Ich habe gehört, sie haben im Bereinigungsausschuss in der Nachtsitzung 100 Millionen Euro, zweimal 100 Millionen Euro herausverhandelt. Ich habe nicht gehört, dass das die Ministerin verhandelt hat. Ich habe gehört, dass es die Haushälter rausverhandelt haben. Und dann haben die Haushälter gesagt: Wir knüpfen das aber an Bedingungen. Um noch mal den Herrn Rehberg zu zitieren, Herr Rehberg hatte sogar noch die besondere Überlegung, in dem Moment, wo eine Gemeinde – es ist ja eben so gesagt worden, wenn Gotha das Geld nicht mehr zahlen muss, weil es die Betriebskosten jährlich dazu bekommt –, Herr Rehberg hat gesagt, die Gelder, die eine Stadt dann nicht mehr einzahlen muss, müssen aber für die Stiftung Thüringer Schlösser gebunden werden. Dann stelle ich mir mal Rudolstadt vor, die dann um die Heidecksburg entlastet werden, aber sie zahlen dann zum Beispiel an die Weimarer Kulturstiftung oder an die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Und das erklären Sie dann mal bitte Ihren Gemeinderäten.
Damit war dann klar, dass das eine aberwitzige Idee ist. Ich rede nur über Gesprächsverläufe, denn ich habe spontan gesagt – und da war ich mit Frau Dr. Fischer einer Meinung –: Für Schloss Reinhardsbrunn, Friedrichswerth, Crossen und Hummelshain können wir das Geld wunderbar gebrauchen. Wir packen die vier Schlösser in unsere Stiftung, wir packen die 100 Millionen Euro dazu und wir haben eine Geldausgabe. Das war meine spontane Aussage. Kurze Zeit später meldet sich der eine Haushälter bei mir und sagt, er will mit mir darüber reden, damit er mir klar erklärt, diese Schlösser waren nicht das, wovon sie geredet haben. Sie wollen die national bedeutsamen, das sind unsere Residenzschlösser; diese sind genannt worden. Und, das war die Absicht und da hat Carsten Schneider wirklich gekämpft, sie wollen, dass die laufenden Ausgaben, die im Jahr für die Museen
entstehen, mitfinanziert werden. Und das will Frau Grütters überhaupt nicht.
Deswegen, meine Damen und Herren, will ich Ihnen noch mal sagen: Ich wundere mich, dass Sie zu der ganzen Diskussion den Antrag stellen mit der Begründung „Ausverkauf“ und die zuständige Ministerin aus Berlin bis heute noch gar nichts gesagt hat. Da frage ich mich in der Tat: Ist hier eine verkehrte Welt? Was findet hier gerade statt? Meine Damen und Herren, von Herrn Geibert wurde infrage gestellt, es sei ja gar nicht festgelegt, dass es eine Stiftung sein müsste, und Herr Mohring hat es vorgetragen. Heute in der Zeitung sagt der Haushälter Kahrs – Haushälter Kahrs war maßgeblich daran beteiligt, ein Sonderinvestitionsprogramm des Bundes einzuplanen –: Die 200 Millionen Euro auf acht Jahre angelegt sind bis zur Gründung der länderübergreifenden Stiftung gesperrt. – Also so weit wissen Sie genauso viel wie ich. Und ich weiß nicht, warum Sie dann sagen, diese Bedingungen gibt es gar nicht. Wir bilden die uns nur ein oder der Haushalt. Herr Geibert, Sie wedeln dann immer und sagen: Das steht aber gar nicht im Haushaltsrecht drin. Aber die Bedingungen sind uns gesetzt worden. Und deswegen bin ich Prof. Hoff dankbar, dass er unglaublich flexibel versucht, mit dem überhaupt klarzukommen, nämlich dafür zu sorgen, dass dieses Geld in unsere Schlösser und Burgen und Gärten fließt.
Ich sage, meine Damen und Herren, es wäre mir lieber, wenn sich der Bund nicht permanent in die Hoheit der Länder einmischen würde.
Sagen Sie das mal Ihren Haushältern. Sagen Sie das mal denen, mit denen wir dreimal die Runden durch die Vermittlungsausschüsse drehen mussten, denn für die Dinge, die der Bund versprochen hatte, nämlich den Digitalpakt – das war Ihre Ministerin vor der Bundestagswahl –, war kein Cent etatisiert, aber der Bevölkerung hat man eingeredet, da kommt jetzt unglaublich Geld. Danach hat unser Minister verhandeln müssen wie ein Blöder, bis das Geld überhaupt mal kam, und die Haushälter haben uns 27 Bedingungen reingeschrieben. Dann haben Ihre Fraktionen auch noch die Verfassungsänderung beschlossen und wir mussten als Länder erst mal 16 : 0 durch den Vermittlungsausschuss gehen. Deswegen sage ich: Ich habe schon eine lebhafte Erinnerung, Herr Wirkner, dass diese Art des goldenen Zügels nicht angenehm ist und auch nicht gut ist.
Lieber Herr Mohring, wenn Sie mir garantieren – Sie sind ja der Vorsitzende in der Fraktionsvorsit
zendenkonferenz –, wie wir die 100 Millionen Euro vom Bund kriegen und wie wir sie in unsere Stiftung platzieren und wie wir dann noch unsere 100 Millionen Euro dazulegen, dann werde ich den Hut ziehen, Herr Mohring. Aber dann verhandeln Sie bitte mit denen, die dafür verantwortlich sind, nämlich mit denen Sie jetzt die letzten zwei Tage zusammengesessen haben. Und reden Sie über den Rest im Ausschuss und nicht in Sonderplenen, wo man das Gefühl hat, es soll das Land nur schlechtgeredet werden, Hauptsache beim Hoff bleibt irgendwas hängen. Ich danke Prof. Hoff.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lieber Herr Wirkner, wenn wir gemeinsam auf das Schwarzatal schauen und die Potenzen der touristischen Entwicklung sehen, bin ich völlig bei Ihnen. Das Schwarzatal ist ein touristisches Schwergewicht und es hatte vor hundert Jahren eine Bedeutung, die von Berlin bis nach Thüringen mit der Bahnanbindung ein unglaubliches Gewicht hatte. Die heutigen, immer noch großen Häuser und Hotels dort sind ein Zeichen dafür. Dasselbe war, das Schwarzatal hatte ein großes Gewicht an industrieller Entwicklung. Die großen leeren Gebäude zeigen heute noch, welche Bedeutung das Schwarzatal mal hatte. Historisch hat es eine Bedeutung, weil Friedrich Ebert dort die Verfassung unterschrieben hat.
Herr Wirkner, Sie wissen, die Landesregierung hat viel Geld in die Hand genommen – und nicht nur die jetzige, sondern auch die vorherige –, um im
Schwarzatal viele markante Dinge in Gang zu setzen. Das Schloss, das instand gesetzt wird, die Waffensammlung, die in einem neuen Glanz entstanden ist. Und wir sind uns einig, Herr Wirkner, das hängt auch mit den Bürgerinitiativen zusammen, die sich um diese Objekte gekümmert haben, weil Landesregierungen aller Art der Meinung waren, wir haben noch dringendere Sachen zu tun, als diese Dinge so in Gang zu setzen. Mittlerweile haben wir einen Veränderungsprozess und unsere Landesregierung – und deswegen habe ich mich jetzt noch mal nach vorn begeben –, Kollegin Keller hat zum Beispiel das IBA-Projekt damit verbunden und sagt, das Schwarzatal und die Sommerfrische sind Teil des IBA-Projekts. Die Insider wissen, wir haben dasselbe mit dem Thüringer Meer gemacht, also der touristischen Entwicklung Hohenwarte, Bleilochtalsperre, basierend auf dem regionalen Entwicklungskonzept der beiden Landkreise, der Gemeinden, die sich alle beteiligen.
Warum erzähle ich das? Weil wir jede Menge Initiativen unterstützen, womit Bewegung in eine Region kommt. Das Kuriose ist, dieses endet immer dann, wenn wir an die Frage der Gebietsneugliederung kommen. Dann wird es auf einmal ganz anders. Dann kommen auf einmal tausend Argumente, die gegen den daneben Stehenden sprechen, weil sich Leute nicht riechen können, weil auf der Kirmes eine Schlägerei stattgefunden hat, wie mir zugetragen wurde, und damit auf einmal Bürgermeister nicht mehr miteinander reden und all diese Kuriositäten. Und jetzt kommt die Schwierigkeit, wenn wir das Prinzip Freiwilligkeit durchhalten wollen, wir als Landesregierung – und Wolfgang Fiedler hat mich ja zitiert, deswegen kann ich es jetzt auch noch mal im Original aussprechen –: Ich habe für mich eine Konsequenz gezogen aus dem Versuch, die Landesverwaltung zu reformieren, die Kreisverwaltungen mit zu reformieren und mit der Gemeindegebietsreform zu verbinden. Dieser Versuch hat zu einer Überkomplexität geführt, weil es bei Menschen Ängste ausgelöst hat. An dem dahinter liegenden Problem hat sich trotzdem nichts geändert, die Frage des öffentlichen Gesundheitsdienstes, die Frage der fehlenden Amtsärzte, die Frage der fehlenden Bauingenieure, die Leistungsfähigkeit der Verwaltungen, damit ein BImschG-Verfahren abgearbeitet und zeitnah erledigt werden kann. Ich war gerade in Hildburghausen, Grundsteinlegung bei Alupress – die Südtiroler Firma schwört auf Hildburghausen
und sagt, ihre Erfahrungen in Thüringen sind, dass innerhalb weniger Wochen die Voraussetzungen geschaffen werden, davon würden sie in Südtirol nur träumen. Sie hätten in Südtirol für den gleichen
Projektantrag ein Jahr mehr verbraucht, wenn sie sich mit ihrer Verwaltung auseinandergesetzt hätten. Das heißt, das sind alles unsere Vorteile, wenn sie funktionieren.
Und wenn an einer anderen Stelle – ich nenne den Namen nicht, weil ich das mal bei uns auf dem Parteitag gemacht habe und mich auch mit meinen eigenen Leuten mal richtig gestritten habe in der Frage –, wenn in unseren eigenen Reihen eine Zuständigkeit besteht und ein Betrieb von A nach B umzieht und die Mitarbeiterin im Bauamt krank ist und daran auf einmal ein ganzer Betriebsumzug zu scheitern droht, dann merkt man, dass wir in der Verwaltung etwas zu optimieren haben, etwas zu verbinden haben. Das war die Frage, die mich immer bewegt hat und warum ich dafür war, dass wir den Versuch unternehmen, die Landesverwaltung, die Kreisverwaltung im übertragenen Wirkungsbereich – und da geht es nicht um die Selbstständigkeit der Landkreise, da geht es um den übertragenen Wirkungsbereich, da geht es um Aufgaben des Landes, die zugunsten der Bürger zu erledigen sind. Und am Ende haben wir gemerkt: Das, was wir uns alles an klugen Argumenten überlegt hatten, was wir auf Parteitagen auch alles beschlossen hatten und, meine Damen und Herren von der CDU, was wir im Übrigen auch in alle Wahlprogramme geschrieben haben – also man kann den Bürgern nicht erzählen, dass wir aus heiterem Himmel, um Bürger zu ärgern, auf einmal angefangen hätten, das zu machen, sondern wir haben immer gesagt, es gibt Notwendigkeiten, den Veränderungsprozess anzugehen.
Und um das noch mal deutlich zu sagen, lieber Wolfgang Fiedler: Ich habe dazugelernt, dass man in der Überkomplexität nicht drei Sachen gleichzeitig versuchen kann, wenn dabei die Menschen, um die es geht, Angst entwickeln, wenn sie nicht wissen, dass auf einmal E-Government – und insoweit hat die Digitalisierung sehr wohl was damit zu tun – zu Verbesserungen und Bürgerservice und Bürgerfreundlichkeit führen kann, wenn die Menschen über die Elektronik auch an die Aufgabenerledigung rankommen, die notwendig ist. Also warum sollen der Reisepass und der Personalausweis nicht auch in der Gemeinde ausgegeben werden können? Warum sollte das nicht anders vorbereitet werden können? Das mit der Pkw-Zulassung haben wir auch erledigt. Und die eigentlich früher immer emotionalste Frage – auch in Thüringen – war das Autokennzeichen. Das spielt mittlerweile keine Rolle mehr. Wegen mir kann sich jeder sein Autokennzeichen malen, wenn er die gesetzlichen Vorschriften einhält, damit unsere schönen Jenoptik-Geräte auch alles gut erfassen können, falls es mal darum geht, dass bezahlt werden müsste.
Insoweit, meine Damen und Herren, wiederhole ich gern, dass wir oder dass ich persönlich sage: Eine Gebietsreform macht nur Sinn, wenn sie freiwillig untersetzt ist und auch in Zukunft freiwillig untersetzt ist. Das ändert nichts an all den Fragen, die Kollege Kuschel gerade aufgeworfen hat, nämlich die Frage der abundanten Gemeinden, die auf der einen Seite sind und sich möglicherweise noch eine Seilbahn über das Oberbecken vom Pumpspeicherwerk erlauben können und wo nebendran eine Gemeinde ist, die wir für die touristische Entwicklung und für die Bäderentwicklung, also für die Kurgäste, dringend brauchen und aufgrund der Fehler, die vor 20, 30 Jahren gemacht worden sind, bis heute leiden, weil man sein Rathaus verkauft hat an einen Hedgefonds, an Fußballer, die damit ein Schweigegeld verdient und sich hinterher alle verantwortungslos vom Platz gemacht haben.
Insoweit ist es manchmal schwierig, als Land in Verantwortungssituationen einzusteigen, wenn sich die Akteure selbst völlig anders auf den Weg machen. Das führt zu dem, was Sie gerade beschrieben haben. Deswegen wollte ich das noch mal etwas deutlicher machen – und das sage ich jetzt nicht zur Gebietsreform und nicht zur Gebietskulisse –, aber wenn ich unter touristischen Aspekten Thüringen zu entwickeln habe, dann sage ich: Das Schwarzatal muss als Ganzes entwickelt werden, weil es sich nicht danach orientiert, ob es sich an der Stadt- oder Gemeindegrenze A, B, oder C entwickelt.
Das gilt im Übrigen auch für Eisenach und den Wartburgkreis, Suhl und die Region SchmalkaldenMeiningen, das gilt im Prinzip für alle diejenigen, die sich aufmachen, in die Diskussion zu gehen. Und dann muss man auch an die Ehrlichkeit aller Beteiligten appellieren und sagen: Was wollt ihr erreichen? Geht es um den Selbstzweck des Formalen oder geht es um den inhaltlichen Prozess der Veränderung und wollen wir den gut gestalten?
Und deswegen, Wolfgang Fiedler, ich schätze die Arbeit des Urgesteins in diesem Parlament, nämlich deine Arbeit, aus all den Wirrungen vor 30 Jahren sehr und sage, dass uns da eine gewichtige Stimme in diesem Landtag in der nächsten Legislatur verloren geht, weil Zeitzeugen, die dabei waren, die ganzen Turbulenzen zu erleben, sind wichtige Menschen, die wir brauchen, um auch die Entwicklung selbst immer wieder voranzubringen, auch wenn wir an vielen Stellen unterschiedlicher Meinung sind.
Nur in einem Punkt, Wolfgang Fiedler, da kannst du dich mit deiner Nachbarin dann unterhalten, aber
die Fusion von Sonneberg und Spechtsbrunn war wohl wirklich nicht der Weisheit letzter Schluss. Nur um das mal in Erinnerung zu rufen: 20 Kilometer.
Ja, da werden Sie ganz munter. Nachher sind Sie zwischen all den Dingen gefangen gewesen, die Sie selbst vor Ort erzählt haben. 20 Kilometer auseinanderliegende Orte zu einer Einheitsgemeinde zu verbinden und sich um den Rest drum herum nicht zu kümmern, scheint mir nicht der Klugheit letzter Entscheidungsprozess zu sein.
Innenminister Georg Maier hat mich beiseitegenommen und gesagt, er traut sich zu, ein drittes Neugliederungsgesetz noch aufzunehmen. Da war es nach unserer Einschätzung fast nicht mehr möglich, dass wir es hinbekommen. Georg Maier sagte, wenn wir alle hochkonzentriert arbeiten, dann schaffen wir das. Deswegen, lieber Georg Maier, will ich ausdrücklich Danke sagen.
Wir haben die Kraft gehabt, das dritte Gemeindeneugliederungsgesetz auf den Weg zu bringen. In der Situation, wo wir es entschieden haben, hat uns nicht jeder geglaubt und nicht jeder war der Meinung, dass wir es schaffen. Da habe ich gesagt: Und wenn wir nur fünf schaffen. Und was haben wir jetzt? Eine Debatte, die sich in die richtige Richtung bewegt mit all den Irrungen und Wirrungen, die im Detail dabei sind.