Protokoll der Sitzung vom 23.02.2018

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf sie herzlich zu unserer heutigen Plenarsitzung begrüßen. Als Schriftführerin hat neben mir Frau Abgeordnete Rosin Platz genommen. Frau Abgeordnete Mühlbauer ist gerade nicht da.

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Emde, Herr Abgeordneter Fiedler, Herr Abgeordneter Gentele, Frau Abgeordnete Hennig-Wellsow, Frau Abgeordnete Dr. MartinGehl, Frau Abgeordnete Muhsal, Frau Abgeordnete Tasch, Herr Abgeordneter Wirkner und Herr Abgeordneter Kobelt.

Ich darf zur Tagesordnung darauf hinweisen, dass zu TOP 8, Antrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Drucksache 6/4820 – Neufassung –, eine Neufassung des Alternativantrags der Fraktion der CDU in Drucksache 6/4871 verteilt worden ist.

Die Landesregierung hat mitgeteilt, zu TOP 13 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 der Geschäftsordnung Gebrauch zu machen.

Ich frage, ob es Wünsche zur Tagesordnung gibt. Das ist erkennbar nicht der Fall.

Verabredungsgemäß rufe ich die Tagesordnungspunkte 8 und 16 gemeinsam auf

Rentenlücken schließen und Rentengerechtigkeit zeitnah schaffen!

Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/4820 - Neufassung dazu: Lebensleistung anerkennen und Vereinbarungen des Koalitionsvertrags zwischen CDU, CSU und SPD zügig umsetzen – Rente für alle Bürger in Thüringen als nachhaltige und gute Altersversorgung weiterentwickeln Alternativantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/4871 Neufassung

dazu: Rente im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft weiterentwickeln – Mut zur Wiederherstellung von Würde und Gerechtigkeit im deutschen Rentensystem jetzt! Alternativantrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/5319

Einrichtung eines Entschädigungsfonds für in der DDR geschiedene Frauen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/5314 dazu: Renten-Diskriminierung zügig beenden – Rentenlösung für in der DDR geschiedene Frauen einrichten Alternativantrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/5337

Ich frage zunächst zu Tagesordnungspunkt 8, ob einer der Antragsteller das Wort zur Begründung wünscht. Das ist der Fall. Bitte, Frau Stange.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Gäste! Der Antrag der rot-rot-grünen Fraktionen „Rentenlücken schließen und Rentengerechtigkeit zeitnah schaffen!“ könnte auch den Titel „Altersarmut muss verhindert werden“ oder „Rente muss zum Leben reichen“ haben.

(Beifall DIE LINKE)

Der Aufschrei der Sozialverbände, der Gewerkschaften, der Parität, der Betroffenenorganisationen in den letzten Jahren ist leider nicht leiser geworden. Immer wieder wurde darauf aufmerksam ge

macht, dass Altersarmut entscheidend wächst. Das – so denken wir gemeinsam – ist eine Schande. Der Vorsitzende der Seniorenvertretung des Deutschen Beamtenbunds, Wolfgang Speck, sagte am 7. November letzten Jahres: Altersarmut ist eines der größten individuellen Zukunftsprobleme. – Dem ist leider nichts hinzuzufügen.

(Beifall DIE LINKE)

Nach der OECD-Studie „Ungleichheit im Alter vermeiden“ wurde festgestellt: In keinem der OECDLänder ist der sogenannte Gender Pay Gap, also der Einkommensunterschied zwischen den Alterseinkünften zwischen Männern und Frauen, größer als in Deutschland – eine Schande an der Stelle.

(Beifall DIE LINKE)

Werte Kolleginnen und Kollegen, im November letzten Jahres titelten einige Thüringer Zeitungen Folgendes: Die Brüche im Arbeitsleben vieler Menschen nach der Wende sorgen für Altersarmut. Dafür macht sich die Parität in Thüringen genauso wie wir als Rot-Rot-Grün stark, dass genau diese Problematik beseitigt wird. Es ist noch einmal hervorgehoben worden, dass vor allem Männer perspektivisch von Altersarmut betroffen sein werden. Wir haben in unserem Antrag, der Ihnen heute zur Diskussion vorliegt, noch einmal gefordert, die Landesregierung möge sich dafür einsetzen, dass es zu einer noch zügigeren Angleichung der Renten Ost und West kommt, dass die Überführungslücken, die es schon seit 28 Jahren in der Rente gibt, endlich geschlossen werden und dass unter anderem auch die in der DDR-geschiedenen Frauen eine angemessene Rente erhalten.

Wie bereits erwähnt, war das alles schon in unserem Antrag vom November letzten Jahres formuliert. Wir haben Ihnen mit Datum von vorgestern eine Neufassung unseres Antrags vorgelegt, in der wir uns explizit auf die in der DDR Geschiedenen konzentrieren. Sie wissen alle – das ist nichts Neues –, dass diese Problematik seit 25, 26 Jahren in den unterschiedlichsten Landtagen diskutiert wird. Wir haben uns also vor allem bei den Frauen zu bedanken, die sich aufgemacht haben zu klagen. Sie sind mit den Vereinen der in der DDR Geschiedenen losgegangen und haben vor dem UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung aus diesem Politikfeld „DDR-Geschiedene“ geklagt. Der Ausschuss äußerte erhebliche Besorgnis darüber, dass die Diskriminierung in der Bundesrepublik Deutschland immer noch bestehe, und hat sie aufgefordert, einen entsprechenden Ausgleich vorzulegen. Dieser ist bis heute nicht erfolgt. Eine Vielzahl von Änderungen und Anträgen war in den letzten Bundestagskoalitionsfraktionen, aber auch in der Bundestagsdebatte immer wieder Punkt der Diskussion. Leider hat sich bis heute nichts geändert.

Also haben wir als Rot-Rot-Grün noch einmal diese Thematik der in der DDR Geschiedenen mit in unseren Antrag aufgenommen, um nach dem Antrag von Brandenburg hier gemeinsam die Kräfte zu bündeln und uns gemeinsam als rot-rot-grüne Landesregierung auch im Bund dafür einzusetzen, dass endlich das Thema eines Fonds auf den Weg gebracht wird, um die in der DDR Geschiedenen in der Rente besserzustellen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann Sie nur bitten, werte Kolleginnen und Kollegen: Nehmen Sie gemeinsam unser Angebot an – da gucke ich auch die CDU-Fraktion an –, stimmen Sie unserem Antrag mit zu! Dann kommt ein positives gemeinsames Signal aus Thüringen im Bundestag an. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Nun kommen wir zur Begründung des CDU-Alternativantrags. Herr Abgeordneter Thamm, dazu haben Sie das Wort. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste! „Rentenlücken schließen und Rentengerechtigkeit zeitnah schaffen“, unser Alternativantrag dazu: „Lebensleistung anerkennen und Vereinbarungen des Koalitionsvertrags zwischen CDU, CSU und SPD zügig umsetzen – Renten für alle Bürger in Thüringen als nachhaltige und gute Altersvorsorge weiterentwickeln.“

Sehr geehrte Kollegen, die Rente ist der Lohn für die Lebensleistung eines Menschen. Menschen, die viele Jahre gearbeitet haben und/oder Angehörige gepflegt und Kinder großgezogen haben, sollen einen Anspruch auf eine auskömmliche Rente über dem Niveau der Grundsicherung haben. Während ein großer Teil der jetzigen Rentengeneration finanziell noch gut ausgestattet ist und seinen verdienten Ruhestand gestalten kann, wird sich die demografische Entwicklung in unserem Land negativ für die kommenden Generationen auswirken. Immer weniger Arbeitnehmer müssen immer mehr Rentenzahlungen finanzieren.

Hier besteht dringend Handlungsbedarf, um auch für die kommenden Generationen einen Mindestlebensstandard nach dem Arbeitsleben sicherzustellen. Die Koalitionsverhandlungen haben dazu in den vergangenen Wochen den Grundstein gelegt und aufgezeigt, wie dies möglich werden kann. Dabei sollen künftig die Lebenssituationen der Einzelnen mehr Berücksichtigung finden. Das soll Le

(Abg. Stange)

benswege, die durch Krankheit gekennzeichnet sind, genauso betreffen wie gebrochene Erwerbsbiografien. Gerade bei uns in Thüringen spielen die gebrochenen Erwerbsbiografien eine wichtige Rolle. Hier geht es beispielsweise um Menschen, die vor 28 Jahren ihren Arbeitsplatz verloren und mit Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen oder ähnlichen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zwar Leistungen für die Gesellschaft erbracht, aber keine oder nicht ausreichend Rentenansprüche erworben haben. Verbesserungen der Erwerbsminderungsrente, aber auch Freibeträge und Schonvermögen – all das soll Eingang in die zukünftige Rente finden bzw. berücksichtigt werden.

Ein weiterer Schwerpunkt soll die Stärkung der weiteren Säulen der Renten sein. So muss neben der Verlässlichkeit der staatlichen Rente auch die Betriebsrente und die private Vorsorge gestärkt werden bzw. Vertrauensschutz genießen. Gerade in den neuen Bundesländern besteht auf diesem Gebiet noch dringend Nachholbedarf.

Außerdem dürfen Menschen am Ende nicht durch Minderung der Rente dafür bestraft werden, dass sie sich über viele Jahre Rücklagen für das Alter abgespart haben. Auch das freiwillige Arbeiten über das Rentenalter hinaus soll mit der Flexi-Rente weiterentwickelt werden, sodass diejenigen, die gern weiter arbeiten möchten und an vielen Stellen auch als unverzichtbare Fachkräfte benötigt werden, dies auch ohne Nachteile tun können.

Und nicht zuletzt soll auch der soziale Schutz von Selbstständigen ein Schwerpunkt im Alter sein. Dies muss näher beleuchtet und verbessert werden, damit beispielsweise derjenige, der über einen langen Zeitraum oder gar sein Leben lang anderen Arbeit und damit ein auskömmliches Einkommen gegeben hat, am Ende seiner Berufstätigkeit selbst ein sicheres und auskömmliches Einkommen, sprich Rente, hat.

Bei diesen wichtigen Punkten, meine Damen und Herren, dürfen wir aber auch den Ausgleich zwischen den Generationen nicht aus den Augen verlieren. Hier müssen die Interessen und die Belastungen aller Beteiligten, alt wie jung, berücksichtigt werden. Nur so kann ein breiter gesellschaftlicher Konsens gefunden und ein sicheres und solides Rentensystem gewährleistet werden.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, dies sind nur einige wenige Punkte, die im Koalitionsvertrag beschrieben sind und gemeinsam umgesetzt werden sollen. Lassen Sie uns gemeinsam über diese sprechen, nicht nur für die heutigen Rentnerinnen und Rentner, sondern auch für die zukünftigen Rentengenerationen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, bedauerlicherweise haben Sie vorgestern mehrheitlich beschlossen, gemeinsam mit diesem Tagesordnungs

punkt auch die Problematik der zu DDR-Zeiten geschiedenen Frauen zu beraten.

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Das gehört doch wohl zusammen!)

Wir als CDU-Fraktion hätten diesen Tagesordnungspunkt als wichtig genug befunden, ihn separat zu behandeln.

(Beifall CDU)

Damit wäre diesen Frauen ein Zeichen gegeben, dass wir ihr Problem erkannt haben

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und ihnen auch die nötige Aufmerksamkeit schenken. Wenn wir über die Angleichung der Renten in Ost- und Westdeutschland reden, dürfen wir auch diese Personengruppe nicht vergessen. Wir sollten den betroffenen Frauen deutlich zeigen, dass wir gewillt sind, nach Lösungen zu suchen.

Dass die Gruppe der zu DDR-Zeiten geschiedenen Frauen und eine eventuell zustehende Versorgungsangleichung im Rentenüberleitungsgesetz von 1992 nicht berücksichtigt wurde, heißt nicht, dass die circa 300.000 betroffenen Frauen im Osten auch weiterhin bei der Rentenberechnung gegenüber den in den Altbundesländern geschiedenen Frauen benachteiligt werden dürfen.

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Da freue ich mich, dass Sie das gemerkt haben!)

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: End- lich ist es bei der CDU angekommen!)

Vielmehr gilt es auch an dieser Stelle, zeitnah für eine Angleichung zu sorgen.

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: 28 Jahre hat es gedauert!)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns in diesem Sinne gemeinsam über dieses Thema debattieren, um Lösungen für die Betroffenen aufzuzeigen und entsprechende Stellen zu unterstützen und dies voranzutreiben. Danke.

(Beifall CDU)

Danke schön. Jetzt kommen wir zur AfD-Fraktion. Wünscht die Fraktion die Begründung ihres Antrags? Das ist nicht der Fall.