Protokoll der Sitzung vom 30.08.2018

die wir auch hier wieder ausdrücklich unterstützen werden, wenn und soweit dies der Stärkung des öffentlichen Wohls und der Leistungsfähigkeit der Kommunen dient.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Also Freiwilligkeit nicht um jeden Preis! Wunder- bar, da sind wir uns einig! Freiwilligkeit im öf- fentlichen Wohl!)

Ach, Herr Dittes, ich will erst mal die Fakten abarbeiten, dann komme ich am Schluss noch zu einigen Dingen.

Aus diesem Grund kann ich bereits ankündigen, dass wir der Überweisung des Gesetzentwurfs zur weiteren Beratung und Durchführung der Anhörung an den Innenausschuss selbstverständlich zustimmen werden.

Kritik haben wir aber an anderer Stelle. In diesem Gesetzentwurf werden erneut Verwaltungsgemeinschaften aufgelöst, regelrecht ausgeweidet und so Stück für Stück plattgemacht. Das ist Ihr Ziel.

(Beifall CDU)

Frau Scheerschmidt hat es ja gerade gesagt. Wobei, Frau Scheerschmidt, mir erschließt sich nicht der Unterschied, wenn eine Einheitsgemeinde 6.000 Einwohner hat oder eine VG, was da besser oder schlechter ist. Die haben das gleiche Personal. Mir erschließt sich das nicht, aber Sie sind da vielleicht weiter als ich. Ich brauche da vielleicht noch Nachhilfe. Immerhin reden wir von 19 VG-Auflösungen. Die Bildung von zwei neuen VG ändert daran wenig; und ob die noch Bestand haben im End-Gesetzentwurf, warten wir mal ab. Ich habe gehört, dass Rot-Rot-Grün einiges an Änderungen bringen will. Natürlich ist dieser Weg von Rot-RotGrün so gewollt und durch die inzwischen erfolgte Abschaffung des § 46 Abs. 1 Satz 2 Thüringer Kommunalordnung nunmehr auch ganz legal. Aber Sie lassen viele verunsicherte und zum Teil in ihrem Bestand und ihrer Leistungsfähigkeit ge

schwächte VGs zurück. Ich kann da ein Lied mitsingen – ich bin selbst Mitglied einer VG –, wie unsicher die alle vor Ort sind, dass sich hier welche einfach rauslösen, jeder schaut, wo er das beste Filetstück für sich herauspickt und der Rest der VG interessiert niemanden. Das war genau das Böswillige, dass man einfach die sogenannte doppelte Mehrheit aufgelöst hat, aber es ist Geschichte, man muss nur daran erinnern.

(Beifall CDU)

Noch ein weiterer Punkt ist mir wichtig, ihn hier heute noch mal zu sagen: Aus Regierungskreisen war in den letzten Wochen mehrfach die Äußerung zu vernehmen, dass die hier und heute beratenen Neugliederungen keinen Bestandsschutz in Bezug auf mögliche weitere bzw. nachfolgende Zwangsfusionen haben, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU)

Damit das vielleicht auch der Letzte noch verinnerlicht: Es wird von derselben Landesregierung von Freiwilligkeit geredet. Wenn aber die sogenannte zweite Tranche, die wir jetzt gerade beraten, vorbei ist und die dritte noch kommen sollte – wobei: „die dritte noch kommen sollte“, darüber kann man nachher noch mal reden –, ist für mich sehr wichtig, dass man hier – jetzt bin ich aus dem Takt gekommen, das kommt vor.

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Sie müssen ab und zu mal umblättern beim Le- sen!)

Aber ich gehe weiter. Man lässt hier vor allen Dingen die Kommunen im Ungewissen. Die haben sich jetzt schwer gefunden, viele mit Locken mit vielem, vielem Geld. Die haben sich gefunden und haben gesagt: Wir können auf einmal nicht mehr weiterexistieren, die haben uns das Geld abgegraben. Deswegen, meine Damen und Herren, muss man daran erinnern, wie hier mit den Kommunen umgegangen wurde.

Ich glaube auch, Sie verunsichern mit dieser Ankündigung Leute, die sagen, dass sie sich jetzt gefunden haben, und da sagt diese Landesregierung: Aber danach kommt eine Zwangsfusion. Ja, selbstverständlich, Herr Minister, es ist doch öffentlich verkündet worden. Sie haben es nicht „Zwangsfusion“ genannt, Sie haben es eine pflichtige – selbstverständlich, da können Sie noch dreimal mit dem Kopf schütteln, da ändert sich nichts dran. Sie haben es gesagt, dass es dann, wenn Sie drankommen – ich gehe natürlich davon aus, Sie kommen nicht dran, vielleicht sind Sie dann bei uns mit Minister, da reden wir noch mal drüber. Aber ansonsten wird das nicht passieren.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf beinhaltet 42 Neugliederungen mit insgesamt 263 betroffenen Gemeinden. Das sind im Vergleich zum

ersten Neugliederungsgesetz fast sechsmal so viele Gemeinden. Damit würde sich die Zahl – ich will es nur noch mal in Erinnerung rufen – der Thüringer Gemeinden von ursprünglich 843 auf 663 verringern.

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Sehr gut!)

Die Zahl der Verwaltungsgemeinschaften würde von 69 auf 48 sinken. Ich lasse jetzt mal den ganzen Rest weg, meine Damen und Herren, denn Sie haben gegen Ihr eigenes Leitbild in der Hälfte der Fälle verstoßen. Sie haben – und daran wollen Sie nicht mehr erinnert werden – das gesamte Land in Aufruhr gebracht, indem Sie eine Zwangsfusion machen wollten.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Genauso ist das!)

Sie vergessen das. Sie wollten eine Zwangsfusion machen und da sind Sie schmählich gescheitert, Herr Minister Maier, schmählich vorm Verfassungsgericht und durch 140.000 Unterschriften gescheitert. Ob nun Sie oder Ihr Vorgänger oder gemeinsam, ist ja egal.

(Beifall AfD)

Fakt ist eins: Das gesamte Land haben Sie in Aufruhr gebracht und dann sind Sie wie ein Bettvorleger gelandet. Und jetzt ist es so günstig, dass die Steuerquellen sprudeln, Sie können ins Volle greifen und können mit viel, viel Geld hier locken: Es finden sich Kommunen, weil sie in manchen Fällen keinen Ausweg mehr sehen.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Genauso ist es!)

Eins kann ich Ihnen versprechen und mein Fraktionsvorsitzender hat es vor Kurzem auf der Messe gesagt: Wenn wir die Regierung übernehmen können und dürfen, dann werden wir die Hauptansatzstaffel vor allen Dingen zugunsten des ländlichen Raums wieder verbessern.

(Beifall CDU, AfD)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Da müssen Sie aber Vorgaben des Verfas- sungsgerichts missachten! Machen Sie das? Das kann ich mir gar nicht vorstellen!)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Adams, ich weiß, jetzt sind vier Jahre der Legislatur rum, Sie machen es immer noch gerne und schauen nach hinten. Ich gebe Ihnen sogar in einem Punkt recht: Herr Voß und die damalige Regierung – leider haben wir zu wenig widerstan

den – haben auch gekürzt. Aber den schlimmsten Fall – das habe ich auch schon erzählt –, da sollten noch mal 170 Millionen Euro gekürzt werden, das haben wir jedenfalls verhindert. Das will ich mal ganz klar und deutlich sagen. Aber Sie müssen sich doch nicht an dem Schlechten orientieren. Sie sind doch neu gestartet, mit neuen Ideen für das Land. Und was haben Sie gemacht? Sie haben einfach weitergemacht.

(Beifall CDU)

Vor allen Dingen haben Sie nicht Freiwilligkeit, sondern Zwang in den Vordergrund gestellt.

(Beifall CDU)

Das muss immer wieder gesagt werden, damit die Menschen das verstehen und mitkriegen. Denn Fakt ist eins: Die, die sich heute finden, die nach dem Gesetzentwurf hier durchgezogen werden sollen, sind nicht sicher, dass sie auch so bleiben können. Sie sind nicht sicher, meine Damen und Herren! Deswegen kann ich der kommunalen Familie nur zurufen: Vorsicht, Vorsicht, vertraut nicht diesem vergifteten Geschenk, was hier angeboten wird,

(Beifall AfD)

sondern überlegt euch ganz genau, was ihr macht, damit hier eine oft jahrhundertealte und längere Geschichte nicht einfach ausgelöscht wird! Das möchte natürlich Rot-Rot-Grün. Die hatten schon immer den Wahn großer Einheiten. Das war schon immer so, das wird sich auch nicht ändern.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Die DDR hatte mehr Bezirke als wir jetzt Bundes- länder haben!)

Wir werden versuchen, den ländlichen Raum wieder weiter zu stärken, damit wir diese Dinge weiter durchsetzen können.

Frau Kollegin Scheerschmidt, Gespräch mit den Kommunen: Wäre doch das Gespräch mal vor dem Verfassungsgericht passiert, hätte man doch mal vor dem Verfassungsgericht mit den Kommunen geredet. Ich erinnere an die Anhörung, was dort alles war, wie die unisono gesagt haben: Wir wollen keinen Zwang. Dann mussten 140.000 Menschen im Land mit Unterschriften aufstehen – AG Selbstverwaltung, viele, viele haben mitgemacht –, um diesen Wahnsinn zu stoppen.

(Beifall CDU, AfD)

Und heute stellen Sie sich hierher, Frau Kollegin Scheerschmidt und andere, und tun so, als ob Sie die Freiwilligkeit schon immer gewollt hätten, und tun hier so, als ob alles vergessen wäre, was in dem Land geschehen ist. Ich kann Ihnen sagen, ich glaube, dass die Menschen im Land, vor allen Dingen im ländlichen Raum, das nicht so einfach ver

gessen werden, wie Sie hier mit den Menschen umgegangen sind.

Lassen Sie mich noch ein Wort zur sogenannten dritten – ich nenne es mal – Tranche oder zum dritten Gesetz, was in Erarbeitung scheint, sagen. Auch hier kann ich nur warnen, warnen, warnen, dass man dieses vergiftete Geschenk genau betrachtet, bevor man in den Apfel hineinbeißt, dass man aufpasst, dass man sich nicht auf einmal gefunden hat. Sollte – der Herrgott möge es verhindern und alle Wähler – Rot-Rot-Grün wieder drankommen, dann werden die eine pflichtige Phase machen. Sie werden es machen! Dafür stehen Kuschel, Dittes und Co. Die Grünen schwanken immer hin und her, da weiß ich nicht genau, was sie wollen. Die SPD mit ihren Umfragewerten, da weiß ich auch nicht, was sie gerade wollen. Sie wissen wahrscheinlich selbst nicht, was sie wollen. Ich kann nur davor warnen, dass man hier aufspringt und auch in die nächste Phase hineingeht.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Und jetzt 300 Gemeinden und jetzt 40 Prozent!)

Dann kommt noch das Kuriose dazu, dass man dieses Gesetz zum Anlass nimmt, um den Menschen im Land zu sagen: Um das alles hinzukriegen, müssen wir den Wahltermin am liebsten bis in den Winter schieben. Das ist die Begründung.

(Zwischenruf aus dem Hause)

Haben Sie überhaupt Ahnung von Kommunalpolitik, Frau Kollegin? Ich glaube eher nicht.

(Beifall CDU)

Lassen Sie wenigstens Ihre Leute reden, die Ahnung haben. Hier geht es einfach darum, dass man den Leuten wirklich sagen muss: Seid vorsichtig! Diese Koalition, wenn sie denn wieder zustande käme, wird das Land weiter umkrempeln, die wird den ländlichen Raum weiter schleifen