Protokoll der Sitzung vom 22.03.2018

Danke schön. Enthaltungen? Bei Enthaltungen vom Abgeordneten Rudy und Abgeordneten Gentele mit Mehrheit angenommen.

(Heiterkeit DIE LINKE, AfD)

Ist Herr Rudy auch stehen geblieben? Bestehen Sie auf einer Wiederholung der Abstimmung? Ja, es gibt den Wunsch nach einer Wiederholung der Abstimmung. Wir stimmen erneut ab. Ich bitte, sich von den Plätzen zu erheben, wer für dieses Gesetz ist. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen und der CDU-Fraktion. Danke schön. Gegenstimmen? Gegenstimmen aus der AfD-Fraktion. Danke schön. Enthaltungen? Vom Abgeordneten Fiedler und vom Abgeordneten Gentele. Sehen Sie, das ist doch noch ein ganz anderes Bild. Dennoch ist dieses Gesetz angenommen.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf Tagesordnungspunkt 13

Gegen eine Politisierung gewachsener Gemeinschaftsstrukturen: Einrichtung eines Landesprogrammes „Meine Heimat - mein Thüringen“ Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/5390

Wünscht die Fraktion das Wort zur Begründung? Das ist der Fall. Wer soll begründen? Herr Abgeordneter Höcke, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne – herzlich willkommen im Thüringer Landtag! Ich möchte zu diesem wichtigen Tagesordnungspunkt einige grundsätzliche Anmerkungen zum Begriff der Heimat machen. Die Heimat bzw. der Begriff der Heimat erlebt gerade eine große Re

naissance, eine Renaissance, die wir als AfD-Fraktion im Thüringer Landtag vollumfänglich unterstützen und begrüßen.

(Beifall AfD)

Dass dieser Heimatbegriff eine Renaissance erlebt, liegt sicherlich auch daran, dass es mit der AfD eine neue authentische Heimatpartei in Thüringen und bundesweit gibt.

(Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Beifall AfD)

Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, für mich hat Heimat drei Dimensionen. Das ist die geografische Dimension, die kulturelle Dimension und die soziale Dimension. Der Mensch wird geprägt durch Klima und Landschaft, in die er hineingeboren wird. Das ist die geografische Dimension von Heimat. Er wird beeindruckt, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, durch Gebäude, durch Brauchtum, durch Erzählungen, die er in seiner Kindheit und Jugend kennenlernen und erfahren darf. Das ist die kulturelle Dimension. Und er wird entlastet durch von allen geteilte Sitten und Werte. Das ist die soziale Dimension. Deswegen sagte Gottfried von Herder auch einmal, Heimat sei der Ort – und er bezog sich dabei auf die soziale Dimension –, in dem und bei dem und „wo man sich nicht erklären muss“.

(Beifall AfD)

Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, heute ist Heimat für die Menschen in Thüringen und Deutschland in Gefahr. Sie ist in Gefahr durch eine von Ihnen allen unterstützte Politik einer falsch angelegten Globalisierung. Diese Politik stellt den Menschen nicht in den Mittelpunkt des Denkens, sondern ökonomische Verwertungsinteressen. Sie klebt allem und jedem ein Preisetikett an, kennt aber von nichts und niemandem mehr den Wert. Ich sage Ihnen: Heimat hat keinen Preis, sondern Heimat hat einen unschätzbaren Wert.

(Beifall AfD)

Wir als AfD-Fraktion im Thüringer Landtag wenden uns gegen kulturelle Nivellierung, wir wenden uns gegen Entsouveränisierung und wir wenden uns mit aller Entschiedenheit gegen Multikulturalisierung. Wir wollen die Heimaten der Menschheit erhalten und wir wollen selbstverständlich auch, dass von Deutschland und Thüringen in 100 Jahren mehr bleibt als nur ein Name.

(Beifall AfD)

Mit Heimat können wieder Wahlkämpfe gewonnen werden und ich befürchte, deswegen bemühen sich auch die Altfraktionen und die Altparteien neuerdings sehr verstärkt um diesen Begriff der Heimat. In Berlin wird es jetzt unter CSU-Ägide sogar ein Heimatministerium geben und das, obwohl die

(Präsident Carius)

richtlinienkompetente Kanzlerin gerade vor einigen Tagen noch einmal bekräftigt hat, dass der Islam zu Deutschland gehöre.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist auch so!)

Nein, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne, der Islam hat zweifellos eine Existenzberechtigung als große Weltreligion und er hat zweifellos auch eine Heimat und die macht ihm auch keiner streitig. Aber diese Heimat heißt mit Sicherheit nicht Thüringen und sie heißt nicht Deutschland.

(Beifall AfD)

Was sagt Die Linke zur Heimat?

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie reden gerade von unserer Verfassung!)

Die Linke hat ein sehr ambivalentes Verhältnis – ich spreche doch jetzt Die Linke an, Herr Kollege Adams, und nicht Sie von den Grünen, obwohl: Sie sind ja auch verkappte Linke.

(Beifall AfD)

Die Linke sagt zur Heimat oder zum Heimatland und folgte da einem ihrer Vordenker: „Links ist da,“ – Herr Professor Hoff, Sie kennen das Zitat sicherlich – „wo keine Heimat ist.“

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wo der Daumen rechts ist!)

Das Zitat ist von Jean Améry, und dieses Zitat prägte den Umgang der politischen Linken

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

mit Heimat über Jahrzehnte, bis Die Linke gerade hier im Osten bemerkte, dass die Wählerschaft im Osten in Scharen einer anderen politischen Kraft, einer neuen politischen Kraft zuläuft, nämlich uns. So kam es, dass der Ministerpräsident, der bei diesem wichtigen Thema heute leider nicht anwesend ist, kürzlich sogar ein Heimatinterview gab, ein großes Heimatinterview. Der eine oder andere von Ihnen wird es gelesen haben. Er meinte dort, er sei „der Überzeugung, dass es ein Fehler war, den Begriff [der Heimat] zu skandalisieren, und [dass man] mit diesem Alarmismus den Begriff Heimat schlicht auf[ge]geben hätten“. Wir sagen als AfD-Fraktion im Thüringer Landtag: Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, diese Einsicht kommt uns leider etwas zu spät und keiner im Land nimmt Ihnen diese Kehrtwende mehr ab.

(Beifall AfD)

Wie ernst es Ihnen damit ist und inwieweit Sie diese Diskussion überhaupt verstanden haben, zeigen im Fortgang des Interviews auch weitere Passagen. Heimat sei ein Begriff, so meinen Sie, mit dem „am

Ende“ – so wörtlich – „immer ein Staatsgebiet geschaffen werden [solle], das einheitlich sein soll.“ Damit qualifiziert sich der Herr Ministerpräsident auf der ganzen Linie selbst ab.

Herr Abgeordneter Höcke, ich muss Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Sofort, Herr Präsident. – Er erkennt nicht – und er hat den Ansatz augenscheinlich nicht verstanden –, was die Leute, was die Wähler und was die Bürger überhaupt von Politik erwarten. Ja, sie erwarten, dass der Staat funktionsfähig erhalten wird. Ein funktionsfähiger Staat, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, ist fundamental darauf angewiesen, dass es Konventionen und ein Mindestmaß einer Einheitlichkeit im Fühlen, Denken und Handeln seiner Bürger gibt. Das wird letztlich in den Begriff der Heimat mit eingepflegt.

(Beifall AfD)

Jetzt ist die Redezeit vorbei!

Um Heimat zu schützen, haben wir ein Heimatprogramm aufgelegt und wir freuen uns jetzt auf die Diskussion zum Landesprogramm „Meine Heimat – mein Thüringen“. Herzlichen Dank für das Zuhören.

(Beifall AfD)

Ich eröffne die Beratung und als Erster hat der Abgeordnete Walk das Wort für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werte Besucher auf der Besuchertribüne, die AfD-Fraktion hat das Thema „Gegen eine Politisierung gewachsener Gemeinschaftsstrukturen: Einrichtung eines Landesprogrammes ‚Meine Heimat – mein Thüringen‘“ heute auf die Tagesordnung setzen lassen. Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung: Zunächst einmal habe ich den Titel nicht verstanden. Was ist denn darunter zu verstehen, im ersten Halbsatz: „gegen eine Politisierung gewachsener Gemeinschaftsstrukturen“? Ich habe auch in meinem Kollegenkreis herumgefragt

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Ich erkläre es Ihnen gleich!)

(Abg. Höcke)

und da gab es verschiedene Interpretationen, die in Tausende von Richtungen gingen. Also, ich habe es nicht verstanden, ich habe auch genau zugehört bei der Einführung des Fraktionsvorsitzenden, bin aber auch da nicht schlauer geworden.

Im zweiten Teil, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wird das Thema „Heimat“ aufgegriffen und zu diesem Punkt will ich natürlich sehr gern etwas sagen. Man kann inzwischen den Eindruck gewinnen – und das ging auch aus der Einführung hervor –, der selbst ernannten Heimatpartei AfD obliege die alleinige Deutungshoheit des Begriffs Heimat. Da kann ich Ihnen aber nur zurufen: Das ist mitnichten so, Heimat gab es bereits, da war an die AfD überhaupt noch nicht zu denken.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir Christdemokraten werden den Begriff Heimat jedenfalls nicht der AfD überlassen. Ich freue mich jedenfalls darüber, dass inzwischen auch andere Politiker diese Ansicht teilen. So erklärte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede zum Tag der Deutschen Einheit, er sagte Folgendes: „Die Sehnsucht nach Heimat – nach Sicherheit, nach Entschleunigung, nach Zusammenhalt und Anerkennung – […] dürfen wir nicht den Nationalisten überlassen.“ Und auch – Kollege Adams – der neue Grünen-Chef Robert Habeck sagt, ich zitiere: „Wir müssen uns trauen, über Begriffe wie Heimat und Patriotismus zu reden, sie für uns zu reklamieren“.