Ach, kommen Sie, Herr Herrgott, die Syrer werden lange nicht zurückgehen. Schauen Sie sich doch Syrien an. Das ändert nichts daran, dass die AfDPolitiker dem Assad die blutigen Hände schütteln. Deswegen wird Syrien doch nicht sicherer. Diese Menschen werden hierbleiben. Je eher wir das unseren Bürgern erzählen und je eher wir den Menschen eine Integrationsperspektive bieten, umso besser ist das.
Ich war vor ein paar Tagen bei einem großen Sozialarbeitgeber. Der zahlt jedes Jahr 5.000 bis 7.000 Euro dafür, dass er Menschen aus Vietnam und der Ukraine hierher holt, die dann Deutsch lernen und ausgebildet werden. Der greift sich an den Kopf und sagt: Wir haben Geflüchtete hier, ganz viele Minderjährige, warum sind wir nicht in der Lage, dieses Potenzial zu heben? Herr Herrgott, warum sind wir nicht in der Lage, dieses Potenzial
Wenn wir junge Leute ausbilden, Herr Herrgott, wenn wir 45 Prozent Minderjährige haben, dann haben wir 45 Prozent dieser Geflüchteten, die ein Potenzial darstellen,
denn die sind minderjährig, die müssen noch keine Fachkräfte sein. Wir können sie aber dazu machen, wenn wir akzeptieren, dass sie da sind und dass sie bleiben.
Das ist ein moderner Umgang mit Geflüchteten. Das ist ein moderner Umgang mit den Leuten. Wir sollten nicht Angst aufbauen, wir sollten Hürden abbauen. Wir sollten nicht permanent die Negativbeispiele thematisieren, wir sollten durchaus auch mal Beispiele gelungener Integration aufführen. Das machen Sie nicht. Warum denn nicht, Herr Herrgott? Wo ist Ihre Pressemitteilung mit einem Beispiel gelungener Integration? Zeigen Sie mir eine, sagen Sie es mir.
Letzter Punkt: Es gibt zwei unterschiedliche Beispiele vom Umgang mit Geflüchteten. Das eine ist: Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, die vielen
das waren alles Deutsche, ich weiß – Geflüchteten, die hier integriert worden sind. Der Umgang der palästinensischen Flüchtlinge in den arabischen Nachbarländern, alles Araber, ist ein ganz anderer. Die einen leben heute noch in Flüchtlingslagern, die anderen sind in der Gesellschaft integriert. Gutes Beispiel/schlechtes Beispiel, Herr Herrgott.
Und was wir aus diesen 45 Prozent minderjährigen Geflüchteten machen, das liegt bei uns, wir haben es in der Hand.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Hartung, ich würde mal um eins bitten: nicht immer alles in einem großen Topf einmal rumrühren, sondern wirklich differenziert betrachten. Ich nenne Ihnen gern positive Beispiele von Integration, aber Sie gestatten uns als CDU-Fraktion auch, dass wir auf die gescheiterten Beispiele von Integration hinweisen und auf die hinweisen, für die wir gar keine Integrationsanstrengungen bemühen müssen, weil sie hier keine Bleibeperspektive haben.
Die Syrer, die Sie angesprochen haben, werden etwas länger hierbleiben. Aber die verbleiben auch nicht in den Ankerzentren, weil sie einen entsprechenden Aufenthaltsstatus bekommen. Diejenigen, die in den Ankerzentren verbleiben, bekommen überhaupt keinen Aufenthaltsstatus, sondern müssen wieder zurück in ihre Heimatländer, wo sie hingehören. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, der Titel der Aktuellen Stunde der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen nimmt Bezug auf eine aktuelle Diskussion in Bund und Land, in der es auch vor allem – und darauf würde ich dann auch gleich noch mal zu sprechen kommen – um die Unterbringung von Asylsuchenden geht, Stichwort: Ankerzentren. Was mich als CDU ja schon ein bisschen irritieren würde in dieser Debatte, ist die Einschätzung der 16 Bundesländer, die dazu abgegeben worden ist – und das sind ja nicht alles rot-rot-grün-regierte Bundesländer.
und außer in Bayern und vielleicht noch in Sachsen habe ich keinen einzigen Kommentar aus einem Bundesland gehört – ganz egal, wie es regiert ist –, wo gesagt wurde, das ist eine gute Idee, das sollten wir machen. Also es wurde aus allen Bundesländern – und darunter sind zahlreiche CDU-regierte Bundesländer – von den Fachministern und auch den Ministerpräsidenten deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie das für keine gute Idee halten.
Wenn man sich dann als Thüringer CDU so relativ bedingungslos hinter den Bundesinnenminister stellt, würde ich mich mal fragen, ob das tatsächlich der richtige Weg ist.
Für eine Sache bin ich Ihnen aber tatsächlich dankbar, Herr Herrgott, weil wir das auch immer wieder sagen, und ich finde es gut, dass Sie dies an dieser Stelle, an diesem Pult auch mal gesagt haben. Es gibt auch unter den geflüchteten Menschen Straftäter. Es wäre ja auch ganz komisch, wenn das nicht so wäre, denn in jeder Menschengruppe, die Sie aussuchen, werden Sie immer eine bestimmte Zahl von Straftätern haben. Dankbar bin ich Ihnen dafür, dass Sie das mal laut gesagt haben, was ich immer wieder versuche zu sagen: Es ist eine kleine Gruppe, die diese Straftaten begeht. Der weit überwiegende Teil der Menschen, die zu uns gekommen sind, lebt friedlich und ohne große Probleme in diesem Land. Und es ist wichtig, das immer mal wieder voranzustellen.
Sie haben gesagt, es gibt diese Straftäter und da muss man was tun. Was ich in Ihrer Rede vermisst habe, ist, wo Ihre Lösung dafür ist. Ich sage Ihnen, was nach meiner Einschätzung die Lösung dafür ist. Sie haben gesagt, diese Leute müssen das Land zügig unter Beachtung der Rechtsstaatlichkeit verlassen, wenn ich mir das auf die Schnelle richtig notiert habe. Wenn man das aber ernst nimmt, dann ist das genau das, was im Moment passiert. Ich habe auch im Ausschuss schon mehrfach gesagt: Wir haben ganz klare Regeln im Aufenthaltsgesetz. Das sind Bundesregeln, die auch von Ihrer CDU geschaffen wurden. Welche Straftat, welche rechtskräftige Verurteilung in Deutschland welche Konsequenzen für den Aufenthaltsstatus hat, das ist alles bis ins Letzte über fünf Spiegelstriche geregelt. Immer wieder zu sagen, diese Leute müssen das Land zügig verlassen: Es sind Regelungen gemacht worden von Ihrer Bundesregierung, die genau festlegen, wann, wie und welche Konsequenzen das für das Verlassen hat. Die Ausländerbehörden machen nichts anderes, als das anwenden, was von Ihrer Bundesregierung in dem Bereich be
Zur Begründung der Ankerzentren hatten Sie gesagt, diese ermöglichen schnelle Verfahren, zügige Entscheidungen und eine konsequente Rückführung. Schnelle Verfahren haben wir schon, dazu brauchen wir keine Ankerzentren mehr. Wir haben extrem schnelle Verfahren, auch gerade hier in Thüringen, die das im Schnitt in drei bis vier Wochen abschließen. Zügige Entscheidungen, das ist das Gleiche, die haben wir auch. Das ist nicht das Problem.
Vielleicht ist tatsächlich ein Problem die Zurückführung. Aber wenn Sie sich die Probleme bei der Zurückführung anschauen, dann liegt es nicht daran, dass die Menschen für die Zurückführung nicht greifbar wären – das ist auch wiederum ein minimales Problem –, sondern das große Problem bei der Rückführung ist schlicht und ergreifend, dass es keine Passpapiere gibt, dass die gesundheitliche Situation so ist, wie sie ist, dass mit den Ländern keine Rückführungsabkommen geschlossen sind und, und, und. Das sind die Probleme, warum Rückführung nicht klappt. Ich habe es Ihnen im Ausschuss gesagt: Ich habe mir in Bayern extra ein solches Rückführungszentrum angeschaut – noch heißt es nur Rückführungszentrum, dann soll es mal Ankerzentrum heißen. Die Leute, die dort arbeiten, sagen: Sie hatten sechs Abschiebungen im letzten Vierteljahr. Das ist alles, weil die Probleme andere sind. Die sind nicht, dass die Leute nicht da sind.
Von daher, wenn man sachlich über diesen Punkt diskutiert, muss man schlicht und ergreifend sagen: Was Ankerzentren leisten sollen, werden sie nicht leisten, sondern sie werden wirklich das sein, was ich immer versuche zu sagen: Sie schaffen einen Ort, wo sie in großer Anzahl Menschen unterbringen wollen und sagen, ihr habt keine Perspektive. Das wissen alle, die sich mit Kriminologie einigermaßen auskennen, dass Perspektivlosigkeit von Menschen ein ganz entscheidender Faktor dafür ist, straffällig zu werden. Wenn Sie also solch einen Ort schaffen, wo komplette Perspektivlosigkeit herrscht, wo Sie keine Sprachkurse anbieten, wo Sie keine Integrationskurse anbieten, wo Sie nicht die Chance bieten, in diesem Land anzukommen, dann schaffen Sie an dieser Stelle tatsächlich einen Hotspot für Kriminalität.
Auch diese Ankerzentren werden natürlich keine Zentren sein, wo die Menschen nicht rauskönnen – wie vielleicht in einem Gefängnis. Natürlich können die raus, die können jeden Tag raus und rein, wie sie möchten. Auch das ist nicht Plan von Herrn
Seehofer – soweit wir überhaupt über Pläne von ihm wissen, das muss man an der Stelle vielleicht auch mal sagen. Bisher hat er den Ländern nicht mit einer schriftlichen Erklärung mitgeteilt, wie diese Ankerzentren überhaupt funktionieren sollen, sondern alles, was wir wissen, erfahren wir aus der Presse; das ist vielleicht auch eine Form des Umgangs, über die man an anderer Stelle mal reden könnte.
Aber ganz klar: Sie schaffen Orte der Perspektivlosigkeit, wo Sie die Menschen an einem Punkt ballen. Ich fand ja durchaus – wie soll ich sagen, ich spare mir mal den Ausdruck, der mir jetzt gerade durch den Kopf schoss. Aber wenn ein Oberbürgermeister in einer Thüringer Stadt sagt: „Bei mir nicht, aber woanders gerne“, dann frage ich mich natürlich schon, ob das die Politik sein soll, die man verfolgt. Mit anderen Wort: Nicht in Suhl, aber in Gera können wir so einen Ort gern schaffen, wo wir die alle konzentrieren, alle an einem Punkt unterbringen in der Größenordnung – wie hat Herr Seehofer gesagt – zwischen 1.000 und 1.500 Menschen, und alle dort sind perspektivlos. Viel Spaß in Gera, was da passieren würde, kann ich nur sagen.
Deshalb: Ja, die Thüringer Landesregierung verfolgt da ein anderes Ziel. Ich habe an dieser Stelle auch immer deutlich gesagt: Suhl ist für uns ein Ankunftszentrum und zu diesem Begriff stehe ich auch. Ich finde das in Ordnung, ich finde das gut, dass wir das Ankunftsgeschehen in Thüringen zentralisiert haben. Ich finde es gut, dass wir an einem Ort Erstregistrierungen, medizinische Untersuchungen, Aufnahme der ersten Arbeitsamtsdaten und die Durchführung des Asylverfahrens beim BAMF machen, dass wir dort wirklich diese kurzen Wege haben, dass man sozusagen wirklich nur über den Hof gehen muss, um beim Bundesamt zu sein. Ich finde es richtig und gut, dass wir das an diesem Punkt zentralisiert haben. Aber danach bleibt eben – und das ist das System von Suhl und das halte ich weiter für richtig – die Verteilung in die Landkreise, denn Suhl kann nur so funktionieren, wenn dieses System dort oben so läuft und es ein permanenter Durchlauf ist.