Protokoll der Sitzung vom 30.08.2018

Wenn der vorliegende Antrag also vom offenen Diskurs spricht, in dem gesellschaftliche Problemlagen zu debattieren seien, so ist das nichts als Heuchelei. Ein offener Diskurs ist das Letzte, was Rot-RotGrün an den Schulen oder anderswo will.

Im vierten Schritt zeige ich abschließend, was die rot-rot-grüne Rede von Demokratie eigentlich darstellt. Übrigens – das sei mir als Nebenbemerkung noch gestattet – ist es nicht Rot-Rot-Grün, die darüber zu befinden haben, was demokratisch ist und was nicht, die das definieren dürften, was Demokratie ist und was sie nicht ist. Das wird uns allein

von der Thüringer Verfassung und vom Deutschen Grundgesetz vorgegeben.

(Beifall AfD)

Wer meint, er allein habe Demokratie für sich gepachtet, der missbraucht die Demokratie, der ist ein Antidemokrat. Dieser Antrag, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, missbraucht die Demokratie. Diesen Missbrauch muss man in einen Zusammenhang bringen. Er wird beispielsweise sichtbar, wenn man liest, was der Antrag von Rot-Rot-Grün der DDR bescheinigt. Die DDR habe demnach demokratische und rechtsstaatliche – so wörtlich in dem Antrag niedergeschrieben – Defizite aufgewiesen. Eine interessante Wortwahl, die sehr tief blicken lässt. Die SED-Diktatur hatte also ein paar Defizite, aber sie war doch im Prinzip keine schlechte Sache. Das ist dann wohl gemeint und das macht uns sehr nachdenklich. Welch Geistes Kind der rot-rotgrüne Antrag ist, dürfte wohl nun auch noch dem Letzten deutlich geworden sein.

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Welcher Geist! Welcher Geist!)

Für die AfD ist klar: Schule ist kein Ort von Indoktrination und deswegen lehnen wir als AfD-Fraktion diesen Antrag grundsätzlich ab und halten ihn nicht für würdig, im Ausschuss diskutiert zu werden. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Danke schön. Als Nächster hat Abgeordneter Wolf für die Fraktion Die Linke das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, also ich muss schon tief durchatmen und mich zur Ordnung rufen. Trotzdem möchte ich hier sagen: Wie ich den Medien entnommen habe, hat Herr Höcke heute noch vor, in Chemnitz vor seinen Kameraden zu reden.

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Das sind aber Fake-News, Herr Wolf!)

Na ja, das werden wir sehen.

Das, was Sie hier gerade abgeliefert haben, war sozusagen die Grundausstattung Ihrer Rede heute Nachmittag, bis dahin, dass sie etwas in diesen Antrag hineininterpretiert haben, nämlich eine Indoktrinierung, die überhaupt nicht drinsteht. Ganz im Gegenteil, wenn man es mal genau nimmt: Da steht in Punkt II.1, dass wir die Lehrkräfte unterstützen wollen, „ausgehend vom Grundgesetz, der Landesverfassung und dem gesetzlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag einzutreten, gemeinsam mit Akteuren aus dem Bildungsbereich. Ist das alles Indoktrinierung für Sie, Herr Höcke?

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Er ist ein verlogener Demagoge!)

Ich kann Ihnen auch noch ein zweites Beispiel geben, dass mit den „Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit der deutschen Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts“ – noch mal zu Ihren letzten Vorhaltungen – „durch schulische und/oder außerschulische Aktivitäten und Begegnungsräume […] vermittel[n] […] können […]“ – all das, was wir gemeinsam hier im Haus und das im Übrigen in § 2 Schulgesetz geteilt und festgeschrieben ist. Deswegen könnten Sie mit Ihrer Einstellung hier in Thüringen gar nicht Lehrer sein,

(Beifall DIE LINKE)

denn Sie bekennen sich überhaupt nicht dazu. Da steht nämlich drin – ich will es Ihnen gern mal sagen:

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Gesinnungs- wechsel, Sie Witzbold!)

„Die Schüler lernen, ihre Beziehungen zu anderen Menschen nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit, der Solidarität und der Toleranz sowie der Gleichberechtigung der Geschlechter zu gestalten.“ Das ist Erziehungsauftrag in Thüringer Schulen, im Übrigen in anderen 15 Bundesländern auch. Deswegen wundere ich mich, wie Sie den Amtseid in Hessen leisten konnten. Aber Fakt ist, dass das tagtäglich in Thüringer Schulen gelebt und praktiziert wird.

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Wozu dann noch Ihr Antrag?)

Herr Höcke, hören Sie einfach zu, Sie sind doch hier nicht vor Ihresgleichen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit unserem Antrag

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Na, was denn nun?)

haben wir als Koalitionsfraktionen formuliert, wie wir die Schulen in dem wichtigen Auftrag „Demokratieerziehung“ unterstützen, auch mit den Möglichkeiten, die wir zum Beispiel auch durch das ThILLM, über Lernmittel im kommunalen Bildungsraum den Schulen zur Verfügung stellen können, sodass wir tatsächlich am Ende einer Schullaufbahn Menschen haben, die, wie Kollege Hartung schon gut plastisch darstellen konnte, einen eigenständig kritischen Blick auf rassistische, ideologiegetriebene, demokratiefeindliche Einstellungen von Menschen haben, die leider auch hier im Thüringer Landtag sitzen und ihre unsägliche Ideologie verbreiten.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das ist eine Unterstellung, Herr Wolf!)

(Abg. Höcke)

Herr Abgeordneter Wolf, es gibt eine Zwischenfrage des Abgeordneten Tischner. Lassen Sie die zu?

Aber sicher.

Herr Tischner, bitte.

Vielen Dank, Herr Kollege Wolf. Nur eine kurze Frage, weil Sie das gerade so gesagt hatten: Sie stellen dem ThILLM und den Schulen Ressourcen zur Verfügung für die Demokratiebildung. Vielleicht können Sie noch mal ganz konkret sagen, was denn den Schulen an Ressourcen für zusätzliche Mittel zukünftig zur Verfügung gestellt werden.

Herr Tischner, wir wollen hier ja keine Haushaltsdebatte führen. Das ThILLM hat ein eigenes Budget – Punkt 1 –, plant und gestaltet eigenverantwortlich – und zwar die Pädagogen, die am ThILLM tätig sind, auch in Abstimmung mit den Schulen – die entsprechenden Weiterbildungsmöglichkeiten für Lehrkräfte. Ich will nur noch daran erinnern: Schulen haben zusätzlich noch ein 500-Euro-Budget pro Jahr, um ihrem eigenen Bildungsauftrag auch durch Weiterbildung gerecht zu werden. Ich glaube, das beantwortet Ihre Frage jetzt vollumfänglich.

Aber da Sie mich gerade angesprochen haben, Herr Tischner: Auch zu Ihnen möchte ich noch ein paar Sätze verlieren, weil ich das vollständig teile, was Kollegin Rothe-Beinlich gesagt hat. Sie tun ja hier so, als wären Thüringer Lehrpläne oder die Stundentafel in den letzten vier Jahren entstanden.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Nein!)

Doch, das haben Sie getan, Sie haben gesagt: Das ist alles nicht ausreichend, was wir im Bereich Sozialkunde in der Stundentafel stehen haben, und wenn, dann müsste man das völlig anders gestalten. Sie wissen doch genauso gut wie ich, dass das nicht stimmt, dass die Stundentafel jetzt konstant seit mindestens 2011 in der Thüringer Schulordnung steht – Punkt 1. Da haben Sie noch regiert.

Punkt 2: Dass natürlich die Lehrpläne über das ThILLM von Lehrkräften erstellt werden, mit Pädagoginnen und Pädagogen erstellt werden, das ist ein langer Prozess. Sechs bis sieben Jahre dauert das, bis ein Lehrplan neu entsteht.

Wir beschreiben mit dem Antrag unseren Weg oder unsere Vorstellung, wie wir uns das im Bereich Demokratiebildung zukünftig stärker orientiert vorstel

len. Das ist ein legitimes Recht der Regierungsfraktionen und – Kollegin Rothe-Beinlich hat schon darauf hingewiesen – Sie hatten alle Möglichkeiten, auf uns zuzukommen. Was wir Ihnen gesagt haben, war: Lassen Sie uns diskutieren, wir sind gerne bereit, mit der großen CDU-Fraktion darüber zu diskutieren,

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Erzählen Sie doch nicht so einen Quatsch!)

wie wir gemeinsame Anträge schreiben. Das ist ja nicht neu. Aber von Ihnen kam nichts, sondern immer nur die Ansage: „Ich will das im Ausschuss haben!“ Dazu sehen wir keine Veranlassung, wohl aber wären wir gerne bereit gewesen, mit Ihnen einen Antrag zu schreiben. Aber dazu waren Sie nicht bereit. So viel zur Klarheit und Wahrheit!

Letzter Punkt zu Ihnen, Herr Tischner: Wenn Sie uns vorhalten, dass wir wesentliche Erkenntnisse, Ergebnisse, die jetzt schon aus der Enquetekommission vorliegen, der Sie ja vorsitzen, nicht beachtet hätten, da frage ich Sie, dann müssen Sie komplett die Punkte 13 bis 17 nicht gelesen haben, nicht zur Kenntnis genommen haben. Genau das sind die Punkte, die aus der Arbeit der Enquetekommission resultieren. Jetzt schon! Obwohl die immer noch arbeitet. Das ist wirklich schon ein starkes Stück, sich hier hinzustellen und solche Behauptungen aufzustellen.

Wir haben mit unserem Antrag, meine sehr geehrten Damen und Herren, einen Antrag vorgelegt, der den Schulen in einer schwierigen Zeit – Chemnitz ist ja kein Einzelbeispiel und es ist heute schon oftmals darauf hingewiesen worden – eine Richtschnur und auch dem ThILLM und dem Ministerium eine Richtschnur geben möchte, wie wir in einer Gesellschaft, die an den Rändern immer mehr in Bewegung gerät, trotz alledem die Schulen in ihrem Auftrag stärken. Und da geht es nicht nur – wie Herr Höcke hier dargestellt hat – darum, dass Schulen Mathematik oder Naturwissenschaften vermitteln, sondern es geht natürlich auch darum, jungen Menschen eine Bildung und Erziehung angedeihen zu lassen, die sie befähigen, in unserer Gesellschaft auch zukünftig ihren Weg zu finden und diesen Weg auch in Übereinstimmung und in Diskussionen mit anderen Lebensentwürfen, mit anderen Lebensvorstellungen, aber hier in diesem Land gemeinsam zu bewältigen.

Das alles ist in unserem Antrag enthalten. Wir haben mit unserem Antrag bei Weitem niemanden geschwächt, schon gleich gar nicht die Lehrerinnen und Lehrer, darauf ist schon ausgiebig eingegangen worden. Ganz im Gegenteil, wir sehen, dass über Weiterbildung, über die Netzwerke im kommunalen Raum eine Stärkung der Lehrkräfte über Öffnung von Schule passieren muss – über Öffnung. Denn Klassenraum zu, und das, was da drin passiert, das geht erst mal niemanden an, das ist tat

sächlich nicht unsere Vorstellung. Unsere Vorstellung von Schule ist – und das ist in diesem Antrag intendiert –, dass Schule Lebendigkeit ausstrahlt, dass Schule Beteiligungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten bereithält, und zwar für alle Akteure in der Schule. Und, ja, das ist auch schon ausgeführt worden, da stellen wir uns als Koalitionsfraktionen auch jetzt in der Diskussion zum Thüringer Schulgesetz noch weitergehende Wege vor, was die Schülermitbestimmung anbetrifft, denn da ist Thüringen im hinteren Feld. Wenn man sich alle Schulgesetze ansieht, ist Thüringen bei Weitem nicht im vorderen Bereich. Da hat die SPD in der letzten Legislatur mit Christoph Matschie schon viele wichtige Sachen für die Partizipation von Schülerinnen und Schülern eingeführt, aber sie ist auch gescheitert, und zwar an der Fraktion der CDU, was weitergehende Mitspracherechte anbelangt. Deswegen werden wir uns das ganz genau ansehen. Das ist hier auch schon mit enthalten. Unsere Vorstellung von Demokratie in Schule setzt eben genau da an, dass Schülerinnen und Schüler, dass Lehrkräfte, dass Eltern, dass alle, die für Schüler tätig sind und von Schule partizipieren, beteiligt werden.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen: Mit unserem Antrag, den wir heute hier diskutieren, haben wir einen weitestgehenden Schritt getan, um eine Richtlinie abzubilden, wie wir uns demokratische Schulentwicklung, Demokratiebildung an Schule und Partizipation vorstellen. Die Diskussionen, die seitens der Oppositionsfraktionen hier gelaufen sind – darauf haben wir, glaube ich, hier hingewiesen –, waren nicht würdig, zumindest was von Kollege Höcke gekommen ist, und sie waren vor allen Dingen nicht dem entsprechend, was sich Schülerinnen und Schüler, was sich Lehrkräfte an Thüringer Schulen vorstellen, nämlich wo sie arbeiten, wo sie leben, wo sie lernen, auch eine offene, eine partizipative, eine demokratische Kultur an Schulen leben zu können. Vielen Dank!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Ich sehe jetzt keine weiteren Wortmeldungen.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Alle Schüler eingeschlafen!)

Doch, Herr Dr. Hartung hat noch eine Wortmeldung und soweit dann nicht noch weitere kommen, würde ich Frau Staatssekretärin Ohler aufrufen.

Ich muss einfach noch mal nach vorne kommen, weil Herr Höcke uns hier unterstellt, wir würden an unseren Schulen weder Pluralismus noch Diskussionskultur haben.

Ich habe vorhin ein Beispiel genannt. Herr Möller meint, es ist ein Märchen. Er kann gerne in der Integrierten Gesamtschule Jena nachfragen – ich habe ungefähr drei Dutzend Zeugen, die dabei waren –, wie Herr Rudy das hier so erzählt hat. Das kann er gern machen, aber wie gesagt, ich habe dieses Beispiel genau deswegen gebracht: Die haben dem größten – entschuldigen Sie –, dem größten Unsinn zugehört, der da von sich gegeben wurde, ohne dazwischenzurufen, ohne unruhig zu werden. Sie haben sich ihre Notizen gemacht, sie haben Fragen gestellt und haben es danach entlarvt. Das ist das, was wir den Schülern beibringen wollen, dass sie, ohne den anderen zu unterbrechen, zuhören, dass sie ohne Unmut, ohne Weglaufen, schon ganz und gar nicht mit Gewalt oder so auf so etwas reagieren und dann diskutieren und dann dem anderen zeigen: Also das war jetzt wirklich kein Beitrag. Genau das wollen wir den Schülern beibringen und deswegen habe ich das Beispiel gebracht.