Madeleine Henfling
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Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mich ganz herzlich bei der Kollegin Katharina König-Preuss bedanken, weil Sie im Wesentlichen schon alles gesagt hat. Was mich als Vertreterin der Grünen-Fraktion aber noch einmal nach vorn getrieben hat, ist, dass ich hier noch einmal klarstellen muss, dass wir heute Morgen durch Prof. Hoff umfänglich informiert worden sind, dass ich es wirklich sehr, sehr schwierig finde, was die
CDU hier heute macht. Sie hätten gut daran getan, wenn Sie nach der Ausschusssitzung heute Morgen den Antrag für dieses Plenum zurückgezogen hätten. Das wäre aus meiner Sicht die richtige Konsequenz gewesen. Sie ziehen hier gerade etwas in die Öffentlichkeit, was wirklich unwürdig ist und was vor allen Dingen der Stiftung und damit auch einer wichtigen Arbeit in Thüringen schadet.
Ich möchte mich deshalb hier auch noch einmal ganz herzlich bei Prof. Hoff für die Informationen heute Morgen bedanken. Ich möchte aber auch vor allen Dingen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora meinen Dank für ihre gute Arbeit in den letzten Jahren aussprechen. Ich möchte ihnen versichern, dass wir als Parlament und als Fraktion auch in den nächsten Jahren alles dafür tun werden, dass diese Stiftung gut arbeiten kann. Dazu gehört es aus meiner Sicht, dafür zu sorgen, dass die Stiftung im nächsten Jahr den 75. Jahrestag der Befreiung gut begehen kann. Dazu gehört es aus meiner Sicht auch, dafür zu sorgen, dass die Organisationsentwicklung und die Überleitung in der Leitungsposition gut funktionieren. Was dabei nicht hilft, sind die Artikel im „Spiegel“ und diese Befassung hier im Plenum.
Die Fragen zu der Entlassung des Kollegen aus der Gedenkstätte Mittelbau-Dora sind Fragen, mit denen sich ein Arbeitsgericht zurzeit befasst. Ich finde, sie gehören hier schlicht und ergreifend nicht hin. Ich finde es auch schwierig, dass hier gegen jeden Schutz einer einzelnen Person gehandelt wird. Das muss sich die CDU hier ins Stammbuch schreiben lassen, dass sie hier gerade dafür sorgt, dass vielleicht auch jemand beschädigt wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mir bleibt nur zu hoffen, dass die Stiftung aus dieser Geschichte gut rauskommt. Ich glaube, wir sollten hier alles dafür tun, dass das so ist. Ich würde mir wünschen, dass wir zu einer sachlichen Ebene zurückkommen, in der wir uns tatsächlich damit beschäftigen, was der Stiftung und damit auch ihrer Arbeit guttut. Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Präsidentin! Ich freue mich ganz besonders, heute hier auf der Tribüne die Gäste begrüßen zu dürfen. Es ist wirklich gut, dass Sie da sind.
Ich weiß, dass es vielen von Ihnen nach der langen Zeit sicherlich nicht leicht fällt hier zu sein, umso wichtiger finde ich es, dass Sie unsere Arbeit begleiten und dass Sie sozusagen auch einen offenen Blick auf das haben, was wir heute hier machen.
Wir haben als Grüne häufiger das Problem, dass wir nach der AfD sprechen müssen, vielleicht ist es aber heute auch kein Problem, sondern vielleicht ist es gut, dass wir heute nach der AfD sprechen, weil hier ein paar Sachen klargestellt werden können.
Ich kann das mit meiner begrenzten Redezeit auch nur begrenzt tun, aber ich will Ihnen sagen: Lesen Sie diesen Abschlussbericht, glauben Sie nicht den Verschwörungstheorien, die die AfD hier in den Raum geworfen hat.
Eisenach-Stregda ist aus unserer Sicht in weiten Teilen aufgeklärt. Es gibt keine Frage, welche Waffe zuerst gefunden wurde. Das haben wir ausführlich behandelt. Sie – die AfD-Fraktion – haben keinen einzigen Antrag zu dem Komplex Eisenach-Stregda gestellt. Sie haben geglänzt in diesem Ausschuss durch körperliche Anwesenheit, manchmal nicht mal das. Also von daher bitte ich wirklich alle Anwesenden, das hier tatsächlich nicht ernst zu nehmen. Die AfD hat es vor allen Dingen geschafft, von der Seite des Fatalisten zu zitieren, und Sie können sich vorstellen, dass einige Protokolle sicherlich nicht über die demokratischen Fraktionen unter anderem auf dieser Seite gelandet sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Komplex Eisenach-Stregda dient nicht mehr für Verschwörungstheorien und das zeigt das sehr umfassende Papier, was wir hier vorgelegt haben.
Es bleibt außer Frage, dass hier Fehler passiert sind und dass hier Menschen falsche Entscheidungen getroffen haben. Was aber nicht passiert ist, ist, dass der Staat hier in einer großen Verschwörungstheorie Neonazis ermordet hat und dann versucht hat, das zu verschleiern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte auch ganz hart zurückweisen, dass es hier eine Verharmlosung von Rechtsterrorismus gibt. Ich ertrage es wirklich schwer, wenn Sie sich hier hinstellen und sozusagen auf einmal anfangen, von Islamismus zu sprechen. Was hat das hier zu suchen, frage ich mich.
Was hat das hier zu suchen? Außer dem Versuch der AfD, schon wieder Rechtsterrorismus und Neonazismus in diesem Land zu verharmlosen. Und warum machen sie das? Weil sie sich mit denen gemein machen, das ist der Punkt.
Deswegen hat die Kollegin König-Preuss an der Stelle auch recht:
Ihre Inhalte und Ihr Rassismus, die gehören in dieser Gesellschaft geächtet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir alle erinnern uns an den 4. November 2011. Ich weiß noch sehr genau, was ich an diesem Tag gemacht habe. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hätte mir nicht vorstellen können, dass wir uns heute in dieser Form mit diesem Tag beschäftigen. Das brennende Wohnmobil und die Fahndungsbilder von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe sind uns alle in Erinnerung und alle von uns kennen das Paulchen-Panther-Video. Das über Jahre Ungesehene und Unaufgeklärte ist das, was wir versucht haben, hier ein Stück weit zu erhellen. Ich kann mich den Kolleginnen gut anschließen: Wir haben viel dafür getan, die Aufklärung voranzutreiben, aber wir sind hier unseren eigenen Ansprüchen nicht gerecht geworden. Das liegt nicht in erster Linie daran, dass uns das Innenministerium einen Teil von Akten nicht zur Verfügung gestellt hat. Das liegt auch viel daran, dass Leute nicht reden und dass natürlich bestimmte Dinge einfach auch in Akten nicht stehen, sondern dass Menschen sich dazu äußern müssen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sprengstoffanschläge in Nürnberg, in Köln in der Probsteigasse und der Keupstraße, die 15 Raubüberfälle und die zehn Morde an Enver Şimşek, an Abdurrahim Özüdoğru, an Süleyman Taşköprü, an Habil Kılıç, an Mehmet Turgut, an İsmail Yaşar, an Theodoros Boulgarides, an Mehmet Kubaşık, an Halit Yozgat und an Michèle Kiesewetter dürfen wir nicht vergessen.
Als Abgeordnete des Thüringer Landtags und auch im Namen meiner Fraktion möchte ich gerade den Angehörigen, die heute hier sind, und auch den Betroffenen noch mal ganz ausdrücklich mein Bedauern ausdrücken.
Wir können das, was passiert ist, nicht ungeschehen machen, aber unsere Pflicht ist es, alles zu tun, um für Aufklärung zu sorgen. Wir müssen dranbleiben und wir müssen geschehene Ungerechtigkeiten klarmachen.
Wieso haben wir uns also für einen zweiten Untersuchungsausschuss entschieden? Die Kolleginnen und Kollegen haben das hier schon ausgeführt, der erste Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss hatte eine sehr gute Arbeit geleistet in sehr kurzer Zeit, auch für viel Aufklärung gesorgt. Da aber dieser Ausschuss nicht zum Abschluss gekommen ist und viele Fragen noch offengeblieben sind, wurde am Anfang dieser Legislaturperiode dieser Untersuchungsausschuss „Rechtsterrorismus und Behördenhandeln“ eingesetzt. So haben wir versucht, unserer Aufgabe als Parlamentarierinnen und Parlamentarier nachzukommen. Im Untersuchungsausschuss haben wir uns vor allem mit vier Themenkomplexen auseinandergesetzt, auch das haben die Kolleginnen hier schon gesagt: Der Komplex Eisenach-Stregda, das NSU-Netzwerk bzw. das Umfeld, die Verflechtung von extrem Rechten und der organisierten Kriminalität. Mit den Thüringer Ermittlungsansätzen zum Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter haben wir uns ganz zuletzt beschäftigt.
Wenn wir unsere Erkenntnisse zusammenfassen und auf wesentliche Punkte reduzieren, dann bleiben für mich drei Stichpunkte, die unsere Aufklärungsarbeit begleitet haben: Das sind der mangelnde sachgerechte Umgang von Teilen der Sicherheitsbehörden, der Mangel an Sach- und Fachkenntnissen von Teilen von Sicherheitsbehörden und der Schleier des Vergessens, den einige Zeuginnen und Zeugen vor allen Dingen über die Sache legen wollten.
Als Beispiel sei hier die Fotokamera der Berufsfeuerwehr genannt, die von den polizeilichen Einsatzermittlern beschlagnahmt wurde, obwohl solch ein Vorgehen nicht begründet und notwendig war, oder dass der Einsatzleiter mit einer Gartenharke im Wohnmobil offensichtlich herumgestochert hat. Sichtbar waren auf den Bildern Anhaftungen von Blut an der Gartenharke. Ob das Wohnmobil vom Tatort weggebracht werden musste, konnte nicht nachvollziehbar erläutert werden. Zwar wurde ein Zelt vom Technischen Hilfswerk angefordert, allerdings wurde dieses nach rund einer halben Stunde wieder abbestellt. Der Abtransport des Wohnmobils fand gegen den Willen und gegen Bedenken der Tatortgruppe statt. Ungewöhnlich war auch das Verbringen der zwei Leichen im Wohnmobil in die Garage, wo die Tatortarbeit durchgeführt werden sollte. Keiner der angehörten Zeugen erinnert sich an solch einen Vorgang in seiner Berufslaufbahn. Man hat in Kauf genommen, dass damit Beweismittel unbrauchbar werden. Es wurden zwar vom sogenannten NSU-Prozess fünf Personen angeklagt und verurteilt, aber aus den Erkenntnissen des Thüringer Untersuchungsausschusses kommen wir
zur Feststellung, dass das Kerntrio ein Netzwerk von Unterstützerinnen und Unterstützern hatte, ja, ein Netzwerk von militanten Neonazis. Aus den uns vorliegenden Akten und den detailreichen Erörterungen von sachverständigen Zeuginnen und Zeugen können wir davon ausgehen, dass das Unterstützernetzwerk aus mehreren Dutzend Personen bestand.
Im Untersuchungsausschuss haben wir festgestellt: Hätten die Sicherheitsbehörden in Thüringen – aber nicht nur in Thüringen – bereits 1998 und 1999 den vorliegenden Informationen zu dem untergetauchten Kerntrio auch die erforderlichen Maßnahmen folgen lassen, dann hätte möglicherweise die Mordserie des NSU verhindert werden können,
weil Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gefasst worden wären. Es ist davon auszugehen, dass das Kerntrio auch gut in andere Bundesländer vernetzt war. Das haben uns die Sachverständigen veranschaulicht. Nur so lassen sich die Tatorte der Morde und Sprengstoffanschläge Thüringer Täterinnen begründen. Wir haben auch beispielhaft an dem Bordell „Blue Velvet“, das mit Geld aus einem Auftragsraubüberfall auf einen Geldtransporter, beauftragt durch Neonazis, erworben wurde, gesehen, dass auch der Phänomenbereich der organisierten Kriminalität und Rechtsextremismus verflochten sind. Rechtsextreme haben sich in diesem Zusammenhang mit Autoschieberei und Menschenschmuggel beschäftigt. Teile der Sicherheitsbehörden haben bei solchen Phänomenmischformen in Schubladen gedacht – das hat die Kollegin Pelke vorhin auch ausgeführt – und den rechtsextremen Hintergrund übersehen bzw. ausgeblendet. Häufig war es so, wenn Neonazis in der organisierten Kriminalität aufgetaucht sind, dass der Verfassungsschutz dann gesagt hat, na ja, dann sind das keine Neonazis mehr. Da fragt man sich natürlich: Wie kann man zu solch einer Erkenntnis kommen?
Ermittlungsansätze zur organisierten Kriminalität spielten auch bei den Ermittlungen um die aus Thüringen kommende Polizistin Michèle Kiesewetter eine Rolle. Michèle Kiesewetter wurde am 25. April 2007 in Heilbronn erschossen. Sie machte mit ihrem Kollegen Martin A. im Streifenwagen neben einem Trafohäuschen auf der Theresienwiese eine Pause, als Bewaffnete von hinten den Polizisten lebensgefährlich verletzten und die Polizistin erschossen. Die Täter entwendeten ihren Opfern Dienstwaffen, Handschellen und weitere polizeiliche Gegenstände. Wenig glaubhaft ist für mich das Tatmotiv: Besitzergreifen von Polizeiwaffen. Das ist der Versuch, das zu erklären, aber ich glaube, dass
das nicht das einzige Tatmotiv sein kann. Selbst die Angeklagte Beate Zschäpe zweifelte ja – nicht dass ich dem viel zumesse – das vorgegebene Motiv der zwei Rechtsterroristen vor Gericht an. Weil die Polizistin und das NSU-Kerntrio aus Thüringen kommen, haben wir uns im Untersuchungsausschuss gefragt, ob es in irgendeiner Form Motive gibt, die den Mord an Michèle Kiesewetter erklären.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dabei sind wir auch nicht zum Ende gekommen. Eine Sache möchte ich hier aber nicht unerwähnt lassen. Aus den uns vorliegenden Akten war nicht ersichtlich, ob beispielsweise auch die Staatsschutztätigkeiten des Onkels von Michèle Kiesewetter betrachtet wurden. Hier hätte man unserer Ansicht nach untersuchen müssen, ob der Onkel von Michèle Kiesewetter, der hier in Thüringen beim Staatsschutz tätig war, gegen den Personenkreis um den Thüringer Heimatschutz oder die extrem rechte Szene ermittelt hat und ob sich so Ermittlungsansätze ergeben könnten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus unserer Arbeit im Untersuchungsausschuss haben wir einige Empfehlungen herausgearbeitet, auf die ich noch ganz kurz eingehen möchte. Einmal sollen die Unterlagen, die dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung stehen, dem Staatsarchiv zugeführt werden. Das ist ein gemeinsamer Beschluss, den wir hier gefasst haben. Ich habe vorhin nicht so ganz verstanden, Herr Kellner, warum Sie unserem Entschließungsantrag nicht zustimmen können, denn nichts anderes steht auch in diesem Entschließungsantrag drin. Die Empfehlung zu einem NSUArchiv haben wir gemeinsam beschlossen und der Entschließungsantrag widerspricht dem nicht. Deswegen müssen Sie mir vielleicht noch mal erklären, wie die CDU zu der Erkenntnis kommt, dass wir das nicht brauchen.
Eine unserer wichtigsten Feststellungen – auch das ist heute gesagt worden – ist, dass menschliche Quellen der Polizei, also V-Männer und -Frauen, die von der Polizei geführt werden, keiner parlamentarischen Kontrolle unterliegen. Das ist nicht nur ein Problem in Thüringen. Das ist auch in anderen Bundesländern und sicherlich auch beim Bund ein Problem. Die Kollegin Marx hat es aber deutlich gesagt: Es darf in einem demokratischen Rechtsstaat keine kontrollfreien Räume geben. Deswegen müssen wir dafür eine Lösung finden und darüber diskutieren, wie das geregelt werden kann.
Wir wollen die Zivilgesellschaft stärken. Wir wollen, dass die Zivilgesellschaft denjenigen zur Seite
steht, die von Rassismus betroffen sind, denjenigen zur Seite steht, die sich in diesem Land gegen Rechtsextremismus stemmen.
Deswegen wollen wir eine Finanzierung insbesondere all der Organisationen, die sich damit beschäftigen. Wir wollen eine neue Fehlerkultur bei der Polizei etablieren, die dazu führt, dass solche Fehler, wie sie im NSU-Komplex gemacht wurden, nicht wieder passieren können.
Ich habe noch ganz viel auf meinem Zettel stehen, was ich sagen wollte, aber meine Zeit ist gleich um, deswegen will ich die wichtige Sache noch sagen: Ich möchte mich ganz herzlich bei meinen Kolleginnen und Kollegen im Untersuchungsausschuss bedanken, die den demokratischen Fraktionen angehören, ganz besonders bei Katharina König-Preuss und bei Dorothea Marx für die gute Zusammenarbeit. Ich möchte mich aber auch ganz besonders bei meinem Mitarbeiter Tamer Düzyol bedanken. Danke schön. Ich weiß, unsere gemeinsame Zeit geht heute hier zu Ende, das prägt natürlich. Herzlichen Dank für deine Arbeit.
Herzlichen Dank an meine Fraktion für die Unterstützung. Ich hoffe, dass wir in einer nächsten Legislatur die Chance haben, hier weiterzuarbeiten. Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Präsidentin, liebe Gäste auf der Tribüne und auch am Livestream! Wir hätten uns heute hier ohne Probleme sehr gut mit Inhalten beschäftigen können, aber leider zwingt mich insbesondere das Auftreten des Fraktionsvorsitzenden der CDU-Fraktion, hier auch noch mal ein paar Worte zu verlieren.
Was war das denn gerade, Mike Mohring? War das ein „Möcke“ oder war das ein „Hohring“? Man weiß es nicht genau.
Am Anfang kurz links geblinkt und tatsächlich was zu Rassismus gesagt, was gar nicht so dumm war, und dann doch rechts abgebogen. Wie schlecht muss es der CDU in Thüringen eigentlich gehen, dass sie die Mottenkiste aufmachen, die roten Socken wieder rausholen und hier so tun muss, als würde sie gegen die ganzen Kommunisten der halben Welt kämpfen müssen? Ich glaube, nach dieser Rede ist eines zumindest ziemlich deutlich:
Es gibt nur noch eine Regierungsoption für die CDU nach dieser Wahl, und die sitzt sehr weit rechts, denn allen anderen haben Sie hier gerade richtig ins Gesicht gespuckt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren …
Ich habe sehr gut zugehört, genau das ist der Punkt. Mit wem wollen Sie denn regieren? Mit wem wollen Sie denn regieren, wenn Sie alle anderen hier so behandeln? Ich lasse es nicht zu, dass Sie hier Rot-Rot-Grün auseinanderdividieren. Ich lasse mich auch nicht von den Kolleginnen und Kollegen der Linken hier auseinanderdividieren.
Wir haben das gemeinsam beschlossen und wir tragen diese Enquetekommission und ihre Handlungsempfehlungen gemeinsam.
Und wenn Sie die Kolleginnen und Kollegen der Linken beleidigen, beleidigen Sie die Koalitionspart
ner mit. Das haben Sie anscheinend irgendwie falsch einkalkuliert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zur AfD ist eigentlich nur eines zu sagen. Matthias Quent hat ein sehr schlaues Buch geschrieben. In diesem schlauen Buch steht ein Satz und der heißt: Die AfD ist nicht das Opfer, die AfD ist der Aggressor.
Das sollten wir uns immer, wenn die AfD hier nach vorn geht, auf die Fahnen schreiben, denn Sie sind keine Opfer, Sie verharmlosen sich selbst und Sie wollen sozusagen hier dafür sorgen, dass andere Verhältnisse herrschen. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, das werden wir zu verhindern wissen.
Nun komme ich zum eigentlichen Inhalt. Zunächst möchte ich erst mal meiner Zufriedenheit darüber Ausdruck verleihen, dass es der Enquetekommission trotz des eng gestrickten Zeitplans gelungen ist, einen Abschlussbericht mit Handlungsempfehlungen vorzulegen. Die Empfehlungen bieten aus unserer Sicht eine sehr gute Grundlage, auf der in der kommenden Legislaturperiode wirksame und zielgerichtete Maßnahmenpakete zur Zurückdrängung von Rassismus und Diskriminierung entwickelt und umgesetzt werden können.
Laut § 84 Abs. 1 unserer Geschäftsordnung soll eine Enquetekommission Entscheidungen über umfangreiche und bedeutsame Sachverhalte vorbereiten. Der konkrete Arbeitsauftrag dieser Kommission war es, vor dem Hintergrund der rassistischen Mordserie des NSU Ursachen und Formen von Rassismus und Diskriminierung zu untersuchen und auf der Grundlage dieser Analyse Handlungsempfehlungen zur Zurückdrängung rassistischer und diskriminierender Einstellungen in Thüringen zu erarbeiten. Unter dem Gliederungspunkt D des vorliegenden Abschlussberichts finden Sie nun zu den unterschiedlichen Themenfeldern insgesamt 50 Handlungsempfehlungen. In die Zufriedenheit dieser Ergebnisse mischt sich aber natürlich ein Wermutstropfen, den auch die Kolleginnen hier schon angesprochen haben, denn Enquetekommissionen sind üblicherweise darauf angelegt, möglichst viele Empfehlungen mit einem möglichst breiten Konsens zu beschließen. Ich bedauere sehr, dass das in dieser Kommission leider nicht gelungen ist, denn die Handlungsempfehlungen konnten nur mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und
der von ihnen benannten Sachverständigen beschlossen werden, während sich die von der CDU benannten Sachverständigen überwiegend enthielten und die Abgeordneten der CDU und der AfD die Empfehlungen gänzlich ablehnten. Die Erklärung für dieses Abstimmungsverhalten dürfte in der Tatsache begründet liegen, dass sich die Mitglieder der Kommission nicht auf eine gemeinsame Arbeitsgrundlage einigen konnten.
Bereits zu Beginn der Kommissionsarbeit scheiterte die Verständigung zu den Begriffsbestimmungen von Rassismus und Diskriminierung. Der fehlende Konsens in dieser Frage hat die Kommissionsarbeit über die gesamte Dauer belastet und letztendlich auch die Erarbeitung gemeinsamer Handlungsempfehlungen verhindert. Der nicht auflösbare Konflikt zwischen den Kommissionsmehrheiten und der CDU dreht sich darum, inwieweit strukturelle Faktoren bei der Analyse von Ursachen und Erscheinungsformen von Rassismus und Diskriminierung in die Kommissionsarbeit mit einbezogen werden sollten.
Im Gegensatz zur Kommissionsmehrheit lehnte es die CDU ab, strukturelle Bedingungsfaktoren mit in den Blick zu nehmen, und verfolgte stattdessen einen engeren Erklärungsansatz. Nach diesem Ansatz sind die Ursachen von Rassismus und Diskriminierung ausschließlich in den illegitimen Einstellungsmustern einzelner Personen zu suchen.
Rassistische und diskriminierende Verhaltensweisen bleiben damit aber auch immer nur als ein individuelles Fehlverhalten erklärbar. Als Teil der Kommissionsmehrheit wollten und konnten wir eine solche Engführung in der Arbeitsdefinition nicht mittragen.
Für eine umfassende Situationsanalyse hielten wir es für unabdingbar, alle diskriminierenden Bedingungsfaktoren einfließen zu lassen, und dazu müssen dann auch die in Institutionen wirksamen strukturellen Mechanismen in den Blick genommen werden. Als Beispiel dafür kann auf den NSU-Komplex verwiesen werden. In diversen NSU-Untersuchungsausschüssen wurde bereits mehrfach thematisiert, dass für das Versagen der Sicherheitsbehörden neben dem individuellen Fehlverhalten einzelner Beamter auch strukturelle Bedingungsfaktoren mit ursächlich waren. Der institutionelle Rassismus in diesem Fall zeigt sich darin, dass die Arbeitsweise der Sicherheitsbehörden durch tief in den Behörden verankerte Vorurteilsstrukturen geprägt war. Diese führten im Ergebnis zu den bekannten fehlerhaften Ermittlungshandlungen, durch
die die rassistische Motivation der Mörder nicht erkannt und die Opferangehörigen zu Unrecht verdächtigt wurden.
An diesem Beispiel kann gezeigt werden, dass es auch dann zu einem institutionellen Fehlverhalten mit rassistischen Auswirkungen kommen kann, ohne dass dazu auf der individuellen Ebene bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
rassistische Einstellungen oder bewusste rassistische Handlungsmotivationen vorliegen müssen. Das, was wir da formuliert haben, ist übrigens das ganze Gegenteil von einem Generalverdacht,
sondern wir sagen ganz konkret: Teilweise hat der Einzelne vielleicht selbst gar keine rassistischen Einstellungen, aber die Art und Weise, wie bestimmte Institutionen funktionieren, führt am Ende zu rassistischer Diskriminierung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was ich allerdings ausdrücklich zurückweisen muss, ist die Verknüpfung der Ablehnung des Erklärungsansatzes mit Vorwürfen gegen die Kommissionsmehrheit durch die CDU. Wie im Sondervotum erneut nachzulesen ist, wird hier wieder die Behauptung aufgestellt, die Kommissionsmehrheit würde Polizistinnen/Polizisten, Richterinnen/Richter und Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes unter den Generalverdacht stellen. Und wie ich am Beispiel des NSU gezeigt habe, schreiben wir das mit dem gewählten Erklärungsansatz einzelnen Behörden und Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern gerade nicht automatisch zu.
Die Engführung in der Arbeitsdefinition der CDU auf das individuelle Fehlverhalten als Ursache von Rassismus und Diskriminierung blendet aber, wie gerade beschrieben, nicht nur bestimmte Bedingungsfaktoren aus, sie führt in der Analyse auch zu einem weiteren gravierenden Nachteil. Staatliche Akteure werden in die Betrachtung überhaupt nicht einbezogen, da laut Definition Behördenmitarbeiterinnen/-mitarbeiter ja nur als Individuum diskriminierend agieren können. Dies führt dann, wie das Sondervotum der CDU zeigt, dazu, dass überhaupt keine Maßnahmen an staatliche Akteure adressiert werden. In den Anhörungen der Enquete wurden nun aber, was wenig überrascht, zahlreiche Darlegungen über Diskriminierungserfahrungen mit staatlichen Behörden vorgelegt.
Mike Mohring, ich finde es eine Unverschämtheit gegenüber Opfern und Betroffenen, die sich auch vor der Enquetekommission zu ihren rassistischen
Erfahrungen geäußert haben, sich hier hinzustellen und zu behaupten, das wäre alles gar nicht so und die würden nur so ein bisschen „Mimimi“ machen und die wären einfach nur nicht gut und nett behandelt worden. Das ist eine absolute Frechheit
und ich finde, eigentlich sollten wir aus dem NSUKomplex mehr gelernt haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die CDU klammert also das institutionelle Handeln staatlicher Akteure komplett aus. Deswegen bleibt auch die Perspektive der Betroffenen hier einfach unberücksichtigt. Aus unserer Sicht ist es aber wichtig, bei politischen Entscheidungen immer auch die Betroffenenperspektive mit einzubeziehen und wir haben das in der Kommission auch immer versucht, wo wir konnten. Wir haben deshalb aus den in den Anhörungen dargelegten Problemlagen Betroffener auch Rückschlüsse gezogen und zu allen in der Enquetekommission behandelten Themenfeldern Handlungsempfehlungen formuliert.
Im Interesse der von Rassismus und Diskriminierung betroffenen Menschen in diesem Land konnten wir uns als Bündnisgrüne und als Teil der Kommissionsmehrheit nicht auf die Engführung der CDU einlassen. Damit will ich es mit der Erläuterung, warum es in der Kommission nicht gemeinsam mit der CDU zu Handlungsempfehlungen gekommen ist, auch bewenden lassen.
Die positiven Aspekte der Kommissionsarbeit sind natürlich überdeutlich, denn schließlich ist es uns gelungen, in vielen Themenbereichen Empfehlungen vorzulegen, die dazu geeignet sind, Rassismus und Diskriminierung in Thüringen wirksam zurückzudrängen und die Situation der Betroffenen zu verbessern.
Auf einige Empfehlungen aus dem Katalog möchte ich im Folgenden etwas genauer eingehen. Einmal sind in der Beratung der Kommission unterschiedliche Themenfelder aufgegriffen worden. Was immer ein Thema war, ist, wie wichtig gut ausgestattete Beratungs- und Anlaufstellen für von Rassismus und Diskriminierung betroffene Personen sind. Wir begrüßen es deshalb, dass es hierzu bereits in der Legislatur zu einigen Verbesserungen gekommen ist. Beispielsweise kann durch das kürzlich novellierte Schulgesetz eine zentrale und unabhängige Ombudsstelle eingerichtet werden. 2016 hat eine bei der Thüringer Staatskanzlei angesiedelte Landesantidiskriminierungsstelle ihre Arbeit aufgenom
men. 2017 hat sich mit dem Thüringer Antidiskriminierungsnetzwerk „thadine“ ein zivilgesellschaftlicher Akteur unter anderem mit dem Ziel der Unterstützung von Betroffenen gegründet und im Dezember 2017 wurde im Innenministerium eine Polizeivertrauensstelle eingerichtet.
An dem Beispiel der Polizeivertrauensstelle lässt sich aber auch verdeutlichen, wie notwendig es ist, bestehende Strukturen stetig fortzuentwickeln. Ich habe bereits in meinem Redebeitrag zum Zwischenbericht im März darauf hingewiesen, dass wir als Bündnisgrüne die Vertrauensstelle zu einer echten Polizeibeschwerdestelle weiterentwickeln wollen. Zur Gewährleistung ihrer Unabhängigkeit soll die derzeitige Vertrauensstelle aus dem Innenministerium ausgegliedert werden und die Stelle auch für die Beschwerden und Anliegen von Polizistinnen zugänglich gemacht werden.
Ich bin dankbar dafür, dass diese Empfehlung nun auch in dem Sondervotum einiger Sachverständiger in den Abschlussbericht aufgenommen wurde. Weitere wichtige Handlungsempfehlungen aus dem Bereich der Beratungsstrukturen zielen auf eine Weiterentwicklung der Landesantidiskriminierungsstelle und die Etablierung einer unabhängigen Beratungs- und Beschwerdestruktur, über die dann eine flächendeckende Antidiskriminierungsarbeit entwickelt werden kann.
Weiterhin wurde in den Anhörungen in allen Themenfeldern auf die vielfach schlechte Datenlage von Diskriminierungsrealitäten hingewiesen. Deshalb finden sich auch in allen Themenfeldern Handlungsempfehlungen zur Erhebung von Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsdaten oder zur Erstellung von Studien zu Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen. Nein, es ist keine Ausspähung der Thüringerinnen und Thüringer, sondern es ist ganz normale wissenschaftliche Arbeit. Dazu braucht man nämlich Daten, um tatsächlich hinterher auch die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein weiterer Bereich zur Verbesserung der Situation der Betroffenen bezieht sich auf die Gesetzgebung. Auch dazu finden sich in vielen Themenfeldern Handlungsempfehlungen. Sehr wichtig ist uns auch eine Überprüfung gesetzlicher Bestimmungen zur Über
prüfung von polizeilichen Personenkontrollen – das ist hier auch schon angesprochen worden – und die Aufnahme eines Verbots von Racial Profiling in das Thüringer Polizeiaufgabengesetz.
Für meine Fraktion möchte ich mich zum Abschluss noch einmal recht herzlich für die engagierte Mitarbeit der Sachverständigen in der Enquetekommission bedanken,
ganz herzlich auch bei dem Sachverständigen unserer Fraktion, Kwesi Aikins. Vielen, herzlichen Dank, dass ihr diese Arbeit hier gemacht habt, weil es mehr oder weniger ehrenamtlich war und es war auch nicht einfach, wie ja die heutige Debatte auch regelmäßig zeigt.
Ganz herzlichen Dank auch noch mal an meinen Mitarbeiter Ralf Martin, der viele Aufgaben gestemmt hat. Viele Aushandlungsprozesse mussten unsere Referenten mittragen. Herzlichen Dank dafür.
Und vielen herzlichen Dank an die Kolleginnen von Rot-Rot-Grün für die gute und manchmal durchaus auch etwas streitige, aber doch immer zielgerichtete und konstruktive Zusammenarbeit. Herzlichen Dank.
Hier läuft noch die Zeit vom Kollegen Hartung, ich will meine eigene Zeit.
Ich bin total bei der Kollegin Mitteldorf bei den kulturpolitischen Themen. Nach der Mittagspause weiß man immer nicht, ob man wegen des Mittagessens so müde ist oder weil man schon zum zehnten Mal das Gleiche hört, Herr Kellner. Ich hätte auch einfach meine Rede aus dem Sonderplenum wieder rausholen können, aber ich fürchte einfach, dass das nicht wirklich etwas bringt, weil ich irgendwie eine gewisse negative Lernkurve hier in diesem Raum wahrnehme. Ich versuche es trotzdem noch mal, der Kollege Hartung hat das ja jetzt auch schon gemacht und die Kollegin Mitteldorf hat es auch gemacht.
Auf den polemischen und populistischen Beitrag von Herrn Höcke lässt sich nur sagen: Warum zum Teufel sollte sich der Bund denn freiwillig, ohne dass man ihn dazu zwingt, die Kulturpolitik ans
Knie nageln lassen? Das ist ein defizitärer Bereich, das würden die freiwillig niemals übernehmen, da will uns niemand reinregieren. Es ist schon tatsächlich so, dass wir durchaus Glück haben, dass wir das Geld bekommen.
Warum ist diese Stiftung notwendig? Na ja, das hat auch Herr Kahrs in der Runde, in der wir saßen, relativ deutlich gesagt. Er hat gesagt, alle anderen werden das nicht akzeptieren, wenn wir nur ein Bundesland fördern – das auch in Richtung Herrn Höcke, der hier versucht, irgendwas zu konstruieren, als würden wir wahrscheinlich wieder seinen wundervollen völkischen Kulturraum kaputt machen wollen. Natürlich machen wir das nicht, sondern es ist …
Ja, ja, Du willst. Das ist mir schon klar, da sind wir ja auch auf einer Linie.
Ich meine, seinen konstruierten völkischen Kulturraum wollen wir nicht zerstören, sondern es ist ein rein pragmatischer Grund, den wir hier anlegen, der daher rührt, dass die Bundestagsabgeordneten sagen, wir können nicht ein einziges Bundesland einfach so fördern, sondern das muss schon irgendwie eine größere Dimension haben. Sachsen hat halt einfach gesagt, sie wollen nicht mitmachen, und dann ist das halt so. Was sollen wir sagen, sollen wir sie zwingen? Ich glaube, auch das funktioniert nicht.
Wir beraten also nur den Antrag der CDU und unseren. Eine Sache würde ich gern noch mal zitieren, weil die eigentlich die ganze Dimension Ihres Antrags, Herr Kellner, aufzeigt. Unter II. Ihres Antrags findet sich folgender Satz: „Der Landtag stellt fest, dass die Gründung einer Stiftung ‚Mitteldeutsche Schlösser und Gärten‘ […] nicht zwingend erforderlich ist, um das Sonderinvestitionsprogramm des Bundes zur Sanierung von Kulturdenkmälern umzusetzen.“ Jetzt zitiere ich aus dem Haushaltsbeschluss des Bundes vom 8. November, da heißt es wörtlich: „Damit die Länder kurzfristig vorbereitende Maßnahmen für die Gründung der Stiftung und des Investitionsprogramms auf den Weg bringen können, werden wir hierfür anteilig 10 Prozent der Bundesmittel freigeben,“ – das hat der Kollege Hartung schon zitiert – „die anderen 90 Prozent sind gesperrt bis zur Gründung der Stiftung ‚Mitteldeutsche Schlösser und Gärten‘“. Das merken Sie schon, oder?
Sie merken schon, dass der Bund uns sozusagen hier eine Vorgabe macht. Diese Vorgabe lautet: Ihr müsst eine Stiftung „Mitteldeutsche Schlösser und Gärten“ gründen – Punkt. Es ist eigentlich ganz einfach. Deswegen wäre es völlig daneben, das, was Sie da reingeschrieben haben, zu beschließen.
Wir diskutieren vor allen Dingen deswegen darüber, weil ich das Gefühl habe, dass Sie nicht verstehen wollen – oder vielleicht auch nicht können, das weiß ich nicht –, worüber wir hier eigentlich diskutieren.
Alle Koalitionsfraktionen haben sich doch im Sonderplenum hier klar positioniert. Die haben alle gesagt, wirklich schön ist das nicht, aber wenn wir abwägen müssen zwischen der Tatsache, dass wir die Möglichkeit haben, die Thüringer Schlösser und Gärten zu sanieren, oder ob wir das Geld ausschlagen, müssen wir eventuell eine Kröte schlucken. Jetzt wissen Sie doch auch, Herr Kellner, liebe CDU-Fraktion in diesem Haus, dass man in der Politik vor allen Dingen Kompromisse schließen muss. Kompromisse schließen heißt, im Ernstfall auch mal Sachen zu machen, bei denen man nicht Juhu schreit.
Nein, Ihr Antrag sagt im Prinzip, wir wollen kein Geld von euch, vom Bund, seht zu, wir ihr klarkommt.
Das ist das, was Ihr Antrag sagt.
Ihr Antrag sagt: Vergesst es, wir nehmen das Geld nicht. Das ist die Konsequenz, wenn wir Ihren Antrag hier heute beschließen – Punkt.
Doch. Es war ein netter Versuch, aber an dieser Stelle gebe ich auf.
Vielleicht kann man sagen, im Prinzip machen Sie Kulturpolitik, wie Sie Klimapolitik betreiben. Es ist reinste Realitätsleugnung. Aber das hatten wir ja heute hier auch schon.
Also noch mal: Ohne die gemeinsame Stiftung – das ist die Voraussetzung des Bundes, das kann man doof finden, es ist aber so, dass es eine Stif
tung geben muss – gibt es keinen Mittelabfluss – Punkt. Das ist vielleicht eine Kröte, die man schlucken muss, aber da sind wir wieder bei der Frage, wie man Kompromisse schließt. Ein guter Kompromiss – sagt man ja so schön – tut allen gleichermaßen weh.
Was wollen wir also mit unserem Antrag hier heute? Es ging uns noch mal darum, einige Leitplanken festzulegen und natürlich – das hat auch Kollegin Mitteldorf schon gesagt – dem Bund zu signalisieren, dass auch der Thüringer Landtag und die Abgeordneten des Thüringer Landtags gern dieses Geld haben möchten und das Geld investieren wollen. Das Kabinett hat das, wie gesagt, schon signalisiert und wir wollen das jetzt hier auch noch mal tun.
Damit hat Rot-Rot-Grün in dem Antrag aus seiner Sicht die Verantwortung übernommen. Wir können damit anfangen, den immensen Investitionsstau aufzulösen, und die einzelnen Kultursammlungen und Stücke verbleiben grundsätzlich vor Ort. Das steht zum Beispiel bei uns im Antrag drin. Das haben Sie komplett ausgeblendet, darüber verlieren Sie kein Wort in Ihrem Antrag. Dann wollen wir, dass die mitteldeutsche Stiftung auf Dauer angelegt ist – auch das steht in unserem Antrag drin – und wir wollen die Möglichkeit einer dauerhaften Betriebskostenförderung ermöglichen. Auch das lässt der Antrag der CDU-Fraktion völlig außen vor. Außerdem wollen wir die Option, dass Liegenschaften in die mitteldeutsche Schlösserstiftung weiter eingebracht werden können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine mitteldeutsche Schlösserstiftung darf eben nicht zulasten Thüringens gehen. Ich erinnere an die Diskussion um den MDR-Staatsvertrag. Da wissen wir, was es heißt, wenn die CDU solche Staatsverträge verhandelt, das geht am Ende zulasten von Thüringen. Von daher steht es auch noch mal hier ganz klar drin: Wir wollen, dass das nicht passiert.
Und – das hat auch der Kollege Hartung schon erwähnt, ich sage es noch mal – eine eventuelle Auflösung bestehender Stiftungs- und Trägerstrukturen wird erst erfolgen, wenn der Betrieb der mitteldeutschen Stiftung gesichert ist – Punkt.
Herr Wirkner, ich habe Sie ja wahrgenommen und ich weiß, dass da Ihr Rudolstädter Herz schlägt, aber ich glaube, die Dramatik, mit der Sie in diese Debatte gehen, ist hier einfach nicht angebracht. Das haben wir in diesem Antrag gesichert. Ich glaube, dass sich die Landesregierung und Minister Hoff deutlich auf Bundesebene äußern werden, was den Erhalt zumindest bis zu einem gewissen
Punkt angeht, bis wir sozusagen sicher sind, in der mitteldeutschen Schlösserstiftung --- Jetzt habe ich vergessen, was ich am Anfang gesagt habe. Sie wissen, was ich sagen will.
Ich glaube, da wird es genug Leute geben, die sich dafür einbringen werden, auch vonseiten der Koalitionsfraktionen. Wir werden hier nicht einfach unsere Stiftung über Bord werfen, ohne zu wissen, wie weit die Stiftung trägt, die wir dann gründen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir reden ja immer vom lebenslangen Lernen. Vielleicht schaffen wir es heute noch am Ende des Tages, dass auch die CDU-Fraktion hier rausgeht und versteht,
warum wir ihrem Antrag schlicht und ergreifend nicht zustimmen können. Weil es heißen würde, wir würden das Geld vom Bund in den Wind schlagen, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das ist keine Option.
Von daher wünsche ich allen noch einen schönen Nachmittag.
Vielen Dank, Frau Präsidentin.
Teiche und Stauanlagen in Thüringen
Die Ilmenauer Teiche, zu denen auch der Brandenburger Teich gehört, werden seit Jahrhunderten zur Fischzucht genutzt und wurden zu diesem Zweck auch angelegt. An dem Teich ruhen aufgrund von Forderungen der oberen Wasserbehörde/Thüringer Stauanlagenaufsicht die Sanierungsarbeiten. Demzufolge bedarf es einer Genehmigung nach § 79 Thüringer Wassergesetz – in der Fassung vom 18. August 2009 GVBl. Seite 648/§ 28 Thüringer Wassergesetz – in der Fassung vom 28. Mai 2019, wofür umfangreiche Gutachten und weitere Unterlagen einzureichen seien.
Nach der Thüringer Technischen Anleitung Stauanlagen – ThürTA-Stau: 2005–06 – sind Fischteiche nicht als Talsperren, Hochwasserrückhaltebecken und Pumpspeicherbecken anzusehen und unterliegen damit nicht der hohen Anforderung der DIN 19700 für die Errichtung und den Betrieb von Talsperren.
Die vorgenannte Ausnahme sei nach neuerer Auslegung und Einschätzung der oberen Wasserbehörde/Stauanlagenaufsicht nicht mehr anwendbar, sodass auch für deutlich kleinere Teiche die DIN 19700 wie zum Beispiel für eine große Talsperre heranzuziehen sei.
Im Gegensatz zu Fließgewässern befindet sich in Thüringen jedoch nur ein geringer Teil der Teiche in öffentlichem Eigentum. Neben Privateigentümern besitzen viele Naturschutzverbände und auch solche vor Ort sowie Anglervereine Einzelteiche bzw. Teichanlagen. Es ist zu befürchten, dass diese im Hinblick auf die zu erbringenden Gutachten und weiteren Unterlagen überlastet oder gegebenenfalls überfordert werden könnten.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie viele Stauanlagen einschließlich als solche anzusehende Teiche gibt es in Thüringen und unterliegen nunmehr der DIN 19700?
2. Was hat zu der neueren Einschätzung geführt?
3. Gibt es eine Untergrenze für Teiche?
4. Wie können insbesondere Privateigentümer und ehrenamtlich tätige Vereine, die im Besitz von Einzelteichen bzw. Teichanlagen sind, im Hinblick auf die zu erbringenden Gutachten und weiteren Unterlagen entlastet werden?
Vielen Dank für die Beantwortung. Soweit diese Anlagen im Bereich des Hochwasserschutzes eine Rolle spielen, haben denn diese Privateigentümer oder ehrenamtlichen Vereine die Möglichkeit, über den Hochwasserschutz Geld zu beantragen, oder muss das dann generell über die Kommunen laufen?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Präsidentin, das Gesetz zur Änderung des Thüringer Aufarbeitungsbeauftragtengesetzes in der Drucksache 6/7416 wurde in der 153. Sitzung des Thüringer Landtags am 4. Juli beraten und federführend an den Ausschuss für Europa, Kultur und Medien sowie an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen. Der Entwurf sieht vor, den Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur in seinen Besoldungsfragen an die übrigen Beauftragten anzupassen, eine Unvereinbarkeit in der Ausübung bestimmter öffentlicher Ämter festzuschreiben, und beseitigt Unklarheiten in der Anwendung einzelner Paragrafen.
Der federführende Ausschuss für Europa, Kultur und Medien hat den Gesetzentwurf in seiner 62. Sitzung am 6. September 2019 beraten. Der mitberatende Haushalts- und Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 78. Sitzung am 11. September 2019 beraten. Die Beschlussempfehlung sieht vor, den Gesetzentwurf anzunehmen. Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren hier auf der Tribüne, aber auch am Livestream, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Präsidentin!
Habemus Transparenzgesetz! Kollege Dittes hat es schon gesagt: Von der Bitte des Landtags, ein Transparenzgesetz auf den Weg zu bringen, bis zum heutigen Tag sind dreieinhalb Jahre vergangen und wir halten fest, das Gutes manchmal länger braucht. Wir halten auch fest, dass auch diese Koalition zumindest immer versucht, zu einem guten Ende zu kommen, auch wenn sie vielleicht nicht immer derselben Meinung ist.
In der Organisationssoziologie ist es mit der Transparenz eigentlich relativ einfach. Nach ihr geht es darum, Daten über die eigene Organisation und der geleisteten Arbeit zu veröffentlichen und zu berichten. So kurz, so einfach! Wie Sie sehen, war das beim Transparenzgesetz gar nicht so einfach, unter anderem, weil wir verschiedene Interessen gegeneinander abwägen mussten. Es gibt natürlich berechtigte Interessen der Verwaltung sowohl auf der Landes- als auch auf der Kommunalebene. Es gibt berechtigte Interessen der Bürgerinnen und Bürger in Thüringen, die sehr wohl ein Recht darauf haben, zu wissen, was mit ihren Steuergeldern in den Verwaltungen getan wird. Das ist kein Misstrauen gegenüber der Verwaltung, sondern es geht darum, eine andere Kultur anzustreben, ein anderes Verhältnis zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und dem Staat, und das ist Kernziel dessen, was wir
hier mit diesem Transparenzgesetz erreichen wollen.
Kollege Dittes hat gesagt, wir wollen eben nicht, dass Bürgerinnen und Bürger Bittsteller/-innen gegenüber dem Staat sind, sondern dass sie ganz selbstverständlich Einblick bekommen können in das, was der Staat tut, und es vor allen Dingen besser nachvollziehen können.
Wir haben bis zur letzten Minute über dieses Transparenzgesetz diskutiert. Auch deswegen liegen Ihnen heute noch mal unterschiedliche Anträge dazu vor. Ich will auch noch mal auf das eingehen, was Kollege Kellner angeführt hat. In der Anhörung ist ziemlich deutlich geworden, dass die Kommunen das jetzige Informationsfreiheitsgesetz, ganz konkret in § 11 Abs. 2 Satz 2, schlicht und ergreifend ignorieren. Herr Henke von der AfD hat gerade behauptet, sie müssten jetzt erst mit dem Transparenzgesetz prüfen, was veröffentlichungswürdig ist und was nicht. Das ist falsch.
Das müssen sie auch jetzt schon nach dem Informationsfreiheitsgesetz, doch wie die Anhörung zum Transparenzgesetz gezeigt hat, tun sie das einfach nicht. Und das ist ein Problem. Das Transparenzgesetz macht nämlich jetzt eins: Es klärt noch mal viel deutlicher, worum es eigentlich geht. Das macht es für die Kommunen eindeutiger. Und es klärt auch vor allen Dingen, wie sie das prüfen sollen. Das ist ein entscheidender Vorsprung, das heißt, das Transparenzgesetz ist deutlich klarer und hat keinen Mehraufwand im Vergleich zum bestehenden Informationsfreiheitsgesetz.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben viele Punkte in den vorliegenden Anträgen weiterentwickelt. Wir erweitern zum Beispiel die Transparenz- und Veröffentlichungspflichten und das Zugangsrecht. So sind Verträge der Daseinsvorsorge, also alles das, was mit Abwasser zu tun hat, was Friedhöfe betrifft etc. pp., ebenso umfasst wie Studien und Gutachten. Sie können also jetzt als Bürgerinnen und Bürger auch unkompliziert in Studien und Gutachten Einsicht nehmen, die dazu beigetragen haben, dass ein Gemeinderat, eine Landesregierung – oder wer auch immer in der Verwaltung – zu einem Ergebnis gekommen ist und eine Entscheidung getroffen hat.
Verwaltungsvorschriften inklusive Dienstanweisungen und Richtlinien sind einsehbar, der Datenschutzbeauftragte wird stärker eingebunden und wir weisen offene Formate als Grundkriterium aus.
Es bleiben viele Anmerkungen auch der Expertinnen und Experten aus der Anhörung, die wir zum jetzigen Zeitpunkt im Transparenzgesetz nicht realisieren können. Das ist kein Beinbruch, denn ich glaube tatsächlich, dass das Transparenzgesetz die Verwaltung durchaus sehr verändern wird. Wir müssen dann schauen, wie wir damit umgehen. Auch gerade deswegen haben wir dort eine Evaluationsklausel drin, damit wir zeitnah schauen können, was wir tatsächlich noch verändern müssen. Ich glaube, wir müssen dieses Transparenzgesetz auf jeden Fall in der nächsten Legislatur – das wird auch ein Wunsch meiner Fraktion sein –, noch mal anfassen, aber dann können wir vielleicht auch noch mal auf einer anderen Datenbasis arbeiten und schauen, was es in der Verwaltung tatsächlich bewirkt hat.
Eine Sache, für die ich auf jeden Fall auch in der nächsten Legislatur kämpfen werde: Momentan ist es so, dass man für abschlägige Bescheide – also dann, wenn die Behörde eine Anfrage bekommt, ob man eine bestimmte Sache transparent machen kann und die Behörde das prüft und feststellt, dass man das nicht kann – dann trotzdem eventuell dafür bezahlen muss. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, muss da unbedingt wieder raus. Momentan ist es drin. Da sind wir übrigens einen Schritt auf die Verwaltung zugegangen und haben gesagt, okay, das ist für euch Mehraufwand, also muss dafür auch bezahlt werden. Aber darüber müssen wir tatsächlich noch mal diskutieren.
Es ist jetzt mit einer Sozialklausel, das heißt, diejenigen, die sich das nicht leisten können, haben trotzdem auch die Möglichkeit, darauf zuzugreifen. Aber das ist schon wichtig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin froh, dass wir dieses Transparenzgesetz noch in dieser Legislatur auf den Tisch bekommen haben, dass wir es verabschiedet haben. Ich freue mich, es in der nächsten Legislatur in einer rot-rot-grünen Landesregierung auch besser zu machen. Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, die Zitate, die Sabine Berninger gerade aus dem Zwischenbericht zur Enquete „Rassismus“ hier vorgelesen hat, standen auch hier auf meinem Zettel, deswegen erspare ich mir die Wiederholung.
Ich möchte aber noch ein Zitat anfügen, das die CDU in ihrem Sondervotum auf der gleichen Seite wie die Zitate gebracht hat. Sie fragt sich nämlich: „Wie kann eine gezielte Erhöhung des Anteils von Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen mit Rassismuserfahrung [...] gelingen?“
Sie stellen die richtigen Fragen und dann kommen Sie hier mit so einem Antrag um die Ecke.
Ich glaube, entweder funktioniert die Kommunikation innerhalb Ihrer Fraktion nicht oder Sie wissen nicht, wovon Sie reden – eines von beiden; beides wäre schlecht.
Offensichtlich können und wollen Sie sich heute in dieser Debatte nicht an diese Sätze im eigenen Sondervotum erinnern, denn wie ist sonst die Zif
fer III.2 des Antrags in der Drucksache 6/7192 zu verstehen, in der die Landesregierung aufgefordert wird – Zitat –: „zukünftig darauf zu verzichten, sozialwissenschaftliche Erhebungen zur sexuellen Orientierung, ethnischen Herkunft oder sonstigen Identitätsmerkmalen seiner Bediensteten zu erheben“. Das hat Herr Worms hier auch noch mal wiederholt.
Es drängt sich zumindest der Verdacht auf, dass sich die CDU mit der in Rede stehenden Diversitätsstudie gar nicht sachlich auseinandersetzen will. Denn selbstverständlich kann man kritisch über das Forschungsdesign einer solchen Studie und den damit zusammenhängenden und völlig berechtigten Fragestellungen, wie zur Gewährleistung des Datenschutzes, diskutieren. Aber bei der Kritik der CDU scheint es sich vielmehr um eine grundsätzliche Ablehnung bei der Erhebung von Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsdaten zu handeln.
Dies zeigt schon allein der Titel Ihres Antrags. In einer aus meiner Sicht unzulässigen Weise wird hier die durch die Studie geplante Datenerhebung mit einer vermeintlichen Abweichung der Einstellungskriterien für den öffentlichen Dienst verknüpft. In dem Antrag wird die durch nichts belegte Behauptung aufgestellt, Befähigung und Eignung seien zukünftig keine ausschlaggebenden Einstellungskriterien für den öffentlichen Dienst mehr. Mit einer derartigen Verknüpfung beider Themen wird der offensichtliche Versuch unternommen, die Erhebung von Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsdaten als eine der grundlegenden Maßnahmen des Diskriminierungsschutzes grundsätzlich zu diskreditieren. In der Begründung des Dringlichkeitsantrags im Plenum am 8. Mai stellte der Abgeordnete Geibert die Behauptung auf, mit der Befragung sei eine – Zitat – „Ausforschung von Ethnie, von sexueller Orientierung [und] von Einstellungen der Landesbediensteten beabsichtigt“.
Ein weiteres Indiz für eine bewusste polemische Zuspitzung findet sich in derselben Rede. In der Arbeitsfassung der 145. Sitzung ist zu lesen – Zitat –: „Wir stellen uns schützend vor unsere Landesbediensteten und unterstellen diese nicht ethnischen Ausforschungsaktionen, die von Ihnen beabsichtigt sind.“ Bemerkenswert ist dabei, dass Herr Geibert, wie im Mitschnitt nachgehört werden kann, aber nicht von „Ausforschungsaktionen“, sondern von „Säuberungsaktionen“ gesprochen hat. Lieber Herr Geibert, Sie sollten sich wirklich überlegen, ob Sie sich für die Verwendung dieses Begriffs,
der mit Mord und Deportation verbunden ist, nicht ausdrücklich entschuldigen wollen, anstatt – wie es hier offensichtlich geschehen ist –
einfach klamm und heimlich das Wortprotokoll ändern zu lassen. Ich kann die CDU nur dringend darum bitten, sich zukünftig in ihrer Wortwahl zu mäßigen und sich stattdessen ohne Schaum vor dem Mund ganz nüchtern mit dem vorliegenden Sachverhalt zu beschäftigen.
Denn worum geht es eigentlich? Zunächst einmal um etwas völlig Banales. Kurt Schumacher wird der Satz zugeschrieben: „Politik beginnt mit der Betrachtung der Wirklichkeit.“ Demgemäß sollte es doch eigentlich selbstverständlich sein, sich zunächst eine Übersicht über die Sachlage zu verschaffen. In der Enquetekommission haben wir die Erfahrung gemacht, dass uns in allen möglichen Themenfeldern keine ausreichenden Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsdaten zur Verfügung stehen – das hat Ihre Fraktion ja auch so festgestellt.
Mit der heute zur Debatte stehenden Diversitätsstudie wird nun erst mal gar kein anderes Ziel verfolgt, als für einen Teilbereich, nämlich die öffentliche Verwaltung, erstmals überhaupt Daten zu erheben. Denn will man wirksame und zielgerichtete Maßnahmen zum Abbau von Diskriminierung entwickeln, ist man eben zunächst einmal darauf angewiesen, dass auch entsprechend differenzierte Gleichstellungsdaten vorliegen. Deshalb ist die Vehemenz, mit der die CDU gegen die Studie agitiert, für mich auch überhaupt nicht nachvollziehbar. Oder hat sich bei der CDU entgegen der Feststellung aus ihrem Sondervotum zum Zwischenbericht der Enquetekommission mittlerweile die Ansicht durchgesetzt, dass es in Thüringen überhaupt keine Diskriminierungsrealität gibt? Das könnte man nach dem Beitrag Ihres Abgeordneten hier tatsächlich vermuten.
Ich hoffe, ich konnte verdeutlichen, wie notwendig eine differenzierte Datenerhebung als Grundlage für eine wirksame Antidiskriminierungsarbeit tatsächlich ist. Selbstverständlich ist es genauso notwendig, entsprechende Datenerhebungen mit einem kritischen Blick zu begleiten. Das ergibt sich schon allein aus unserer Geschichte, denn im kolonialistischen Kaiserreich und im Nationalsozialismus wurden Daten zum Zweck einer rassistischen Vernichtungspolitik missbraucht. Umso wichtiger ist es, dass bei der Datenerhebung forschungsethi
sche und datenschutzrechtliche Standards eingehalten werden.
Im vorliegenden Fall wurde das in Berlin ansässige Sozialunternehmen Citizens For Europe mit der Durchführung einer Beschäftigtenbefragung der Thüringer Landesbediensteten betraut. Citizens For Europe haben 2017 – das ist auch schon erwähnt worden – eine Piloterhebung unter den Führungskräften in der Berliner Landesverwaltung durchgeführt. Dafür haben sie in der Zusammenarbeit mit Selbstorganisationen entsprechende Standards entwickelt. Die Citizens For Europe haben damit unter Beweis gestellt, wie eine solche Studie unter der Beachtung hoher Standards erstellt werden kann, und sich somit auch als geeigneter sozialwissenschaftlicher Akteur für die Durchführung einer Befragung unter Thüringer Landesbediensteten erwiesen.
Als Grüne unterstützen wir ausdrücklich das Vorhaben der Landesregierung, im Rahmen des Personalentwicklungskonzepts 2025 ein Diversity-Management-Konzept für die Beschäftigten der Thüringer Landesverwaltung zu entwickeln. Wie wichtig eine umfassende Datenerhebung als erster Schritt ist, habe ich eben bereits ausgeführt.
Die Befragung dazu muss sich zumindest auf alle Diskriminierungsdimensionen des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes erstrecken. Das blenden Sie als CDU-Fraktion hier zum Beispiel auch komplett aus, dass wir gesetzliche Vorgaben haben, die uns dazu anhalten, dass wir Daten erheben, damit wir überhaupt die Dimension erfassen, in der Diskriminierung stattfindet.
An dieser Stelle zeigt sich dann auch, dass Sie nicht gewillt sind, die derzeitige Rechtslage überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. 2006 wurde mit dem AGG der Diskriminierungsschutz auch auf Merkmale wie sexuelle Identität und ethnische Herkunft erweitert. In dem Antrag der CDU finden nun diese beiden Merkmale mehrfach eine explizite Erwähnung. Damit möchte die CDU offensichtlich insinuieren, der Landesregierung ginge es in allererster Linie um eine Bevorzugung dieser beiden Personengruppen. Dass es dann in der Berichterstattung zu Überschriften wie in der Zeitung mit den vier großen Buchstaben gekommen ist, die am 4. Mai 2019 lautete: „Merkwürdige Sexumfrage für Beamte“, ist dann auch nicht mehr weiter verwunderlich. Das liegt an Ihrer Kommunikation.
Diese Vorgänge erinnern sehr stark an die Aufregung um eine Studie mit dem Titel „Wie viel Vielfalt verträgt Schule?“ in Berlin im Jahr 2017. Eine der Fragen an Lehrkräfte bezog sich damals auf deren sexuelle Orientierung und führte dann ebenfalls zu der Schlagzeile „Sexschnüffelei an Berlins Schulen“. Selbstverständlich war auch damals, dass die Daten freiwillig und anonymisiert erhoben werden sollten. Das Studiendesign war mit den Datenschutzbehörden abgestimmt – wie auch in diesem Fall. Die Daten sollten bei den Universitäten, die die Studien erstellen, verbleiben und nach den Auswertungen gelöscht werden. In einer Debatte im Abgeordnetenhaus wurden all diese Fakten im September 2017 noch einmal dargelegt, womit die Aufregung dann auch verpuffte.
Um es noch einmal zu betonen: Mit der hier in Rede stehenden Diversitätsstudie in Thüringen geht es darum, nicht nur Daten zur sexuellen Identität oder zur Herkunft zu erheben, sondern Daten zu allen Diskriminierungsdimensionen des AGG. Zu Ihrer Kenntnis wiederhole ich die hier gern noch einmal: ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexuelle Identität. Will man Maßnahmen zum Schutz von diesen Diskriminierungsdimensionen Betroffener entwickeln, muss man natürlich auch Daten zu all diesen Dimensionen erheben.
Zum Schluss möchte ich noch einer Intention des CDU-Antrags hier vehement widersprechen. Der Antrag unterstellt, mit der Studie sei in der Zukunft eine automatische Bevorzugung bestimmter Personengruppen in der Einstellungspraxis zum öffentlichen Dienst verbunden. Dem Landtag liegt seit 2017 das Personalentwicklungskonzept 2025 vor – das hat der Minister hier auch gerade gesagt. Dort findet sich unter dem Gliederungspunkt IV.8.4 „Vielfalt stärken – Diversity-Management und AGG“ jedenfalls kein Anhaltspunkt für die Behauptung der CDU, dass Eignung und Befähigung in der Zukunft keine ausschlaggebenden Kriterien für den öffentlichen Dienst mehr sein sollen.
Es wird dort allerdings darauf hingewiesen, wie gewinnbringend die Entwicklung eines Diversity Managements für eine leistungsfähige Verwaltung, einen effektiven Personaleinsatz und ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld sein kann. Als Grüne unterstützen wir diesen Ansatz ausdrücklich und würden es begrüßen, wenn es im Ergebnis des Prozesses zu einer vielfältigen Personalstruktur in der Landesverwaltung kommen sollte. Wir lehnen den
vorliegenden populistischen Antrag auch weiterhin ab,
auf dessen Grundlage keine sachliche Diskussion zu Fragen des Diskriminierungsschutzes möglich ist. Vielen Dank und schönen Feierabend.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Tagesordnung ist voll und wir müssen es auch nicht großartig in die Länge ziehen. Ich kann mich in vielen Sachen dem Kollegen Wucherpfennig anschließen und bin ihm für seine klare Positionierung sehr dankbar. Auch wir von Bündnis 90/Die Grünen halten dieses Gesetz der AfD für völlig überzogen und auch für ein Vorspiegeln falscher Tatsachen. Herr Wucherpfennig hat es gesagt, Transparenz, wer an welchem Medienunternehmen beteiligt ist, ist vorhanden, das ist einfach einzusehen. Es gibt zum Beispiel auch von 2018 eine Übersicht im Deutschen Bundestag, was die Beteiligung von Parteien an Medienunternehmen betrifft. Es ist einfach nur ein Versuch, hier insbesondere – das hat man ja gemerkt – vor allen Dingen die Kolleginnen und Kollegen der SPD zu diskreditieren und zu unterstellen, dass eine Parteienbeteiligung an einem Medienunternehmen bedeutet, dass diese Medien nicht in der Lage wären, parteiübergreifend und parteineutral zu kommunizieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist schlicht und ergreifend falsch.
Aber um sozusagen die Ehrlichkeit der AfD noch mal zu prüfen, sei doch auf zwei Thüringer Printmedien verwiesen, in deren Impressum im Übrigen
nicht steht, dass unter anderem ihr Geschäftsführer, ihr Verleger ein AfD-Mitglied ist. Wir nennen dabei „Neues Gera“, eine Wochenzeitung in Gera. Der Fraktionsvorsitzende, Stadtrat der AfD, Dr. Harald Frank, ist Verleger und vertreibt diese Zeitung. Und in Arnstadt wird seit vielen Jahren das „Arnstädter Stadt-Echo“ herausgegeben.
Auch derjenige, der das dort macht, Stefan Buchtzik, ist im Vorstand der AfD Ilm-Kreis.
Das sind nicht Fake News. Sie können ja mal auf Ihrer Internetseite schauen, ich habe es gerade noch mal gemacht, weil
es ja immer nicht so ganz klar ist, ob Stefan Buchtzik jetzt noch in der AfD ist oder nicht oder ob er nur bei den Freien Wählern rumhängt. Aber auf Ihrer Internetseite Ilm-Kreis-Gotha ist er noch im Vorstand gelistet als stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbandes Ilm-Kreis-Gotha. Dann müssen Sie Ihre Homepage mal überarbeiten. Ich muss ganz ehrlich sagen, da ist die Internetkompetenz der AfD mal wieder minus zehn.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das zeigt – glaube ich – relativ deutlich, worum es der AfD hier geht. Ihr geht es eben nicht um Transparenz und ihr geht es nicht darum, den Bürgerinnen und Bürgern klarzumachen, wer wo beteiligt ist, sonst hätte sie zum Beispiel auch nicht nur Parteien aufgeführt, sondern unter anderem auch Unternehmen. Es gibt nämlich auch genug Unternehmen, die zum Beispiel als Lobbyisten sonst unterwegs sind, die auch beteiligt sind an Medienunternehmen. Das ist übrigens auch transparent einsehbar. Nein, sie hat sich auf Parteien bezogen und das ist ein Bashing, was Sie hier machen wollen, und das lassen wir Ihnen nicht durchgehen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich glaube, die zwei Thüringer Printmedien zeigen relativ deutlich, wohin die Reise gehen soll.
Von daher: Auch wir werden das ablehnen und wir glauben, dass die momentane Regelung völlig ausreichend ist und dass die Transparenz für diejenigen, die sie wahrnehmen wollen, vorhanden ist. Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Präsidentin, die Wege eines demokratischen Dialogprozesses sind manchmal verworren – die intensive Debatte um ein Thüringer Gesetz zur Inklusion und Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen hat die Koalition eine lange Zeit beschäftigt, und zeitgleich hat die Umsetzung der EU-Richtlinie zu barrierefreien Webseiten Thüringen zum Handeln gezwungen.
Dem Problem wurde abgeholfen, indem der Passus zu barrierefreien Webseiten herausgelöst und als eigenständiges Gesetz eingebracht wurde – damit konnte der Prozess zum Thüringer Gesetz zur Inklusion und Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen weitergeführt werden.
Die EU-Richtlinie formuliert einen Minimalkonsens für Barrierefreiheit auf Webseiten, welche die Mitgliedstaaten natürlich weiter fassen dürfen. Das haben die Sozialpolitikerinnen eigentlich in einem Entwurf des Thüringer Gleichstellungs- und Inklusionsgesetzes auch getan. Im federführenden Ausschuss für Haushalt und Finanzen allerdings sind dann diese weitreichenden ursprünglichen Änderungsvorschläge leider wieder entfallen.
Und wir sind wieder zurück – Werner Pidde hat es ja begrüßt – auf dem Stand der EU-Richtlinie. Hier wäre aus unserer Sicht ein mutiges Weitergehendes über die EU-Richtlinie hinaus wünschenswert gewesen – auch in der Anhörung wurde das so geäußert.
Jetzt haben wir den etwas kruden Fall, dass wir zwei Gesetze zu einem ähnlichen Regelungsgegenstand haben – ein Gesetz zu barrierefreien Webseiten und ein separates Gleichstellungsgesetz haben nicht viele Bundesländer. Wir haben das jetzt, aber Herr Kuschel hat ja auch gerade schon von Ausnahmen gesprochen, die Thüringen hat, den Kommunalen Finanzausgleich, also warum nicht auch wir?
Wir hätten uns das gerne ein bisschen anders gewünscht und sind mit dem Prozess nur bedingt zufrieden, und auch mit dem Ergebnis. Die Umsetzung der EU-Richtlinie in Länderrecht ist allerdings zwingend erforderlich und bietet eine Verbesserung der bestehenden Verhältnisse. Also es ist nicht so, dass dabei jetzt nichts rumkommen würde, aber wir haben da durchaus weitergehende Forderungen.
Wir wollen immer noch ein Mehr an Barrierefreiheit, wollen aber auch die Betroffenen hier nicht länger darauf warten lassen, dass eine Verbesserung eintritt, und bitten daher um Zustimmung und eventuell Aufruf in der nächsten Legislaturperiode, um es besser zu machen. Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Präsidentin, der vorliegende Antrag der CDUFraktion versucht, die Bedrohung der Pressevielfalt und damit der Pressefreiheit in Deutschland einzudämmen, das allerdings – das schicke ich voraus – ziemlich leidenschaftslos und ein bisschen unbeholfen. Der Antrag beschäftigt sich – und das stellt dort auch eine schwierige Kausalkette her zwischen der Frage: Ist die Pressevielfalt deswegen bedroht, weil die Umsatzsteuer für die Printausgaben so teuer ist oder höher ist als die für die Online-Geschichten? Das ist mir, auch meiner Fraktion – ehrlich gesagt –, ein bisschen zu wenig, denn das Problem ist deutlich komplexer, als es in diesem Antrag dargestellt wird. Will man dem Problem gerecht werden, sollte man das Problem zunächst erst mal ehrlich analysieren.
Die NGO „Reporter ohne Grenzen“ dokumentiert und analysiert beispielsweise die Gefahren, denen sich der freie Journalismus wiederholt und beständig ausgeliefert sieht und fügt sie in ihrer Rangliste der Pressefreiheit zusammen. Bei einem ersten groben Drüberschauen könnte man sich ja fast noch freuen: Deutschland ist um zwei Ränge aufgestiegen, von Platz 15 auf Platz 13. Doch sieht man genauer hin, ist dieser Aufstieg lediglich der Relation zu den steigenden Verschlechterungen der anderen Staaten geschuldet. Kurzum, in Deutschland hat sich für Journalistinnen und Journalismus nichts verbessert. Im Gegenteil, in dem Bericht heißt es, ich zitiere: „2018 ist die Zahl der tätlichen Angriffe gegen Journalistinnen und Journalisten im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Zu Gewalt kam es insbesondere am Rande rechtspopulistischer Veranstaltungen und Kundgebungen“, auch das kennen wir aus Thüringen. Auch von parteilicher Seite wird die Arbeit der Reporterinnen behindert, so heißt es im Bericht: Immer wieder versuchen Politikerinnen und Politiker – insbesondere der AfD –, die Presse insgesamt oder einzelne Medien von Veranstaltungen auszuschließen. Ich ergänze an dieser Stelle: Im Thüringer Landtag haben Sie heute schon mehrfach auch die Medien diskreditiert. Das haben Sie auch gerade hier schon wieder getan.
Als letzter Punkt des Berichts – und das ist auch das Wesentliche zu dieser Debatte – wird die latente Bedrohung der Pressevielfalt angeführt. Dies zeigt sich vor allen Dingen im Stellenabbau und in Einsparungen. Auch das kennen wir in Thüringen. Hier hat beispielsweise die Funke Mediengruppe Lokalredaktionen zusammengelegt und Einsparungen vorgenommen. Das Problem der Pressevielfalt ist aus meiner Sicht nun wirklich keins, das sich mit der Senkung der Umsatzsteuer beheben lässt. Die Plattform Übermedien hat das Problem anlässlich des Internationalen Tags der Pressefreiheit untersucht und hier hatten sich zum Beispiel die Verlage und Zeitungen darauf geeinigt, ein Bild von Norbert Bisky als Motiv der Titelseiten zu wählen. Sie erinnern sich vielleicht daran, das ist noch gar nicht lange her. Leider sind der Begleittext der dpa und das Interview des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger mit dem Maler ebenfalls von einem Großteil übernommen worden. Eine eigene kritische Auseinandersetzung mit dem Thema „Pressevielfalt“ gab es an diesem Tag nicht. Noch schlimmer: Einige Zeitungen gaben das geklaute Interview als ihr eigenes aus. Das ist ziemlich peinlich und zeigt ein grundlegendes Problem auf. Verlage agieren häufig leider rein ökonomisch. Sie suchen nach Absatzzahlen und beantworten Bedrohungen mit Einsparungen. Dabei übersehen sie, dass das
Ergebnis ihrer Einsparungen sinkende Absatzzahlen sind, denn die Leserinnen nehmen diese Entwicklung durchaus wahr und fragen sich zu Recht, was das für sie bedeutet.
Die Nachrichtenmeldungen unterscheiden sich kaum und werden fast identisch aufbereitet, da reicht auch eine Zeitung. Das sagen sich dann die meisten Leute an der Stelle. Da sich aber scheinbar das Einsparungsmodell als alleinige Lösung etabliert hat, sind die Verlage in sich selbst gefangen, und das verwundert doch schon etwas, denn der Journalismus und seine Vermarktung befinden sich eigentlich permanent im Umbruch. Jetzt scheint dieser Umbruch allerdings eine neue Qualität erreicht zu haben. Diese adäquat zu erfassen, hat die Thüringer Staatskanzlei – auch das haben wir ja in der Thüringer Landesmedienanstalt besprochen, zusammen mit der Thüringer Landesmedienvertretung – die Studie „Aktive Sicherung lokaler und regionaler Medienvielfalt, rechtliche Möglichkeiten und Grenzen“ im Institut für Europäisches Medienrecht e. V. in Auftrag gegeben. Die Studie nimmt auf 286 Seiten umfangreich zu der Frage Stellung, mit welchen Fördermaßnahmen die Pressevielfalt gestärkt werden kann. Es wird eine Vielzahl von Maßnahmen sowohl im staatsvertraglichen Bereich als auch im Länder- und Bundesrecht erarbeitet und bewertet. Umso erstaunlicher ist es, dass die CDU mit ihrem Antrag lediglich ein Paradigma daraus herausgreift. Noch mehr verwundert es, dass diese Verknüpfung – Stärkung der Thüringer Presselandschaft und bessere Versorgung des ländlichen Raums – nicht allein durch die Senkung der Umsatzsteuer erreicht wird. Die Funke-Gruppe wird jetzt nicht, nur weil sie weniger Steuern zahlt, im ländlichen Raum auf einmal wieder mehr Leserinnen und Leser haben. Das wird nicht eintreten. Ich glaube tatsächlich – das ist auch eine Diskussion, die wir immer wieder mit der Mediengruppe Thüringen haben –, dass wir auch über Qualität und über die Art und Weise, wie Zeitung gemacht wird, reden müssen.
Mich würde auch tatsächlich interessieren, aus welchem Blickwinkel Sie Pressevielfalt definieren. Mir scheint es, als ob Sie da einfach eine Gleichung haben: Viele Zeitungen ist große Pressevielfalt. Das sehe ich so einfach nicht, aber der Antrag gibt das leider so ein Stück weit wieder.
Außerdem erschließt sich mir auch nicht, warum Sie den Bundesrat dazu brauchen.
Okay, dann haben wir das vielleicht falsch gelesen. Aber ich glaube einfach, wenn es wirklich nur um
die Umsatzsteuer geht, dann kann man das wahrscheinlich auch über Ihre Kolleginnen und Kollegen auf Bundesebene regeln.
Nichtsdestotrotz: Ich glaube, es ist grundsätzlich wichtig, dass wir uns als Landtag damit beschäftigen. Ich kann aber für meine Fraktion nicht sagen, dass wir dem Antrag so zustimmen können. Deswegen würden wir um Überweisung an den zuständigen Ausschuss bitten, damit wir dort noch einmal darüber reden und vielleicht den Blick ein bisschen weiten und das ein Stück weit breiter aufstellen und Pressevielfalt etwas breiter definieren, so, wie wir das auch verstehen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Aktuelle Stunde ist zwar aktuell, aber sie ist leider nicht neu. Am Wochenende findet wiederholt eine Rechtsrockveranstaltung, die „Tage der nationalen Bewegung“, in Themar statt und – als würde das nicht ausreichen – findet wahrscheinlich auch noch das „Jugend-im-Sturm“-Festival der rechtsextremen Scheinpartei „Der III. Weg“ in Mitteldeutschland statt, also vermutlich in Kirchheim. Und wieder werden überall Neonazis nach Thüringen strömen und kleine Ortschaften überrollen. Für ein Wochenende wird auch unsere Aufmerksamkeit wieder auf diesen neonazistischen Komfortwelten liegen. Und ja, wir alle haben Glück, dass wir in Themar eine mutige Zivilgesellschaft haben, die sich diesen Nazis entgegenstellt und die auch an diesem Wochenende wieder Proteste gegen dieses Neonazikonzert organisiert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist hier heute auch schon in der Aktuellen Stunde zu dem vermutlich rechtsterroristischen Mord an Walter Lübcke gesagt worden. Sie sagen das immer so und das schleift sich so ein, aber ich glaube, es ist noch mal ganz besonders wichtig zu betonen, wie wichtig das ist, die Menschen zu unterstützen, die sich gerade auch in ländlichen Regionen gegen Neonazis stellen, die dort teilweise üblen Bedrohungen ausgesetzt sind, die eben nicht einfach wegziehen und sagen können, ich verlasse jetzt mein Dorf – weil sie dort Verpflichtungen haben, weil sie dort Eigentum haben und sich trotzdem dagegen wehren. Ich glaube, in den nächsten Monaten wird es wichtig sein, dass wir diese Menschen noch viel stärker unterstützen, nicht nur hier im Parlament, sondern auch vor Ort. Ich würde mir wirklich wünschen, dass alle demokratischen Parteien in diesem Hause das ernst nehmen und diesen Menschen zur Seite stehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach diesem Wochenende sind zwar vielleicht erst mal die vielen Neonazis weg, aber was weiterhin da sein wird, ist die Wiese, auf der weiterhin verfassungsfeindliche und menschenverachtende Veranstaltungsformate stattfinden werden. Es wird die Nazigaststätte von Tommy Frenck immer noch da sein, in der es Liederabende geben wird und nostalgische Nazideko, und die extrem Rechte wird auch weiterhin Geld verdienen und dieses in ihre Strukturen geben und diese Strukturen stärken. Es wird der Ort bleiben mit seinen Alltagsproblemen und einer – das haben wir gemerkt, als wir in Themar wa
ren – gespaltenen Gesellschaft. Es ist sehr wichtig, dass wir die Proteste am Wochenende unterstützen. Ich bin auch sehr dankbar, dass der Innenminister und sein Ministerium diesmal sehr gut vorgearbeitet haben, dass die Taskforce sich hier wirklich angestrengt und dafür gesorgt hat, dass wir eventuell doch einen Etappensieg erringen können.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen uns natürlich auch ehrlich machen: Wir wissen alle, dass das nicht reicht und dass wir noch viel stärker daran arbeiten müssen, dass die Rechtsrockveranstaltungen, die ein Pfeiler neonazistischer Infrastruktur sind und auch im Übrigen rechtsterroristischer Infrastruktur darstellen, bekämpft werden. Der Hass, der auf Rechtsrockkonzerten gelebt, getanzt, gesungen und gegrölt wird, der endet am Ende auch in der Tötung von Menschen. Ralf Wohlleben beispielsweise, der Unterstützer des NSU-Trios, war auch der Organisator des „Fests der Völker“, das auch von der Zivilgesellschaft in Jena am Ende verhindert wurde.
Ja, von Antifaschistinnen und Antifaschisten. Ich habe Zivilgesellschaft gesagt. Bei mir gehören die da dazu, Katharina.
„Blood & Honour“ hatte mit dem NSU-Netzwerk personelle Verflechtungen, die bei verschiedenen Personen des NSU-Netzwerks festgestellt werden konnten. Wir müssen dieses Problem erkennen, wir müssen es benennen und wir müssen vor allen Dingen endlich die Vernetzung in den Vordergrund rücken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für uns Bündnisgrüne und für die rot-rot-grüne Koalitionsfraktion heißt das, dass wir konsequent und ganzheitlich gegen Rechtsextremismus und Neonazis in Thüringen vorgehen wollen. Wir müssen unseren Blick weiten. Während wir Rechtsrockkonzerte in den Fokus nehmen, dürfen wir zum Beispiel den Alltagsrassismus in Thüringen nicht aus den Augen verlieren und müssen auch weiterhin schauen, dass wir einen Blick auf die zahlreichen Naziimmobilien haben. Die Naziimmobilien sind permanent da. Sie sind dazu da, die Ideologie zu festigen, dort wird Musik produziert und werden Vernetzungen verdichtet. Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht zum Schluss dienen sie eben auch als Rückzugsort für Neonazis.
Wir beobachten, dass Kampfsport in Thüringen und auch deutschlandweit in der Neonaziszene eine viel
größere Rolle spielt. Das sollten wir sehr genau beobachten und darauf auch einen Fokus legen. Auch da gehört es dazu, dass wir beispielsweise den Landessportbund und auch die Sportvereine stärker in den Fokus nehmen.
Letztendlich ist es aber vor allen Dingen aus meiner Sicht wichtig, den Druck, den wir jetzt auch am Wochenende auf die rechte Szene erhöhen, weiter aufzubauen. Es darf keinen Spaß machen, in Thüringen ein Rechtsrockkonzert durchzuführen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Das muss das Ziel sein und dann werden wir auch diese Rechtsrockkonzerte in Zukunft verhindern können. Vielen Dank.
Meine sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne und am Livestream! Hinter den Zahlen, die wir heute diskutieren und ja auch hier schon ausgiebig diskutiert haben, stehen immer konkrete Handlungen, Menschen, Projekte und Ideen. Sie schaffen die Grundlage für unsere Visionen eines gelingenden Zusammenlebens in Thüringen. Für uns Grüne gehört dazu unbedingt die kulturelle Bildung und Betätigung. Kultur ist mehr als einfach nur toter Stein und geputzter Beton. Kultur entfaltet Wert und seine Wirkung vor allem in der Erfahrung.
Damit Kunst nicht einfach nur zur Ware wird oder zur Kunstindustrie verkommt, muss sie unabhängig und frei bleiben. Dafür haben wir in diesem Haushalt Sorge getragen. Der Etat im Einzelplan 02 – das hat die Kollegin Mitteldorf hier schon deutlich gemacht – ist so hoch wie nie und dann könnte man als Kulturpolitikerin jetzt eigentlich schon aufhören und sagen: Super, wir haben das geschafft. Aber lassen Sie mich trotzdem noch ein paar Sachen dazu sagen. Fernab von Sonderplenen, die mit fadenscheinigen Begründungen zu Wahlkampfshoweinlagen verkommen, haben wir hier tatsächlich Akzente gesetzt.
Wir haben mit Projektmitteln für die freie Theaterszene noch einmal ordentlich dafür gesorgt, dass dort tatsächlich auch Investitionen stattfinden können. Die freie Szene ist ein wichtiger Ort mit einer geringen Hemmschwelle, um kulturelle Erfahrungen nicht nur als Betrachter, sondern als Kunstschaffende zu machen.
Wirksamkeitserfahrung ist eines der elementarsten Kriterien für eine gelingende kulturelle Bildung und daher nehmen wir uns die Bürgermedien in Thüringen vor. Die haben für uns eine besondere Stellung,
wenn es darum geht, insbesondere Medien und Meinungsvielfalt zu erhalten und Wirksamkeitserfahrungen bei den Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen. Es gibt andere Bundesländer, die nicht ansatzweise so sehr für ihre Bürgermedien einstehen. Ich glaube, das ist ganz wichtig. Sie sind einfach Teil der Meinungsvielfalt in diesem Bundesland.