Protokoll der Sitzung vom 21.03.2018

und auch nur ernsthaft in Erwägung ziehen, was Sie da aufgeschrieben haben. Noch mal: Es ist irrlichternd. Ja, seit 2014 gibt es in Thüringen eine

(Abg. Kummer)

Wölfin, ja, seit 2016 gibt es den eben gezeigten Managementplan, seit 2017, dritter Fakt – lesen Sie es sich einfach durch –, die Förderrichtlinie Wolf/ Luchs. Damit unterstützen wir die Schäferinnen und Schäfer in Thüringen beim Schutz ihrer Tiere vor Wolfsübergriffen. Sie sehen, dass der Schutz von Personen und Nutztieren vor dem Wolf an dieser Stelle ernst genommen wird. Liegt ein mögliches Gefahrenpotenzial eines Wolfs für den Menschen vor, kann dieser aufgrund bereits bestehender Gesetze auch sofort getötet werden.

Der Schutz der Nutztiere und die Fortführung der Weidetierhaltung sind unverzichtbar für den Erhalt unserer wertvollen thüringischen Kulturlandschaft. Herr Malsch, es ist schon ein starkes Stück, dass Sie sich dann hier hinstellen und meinen, dass die schwierige Situation der Schäfer in erster Linie mit dem Wolf zu tun hat. Eine Wölfin! Ja, es gab diese Risse. Aber wenn Sie sich mal anschauen, dass gerade mal noch 800 Schäfer in der ganzen Bundesrepublik ihre Tiere auf die Weiden bringen, davon 150 in Thüringen und sich der Bestand der Schäfer in den vergangenen Jahren halbiert hat, dann hat das nichts mit der Rückkehr des Wolfs zu tun, sondern mit den schlechten landwirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie eine ehrliche Debatte über die Tatsache, dass dieser Beruf, der wirklich ehrbar ist und den wir brauchen, um unsere wertvolle Kulturlandschaft zu pflegen, am Ende des Tages Unterstützung erfährt, dann finde ich es grotesk, dass Sie in den Haushaltsdebatten nicht eine einzige Geschichte, die wir vorgeschlagen haben, ob Schaf-Ziegen-Prämie oder Grünlandförderung oder Weidetierprämie, unterstützt haben. Das ist verlogen – das sage ich Ihnen so offen –,

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sich dann hier hinzustellen und sich zum verlängerten Arm der AfD zu machen. Lesen Sie nach, was wir dazu gemacht haben.

Fakt Nummer 5: Freilich nimmt die Landesregierung ernst, dass es Sorgen und Nöte gibt. Aber noch mal: Rechtswidrig werden wir uns nicht verhalten. Weil wir die Sorgen der Menschen ernst nehmen, haben wir das Wolfsmonitoring intensiviert. Es gibt Kooperationsvereinbarungen sowohl mit dem Landesjagdverband als auch mit dem NABU. Es gibt eine Kooperationsvereinbarung und einen Dauervertrag mit dem Büro LUPUS – das ist das Bundeswolfskompetenzzentrum mit Sitz in Sachsen –, um sich die Ohrdrufer Wölfin und ihr Verhalten näher anzuschauen. Ich behaupte mal an dieser Stelle, die Ohrdrufer Wölfin ist eine der bestbewachtesten Wölfinnen in der ganzen Bundesre

publik, weil wir auch den Bundesforst und die Bundeswehr an dieser Stelle an unserer Seite wissen.

Der nächste Fakt: der Wolfsmanagementplan, der 2016 erschienen ist und dann auch überarbeitet wurde. Er ist praxistauglich, er ist unbürokratisch und er bietet bürgernahe Regelungen. Wir haben natürlich auch eine Arbeitsgruppe, die sich immer wieder mit der Fortentwicklung dieser Fragen auseinandersetzt. In dieser Arbeitsgruppe sind Nutztierhalter ebenso anwesend wie Naturschutz- und Jagdverbände. Deswegen ist auch die Überarbeitung oder das Bedürfnis nach Überarbeitung einer Förderrichtlinie Wolf/Luchs permanent sichergestellt.

Sie sehen also, das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz steht beim Wolfsmanagement nicht nur in engem Austausch mit dem Bund, sondern auch mit all jenen Partnern, die wir brauchen, um die Situation zu sichern. Sie alle wissen, dass wir das Expertenwissen der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Wolf, der DBBW, intensiv genutzt haben, um auch das Hybridproblem lösen zu können. Erst im November 2017 hat der Generaldirektor Umwelt der EU-Kommission gegenüber der Bundesrepublik deutlich gemacht, dass die entsprechenden Rechtstexte und Anhänge der FFH-Richtlinie zweckmäßig und zielgerichtet sind. Solange die eingangs genannten Gesetze so bestehen, werden wir uns selbstverständlich auch innerhalb der eingangs genannten Gesetze und dem eingangs genannten Rechtsrahmen bewegen. Noch mal: Diese stellen sicher, dass in einer akuten Gefahrensituation selbstverständlich gehandelt werden kann.

Sie fordern nun, den Wolf in das Jagdrecht aufzunehmen. Tilo Kummer hat es auf den Punkt gebracht. Selbst wenn wir das genau so, wie Sachsen das tut, aufnehmen würden, besteht nichtsdestotrotz – Ober schlägt Unter – eine entsprechende Regelung, die so aussieht, dass aufgrund weiter geltender artenschutzrechtlicher Regelungen eine ganzjährige Schonfrist festgelegt werden müsste. Es dürfte also trotzdem nicht gejagt werden. Wenn Sie der Ansicht sind, dass Sie das brauchen, um sich symbolisch irgendetwas an das Revers zu heften, können wir die Diskussion gern führen. Aber dieser Vorschlag führt am Ende zu gar keiner praktischen Veränderung. Er erzeugt nur eines, nämlich mehr Verwaltungsbürokratie infolge der entstehenden Doppelzuständigkeit von Jagd- und Naturschutzbehörden. Wenn Sie – als diejenigen, die eigentlich sonst, wenn es um die Bürokratie geht, immer den Zeigefinger ganz besonders schnell heben – meinen, dass wir das brauchen, kann ich nur sagen, da irren Sie sich. Das ist ein Irrweg, den wir nicht mitgehen wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich plädiere sehr dafür, erstens die Debatte im Ausschuss

(Ministerin Siegesmund)

fortzusetzen, zweitens mal die Kirche im Dorf zu lassen und drittens den Antrag der AfD abzulehnen. Besten Dank.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich habe Anträge auf Überweisung an den Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz und an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten vernommen und das würde ich jetzt beides abstimmen.

Wer den Antrag an den Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz überweisen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Danke schön. Gegenstimmen? Aus dem Rest des Hauses – mit Mehrheit abgelehnt.

Wer diesen Antrag an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten überweisen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Aus dem Rest des Hauses – mit Mehrheit abgelehnt.

Wir stimmen jetzt über den Antrag in Drucksache 6/5388 ab. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Aus dem gesamten Rest des Hauses – damit mit Mehrheit abgelehnt.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe als letzten Tagesordnungspunkt für die heutige Sitzung auf den Tagesordnungspunkt 12

Die Aushöhlung des Rechtsstaats stoppen – keine Privilegien für die Etablierung rechtsfreier Räume in den Kirchen Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/5389

Wünschen Sie das Wort zur Begründung? Bitte, Herr Möller, dann haben Sie das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, vor ein paar Wochen ging die Meldung durch die Medien, dass die Evangelische Kirche mehr Schutz ihrer Räumlichkeiten vor Razzien fordere. Hintergrund der Forderung war, dass Räumlichkeiten des Pfarrers König in Jena – der ist ja auch allgemein bekannt – durchsucht worden waren und die Ermittlungsbehörden die Durchsuchung nicht vorher angekündigt hatten. Die Vertreter der Kirche verwiesen in diesem Zusammenhang auf ein Schreiben des Thüringer Justizminis

teriums an das Landeskirchenamt in Erfurt aus dem Jahr 2013, wonach das Ministerium zugesagt habe, dass bei Durchsuchungen bei Pfarrern das zuständige Landeskirchenamt kurzfristig unterrichtet werde. Diese kurzfristige Unterrichtung, so die Kirchenvertreter, sei im Fall des Pfarrers König nicht erfolgt.

Meine Damen und Herren, auf den Schutz des Seelsorgegeheimnisses im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen zu drängen, ist völlig legitim, genauso legitim übrigens wie der Schutz der vertraulichen Beziehung zwischen Arzt und Patienten, zwischen Anwalt und Mandanten und zwischen Journalisten und Quelle. Genau deshalb, meine Damen und Herren, gibt es strafprozessuale Vorschriften, die diese Vertrauensbeziehungen unter besonderen Schutz stellen. Das ist klassische rechtsstaatliche Praxis, ein Gesetz regelt einen Sachverhalt. Keine rechtsstaatliche Praxis ist es, wenn bestimmte Institutionen wie die Kirche aufgrund besonderer Näheverhältnisse zu anderen Institutionen oder deren Vertretern, wie zum Beispiel der verflossenen Landesregierung, Sonderrechte eingeräumt bekommen, die nirgendwo im Gesetz stehen und sie besserstellen als vergleichbar potenziell Betroffene.

Lassen Sie mich an dieser Stelle zwei Dinge ganz klar deutlich machen, denn das ist Kern unseres heutigen Anliegens: Sonderrechte kraft besonderer Beziehung sind rechtsstaatsunwürdig. Vereinbarte Sonderrechte für religiöse Gemeinschaften erwarten wir von der AfD-Fraktion in einer Theokratie im Iran, aber sicherlich nicht in einem demokratischen Freistaat.

Ob solche Sonderrechte angesichts der schriftlichen Zusage von 2013 bereits vereinbart sind, möchten wir mit unserem Berichtsersuchen an die Landesregierung herausfinden.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Sie hätten vielleicht den Artikel mal zu Ende le- sen sollen!)

Aber der Anlass für unseren Antrag hat eben darüber hinausgehend noch eine weitere Dimension. So war in einem Beitrag der „Thüringischen Landeszeitung“ vom 27. Februar 2018 zu lesen, dass hochrangige Vertreter der Evangelischen Kirche Thüringens mit der Landesregierung vereinbaren wollen, welche Räume in kirchlichen Einrichtungen grundsätzlich gar nicht vom Staat durchsucht werden dürfen. Da muss ich sagen, dass hier mit einer ziemlichen Dreistigkeit besondere Beziehungen genutzt werden, um gegenüber allen anderen Bürgern und Institutionen in diesem Freistaat bessergestellt zu werden. Das ist inakzeptabel. Was da gefordert wird, meine Damen und Herren, ist keine Kleinigkeit. Faktisch geht es um die Vereinbarung rechtsfreier Räume, die das Gesetz schlicht und ergrei

(Ministerin Siegesmund)

fend nicht vorsieht. Dieses Gesetz gilt selbstverständlich auch für die Evangelische Kirche.

(Beifall AfD)

Jeder Demokrat im Amt, der es mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ernst nimmt, muss diese Herausforderung mit aller Entschiedenheit umgehend zurückweisen.

(Beifall AfD)

Und da habe ich ehrlich gesagt ein Wahrnehmungsproblem gehabt. Ich weiß nämlich bis heute nicht, wie die Landesregierung gedenkt, mit dieser Forderung der beiden Kirchenmänner umzugehen. Ich hoffe, dass die Landesregierung in dieser Sache im Interesse des Rechtsstaats den Vorrang des Gesetzes achtet und die Forderungen nach rechtsfreien Räumen – so wenig und so beschränkt das sein mag – zurückweist. Ich hoffe, dass gerade auch angesichts der zum Teil verstörenden Rückmeldungen aus dem Lager der Regierungsfraktionen, die in der Presse nachzulesen waren, denen die guten Beziehungen zur Kirche und eine übermoralische Attitüde offensichtlich wichtiger sind als die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung,

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Sie haben ja wohl nicht alle Latten am Zaun!)

die Bewertung der Landesregierung klarer ausfällt, deutlicher ausfällt und rechtsstaatlicher ausfällt. In diesem Sinne blicken wir gespannt auf die Äußerung der Landesregierung und freuen uns auf eine angeregte Debatte.

(Beifall AfD)

Frau Abgeordnete Berninger, ich bitte Sie, sich in Ihrem Wortgebrauch etwas zu zügeln. Wir kommen jetzt, nachdem die Landesregierung angekündigt hat, nicht von der Möglichkeit zum Sofortbericht Gebrauch zu machen, zur Beratung und ich rufe auf den Abgeordneten Helmerich von der SPDFraktion.

Sehr verehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kollegen und Kolleginnen, sehr verehrte Zuschauer, die AfD entlarvt sich mit diesem Antrag wieder einmal selbst.

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Das hatten wir gehofft!)

Sie stellt einen Antrag mit der Bitte um Information, gibt sich aber selbst schon die Antwort, die sie von der Landesregierung gar nicht kennt, und versucht, die Landesregierung dann mit einer Art Vorwurf zu überhäufen, es würde hier rechtsfreie Räume ge

ben. Es gibt definitiv nirgends rechtsfreie Räume, die gibt es nicht. Es gibt aber geschützte Räume. Ein geschützter Raum ist beispielsweise eine Steuerkanzlei, ein geschützter Raum ist eine Rechtsanwaltskanzlei, die auch durchsucht werden darf, allerdings

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Ohne Vorin- formation!)

ist das so durchzuführen, dass die anwaltliche Verschwiegenheit, die geschützten Rechte der Mandanten nicht beeinträchtigt werden. Genauso ist es bei den Kirchen. Was Sie machen, ist ein Generalangriff gegen die Kirchen. So sieht das aus, so ist es.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Ach! Können Sie das näher ausführen?)

Ich freue mich auf die Berichterstattung der Landesregierung. Wir werden sehen, dass die Bedrohungskulisse, die hier von Ihnen aufgeblasen wird, wie in vielen anderen Themen auch – Weltuntergangsfantasien, Zusammenbrüche, alles, was man sich überhaupt vorstellen kann. Und nur so können Sie im Übrigen auch Ihre Wählerklientel an sich binden, indem Sie diesen ständig Angst machen, hier einen Popanz aufblasen,

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das habe ich von meinem ehemaligen Kreisvorsitzenden!)

der überhaupt nicht da ist.