Wenn Sie am Mittwoch zum parlamentarischen Abend des Handwerks gewesen sein sollten – ich weiß es nicht, ich habe die vielen Leute nicht im Kopf –, haben Sie doch die Forderungen bzw. Anregungen des Handwerks an die Politik gehört. Da ging es also nicht um einen Eingriff in die Tarifautonomie, es ging um eine zusätzliche Unterstützung der Auszubildenden. So viel dazu!
Noch etwas: Ich habe aus ebenfalls sozialen Gründen in der DDR kein Stipendium gekriegt, bis ich dann geheiratet habe. Da ich in Berlin studiert habe, habe ich glücklicherweise 140 Ostmark im Monat bekommen. Was haben wir alle gemacht? Wir haben gearbeitet – Landwirtschaft, Bau, sonst wie.
Ich komme aus Weimar, Frau Henfling, da gibt es jedes Jahr über 800 neue Studenten. Gucken Sie sich in der Gastronomie um, gucken Sie sich im Scheingewerbe um, gucken Sie sich in Architekturbüros um, wo die Studenten für einen Hungerlohn an der CAD-Station sitzen. Die machen das alle – die einen brauchen es zum Lebensunterhalt, die anderen brauchen es für die Kneipe. So viel bloß als Beispiel. Ich bitte, das mal zur Kenntnis zu nehmen,
dass ich also Bescheid weiß über eine Tarifautonomie und dass unser Bestreben dahin gehen muss, den Auszubildenden, egal aus welcher sozialen Schicht sie kommen, etwas zugutekommen zu lassen. Das war mein Anliegen. Danke.
Also, Herr Rietschel, Sie können gern mit Ihren Geschichten von anno Piefke kommen, das nützt uns aber in der Debatte nichts.
Und, Herr Voigt, es mag sein, dass es schön ist, wenn Studierende arbeiten gehen. Ich habe neben meinem Studium zwischenzeitlich vier Jobs gemacht, um in Köln über die Runden zu kommen. Ich glaube nicht, dass Sie wissen, was es heißt, in manchen Städten heutzutage zu studieren, und wie hoch da die Lebenshaltungskosten sind – Punkt 1.
Punkt 2: Es gibt Städte, in denen kann man zwar studieren, aber da gibt es keine Jobs, zum Beispiel Ilmenau. Es ist nämlich in Ilmenau relativ schwierig, neben dem Studium einen Job zu bekommen. Aber die Lebenshaltungskosten steigen dort trotzdem.
Was ich sagen will: Niemand von uns will eine Alimentierung, was ich übrigens auch schon für einen schwierigen Begriff halte, weil
das BAföG zurückgezahlt wird. Die Leute verschulden sich in ihrem Studium, um am Ende einen Studienabschluss zu haben. Das ist übrigens ein Unterschied zu Auszubildenden. Ich finde es unterirdisch, wie Sie hier Auszubildende gegen Studierende ausspielen wollen
und so tun, als würden wir nicht beide Gruppierungen wichtig finden. Diese Koalition setzt sich genauso für Auszubildende ein wie für Studierende. Es ist einfach unredlich, hier zu behaupten, es wäre nicht so.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht nicht um eine Vollalimentierung, sondern es geht darum, es für alle Menschen zu ermöglichen, ein Studium aufzunehmen, nämlich tatsächlich nach ihrem Können und nicht nach ihrem Elternhaus.
Herr Voigt, da tut es mir leid, da haben Sie auch mit Ihrer Reform an dieser Stelle nicht wirklich ernsthaft etwas geschafft. Ich finde das sehr von oben herab, wie Sie hier über Studierende sprechen: Die wollen keine 30 Seiten lesen – keine Ahnung, an Ihrer Quadriga vielleicht nicht.
Also ich kenne Studierende, die sich ganz viel einsetzen und die hart für ihr Studium kämpfen und dafür arbeiten. Das einfach hier so abzukanzeln, ist wirklich unterirdisch.
Ich habe jetzt keine weiteren Wortmeldungen von Kollegen, sodass ich jetzt Herrn Staatssekretär Hoppe für die Landesregierung das Wort gebe. Danke schön.
Bei solchen Initiativen muss man ja zwei Fragen klären: erstens das Ob und zweitens das Wann. Die Frage nach dem Ob ist eigentlich rhetorischer Natur, denn schon der Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2014 sieht diese Initiative vor, sodass wir gut beraten sind, sie auch umzusetzen. Aber auch von der Sache her gesehen ist es geboten, eine Reform des BAföG hier zu initiieren. Es sind die wichtigsten Schlagworte genannt worden – egal, ob es die Fördersätze sind, die Elternfreibeträge, deren Dynamisierung, die stärkere Beteiligung von Nichtakademikerkindern bis hin zur Trendumkehr bei der BAföGFörderung, sei es bei der geförderten Zahl oder auch bei der geförderten Quote. Letzteres ist übrigens auch aus Thüringer Sicht besonders wichtig, denn wir liegen mit 31 Prozent deutlich über der bundesweiten Quote von 22 Prozent. Mit anderen Worten: Wir profitieren in Thüringen vom BAföG ganz besonders. Deshalb ist es auch wirklich irreführend, so zu tun, als seien wir bei der BAföG-Förderung Schlusslicht oder dergleichen. Im Gegenteil, wir gehören zur Spitzengruppe und wir sollten solche Diskussionen nicht nutzen, um das Land im Allgemeinen und die Thüringer Hochschulen und ihre Studierenden schlechtzureden.
Das gilt übrigens nicht nur beim BAföG, sondern auch bei der Landesfinanzierung der Hochschulen. Wenn wir überlegen, dass wir 2016 bis 2019 unseren Hochschulen in der Grundfinanzierung jedes Jahr 4 Prozent oben draufpacken, also gerundet jedes Jahr 16 Millionen on top, wie kann man denn dann eine Diskussion um einmalig 200.000 Euro anführen, die dann tatsächlich nur 32.000 Euro sind? Auch das, meine Damen und Herren, gehört in die Kategorie Schlechtreden des Landes und unserer Hochschulen. Und, meine Damen und Herren, das verbietet sich doch hier.
Auch der Punkt, Studierende gegen Azubis und vice versa auszuspielen, ist von Frau Henfling schon aufgegriffen und zu Recht zurückgewiesen worden. Denn wir sind doch gut beraten, wenn es richtig ist, dass unser Kapital unsere Köpfe sind, in genau dieselben zu investieren. Und wenn wir das ernst meinen, dann dürfen wir nicht die einen gegen die anderen ausspielen. Deshalb ist auch der immer wieder zitierte Spruch „mehr Meister als Master“ verkehrt, es muss heißen: Wir brauchen mehr Meister und mehr Master.
Bleibt nur noch die zweite Frage, nämlich des Zeitpunkts. Der Zeitpunkt ist heute, hier und jetzt ein
optimaler, um nicht zu sagen ein perfekter Zeitpunkt. Dazu gibt es zwei Gründe: Erstens – das ist schon berichtet worden –, der 21. Bericht der Bundesregierung zum BAföG ist im Dezember im Bundestag vorgelegt worden und jetzt im Februar 2018 im Bundesrat. Dort ist zu Recht Bilanz gezogen worden über die Änderungen, die im August bzw. Oktober 2016 beschlossen wurden und umgesetzt worden sind. Und es ist die erste und beste Gelegenheit gewesen, ein Zwischenfazit zu ziehen, was sich verbessert hat. Eine Fülle. Aber was ist offengeblieben und wo müssen wir weitere Verbesserungen vorsehen? Das ist, wenn man so will, die notwendige Voraussetzung.
Der zweite Punkt ist eine hinreichende Bedingung, nämlich dann, wenn es zur Großen Koalition im Bund kommt, egal wie man dazu steht, gibt es für das BAföG in der Tat 1 Milliarde Euro obendrauf. Und wir sind gut beraten als Land Thüringen, hier und jetzt und heute zu sagen, was wir denn mit dieser 1 Milliarde Euro verbessern wollen. Deshalb ist dieser Antrag auch zum genau richtigen Zeitpunkt gestellt worden.
Und weil das so ist, meine Damen und Herren, kann ich Ihnen heute in Aussicht stellen, dass wir voraussichtlich schon im März dieses Jahres, also in wenigen Tagen und Wochen, diese Bundesratsinitiative mit verschiedenen Ländern auf den Weg bringen werden. Wir sind in konkreten Gesprächen mit Berlin und ich bin mir sicher, dass wir das, was heute voraussichtlich hier im Thüringer Landtag beschlossen wird, sehr zeitnah dann auf die Bundesebene bringen können und dass wir sehr schnell, wenn die Große Koalition in Berlin ihre Arbeit aufnimmt, dann auch beim BAföG zu Verbesserungen kommen. Vielen Dank.
Sehr schön, weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag. Wer für den Antrag der Koalitionsfraktionen ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? Aus der CDU-Fraktion und der AfD-Fraktion. Damit mit Mehrheit angenommen.
Ich schließe damit diesen Tagesordnungspunkt, darf darauf hinweisen, dass die nächsten Plenarsitzungen am 20., 21. und 22. März stattfinden. Beachten Sie bitte, dass ausnahmsweise die erste Plenarsitzung nicht am Mittwoch, sondern am Dienstag stattfindet. Ich wünsche Ihnen allen ein schönes Wochenende und einen guten Heimweg!