Protokoll der Sitzung vom 27.09.2018

Nein, deswegen bin ich nicht dort hingegangen, ich bin auf Einladung

(Zwischenruf Abg. Malsch, CDU: Von wem denn?)

Ihres Stadtrats gekommen. Wenn Sie das möchten, dann ändern Sie den Beschluss wieder um. Ihnen obliegt es, Sie allein sind Herr des Verfahrens. Tun Sie es und sagen Sie uns, was wir tun sollen. Nicht wir – wir reagieren nur darauf –, Sie wollen Herr des Verfahrens sein, Sie haben die Chance, das im Kreistag zu ändern, die Kollegen Stadträte in Eisenach. Aber bitte tragen Sie nicht Unvermögen von zwei Vertragspartnern auf dem Rücken derer aus, die überhaupt nichts dafür können; dagegen habe ich etwas. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Gentele, fraktionslos)

(Abg. Malsch)

Die Redezeit war ohnehin ausgeschöpft. Jetzt hat Abgeordneter Kuschel die Möglichkeit, das für seine Fraktion auch zu tun.

Danke, Herr Präsident. Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn die CDU politisch gegen dieses Vorhaben argumentiert. Das muss dann die Öffentlichkeit bewerten. Aber Sie können hier nicht den Versuch starten, was Herr Walk wieder gemacht hat, irgendwie das jetzige Gesetzgebungsverfahren rechtlich infrage zu stellen. Sie haben gesagt, nur durch den Änderungsantrag von SPD und CDU im Stadtrat wurde möglicherweise ein gesetzwidriger Antrag der Oberbürgermeisterin korrigiert oder verhindert. Das ist nicht so. Ich zitiere Ihnen zum wiederholten Mal – darauf stellen Sie ja ab – § 9 Abs. 3 ThürKO: „Gebietsänderungen gegen den Willen einer oder mehrerer beteiligter Gemeinden“ – das ist es nicht – „und Bestandsänderungen“ – das ist eine Bestandsänderung, wenn eine kreisfreie Stadt in einen Landkreis eingemeindet wird – „bedürfen eines Gesetzes. Vor Erlass des Gesetzes müssen die beteiligten Gemeinden und die Einwohner, die in den unmittelbar betroffenen Gebieten wohnen, gehört werden.“

(Zwischenruf Abg. Walk, CDU: Vorher!)

Aber im Gesetzgebungsverfahren, bevor das Gesetz verabschiedet wird, da steht nicht drin, bevor das Gesetz eingebracht wird. Natürlich kann auch eine Gemeinde vorher Bürgerinnen und Bürger beteiligen. Ich habe das gesagt, ich nehme diesen Prozess seit 2011 in Eisenach und dem Wartburgkreis wahr, weil bei jeder Debatte dieses Problem thematisiert wurde. Aber diese Formalität, die Sie ansprechen, die angeblich zu einer Rechtswidrigkeit führt, ist geregelt und das beschließt heute Abend der Innen- und Kommunalausschuss.

(Zwischenruf Abg. Walk, CDU: Für den Ver- trag!)

Deswegen argumentieren Sie bitte weiter politisch, das können Sie doch machen. Aber versuchen Sie hier nicht, von vornherein dieses Verfahren, das wir jetzt gewählt haben, als rechtlich unzulässig zu bewerten. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Walk, CDU: Ich spreche doch vom Vertrag, noch mal!)

Wünscht noch jemand das Wort von denen, deren Fraktion noch Redezeit hat? Das ist nicht der Fall.

Dann kann ich für die Landesregierung Herrn Staatssekretär Höhn das Wort erteilen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich denke, die Landesregierung ist laut Kuschel außen vor?!)

Aber reden darf Sie trotzdem. Bitte, Herr Staatssekretär Höhn.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Ich will mich im Namen der Landesregierung ausdrücklich bei den regierungstragenden Fraktionen dafür bedanken, dass Sie heute diesen Gesetzentwurf einbringen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Parlament geht hier in Vorleistung für einen kommunalen Zusammenschluss – das wurde heute schon mehrfach von verschiedenen Rednern dargelegt –, der durchaus in der Qualität seiner Beschlussfassungen noch ausbaufähig ist. Das Parlament geht sozusagen ins Obligo in der Hoffnung und in dem Wunsch, dass die Beteiligten vor Ort den Wunsch, den Sie selbst schon vor vielen Jahren getätigt haben, dann auch konkret umsetzen. Da bin ich beim Beginn, meine Damen und Herren. Auch ich möchte noch einmal in aller Kürze auf die Historie dieses doch sehr bemerkenswerten kommunalpolitischen Vorgangs eingehen.

So viel noch zur Vorbemerkung: Nicht alles, was ich bislang hier vom Rednerpult aus von nicht allen, aber von einigen Abgeordneten gehört habe, fußt auf der entsprechenden Sach- und Fachkenntnis dieses Vorgangs. Vielleicht können meine Ausführungen dazu beitragen – ich hoffe es jedenfalls sehr –, dass die eine oder andere Legendenbildung, die sich da breitgemacht hat, doch wieder zurückgeholt wird.

Es wurde schon ausgeführt, meine Damen und Herren, der Stadtrat der Stadt Eisenach beschloss bereits im Jahr 2012 – wir erinnern uns, wer damals Regierungsverantwortung trug und damals dem Innenressort vorstand –, perspektivisch den Status einer kreisfreien Stadt freiwillig zurückzugeben.

(Beifall DIE LINKE)

Das war ausdrücklich – das kann man der Begründung des damaligen Beschlusses des Stadtrats entnehmen – dem Umstand geschuldet, dass Eisenach damals schon – und das formuliere ich durchaus freundlich und vorsichtig – durchaus finanziell eingeschränkt handlungsfähig war. Dieser Beschluss wurde noch einmal untermauert. Am 27. November 2013 hat der Stadtrat einen Beschluss gefasst, wie die Aufgaben künftig zwischen der Stadt Eisenach und einem vergrößerten Wart

burgkreis aufgeteilt werden sollen. Also man hat sich schon vor mehr als fünf Jahren Gedanken um den Prozess gemacht, der heute zum Entscheidungsprozess geführt wird. Woran es gemangelt hat? Die damalige Landesregierung und das damalig federführende Ressort haben es offenkundig nicht vermocht, die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass dieser freiwillige Wunsch der Kommunen schon damals Realität werden konnte.

(Zwischenruf Abg. Geibert, CDU: Das lag am damaligen Koalitionspartner!)

Das sagt der Richtige.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Geibert, CDU: Genau!)

(Heiterkeit CDU)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es könnte auch sein, dass er gar nicht der Richtige war!)

Die Oberbürgermeisterin der Stadt Eisenach beantragte mit Schreiben vom 30. Mai 2016 die Einleitung eines Gesetzgebungsverfahrens zur Eingliederung der Stadt Eisenach in den Wartburgkreis. Diesen Wunsch der Oberbürgermeisterin hat der Stadtrat am 14. Juni 2016 mit einem Beschluss untermauert. Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, aber nach meiner Kenntnis muss dieser Beschluss sogar einstimmig gewesen sein. Zur Begründung dieses Antrags wurde unter anderem ausgeführt, dass die Stadt Eisenach unter den gegenwärtigen Voraussetzungen nicht über die dauerhafte finanzielle Leistungsfähigkeit verfügte, um alle mit der Kreisfreiheit verbundenen Aufgaben aus eigener Kraft zu erfüllen. Das wurde auch schon von einigen Rednern hier geteilt, und die Situation ist tatsächlich so. Der Wartburgkreis hat sich mit dem Beschluss des Kreistags vom 21. Juni 2016 ebenfalls für die Eingliederung der Stadt Eisenach in den Landkreis ausgesprochen. Hiervon ausgehend haben dann beide Körperschaften, sowohl die Stadt als auch der Landkreis, die Verhandlungen in den Jahren 2017 und 2018 unter Begleitung der Landesregierung, in persona der Minister der Staatskanzlei Herr Prof. Hoff und meine Wenigkeit, intensiviert und inhaltlich konkretisiert. Im Ergebnis dieser Verhandlungen, meine Damen und Herren, verständigten sich die Oberbürgermeisterin der Stadt und der Landrat auf einen Entwurf eines Zukunftsvertrags zur Eingliederung der Stadt Eisenach in den Wartburgkreis. Wie schon erwähnt hat der Kreistag des Wartburgkreises diesem Vertrag mit Beschluss vom 23. August 2018 zugestimmt.

An dieser Stelle, meine Damen und Herren, auch wenn ich mir eigentlich vorgenommen habe, die mir eigene Emotion bei dem Thema so weit als möglich

außen vor zu lassen, muss ich angesichts der Redebeiträge oder einiger Redebeiträge am heutigen Vormittag jetzt davon abweichen, was ich mir eigentlich vorgenommen hatte. Ich habe hier Sätze gehört wie: „Ich kann den Handlungsdruck nicht verstehen.“ Das kann ich nun wieder nicht verstehen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will Ihnen auch begründen, warum. Es gab – und da blicke ich nur in die letzten vier Monate zurück – in der Zeit sehr intensive Beratungen mit allen Beteiligten. Beispiel: Am 23. Mai dieses Jahres fand in den Räumen des Landratsamts in Bad Salzungen eine Beratung zwischen Vertretern aller Kreistagsfraktionen des Wartburgkreises und Vertretern aller Stadtratsfraktionen der Stadt Eisenach,

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hört, hört!)

der Oberbürgermeisterin, dem Landrat, Prof. Hoff und meiner Wenigkeit statt. Ich kann Ihnen sagen, meine Damen und Herren, ich habe in den letzten mehr als 20 Jahren schon ein gewisses Maß an Erfahrungen im kommunalpolitischen, auch im landespolitischen Bereich sammeln dürfen. Aber das Klima in dieser Beratung ist wahrscheinlich nur unzureichend mit „Gefrierschranktemperatur“ beschrieben. Ich fasse das mit einem Satz zusammen: Die Verhandlungen standen kurz vor dem Scheitern. Vor allem war es an diesem Tag, dem 23. Mai, die sogenannte Kreisstadtfrage, die von den Vertretern des Wartburgkreises aus ihrer Sicht, so wie das ursprünglich vorgeschlagen war – auch das war ein Vorschlag aus dem März, den ich selbst eingebracht habe, dass man sozusagen den Kreisstatus zweimal vergibt. Da gab es kein Einverständnis mehr; ich will auch gar nicht auf die einzelnen Begründungen eingehen. Nur durch einen Vorschlag von Professor Hoff und mir, doch darüber nachzudenken oder – wir haben ihnen ein völlig neues Rechtsinstitut, das es in der Kommunalordnung Thüringens noch gar nicht gibt, für einen neuen Status der Stadt Eisenach, die sogenannte Große Kreisstadt, vorgeschlagen und die Zusage erteilt, wir unterfüttern diesen Vorschlag mit ganz konkreten Gesetzesänderungen. Auch das haben wir eingehalten, sodass also die Kreisstadtfrage an der Stelle nicht mehr zum Problem hätte werden können oder werden müssen.

Genau vier Wochen später, am 20. Juni dieses Jahres, diesmal im Rathaussaal der Stadt Eisenach: Das gleiche Gremium, Vertreter aller Fraktionen des Kreises und der Stadt, inklusive Landesregierung, inklusive der Spitzen beider Körperschaften. Dann war diese Frage zumindest so weit geklärt, dass man im Fusionsvertrag dafür eine Formulierung gefunden hatte.

(Staatssekretär Höhn)

Plötzlich kam ein neues Thema auf und da bin ich beim Thema „Handlungsdruck“, meine Damen und Herren, und auch bei dem Thema „Legendenbildung“, das ich vorhin gemeint habe. Wodurch entsteht der Handlungsdruck? Die Vertreter des Wartburgkreises – und das kann ich sehr wohl nachvollziehen, das will ich an dieser Stelle durchaus auch mal wertend sagen – haben darauf gedrungen, ein Gesetzgebungsverfahren so anzulegen, dass die Wirksamkeit des Fusionsgesetzes so rechtzeitig eintritt, damit die Wahl zum Kreistag in dieser Region am 26. Mai nächsten Jahres schon als neue Körperschaft durchgeführt werden kann. Das war die Bedingung des Kreises für die Zustimmung zu dem Zukunftsvertrag. Daraufhin habe ich in dieser Sitzung einen Vorschlag unterbreitet, weil normalerweise die Zeitschiene am 20.06. für ein reguläres Verfahren, das die Landesregierung einbringt, mit den entsprechenden Anhörungen, und dann das Parlament erreicht, überhaupt nicht mehr zu erreichen war. Das heißt, der Prozess der Fusion wäre so gar nicht mehr zu realisieren gewesen. Ich habe diesen Vorschlag gemacht, indem ich – da muss ich gegenüber meinen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen gestehen: Ich bin da sehr ins Obligo gegangen. Ich habe einen Parlaments- oder einen Fraktionsantrag in Aussicht gestellt, da hatte ich mit den Kollegen noch gar nicht gesprochen. Deswegen habe ich mich auch am Anfang dafür bedankt, dass dieses Verfahren heute hier überhaupt so möglich ist. Nur dadurch ist es überhaupt möglich gewesen, ein rechtssicheres Verfahren auf den Weg zu bringen, das genau diese Bedingung des Kreises erfüllt, wir wollen im nächsten Jahr nicht zweimal hintereinander wählen. Das ist der Handlungsdruck, meine Damen und Herren und Herr Kollege Fiedler,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

der daraus entstanden ist. Das ist kein Handlungsdruck, den die Landesregierung ausübt. Das ist ein Wunsch und ein Verfahren, das sehr wohl nachvollziehbar ist, aber aus den beiden beteiligten Vertragspartnern resultiert. Das bitte ich an dieser Stelle zu respektieren und auch in künftigen Meinungsund Plenaräußerungen zu berücksichtigen. Alles andere würde nicht der Wahrheit entsprechen, um das mal ganz deutlich zu sagen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Zeitschiene am 20.06. wurde so besprochen, miteinander, dass eine Beschlussfassung in beiden Körperschaften parallel, am 23. August, unmittelbar nach dem Ende der Parlamentsferien möglich gewesen ist. Der Wartburgkreis hat sich an diese Absprache gehalten und ich habe das auch allen Beteiligten, sowohl dem Landrat – ich hatte gestern auch Gelegenheit mit dem einen oder anderen Mit

glied des Kreistags zu reden. Ich habe ihnen dafür meinen ausdrücklichen Respekt gezollt, dass sie diese Entscheidung – und die war ja auch nicht so unumstritten im Kreistag und da sind ja auch Dinge diskutiert worden, die ich sehr wohl nachvollziehen kann, wenn es um die finanzielle Mehrbelastung des Kreises geht, wenn ich das vom Kollegen Kuschel gepriesene Solidarprinzip bei der Verteilung der Aufgaben sehe. Das ist ja sehr wohl nachvollziehbar. Aber, wenn der eine entlastet wird, wird der andere belastet. Diese Wirkung haben wir als Landesregierung mit dieser doch erkläglichen Summe an Geld ausgeglichen oder versuchen, das auszugleichen, weil wir diesen Mechanismus anerkennen. Der Wartburgkreis hat sich daran gehalten. Im Stadtrat der Stadt Eisenach ist eine Entscheidung gefällt worden, die nehme ich mit genau dem gleichen Respekt zur Kenntnis. Die heißt nämlich sinngemäß: Wir verweisen den Zukunftsvertrag in die Ausschüsse und letztendlich an die Bürger.

Damit war die Zeitschiene, das Zeitfenster eigentlich wieder zu. Ich bin damals mit Prof. Hoff in Klausur gegangen. Wir haben überlegt, wie können wir diesen Prozess noch so gestalten, dass er tatsächlich dem Wunsch des Landkreises entspricht, in diesem Jahr oder Ende dieses Jahres beraten und mit dem neuen Jahr in Kraft treten kann. Da wurde uns in Aussicht gestellt, es gibt ja noch eine Hoffnung, am 4. September ist eine erneute reguläre Stadtratssitzung.

(Zwischenruf Abg. Malsch, CDU)

Ja, am 4. September. Da war die nächste reguläre Stadtratssitzung, Herr Kollege Malsch. Da hat man in Aussicht gestellt, da fassen wir den Beschluss. Ich war selbst vor Ort, der Beschluss ist ja noch nicht mal auf die Tagesordnung gekommen. Wer dafür die Verantwortung trägt, meine Damen und Herren, müssen Sie mit sich selbst ausmachen.

(Zwischenruf Abg. Walk, CDU: Die Mehrheit wurde nicht erreicht!)

Man konnte auch keinen Alternativantrag beraten, der dort umhergeisterte, denn wenn das Thema nicht auf die Tagesordnung gesetzt wird, kann man auch nicht beraten.