Wir haben keine Abwehrzusammenschlüsse gegen Zentrale Orte, wir haben auch keine Zusammenschlüsse, bei denen einzelne Gemeinden übrig bleiben, die alleine nicht lebensfähig sind. Es ist natürlich klar: Bei einer freiwilligen Gemeindegebietsreform dauert es länger, bis sich irgendwann abzeichnet, in welchen Strukturen sich die eine oder andere Gemeinde in Zukunft wiederfindet. Den Gemeinden sollte man die Zeit geben, bis sie für sich entschieden haben, was für sie der richtige Weg ist, wohin sie in Zukunft gehen wollen.
Aber 263 Gemeinden machen sich auf den Weg. Das ist ein Drittel. Das hätte vor einem Jahr vermutlich keiner geglaubt.
Es ist bereits gesagt worden und die Genese dieses Gesetzes ist, denke ich, hier umfassend dargelegt worden. Wir hatten die gleichen Aspekte im ersten Neugliederungsgesetz. Man mag es mir nachsehen, aber ich kann es immer nur gebetsmühlenartig hier aufzeigen. Das haben uns die ersten Fusionen, die nun bereits wirksam sind, auch bestätigt. Ich weiß, Herr Fiedler wird gleich etwas anderes sagen, aber die Verwaltungsgemeinschaften sind nicht in der Lage, dauerhaft die zunehmend qualitativ anspruchsvoller werdenden Verwaltungsaufgaben zu bewältigen.
Über den Fachkräftemangel in der Verwaltung, der mittelfristig da sein wird und ein großes Problem darstellt, haben wir schon ausführlich referiert.
Aber gerade bei den ersten Fusionen hat sich gezeigt, was wir befürchtet haben. Mit diesen Anforderungen an das E-Government, mit den Aufgaben, die mit der Digitalisierung einhergehen, sind kleine Verwaltungen überfordert. Und wir haben fest
gestellt: nicht kompatible Anwendungssysteme, unterschiedlichste Software, die auch nicht kompatibel ist. In der Zukunft ist man einfach nur mit großen und moderneren Verwaltungen für die Zukunft gewappnet.
Das sind Tatsachen, das haben wir ganz einfach mit den ersten Fusionen festgestellt. Es hat mich auch gefreut, beispielsweise als wir im Föritztal waren, den Erfolg zu sehen. Es war ein langer Weg, es war eine schwierige Fusion, und wie man dort sieht: Es war richtig und alle Beteiligten freuen sich, dass es endlich so weit ist. Das zeigt mir, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Wir begrüßen seitens unserer Fraktion ausdrücklich auch diese neuen Regelungen im Gesetz – Herr Kuschel hat es auch schon gesagt –, wonach Landkreise, Verwaltungsgemeinschaften und abundante Gemeinden Kompensationszahlungen des Landes erhalten, damit infolge dieser freiwilligen Zusammenschlüsse nicht an Umlagekraft verloren wird. Das finden wir wichtig und deswegen begrüßen wir das noch mal ausdrücklich.
Ich denke auch, wir haben jetzt erst mal den Gesetzentwurf. Es wird eine Menge Arbeit, Vor-OrtGespräche kommen auf uns zu. Ich freue mich darauf, auch wenn es mitunter an der einen oder anderen Stelle nicht einfach werden wird. Es wird sich mit Sicherheit – auch mit Blick auf die Anhörung – noch das eine oder andere am Gesetz ändern. Das liegt in der Natur der Sache und es ist auch gut so. Aber ich bin immer noch der festen Überzeugung – und daran möchte ich auch noch mal appellieren, denn wir reden hier über die Zukunft unseres Freistaats, die Zukunft unserer Kommunen –: Es ist legitim und es ist richtig, hier im parlamentarischen Verfahren darüber zu streiten, aber am Ende sollten alle demokratischen Parteien in diesem Haus über das Parteibuch hinweg zur besten Lösung für unsere Kommunen kommen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir nach einer Diskussion im Innenausschuss da auch hinkommen werden. Deswegen bitte ich um Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich konnte leider die sprühende Rede des Innenministers nicht hören. Es gab einen längeren
Stau auf der Autobahn. Aber nichtsdestotrotz möchte ich noch mal einige Dinge aus Sicht meiner Fraktion zu dem Gesetzentwurf vortragen.
Ich könnte eigentlich damit anfangen, dass, als ich reinkam, gerade wieder Kuschels Märchenstunde lief.
Die sind wir ja gewohnt; da werden Dinge erzählt, bei denen ich nicht weiß, wo die herkommen. Aber das hat vielleicht was mit dem Kuschel-Mobil zu tun. Das ist eine Weile her, ich muss es nur ab und zu mal erwähnen, was da alles so erzählt wird. Also es ist nicht nachzuvollziehen.
Herr Kuschel, ich will in dem Zusammenhang noch mal darauf hinweisen, weil Sie unter anderem auch in Ihrem Redebeitrag von der Hauptansatzstaffel gesprochen haben. Meine Damen und Herren, ich will das nur voransetzen, denn die Kommunen wurden mit dem Rücken an die Wand gedrückt, weil nämlich die Hauptansatzstaffel zuungunsten der kleinen Kommunen total verändert wurde.
Ihnen wurde Geld weggenommen und es ist den mittleren und großen gegeben worden. Da kann man sich nun hier streiten, was besser oder schlechter ist. Fakt ist nur eins: Der ländliche Raum ist hier, ich sage mal, geschreddert worden. Man hat ihnen das Geld weggenommen.
Man hat ihnen das Geld weggenommen oder man kann auch sagen: Man hat ihnen das gelassen, es sollte ihnen noch mehr weggenommen werden.
Bitte, Herr Minister, ich höre? Hatten Sie eine kleine Bemerkung? Ich freue mich immer, wenn ich ein bisschen antworten kann!
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch mal einige Punkte sagen. Es ist ja genug Zeit. Am 13. Dezember 2017 hat die rot-rot-grüne Koalition die Eckpunkte des Leitbilds und der Leitlinien für die Neugliederung der Gemeinden in Thüringen beschlossen. Im Detail nachzulesen – wer das möchte – in der Drucksache 6/4876, mit dem Titel „Eckpunkte des Leitbildes und der Leitlinien für die Neugliederung der Gemeinden in Thüringen unter Berücksichtigung des Urteils des ThürVerfGH vom
9. Juni 2017“. Darin heißt es unter Punkt II/1, ich zitiere – damit Sie Ihr eigenes noch mal hören: „Vorrang hat die Bildung von Einheitsgemeinden als Urtyp der umfassend leistungsfähigen, sich selbst ohne Einschaltung Dritter verwaltenden Gemeinden oder von Landgemeinden, deren jeweilige Mindesteinwohnergröße 6.000 Einwohner“ – jetzt kommt aber der wichtige Nachsatz – „bezogen auf das Jahr 2035 betragen soll.“ Das ist Ihr Leitbild, nicht unser Leitbild, damit das klar ist. Jetzt raten Sie mal bitte, in wie vielen Fällen von den insgesamt 42 in dem Gesetzentwurf enthaltenen Neugliederungen sich die Landesregierung an das oben genannte Leitbild bzw. die Mindesteinwohnergrößen hält. Raten Sie mal. Genau in sage und schreibe 21 Fällen. Genau in 21 Fällen hält sie sich an ihr eigenes Leitbild.
Das heißt, in genau der Hälfte aller Neugliederungen dieses Gesetzes bleibt die prognostizierte Einwohnerzahl im Jahre 2035 zum Teil erheblich unter den 6.000 Einwohnern. Bitte?
Ich kenne vieles, Herr Staatssekretär. Du warst ja lange genug Abgeordneter. Ich weiß auch, wie man das verkauft hat, wo nichts drin ist, als ob es ein Erfolg war, wäre. Das kenne ich auch.
Herr Fiedler, erst mal vielen Dank für Ihre Antwort. Ich mache aber darauf aufmerksam, dass es der Landesregierung nicht zusteht, sich während der Debatte von den hinteren Rängen zu melden.
Herr Staatssekretär, ich bitte Sie, Sie kennen die Regeln dieses Hauses auch als Vizepräsident des Hauses. Ich muss Sie daran erinnern, dass für Sie diese Regeln jetzt anders gelten als damals.
In einem Fall, und zwar in § 20 – Gemeinden Bucha und Knau –, werden für das Jahr 2035 sogar weniger als 500 Einwohner vorhergesagt. Der Sinn und Zweck Ihres Leitbilds wird damit selbst ad absurdum geführt. Da wir das Leitbild aber schon damals abgelehnt haben, liegt unser Fokus nicht auf der Kritik an der Abweisung bzw. Nichtbeachtung Ihres eigenen Leitbilds. Für uns steht vorrangig die Freiwilligkeit der Neugliederung im Mittelpunkt –
Was heißt, die Kurve bekommen? Das ist unser Ziel, das wir von Anfang an hatten, Herr Kollege Kuschel.
die wir auch hier wieder ausdrücklich unterstützen werden, wenn und soweit dies der Stärkung des öffentlichen Wohls und der Leistungsfähigkeit der Kommunen dient.