Also das machen wir mittlerweile hier in Größenordnungen. Damit will ich nur ausdrücken, dass wir den Verfassungsschutz sehr akribisch kontrollieren. Wir sitzen dort nicht da und nicken ab und da kommt wieder das Thema „NSU“, was uns schwer im Nacken sitzt. Aber wir lassen es auch nicht zu, wenn es mal in eine andere Richtung geht, dass wir die Augen zumachen, sondern wir sagen: Alles wird angeschaut. Deswegen, meine Damen und Herren, geht das nicht so einfach, wie das Herr Kollege Dit
tes hier darstellt. Ich kann nur vor allen Dingen die SPD auffordern, ihren Präsidenten, ihren Innenminister zu unterstützen und sich starkzumachen, dass das Amt weiter handlungsfähig bleibt – da kann ich Sie nur auffordern.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, sehr geehrter Herr Kramer. Also zunächst mal möchte ich kurz festhalten, dass die AfD das Amt für Verfassungsschutz nicht abschaffen möchte, wie Herr Dittes das vorgeschlagen hat.
Wo ich mir mit ihm allerdings einig bin, ist, dass wir dieses doch – ich sage es jetzt mal – extrem langweilige Ritual des Vorlesens von irgendwelchen Berichten abschaffen
und gleich in die Debatte eintreten könnten. Schließlich sind wir alle in der Lage, solche Berichte im Vorfeld zu lesen, wenn sie halt rechtzeitig veröffentlich werden. Dann wäre die parlamentarische Debatte hier im Haus natürlich auch von Anfang an viel spannender
und auch die Belastung des Kollegen Hausold könnte man ihm, denke ich mal, ersparen, über 90 Minuten lang vorzulesen. Das vielleicht mal vorweg.
Ansonsten muss ich sagen, der Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission hat seine hellen und seine dunklen Seiten, seine Stärken und Schwächen. Auf der einen Seite wird recht eindeutig festgestellt, dass wir hier eine massive Fehlallokation von vorhandenen Mitteln beim Amt für Verfassungsschutz haben. Und diese Fehlallokation, das ist auch der Debatte zu entnehmen, ist natürlich politisch motiviert. Man erkennt das beispielsweise daran, dass im Bericht einerseits ein erhöhtes Fallaufkommen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erwähnt wird und andererseits gesagt wird, dass in sämtlichen Bereichen des Verfassungsschutzes Personal abgezogen wurde, um es im Bereich Rechtsextremismus einzusetzen.
Das erläutere ich Ihnen auch gleich noch ein bisschen. Ein schönes Beispiel ist dabei der Umfang, den die NPD in dem Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission ausgemacht hat. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die NPD ist mausetot, die weiß es nur selbst noch nicht. Die hat in der Gesellschaft überhaupt keine Relevanz mehr, weder in Thüringen, noch sonst wo in Deutschland.
Trotzdem nimmt sie dermaßen viel Raum in der Berichterstattung der Parlamentarischen Kontrollkommission ein. Wenn ich dann noch Herrn Hausold höre, wie er im Grunde das Schreckgespenst an die Wand malt, dass aus der NPD oder diesen anderen Splitterparteien, die genauso wenig relevant sind, dann irgendwann noch mal so was wie eine NSDAP und ein Drittes Reich werden könnte – meine Güte, was haben Sie denn für Ängste, was entwickeln Sie denn für Ängste? Das ist doch so was von an den Haaren herbeigezogen. So was wird nie wieder geschehen und jeder vernunftbegabte Mensch in diesem Freistaat weiß das auch.
dass hinter jedem Busch eine Reinkarnation von Adolf Hitler hervorspringen könnte, das zieht das Ganze wirklich ins Absurde.
(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Aber Sie zeigen es doch in der Angelegenheit mit den Flüchtlingen!)
Das tut dem Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission nach meiner festen Überzeugung nicht gut.
In dem Zusammenhang bei der Darstellung der Gefahren des Rechtsextremismus, den es ohne Zweifel gibt, ja, der ist vorhanden, der muss natürlich auch berücksichtigt werden, der muss auch beobachtet werden, das will ich gar nicht relativieren, aber doch bitte frei von dieser typischen Doppelzüngigkeit und Doppeldeutigkeit und vor allem nach
einem einheitlichen Maßstab. Da muss ich sagen, da bin ich mir mit Herrn Dittes gar nicht mal so uneinig, wenn er sagt, man sollte doch klar benennen, wo denn die Bestrebungen gegen die freiheitlichdemokratische Grundordnung in den jeweiligen Bereichen liegen. Klar, bei der NPD kann ich das ohne Weiteres erkennen, bei einigen extremistischen Splittergruppen kann ich das auch ohne Weiteres erkennen. Aber wenn ich eben im Bericht beispielsweise lese, dass Ziele wie das Eintreten gegen Globalisierung, gegen Multikulti, gegen Emigration und Islamisierung und die Bejahung des Ethnopluralismus, also allein diese Meinungen bereits eindeutig dem rechtsextremistischen Spektrum zuzuordnen sind, da muss ich sagen: Nein, sind sie nicht. Das ist vielleicht Ihre Meinung und es ist eine politisch opportune Meinung, weil sie damit nämlichen einen erheblichen Teil der Bevölkerung als undemokratisch ausgrenzen können und damit aus dem Diskurs fernhalten können, aber es wird der Sache nicht gerecht. Es hat mit Extremismus nichts zu tun, wenn man diese Überzeugung hat. Gegen Multikulti, gegen Islamisierung kann man durchaus auch als Demokrat antreten. Es gibt in der heutigen Zeit sehr gute Gründe, das zu tun, meine Damen und Herren.
Und im Übrigen ist das nicht etwa nur die Ansichtsweise, die beispielsweise bei der Identitären Bewegung vertreten ist, sondern auch die Bundesregierung vertritt zum Teil Positionen, die man durchaus als ethnopluralistisch ausdeuten könnte. Wenn zum Beispiel im Sicherheitsbericht der Bundesregierung fast bejubelt wird, dass in bestimmten Stadtteilen in Westdeutschland, zum Beispiel in Duisburg, wo man mittlerweile eine geschlossen türkischstämmige Bevölkerung hat, dass dort im Vergleich zu den mit verschiedenen Ethnien durchmischten Stadtgebieten die Kriminalität nach unten gegangen ist. Man stellt dann fest, dass diese Segregation, die da offensichtlich auch stattgefunden hat, einen kriminalitätsbefriedenden Charakter hat. Das könnte man als ethnopluralistische Position ausdeuten, weil man sich ja darüber freut, dass über diese Abgrenzung, über diese Parallelgesellschaft, die sich da entwickelt hat, eine Kriminalitätsbefriedung erreicht worden ist. Nur ist das doch nichts Verfassungswidriges. Es ist doch nichts Verfassungswidriges, solche Gedanken zu haben. Da sollte dringend nachgeschärft werden. Solche politischen Motive haben in einem Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission nichts verloren. So ein Bericht muss sich aus unserer Sicht klar auf die konkrete Benennung verfassungsfeindlicher Bestrebungen richten und muss sie auch klar benennen können.
Kommen wir vielleicht mal zum Themenfeld „Islamismus“. Auch das ist durchaus skurril, was da teilweise für Widersprüche im Bericht enthalten sind. Auf der einen Seite wird festgestellt, dass jetzt eine
Radikalisierung von Islamisten zunehmend über soziale Netzwerke und im engsten Umfeld und nicht nur in Moscheen oder in größeren Vereinen stattfinde. Daher wird das engste Umfeld dieser Personen, also der Islamisten, aufgerufen, Persönlichkeitsveränderungen mitzuteilen, aktiv zu werden. Also ruft man sozusagen zum Melden entsprechender Feststellungen im näheren, im familiären Umfeld, im Umfeld von Freunden und Bekannten auf. Das ist natürlich relativ absurd. Wir wissen, dass gerade diese islamistischen Kreise natürlich eine sehr geschlossene Community darstellen, wo die Wahrscheinlichkeit, dass da irgendwer freiwillig sagt, mein Vater oder mein Sohn hat jetzt islamistische Tendenzen, und den beim Landesamt für Verfassungsschutz anzeigt, dass das doch absurd weltfremd ist. So etwas steht im Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission. Auf der anderen Seite steht aber auch drin – oder ich weiß gar nicht, ob es drinsteht, jedenfalls ist es nach wie vor die Position der Koalition im Allgemeinen –, dass weiterhin vom Einsatz von V-Leuten beispielsweise auch im Umfeld von Islamisten abgesehen wird. Das ist im Grunde genommen absurd.
Sie verweigern sich der Lösung und bieten als Alternative eine völlig untaugliche Handlungsanleitung, nämlich die Bitte aus dem Islamistenumkreis den Islamisten doch bitte zu verpetzen. Also das ist geradezu lächerlich.
In dem Zusammenhang muss ich sagen, darauf gehört eigentlich auch der Fokus gerichtet, denn dort liegen wirkliche Gefahren für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Das zeigt beispielsweise auch der diesjährige Bericht zur Entwicklung der politisch motivierten Kriminalität. Wir haben seit 2013 null Terrorverdachtsfälle und letztes Jahr hatten wir 18 Terrorverdachtsfälle – übrigens alle mit religiösem Hintergrund. Ich sage Ihnen eines: Das waren nicht die Zeugen Jehovas.
Ganz klar besteht dort eine Bedrohung für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und dort fehlen aber die Mittel. Dort fehlt das Personal, weil man sich lieber damit beschäftigt, jede Hakenkreuzschmiererei und jedes dämliche T-Shirt von irgendeinem Rechtsextremisten zu katalogisieren, während die wirklich richtigen Gefahren für unsere Gesellschaft, die auch Leib und Leben bedrohen, nicht hinreichend berücksichtigt werden, auch nicht hinreichend überwacht werden.
Das ist ein Problem, das ist ein Fall von falscher Prioritätensetzung, Herr Fiedler. Natürlich gibt es da Tendenzen, durchaus auch Richtiges zu tun, zum Beispiel die Hinweise, woran ich einen Islamisten erkennen kann. Das ist durchaus nicht falsch, so etwas zu sagen. Aber gerade das wird dann wieder beispielsweise von Herrn Dittes hier kritisiert. Ich bin schon der Meinung, dass man beispielsweise auch auf äußerliche Merkmale hinweisen kann, die bei Islamisten vorhanden sind. Wir sind uns, Herr Dittes, in einem Punkt einig: Nicht jeder Extremist mit einem Vollbart ist ein Islamist. Es gibt auch andere Extremisten.
Lassen Sie mich das nutzen, da komme ich jetzt gleich mal zum Thema „Linksextremismus“, der ja auch hier wieder verharmlost worden ist und der auch im Bericht relativ harmlos dargestellt wird. Es wird zwar einerseits festgestellt, dass linksextremistische Kreise nach wie vor friedliche Protestformen ablehnen und Gewalt nach wie vor als legitimes Protestmittel ansehen. Diese Feststellung ist richtig. Andererseits fehlt da auch ein Hinweis, dass diese Haltung leider auch durch das etablierte politische linke Spektrum mitgetragen wird; auch aus Koalitionskreisen heraus wird das mitgetragen.
Das erkennt man beispielsweise auch an weiteren Formulierungen, wie zum Beispiel, wenn festgehalten wird: Wie schon in den letzten Jahren, wie bereits am Umfang der Berichterstattung der Landesregierung erkennbar, ist darauf hinzuweisen, dass gewaltbereiter Linksextremismus gegenüber verfassungsfeindlichen rechtsextremistischen Bestrebungen ein eher geringfügiges Phänomen darstellt.
Lassen Sie mich kurz noch den Satz zu Ende führen. Wir haben Brandanschläge auf Polizeiautos, wir haben auch schon seit Jahren unaufgeklärte Fälle, wir haben viel Gewalt gegen Polizisten. Das ist kein geringes Problem, das ist ein riesengroßes Problem. Dem gehört sich ordnungsgemäß verstärkt gewidmet. Vielen Dank.