Frank Kuschel

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Danke, Frau Präsidentin. Das wird von mir als Abgeordneter die Allerletzte sein. Gut.
Zu ladende Personen nach § 35 Abs. 2 Thüringer Kommunalordnung
§ 27 Abs. 5 Thüringer Kommunalordnung regelt, dass der Gemeinderat in die Ausschüsse neben den Gemeinderatsmitgliedern auch andere wahlberechtigte Personen als sachkundige Bürger berufen kann. Diese haben beratende Aufgaben. § 35 Abs. 2 Satz 1 Thüringer Kommunalordnung regelt, dass der Bürgermeister die Gemeinderatsmitglieder, die hauptamtlichen Beigeordneten und die sonstigen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu ladenden Personen schriftlich unter Mitteilung der Tagesordnung einlädt. Diese Regelung findet gemäß § 43 Thüringer Kommunalordnung entsprechend auch Anwendung auf die Ausschüsse.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Personen sind gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 Thüringer Kommunalordnung schriftlich unter Mitteilung der Tagesordnung zu laden?
2. Findet die Regelung in § 35 Abs. 2 Satz 1 Thüringer Kommunalordnung, wonach die Gemeinderatsmitglieder, die hauptamtlichen Beigeordneten und die sonstigen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu ladenden Personen schriftlich unter Mitteilung der Tagesordnung einzuladen sind, Anwendung auf die nach § 27 Abs. 5 Thüringer Kommunalordnung in die Ausschüsse berufenen sachkundigen Bürger und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?
3. Welcher gesetzliche Regelungsbedarf ergibt sich gegebenenfalls aus Sicht der Landesregierung?
Die Antwort verdeutlicht den Reformbedarf der Kommunalordnung. Sie müssen mir jetzt noch einmal helfen, Herr Staatssekretär, was ich den Leuten erzählen soll, da wir einerseits sachkundige Bürger in die Ausschüsse berufen, sie auch ein Teilnahmerecht haben, aber sie nicht zu laden sind und damit auch keinen Ladungsmangel geltend machen können, auch nicht an die Tagungsunterlagen kommen oder dergleichen. Wie sollen sie ihre beratende Funktion denn dann wahrnehmen können? Wer regelt denn, wie sie die Informationen erhalten? Zeitung lesen und da steht es drin oder irgendwie? Da stimmt doch irgendetwas im System nicht. Deswegen bitte ich mal, mir ein Argument zu liefern, was ich Menschen erzählen soll.
Darf ich gleich meine zweite Frage stellen, Frau Präsidentin?
Ich dachte, Sie gestatten mir eine Zusatzfrage.
Also, die zweite Frage, die ich habe – oh je, jetzt habe ich die vergessen. Jetzt haben Sie mich völlig verwirrt. Beantworten Sie erst einmal die erste, die zweite wird mir noch mal einfallen.
Mein Gedächtnis hat mir jetzt wieder geholfen. Die zweite Frage: Herr Staatssekretär, würden Sie denn befürworten, dass ich ab 1. Dezember in den Rechtsaufsichtsbehörden mal ein Praktikum mache, weil Sie mitgeteilt haben, die wissen wieder von nichts. Also bei mir liegt der Schreibtisch voll. Da könnten wir einen Informationsaustausch machen. Deshalb die Frage: Unter welchen Voraussetzungen befürworten Sie ein Praktikum von Bürger Kuschel in den Rechtsaufsichtsbehörden dieses Landes?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Kollegin der CDU hat eine lange Einlaufkurve gebraucht, um zum Schluss zu sagen: Sie stimmen zu. Ihre ganze Rede war eher auf Ablehnung ausgerichtet, aber es freut mich, dass Sie dem zustimmen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich will nur ganz kurz auf die Punkte eingehen. Wir machen hier einen Flächentausch. Wir sind im fö
deralen Staatswesen und insofern können wir zwar hier debattieren, was die Stadt Erfurt mit diesen Flächen vorhat, aber im Grunde genommen trägt hierfür in erster Linie natürlich die Stadt Erfurt die Verantwortung und die ist auch an Recht und Gesetz gebunden. Also die hier angesprochenen Dinge werden wie Flächenversiegelung oder Beeinträchtigung von Nachbarn bei einem ordnungsgemäßen B-Plan-Verfahren – und das findet auch in der Stadt Erfurt statt – alle berücksichtigt. Nach § 3 Baugesetzbuch findet beispielsweise eine frühzeitige Bürgerbeteiligung statt. Alle Träger öffentlicher Belange werden einbezogen und in einem B-Plan werden auch die entsprechenden Ausgleichsmaßnahmen, die erforderlich sind, abgewogen oder festgehalten.
Die Stadt Erfurt musste tatsächlich eine Abwägung vornehmen, was die weitere Versiegelung von Flächen am Stadtrand betrifft, das ist so. Aber der Gegenwert, auch der ökologische Gegenwert, besteht darin, dass die Innenstadt ganz erheblich entlastet wird, insbesondere von Großfahrzeugen wie Bussen und Wohnmobilen. Wer Erfurt kennt, weiß, da bestehen tatsächlich noch entsprechende Defizite.
Zur Dringlichkeit ist einfach zu sagen, die vorbereitenden Maßnahmen durch die Landesbehörden sind natürlich vorgelagert, aber letztlich wissen Sie, dass ein notarieller Vertrag, der auch bei einem entsprechenden Flächentausch erforderlich ist, viel Vorbereitung bedarf. Es ist ein etwas ungewöhnliches Verfahren, dass wir bei gleicher Quantität der Flächen, also gleicher Flächengröße, völlig unterschiedliche Qualitäten der Flächen haben, und insofern hier noch ein hoher Betrag von der Stadt Erfurt an den Freistaat auszukehren ist. Ich habe Verständnis, dass die Stadt Erfurt eine gewisse Zeit gebraucht hat, um dieses Angebot des Flächentauschs und die Ablöse von 1,7 Millionen Euro dann auch richtig abzuwägen, nach Alternativen zu suchen und dergleichen. Da bitte ich einfach um Verständnis, dass die Stadt Erfurt nicht einfach mal so bei gleichen Flächen sagt, okay, ich überweise sehr gern noch 1,7 Millionen Euro an das Land. Wenn wir das schneller gemacht hätten, hätten Sie garantiert kritisiert, wir hätten der Stadt möglicherweise nicht ausreichend Gelegenheit gegeben, all diese Fragen abzuwägen. Dass Sie dem zugestimmt haben, das freut mich. Die BUGA 2021 ist eine Chance, nicht nur für Erfurt, sondern für die ganze Region. Wir schaffen hier ein weiteres kleines Element. Wir wissen, an vielen Stellen wird mit Hochdruck an den Voraussetzungen für die BUGA gearbeitet. Dafür wünsche ich allen Erfolg. Ich bitte um Zustimmung zur Beschlussvorlage. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind zahlreiche Bürgermeister und Gemeinderäte im Haus, die jetzt hoffentlich vom Besucherdienst auf die Zuschauertribüne geführt werden, also herzlich willkommen! Für die betroffenen Gemeinden ist das heute ein besonderer Tag, schließlich sind Neugliederungen nicht alltäglich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Folgenden erstatte ich den Bericht des Innen- und Kommunalausschusses zum dritten Neugliederungsgesetz in dieser Legislaturperiode. Vorab sei mir folgende Anmerkung gestattet: Drei Gemeindeneugliederungsgesetze innerhalb einer Legislaturperiode zeigen die Bereitschaft und den Willen der beteiligten Gemeinden in Thüringen, sich zu neuen, zukunftsfähigen Gemeindestrukturen zusammenzuschließen.
Ich möchte an dieser Stelle den beteiligten Gemeinden und den zumeist ehrenamtlichen Akteurinnen und Akteuren vor Ort für diese Bereitschaft und Zusammenarbeit danken, die in diese drei Gesetze gemündet sind. Eine Gemeindeneugliederung kann bekanntermaßen eine hochemotionale Angelegenheit sein. Da möchte ich allen Beteiligten hier meinen Respekt aussprechen.
Bedanken möchte ich mich auch bei den zuständigen Stellen im Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales. Zum dritten Mal galt es, ein schriftliches Anhörungsverfahren in den beteiligten, unmittelbar betroffenen Gebietskörperschaften zu begleiten, durchzuführen und auszuwerten. Eine Aufgabe, die sich in insgesamt acht Aktenordnern Anhörungsauswertungen nachvollziehen lässt. Für die Wahrnehmung und die akribische Umsetzung dieser Aufgaben möchte ich den Innenminister bitten, seinen Mitarbeitern und Beteiligten einschließlich des Staatssekretärs den Dank auszusprechen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags in seiner 143. Sitzung vom 28. Mai 2019 wurde der Gesetzentwurf, der heute zur Abstimmung steht, an den Innen- und Kommunalausschuss überwiesen. Der Innen- und Kommunalausschuss hat diesen Gesetzentwurf in seiner 70. Sitzung am 29. März 2019, in seiner 71. Sitzung am 2. Mai 2019, in seiner 74. Sitzung am 27. Juni 2019, in seiner 75. Sitzung am 5. Juli 2019 und schließlich abschließend in seiner 76. Sitzung am 5. September 2019 beraten.
Den von den Neugliederungsmaßnahmen betroffenen Gebietskörperschaften und den Einwohnerinnen und Einwohnern der Gemeinden sowie den kommunalen Spitzenverbänden hat der Innen- und Kommunalausschuss Gelegenheit gegeben, sich im Rahmen der schriftlichen Anhörung zu äußern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sämtliche Beratungsunterlagen wurden im Abgeordneteninformationssystem AIS für alle Abgeordneten, die Fraktionen, die fraktionslosen Abgeordneten und für die Landesregierung bereitgestellt sowie an die Mitglieder des Innen- und Kommunalausschusses auch in Papierform verteilt, soweit sie es beantragt haben.
Die vorliegende Fassung des Gesetzentwurfs mit der Beschlussempfehlung in Drucksache 6/7662 wurde mit Mehrheit in der 76. Sitzung des Innenund Kommunalausschusses am 5. September zur
Beschlussfassung empfohlen. In der Beschlussempfehlung wurden Änderungen aus dem Änderungsantrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Vorlage 6/5930 aufgenommen. Die relevantesten Änderungen möchte ich kurz darstellen.
Nach der Angabe zu § 3 wurde § 4 mit Angaben zu den Gemeinden Martinroda und Angelroda eingefügt. § 4 Abs. 1: „Die Gemeinde Angelroda wird aufgelöst. Das Gebiet der aufgelösten Gemeinde wird in das Gebiet der Gemeinde Martinroda eingegliedert. Die Gemeinde Martinroda ist Rechtsnachfolgerin der aufgelösten Gemeinde [Angelroda].“
In § 5 ursprüngliche Fassung, jetzt § 6, wird die Neugliederung der Städte Greußen und Großenehrich sowie der Gemeinde Wolferschwenda, Verwaltungsgemeinschaft „Greußen“ im Kyffhäuserkreis, geregelt. Die Städte Greußen und Großenehrich werden aus dieser Verwaltungsgemeinschaft „Greußen“ ausgegliedert, die beiden Städte sowie die Gemeinde Wolferschwenda werden aufgelöst und aus diesen drei Kommunen wird die Landgemeinde Greußen gebildet.
In § 10, jetzt § 11 neu, wird der Austritt der Stadt Kölleda aus der Verwaltungsgemeinschaft „Kölleda“ geregelt. Ursprünglich war die weitere Eingemeindung von Umlandgemeinden in die Stadt Kölleda geplant, allerdings haben die betroffenen Gemeinden diese Anträge auf Beschluss der jeweiligen Gemeinderäte wieder zurückgenommen. Wir regeln deshalb in Absatz 2 die Auseinandersetzung zwischen der Stadt Kölleda und der verbleibenden Verwaltungsgemeinschaft „Kölleda“.
In § 17, neu § 18, wird die Neugliederung der Stadt Bad Sulza mit der Gemeinde Saaleplatte geregelt. Die Gemeinde Niedertrebra, die ursprünglich auch einen Antrag auf Eingliederung in die Stadt Bad Sulza gestellt hatte, hat Ende April diesen Beschluss zurückgenommen und ist insofern aus dem Gesetzentwurf wieder herausgenommen worden.
Obwohl die Beschlüsse der Gemeinden Angelroda und Martinroda zur Fusion erst nach Zuleitung des Gesetzes an den Thüringer Landtag eingegangen sind, haben das zuständige Innen- und Kommunalministerium sowie die Koalitionsfraktionen flexibel auf diesen Antrag reagiert und den entsprechenden Fusionswunsch im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens umgesetzt; es ist in diesen Änderungsantrag gemündet. Zudem werden mit dem jetzigen Gesetz auch die Finanzhilfen, die ursprünglich bis zum 31.12.2019 befristet waren, entfristet. Das kann auch als Signal an die Gemeinden verstanden werden, dass auch nach der Landtagswahl am 27. Oktober der Prozess der Gemeindegebietsre
form im Rahmen der Freiwilligkeit fortgesetzt und durch das Land finanziell unterstützt wird.
Einige Gemeindeneugliederungen haben den Innen- und Kommunalausschuss im besonderen Maße beschäftigt. Hervorzuheben ist hier der § 11, jetzt § 12 neu, der den Zusammenschluss der beiden Verwaltungsgemeinschaften „An der Marke“ und „Gramme-Aue“ im Landkreis Sömmerda regelt. Insgesamt gab es hier 855 Stellungnahmen zu dieser beabsichtigten Fusionierung. 300 Stellungnahmen sprachen sich für diese Fusion aus, 555 Stellungnahmen haben sich gegen diese Fusion der beiden Verwaltungsgemeinschaften gerichtet. Der Gemeinderat der Gemeinde Großrudestedt zog zudem den Gemeinderatsbeschluss zur Zusammenlegung dieser beiden Verwaltungsgemeinschaften zurück, wobei die anderen elf beteiligten Gemeinden diese Neugliederung weiterhin wollten.
Auf dieser Basis musste der Innen- und Kommunalausschuss eine Abwägung vornehmen mit dem Ergebnis, dass § 12 neu nach dieser Beschlussempfehlung des Ausschusses beizubehalten ist. Es wurde damit begründet, dass das Interesse der elf Gemeinden, die den Zusammenschluss beider Verwaltungsgemeinschaften wollen, gegenüber dem Willen der Gemeinde Großrudestedt, von dieser Neugliederung abzusehen, überwog. Ich bitte um Zustimmung zur Beschlussempfehlung. Danke.
Frau Präsidentin, wir haben uns auf eine Halbierung der Redezeit geeinigt, deshalb habe ich nur 9 Minuten. Da ist es schwierig, auf die hier schon thematisierten Einzelfälle im Detail und auch auf die Notwendigkeit der Reform und dergleichen einzugehen. Dazu haben aber die Vorredner schon Ausführungen gemacht.
Ich will also nur noch mal darauf verweisen: Uns ist bewusst, dass es in allen drei Gesetzen Neugliederungen gibt, die nur Zwischenlösungen sein können. Insofern verstehen wir hier auch die CDU nicht. Ihr Fraktionsvorsitzender hat hier erst gestern wieder eine Bestandsgarantie für alle abgegeben. Wer das macht, will dieses Land nicht zukunftsfähig machen. Wenn es nach der CDU gegangen wäre, hätten wir jetzt weiter Kleinstaaterei und die Gemeinden könnten nicht mal ansatzweise auf die neuen Herausforderungen reagieren.
Deshalb: Wer dieses Land regieren will, muss sich diesem Reformprozess weiterhin stellen.
Und klar, wir standen vor der Entscheidung: Lassen wir Zwischenlösungen zu? Und wir haben uns in der Koalition und auch in Kooperation mit der Landesregierung entschlossen, dass Zwischenlösungen möglich sind, weil Zwischenlösungen immer dazu dienen, meist emotionale Dinge, die vor Ort auftreten, zu berücksichtigen, die Leute mitzunehmen, weil solche Reformen gegen die Akteure – das hat sich herausgestellt – nicht mehr umsetzbar sind. Deswegen tragen wir auch als Fraktion das Grundkonzept und auch die Fortsetzung dieser Freiwilligkeit nach der Landtagswahl mit. Wenn sich die Hälfte der Gemeinden neugegliedert hat, heißt das im Umkehrschluss, die andere Hälfte noch nicht. Und dieses Nebeneinander wird es dauerhaft sicherlich nicht geben können. Aber ich habe schon Signale aus Gemeinden, dass sie sehr wohl die Landtagswahl abwarten und sich dann auch mit Neugliederungsprojekten an den neuen Landtag wenden werden. Ich will deshalb gleich auf die ein
zelnen Dinge eingehen, die sowohl hier in der Debatte vorgebracht wurden, aber die wir auch im Gesetzgebungsverfahren alle verfolgt haben.
Schlotheim: Also das ist ein Skandal, den die CDU zu vertreten hat. Uns jetzt vorzuwerfen, dass wir dieser Region wieder eine Zukunft geben, die seit 20 Jahren verbaut war, ist eine „Sauerei“. Ich darf noch mal darauf verweisen: Es war die CDU, die ein hochspekulatives Finanzkonzept zur Betreuung
aber die CDU hat die Landesregierung geführt – und Bewirtschaftung des dortigen Wohnungsbestands auf den Weg gebracht hat und einer Kleinstgemeinde gestattet hat, einen Hotelbetrieb, ein Sporthotel mit großen Sportanlagen zu betreiben. Und das ging völlig schief – völlig schief.
Und jetzt sind 35 Millionen Euro als Verbindlichkeiten aufgelaufen. Ich bin insbesondere der Landesregierung dankbar, dass es noch gelungen ist, das in den letzten Tagen vertraglich so zu gestalten, dass jetzt wieder eine Chance besteht. Uns ist bewusst, dass es viel Geld ist. Wir haben ein anderes Beispiel, Masserberg, da haben wir auch schon viel Geld reingesteckt, weil dort Fehlentscheidungen getroffen wurden, immer in Kooperation von Kommunalpolitikern und Landespolitikern. Aber bitte machen Sie das der jetzigen Landesregierung oder jetzigen Koalition nicht zum Vorwurf. Jetzt besteht endlich wieder eine Chance für eine gesamte Region und ohne diese 35 Millionen Euro gäbe es diese Chance nicht.
Die Entscheidung haben wir zu treffen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine weitere Sache: Herr Fiedler hat gesagt, ich wollte VGVorsitzender werden. Das war tatsächlich in Kölleda. Als Abwickler habe ich mich da beworben, bin nicht gewählt worden.
Aber es kam dort Bewegung in die Sache.
Zu Greußen, weil hier die Kritik geübt wurde, es werden Parallelstrukturen wieder aufgebaut und warum nicht das Instrument der erfüllenden Gemeinde gewählt wurde – nochmals: Das entscheiden jetzt die Akteure vor Ort. Die hauptamtlichen Bürgermeister von Greußen und Kölleda können zeitgleich ehrenamtliche VG-Vorsitzende sein. Es muss keine Parallelität geben. Das Rechtsinstitut
der erfüllenden Gemeinde ist in beiden Fällen am Unwillen der beteiligten Gemeinden gescheitert. Sie wollten es nicht, sie wollten als Kleinst-VG, als Übergangslösung weitermachen und wollten damit signalisieren: Wir lassen uns noch etwas Zeit, aber uns ist bewusst, wo die Reise hingeht. Und wir als Koalition hatten wieder abzuwägen, ob wir dem Willen Einzelner stattgeben, die sich jetzt neugliedern wollen, oder ob wir den noch Zögerlichen eine Art Vetorecht einräumen. Wir haben uns für Ersteres entschieden und das war aus meiner Sicht richtig so.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dann wurde von Herrn Fiedler das laufende Verfahren Linda – Bürgerbegehren angesprochen, das wissen wir. Ich darf nur in Erinnerung bringen: Wir hatten bei dem vorherigen Gemeindeneugliederungsgesetz auch zwei Fälle, wo das Verfahren schon weiter war als in Linda, nämlich in Judenbach, Unterland Landkreis Sonneberg, und in Tiefenort, Bad Salzungen, Wartburgkreis. Da waren die Bürgerbegehren schon zugelassen worden. In Linda läuft erst mal die Unterschriftensammlung zur Zulassung.
Ja, dass da die Stadt Neustadt/Orla als erfüllende Gemeinde zunächst den Antrag abgewiesen hat und die Antragsteller erst in das Gerichtsverfahren mussten, das können Sie aber jetzt weder der Landesregierung noch der Koalition zuschreiben. Das waren Entscheidungen vor Ort.
Wir haben Gewaltenteilung und das ist jetzt hinzunehmen. In dem Zusammenhang muss man aber verweisen – und wer sich dort einsetzt, der muss das auch noch mal zur Kenntnis nehmen: Im Rahmen der öffentlichen Auslegung und Anhörung kam nicht eine einzige Zuschrift aus Linda. Und da stelle ich mir nun doch die Frage: Wenn es dort wahrnehmbare Bedenken gibt, warum nutzt man nicht die Auslegung und Anhörung, um uns als Gesetzgeber auch in die Lage zu versetzen, eine Abwägung vorzunehmen?
Wenn aber null kommt, müssen wir davon ausgehen, es stößt auf Zustimmung aller Beteiligten. Insofern haben wir uns auch entschlossen zu sagen, wir nehmen zur Kenntnis, dass dort ein Verfahren läuft, aber entscheidend für uns ist die jetzige Antragstellung und wir wollen den Anträgen der betei
ligten Gemeinden dort vor Ort entsprechend Rechnung tragen.
Jetzt zu den VGs „An der Marke“ und „GrammeAue“ – nicht nur in dem Gesetz, es war schon im vorherigen Gesetz, da ist es schon aus dem Referentenentwurf noch mal rausgenommen worden: Ich habe da eine persönliche Meinung und wir haben als Fraktion eine Meinung und es gibt eine Koalitionsmeinung. Das ist so. Auch in Koalitionen gibt es demokratische Verfahren, da kann nicht jeder Einzelne seine Position durchsetzen, er muss dafür werben, das habe ich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln gemacht. Übrigens, Herr Fiedler, ich kann Sie beruhigen, ich wurde nicht gefoltert oder Ähnliches, sondern es gab ein Abwägungsverfahren. Dem Abwägungsverfahren kann auch ich mich nicht entziehen. Ich habe mich aber noch mal dazu geäußert, auch in den lokalen Medien. Ich halte das raumordnerisch und landesplanerisch für problematisch dort in dieser Region, weil Teile der Gemeinden im Einzugsbereich von Erfurt und von Sömmerda liegen. Es gibt keinen zentralen Ort und ich sage es deutlich: Die jetzige Bildung der dortigen Groß-VG kann nur eine Übergangslösung sein. Ich weiß, einzelne Akteure vor Ort sehen das anders. Sie meinen, dass jetzt durch diese GroßVG möglicherweise diese Strukturen dort dauerhaft entstehen. Die Effizienzpotenziale sind nicht mal benannt. Wir sparen einen VG-Vorsitzenden, müssen aber in Schloßvippach erst noch einen Verwaltungsstandort ertüchtigen, während der in Großrudestedt da ist. Und wie Sie gesagt haben: Es ändert sich nichts für die Mitgliedsgemeinden. Im Übrigen müsste ein künftiger Landtag mal darüber nachdenken, ob es tatsächlich günstig ist, dass leitende Landesbedienstete als ehrenamtliche Bürgermeister dort Stimmung gegen die eigene Landesregierung machen können. Ich habe da große Bedenken. Und es sind dort zwei führende Landesbedienstete, die ausschließlich die Debatten dort bestimmen. Auch das kann also nicht dauerhaft gut sein. Und wir haben der CDU ein Angebot gemacht – und da bin ich Ihnen richtig böse, Herr Fiedler. Wir haben gesagt, wenn ihr es mittragt, dann nehmen wir diesen Paragrafen raus, denn wir haben gesagt, wir müssen in der Abwägung – eine Gemeinde gegen elf Gemeinden – entscheiden. Und deswegen, das haben die Grünen als Kompromissvorschlag gemacht, dafür bin ich dankbar, dass man gesagt hat, wenn das die demokratischen Parteien in diesem Hause mittragen, dann halten wir auch den Druck aus, weil natürlich die elf anderen dann sagen „wieso die eine?“, halten am Grundsatz der Freiwilligkeit konsequent fest. Und Sie haben das Angebot aus rein wahltaktischen Gründen ab
gelehnt, nichts anderes, denn inhaltlich stehen Sie eigentlich dazu.
Herr Mohring als Fraktionsvorsitzender hat der Gemeinde Großrudestedt schriftlich zugesagt, dass Sie für eine Lösung eintreten. Und nichts machen Sie, Sie lassen Ihren Worten keine Taten folgen! Ich kann nur die Wählerinnen und Wähler in diesem Land warnen: So eine Partei ist nicht wählbar als Regierungspartei, denn Sie können nicht mal Opposition, Sie stellen nicht mal einen Änderungsantrag. Ihre schärfste Waffe ist die Enthaltung, das kann doch wohl nicht wahr sein, meine Damen und Herren.
Wir haben noch andere Dinge, was jetzt nicht in der Beschlussempfehlung ist, aber wo es erstaunliche Sachen gibt. In Nohra wollte der Gemeinderat am Montag den Ausstieg beschließen.
Ach, das ist jetzt aber schade.
Also, das konnte wegen der Ladungsfrist noch verhindert werden. Da will der Gemeinderat heute Abend beschließen auszusteigen. Auch dort ist ein Landesbediensteter aus dem Innenministerium beteiligt. Und da sage ich mal, darüber müssen wir wirklich nachdenken. In dem Sinne, meine Damen und Herren, danke.
Ich möchte eine Erklärung zu meinem Abstimmverhalten abgeben. Entgegen der Behauptung des Kollegen Scherer regelt die Kommunalordnung eine gemeinsame Flurgrenze bei Gemeindeneugliederungen nicht. Deswegen habe ich hier zugestimmt. Es war der Wille der „übrig gebliebenen“ Gemeinden, eine Klein-VG zu bilden. Auch dort regelt die
Thüringer Kommunalordnung keine Mindestgröße. Für vier Jahre erfolgt ein Ausgleich bei der VG, die haben also vier Jahre Zeit, sich für ein zukunftsfähiges Projekt aufzustellen. Insofern kann man einer solchen Regelung zustimmen und das habe ich getan. Danke.
Frau Präsidentin, ich möchte eine Erklärung zu meinem Abstimmverhalten geben. Ich habe zugestimmt, weil Enthaltung für einen Abgeordneten in so einer Frage keine eindeutige Positionierung ist. Ich habe innerhalb der Koalition und in der Region dafür geworben, dass es zu dieser Fusion nicht kommt, musste eine Abwägung vornehmen und bin besonders enttäuscht, dass die CDU außer großen Worten überhaupt nicht bereit ist, sich zu bekennen, sondern sich hier einfach „feige vom Acker macht“, und deshalb musste ich zustimmen. Danke.
Danke, Frau Präsidentin, danke, Herr Staatsekretär. Den Medien war zu entnehmen, dass Sie sich bezüglich des Haltepunkts oder Bahnhofs Wümbach bereits an die Deutsche Bahn gewandt haben. Gibt es denn da schon eine Reaktion? Wenn ja, wann ist denn damit zu rechnen, dass sich die Deutsche Bahn zu diesem Projekt positioniert, also äußert?
Danke, Frau Präsidentin.
Im Rahmen einer sogenannten Winterschool in Bad Liebenstein, Ortsteil Schweina, wollten Studierende aus ganz Deutschland herausfinden, ob ein Hochschulstandort auf dem Land etablierbar wäre. Vorstellbar wäre es aus ihrer Sicht auf einem ehemaligen Firmengelände in Schweina, einem Ortsteil von Bad Liebenstein. Im Anschluss beschäftigten sich Studierende der Fachhochschule Erfurt mit der Weiterentwicklung der Idee des LandCampus. Im Ergebnis entschied man sich für Schweina, da es dort ein aktuelles Stadtentwicklungskonzept und einen aktuellen Rahmenplan gebe. Die Studierenden entwickelten einen Projektplan, der eine Umsetzung des Vorhabens bis zum Jahr 2025 vorsehe. Eine Voraussetzung ist unter anderem, dass die Stadt das Areal der ehemaligen Firma in Schweina in ihr Eigentum bringt, um das Projekt zu befördern.
Ich frage die Landesregierung:
1. Hat die Landesregierung Kenntnis über das Projekt LandCampus in Schweina und wenn ja, welche Auffassung vertritt sie zu diesem Projekt?
2. Welche Vorteile und Chancen könnte ein LandCampus aus Sicht der Landesregierung bieten, auch im Kontext der Entwicklungsziele der Thüringer Hochschullandschaft in den Leitlinien zur Hochschulentwicklung bis zum Jahr 2025?
3. Welche Herausforderungen ergeben sich aus Sicht der Landesregierung bei der Etablierung eines LandCampus?
4. Unter welchen Voraussetzungen wäre ein Erwerb des Areals der ehemaligen Firma in Schweina mit Fördermitteln aus welchem Förderprogramm möglich?
Danke, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, Sie haben darauf verwiesen, dass keine neuen Standorte oder keine neuen Hochschulen oder Universitäten geplant sind. Welche Positionierung vertritt die Landesregierung zu einem Außenstandort einer bestehenden Hochschule oder Universität?
Frau Präsidentin, zunächst danke, dass Sie mich jetzt gleich drangenommen haben, denn das macht es noch mal spannend, weil das die Gelegenheit gibt, direkt auf Wolfgang Fiedler zu reagieren.
Erst mal werden Sie Verständnis haben, dass ich meine Freude zum Ausdruck bringe. Das Gesetz zeigt: Politische Entscheidungen brauchen manchmal ihre Zeit, aber wenn man dranbleibt, Partner gewinnt und nach Mehrheiten ringt, können auch Dinge gelingen, die vor einigen Monaten noch unvorstellbar waren.
Deshalb allen Danke, die daran mitgewirkt haben, dass wir heute noch ein solches Gesetz verabschieden können. Dass in dieser Rechtsmaterie Dynamik ist, zeigt schon, dass wir heute zum zehnten Mal das Gesetz ändern. Das zeigt, dass tatsächlich über Jahre versucht wurde, eine Regelung zu treffen, mit der Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, aber auch die Kommunen, das Land umgehen können, und es ist nicht gelungen.
Natürlich könnte ich sagen, wir als Linke hatten von Anfang an Bedenken, ob ein Instrument aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert noch geeignet ist, am Ende des 20./Beginn des 21. Jahrhunderts zu wirken. Wir haben diese Frage schon 1994 mit Nein beantwortet und haben seitdem mit vielen Partnern, mit vielen Bürgerinitiativen um Veränderungen gerungen. In dem Zusammenhang möchte ich auch Vertreter von Bürgerinitiativen recht herzlich auf der Tribüne begrüßen,
unter anderem Peter Hammen, der über viele Jahre in aufopferungsvoller Art und Weise die Thüringer Bürgerallianz, den Dachverband der Bürgerinitiativen für sozial vertretbare Kommunalabgaben, geleitet hat. Auch für Sie ist das sicherlich heute ein Tag, an dem Sie sehen können, dass es sich lohnt, für eigene Interessen zu streiten. Das sollte Ermunte
rung für andere Bürgerinnen und Bürger sein, wenn sie merken, dass irgendetwas schiefgeht in der Politik, dass sie dann der Politik auch den entsprechenden Druck machen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir die Straßenausbaubeiträge vor zwei oder drei Jahren gesetzlich abgeschafft hätten, wären wir auch noch Vorreiter in der Bundesrepublik gewesen. Jetzt vollziehen wir zum Teil eine Entwicklung nach, die in anderen Bundesländern bereits auf den Weg gebracht worden ist. Das hat natürlich den Vorteil, dass wir auf dortige Erfahrungen zurückgreifen können. Bekanntermaßen hat Baden-Württemberg schon 1997 diese Beiträge abgeschafft, 2012 Berlin, im vergangenen Jahr Bayern und inzwischen haben auch Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern die entsprechenden Gesetze auf den Weg gebracht. Wir ziehen jetzt nach.
Ich will mich gleich noch den Problemen zuwenden, die auch Wolfgang Fiedler zu Recht hier angesprochen hat. Was mich bei der CDU gestört hat: Es ist wieder nicht ein einziger eigener Vorschlag auf dem Tisch. Wenn Sie tatsächlich ihre Ansage ernst meinen, dass auch Sie das Problem lösen wollen, und Sie andererseits der Auffassung sind, dass unser Lösungsvorschlag nicht Ihren Vorstellungen entspricht, dann gehört es sich doch parlamentstechnisch, parlamentsrechtlich, dass man eigene Vorschläge vorbringt. Wir haben das als Opposition gemacht. Wir haben eigene Gesetze vorgelegt, auch zur Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen. Sie als CDU haben das bisher versäumt, keine Änderungsanträge gebracht.
Was der Gesetzentwurf der AfD wert war, das haben wir schon in der Debatte thematisiert. Ihr Konzept – nämlich Fortsetzung des Unrechts, um Gleichheit zu schaffen – ist nicht zeitgemäß, sondern dient nur dazu, weiter auf Ängste zu setzen. Deshalb war Ihr Gesetzentwurf nicht geeignet zu diskutieren. Das war das Problem. Sie haben dazu noch Regelungen aus Bayern abgeschrieben, die in Thüringen nicht zur Anwendung kommen können, meine Damen und Herren.
Der erste Problemkreis war der Stichtag 01.01.2019. Da hat jetzt Wolfgang Fiedler wieder den typischen politischen „Eiertanz“ versucht.
Uns war nicht Maßstab, was Sie als CDU in einem Positionspapier formuliert haben – dort steht der 01.01.2019 drin –, sondern viel entscheidender war, dass die Gemeinden, auch der Gemeinde- und Städtebund gesagt haben: wenn eine Abschaffung,
dann zum 01.01.2019. Denn an diesem Tag tritt die vollständige Ermessensregelung für die Gemeinden in Kraft und wir wollen nicht, dass diese Ermessensregelung erst Rechtswirkung entfaltet. Das begründet diesen Termin 01.01.2019. Ich will noch mal darauf eingehen, weil Wolfgang Fiedler auch hier nicht ganz an der Wahrheit dran war, indem er gesagt hat, diese Ermessensregelung wäre verfassungswidrig. Es bleibt im Rechtsstaat so, dass nur ein Organ die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes feststellen kann, das ist das Verfassungsgericht. Kein Gutachter oder sonst wer – auch nicht Wolfgang Fiedler mit seinen vielen Jahren Parlamentserfahrung – hat in diesem Land das Recht, Verfassungswidrigkeit festzustellen. Er kann von sich aus formulieren, er hält es für verfassungswidrig. Der Gemeinde- und Städtebund war sich selbst nicht sicher und hat deshalb vorsichtshalber mal die Einjahresfrist für eine Verfassungsklage ablaufen lassen und dann erst das Gutachten präsentiert, damit er nicht mit der Frage konfrontiert wird, warum er denn dann nicht Verfassungsklage erhebt. Der Gutachter hat Verfassungswidrigkeit festgestellt. Aber noch mal: Ein Ermessen im kommunalen Bereich als verfassungswidrig zu bezeichnen, ist ein Generalangriff auf die Selbstverwaltung, denn Selbstverwaltung setzt Ermessen voraus.
Wenn ich den Gemeinden kein Ermessen mehr einräume, begrabe ich die kommunale Selbstverwaltung. Deshalb war das Ermessen richtig und die Bedingungen für das Ermessen waren sehr „flach“ gehalten. Es waren nämlich nur zwei Bedingungen da: Es musste ein Haushalt vorliegen und in den letzten drei Jahren keine Bedarfszuweisung gegeben haben. Damit haben 85 Prozent der Gemeinden die formalen Voraussetzungen zur Anwendung dieses Ermessens erfüllt – und nicht, wie Sie sagen, Zweiklassengesellschaft.
Insofern hätte ich mir gewünscht, dass die Sache vor dem Verfassungsgericht landet, die Betroffenen haben selbst die Frist verstreichen lassen. Warum, müssen sie selbst beantworten.
Meine Damen und Herren, es war also eine Forderung der kommunalen Seite, den 01.01.2019 als Stichtag heranzuziehen. Jetzt mussten wir die Frage beantworten, an welchem Kriterium wir diesen Stichtag festmachen. Da gibt es in der Bundesrepublik inzwischen zwei Konzepte. Bayern hat den Grundsatz gewählt: Bescheid ist Bescheid. Brandenburg hat den Grundsatz gewählt: Entstehen der sachlichen Beitragspflicht. Jetzt war es Forderung eines Koalitionspartners und auch des Ministe
riums, das noch mal gutachterlich zu untersuchen. Als Gutachter – den hat das Innenministerium ausgewählt – wurde der Gutachter ausgewählt, der auch in Brandenburg aktiv war. Da war es nicht überraschend, dass der natürlich empfohlen hat, die sachliche Beitragspflicht als Kriterium zu definieren, und er gesagt hat, die bayerische Regelung wäre zu sehr anfällig, was die Verfassungswidrigkeit betrifft. Ich persönlich halte die bayerische Regelung für überzeugender, aber wir haben eine Entscheidung getroffen. Und jetzt schürt die CDU wieder Ängste, was die praktische Umsetzung betrifft.
Mein Appell an die kommunale Seite ist – da bitte ich auch den Gemeinde- und Städtebund mitzuwirken –: Lassen Sie uns kreativ das Kriterium der sachlichen Beitragspflichten anwenden. Die sachliche Beitragspflicht ist an zwei Kriterien gebunden: Eine Satzung muss da sein und alle Aufwendungen, die umlagefähig sind, müssen ermittelbar sein. Im Regelfall stellt das nur die Verwaltung fest. Der Gemeinde- oder Stadtrat ist an diesem Verfahren nicht beteiligt. Ich hätte mir immer gewünscht, dass die Gemeinde- und Stadträte per Beschluss feststellen müssen, ob die sachliche Beitragspflicht entstanden ist oder nicht, dann hätten alle Beteiligten Bescheid gewusst. Das haben wir in Thüringen nicht. Die Rechtsprechung hat entschieden: Frühestens der Eingang der Schlussrechnung kann die sachliche Beitragspflicht begründen – frühestens. Das kann aber in der kommunalen Praxis tatsächlich nicht zur Wirkung kommen, weil jede Schlussrechnung geprüft werden muss, sodass ich sage: Abschluss der Prüfung der Schlussrechnung könnte frühestens die sachliche Beitragspflicht begründen. Aber selbst das ist nicht ganz unumstritten, weil die meisten Gemeinden einen Einbehalt gegenüber dem Auftragnehmer für den Zeitraum der Gewährleistung machen, 5 Prozent bis manchmal 20 Prozent, sodass erst nach Ablauf der Gewährleistung und den Fragen, was mit dem Einbehalt wird, eine Gemeinde tatsächlich sagen kann, wo der Aufwand ist oder wie hoch der Aufwand ist, sodass es auch aus meiner Sicht möglich wäre zu sagen: Erst dann ist die sachliche Beitragspflicht entstanden. Da haben die Gemeinden tatsächlich ein Ermessen und sie sollten es nutzen, denn eines haben wir bis jetzt geregelt: Ist diese sachliche Beitragspflicht am 31.12. nicht entstanden, bekommen die Gemeinden Erstattungen, für alle neuen ja ohnehin nur dort, wo die sachliche Beitragspflicht entstanden ist.
Wenn die CDU das jetzt kritisiert, hätte ich erwartet, Sie hätten doch mit Ihren bayerischen Freunden noch mal reden können und hätten Ihren Änderungsantrag vorlegen können, um ein anderes Kriterium zur Anwendung zu bringen. Das hätten Sie machen können, aber das haben Sie versäumt. Insofern werden wir auch hier sehen, welche Erfahrungen wir sammeln. Es wird klar sein, es wird zu Debatten führen. Ich persönlich hätte mir eine andere Regelung vorstellen können, aber andererseits hat die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge auch für die Zukunft Vorrang und die noch offenen Probleme müssen wir gemeinsam mit der kommunalen Ebene regeln.
Der dritte Komplex war die Erstattungsregelung, mit der wir uns beschäftigen mussten. Auch dort gibt es inzwischen unterschiedliche Modelle. Bayern und Brandenburg haben sich für eine pauschalierte Erstattung ausgesprochen. Die hat den Charme, dass kaum Verwaltungsaufwand entsteht, weil die Gemeinden auch keinen Verwendungsnachweis machen müssen. Wir haben uns jetzt für eine Art tendenziell zwar auch Pauschalierung, aber doch Spitzabrechnung entschieden, das heißt, bei uns müssen die Gemeinden den umlagefähigen Aufwand ermitteln. Das heißt, beim Verwaltungsaufwand sparen sie zum jetzigen System relativ wenig und das Land muss dann diese Ermittlungen überprüfen. Da hoffe ich, dass das Landesverwaltungsamt nicht in alte Gepflogenheiten verfällt und hier den Kommunen das Leben schwer macht, indem immer wieder Abrechnungen möglicherweise als fehlerhaft bezeichnet werden. Das würde die Wirkung des Gesetzes tatsächlich beeinflussen.
Ich bin nach wie vor der Überzeugung, die Thüringer Gemeinden wären mit einer pauschalierten Abgeltung wie in Bayern und Brandenburg besser gefahren als mit der jetzigen. Aber es war insbesondere der Wunsch des Gemeinde- und Städtebundes, eine Spitzabrechnung, wie jetzt im Gesetz vereinbart, umzusetzen. Das kann ich manchmal verstehen, weil in der Vergangenheit natürlich pauschalierte Erstattungen aus Sicht der kommunalen Ebene nicht immer den Kostenersatz in ihrem Bereich, wie sie es sich vorgestellt haben, abgebildet haben. Deswegen haben wir uns jetzt darauf verständigt und wir gehen mal optimistisch ran, dass die Gemeinden kreativ mit diesem Problem umgehen und die zuständigen Landesbehörden auch ihren Beitrag dazu leisten, dass das System nicht verkompliziert wird.
Meine Damen und Herren, dann war die Frage: Ist das generationengerecht, was wir hier machen? Ein System, das nahezu 28 Jahre gewirkt hat, ist nicht rückabwickelbar. Das hat mal eine Rolle ge
spielt: Können wir das System rückabwickeln? Nach den Zahlen des Landesamts für Statistik wären das 600 Millionen Euro gewesen, die hätten zurückerstattet werden müssen. Aber wir wären an ganz praktischen Dingen gescheitert, weil wir gar nicht mehr wissen, wer denn vor mehr als zehn Jahren welchen Beitrag bezahlt hat, weil die Aufbewahrungsfrist für die Unterlagen im Regelfall nach zehn Jahren endet. Deshalb ist diese Frage verworfen worden. Ich werde nicht müde, immer wieder darauf zu verweisen, dass auch die, die alle schon mal bezahlt haben, letztlich von der gesetzlichen Abschaffung profitieren, weil nach 20, 25, spätestens 30 Jahren die Verkehrsanlage wieder grundhaft ausgebaut werden muss. Dann entsteht keine neue Beitragspflicht für die Betroffenen. Klar, das setzt voraus, ich muss in Generationen denken. Das fällt uns allen schwer, Politikern ohnehin. Politiker denken auch nur in Wahlperioden, deshalb habe ich Verständnis, dass wir dort noch viel Aufklärungsarbeit leisten müssen. Es ist aber keinesfalls so, dass die, die schon bezahlt haben, überhaupt nicht profitieren. Die Gemeinden, die sich für die Form der wiederkehrenden Beiträge entschieden haben – das sind immerhin 125 –, stehen dann aber keinesfalls vor diesem Problem, weil dort jedes Jahr alle bezahlt haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt hat Kollege Fiedler hier nochmals Einzelfälle zur Debatte gestellt, weshalb die CDU nicht zustimmen kann. Zu der Abschnittsbildung und den Sanierungsgebieten: Jeder, der die Lage einigermaßen objektiv bewertet, kommt zu der Einschätzung, dass diese differenzierte Herangehensweise auch jetzt schon besteht. Auch jetzt weisen Gemeinden städtische Sanierungsgebiete aus, und wenn es ein qualifiziertes Sanierungsgebiet ist, werden dort keine Straßenausbaubeiträge fällig, sondern nach Abschluss der Sanierung ein Sanierungsbeitrag. Das heißt, die Differenzierung gibt es jetzt schon. Sanierungsbeiträge oder Erschließungsbeiträge nach Baugesetzbuch sind Bundesrecht. Das können wir gar nicht ändern, sondern wir können nur das Ausbaurecht ändern. Und auch dort kommt es jetzt darauf an, wie die Gemeinden verfahren. Aber jetzt war bereits eine sehr unterschiedliche Herangehensweise zu verzeichnen. Jetzt das Bundesrecht heranzuziehen, um eine landesrechtliche Neuregelung zu kritisieren, ist aber mehr als unseriös.
Nun hat der Ausschussvorsitzende in seiner Berichterstattung schon gesagt, dass wir ja sowohl in Bayern und noch viel stärker in Brandenburg die Tendenz – ich bezeichne es mal umgangssprachlich – zur Flucht ins Erschließungsrecht haben. Insbesondere Anwälte haben ein neues Geschäftsmodell entwickelt, indem sie sagen: Wenn die Gemein
den keine Ausbaubeiträge mehr erheben können, dann gehen wir auf Bundesrecht und Erschließungsbeiträge. Ob dort dann die jetzigen Regelungen im Baugesetzbuch ausreichen, um einen Schutz zu gewähren, da habe ich Zweifel, aber wir warten es mal ab. Wir hatten schon den ersten Fall in Thüringen, Gemeinde Frankenblick, wo ein Anwalt aus Bayern dem Gemeinderat gesagt hat: Lasst nur die Straßenausbaubeiträge, mit denen beschäftigen wir uns nicht mehr. Wir rechnen die Straßen über Baugesetzbuch und Erschließungsbeiträge ab und stellen darauf ab, dass das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, dass alle technischen Anlagen am 03.10.1990 auf dem Territorium der neuen Bundesländer nur als Provisorium gelten, und sagen, da machen wir einfach erst mal die DIN-gerechte Erschließung. Das ist Erschließungsrecht. Das wollen wir nicht. Auch wenn wir dort Vollzugsprobleme sehen sollten, ist dann ein neuer Landtag gut beraten, das dann ganz schnell zu lösen, weil wir keine Flucht ins Erschließungsrecht wollen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Entschließungsantrag, den auch Wolfgang Fiedler noch mal angesprochen hat: Dort geht es um eine Härtefallregelung, die die Bayern auch mit einem Jahr Verzögerung ins Gesetz aufgenommen haben. Wir bitten jetzt die Landesregierung, bis zum 30. Juni 2020 zu überprüfen, inwieweit auch bei uns eine Härtefallregelung notwendig ist. Eine Härtefallregelung nach den Eckziffern in Bayern darf ich mal kurz benennen: Beitragspflichtige, die ein geringeres Jahreseinkommen als 100.000 Euro haben, können dort einen Antrag auf Rückerstattung mit einem Selbstbehalt von 2.000 Euro stellen. Das heißt, 2.000 Euro müssen sie selbst tragen. Alles, was darüber hinausgeht, können sie vom Land zurückerstattet bekommen. Das betrifft in Bayern die Fälle von 2014 bis 2017. Bei uns wäre das von 2015 bis 2018. Zu dieser Härtefallregelung hatte das Ministerium im Gesetzgebungsverfahren schon mal eine Stellungnahme abgegeben und hat gesagt, sie sehen erst einmal die Notwendigkeit dieses Härtefonds nicht so. Wir als Koalitionsfraktionen wollen das zumindest noch einmal geprüft haben. Dann ist der neue Landtag im Ergebnis der Prüfung angehalten, möglicherweise entsprechend hier gesetzlich nachzujustieren.
Der Präsident des Landesrechnungshofs, Herr Dr. Dette, hat sich positioniert und als jemand geoutet, der gern am System festhalten möchte. Er hat es insbesondere an der Vorteilsregelung festgemacht, dem besonderen wirtschaftlichen Vorteil des Grundstücks. Er hat gesagt, eine sanierte oder aus
gebaute Straße vermittelt für das Grundstück einen besonderen wirtschaftlichen Vorteil. Ob dem so ist, damit beschäftigt sich die Verwaltungswissenschaft schon seit 20 Jahren. Ich teile hier die Auffassung der Kritiker von Straßenausbaubeiträgen, die sagen, dieser Zusammenhang für das einzelne Bestandsgrundstück ist nicht mehr herstellbar. Es sind ja drei Säulen: Dauerhaftigkeit, Grundstücksbezogenheit, Gebrauchswert erhaltend oder steigernd. Die Dauerhaftigkeit ist gegeben, aber die Grundstücksbezogenheit schon nicht mehr, weil Straßen und Verkehrsanlagen heute nur noch als System überhaupt eine funktionale Wirkung entfalten. Ich kann nicht mehr die einzelne Straße betrachten, sondern nur das System. Die Gebrauchswertsache ist bei Bestandsgrundstücken auch nicht mehr gegeben, weil sich die bauliche Nutzung bei Bestandsgrundstücken nach vielen Faktoren richtet, aber nicht nach dem Zustand der Straße.
Von daher bin ich dem Präsidenten dankbar für seine Hinweise – dafür ist er auch da. Wir haben es hier noch einmal abgewogen.
Im Rahmen der Abwägung sind wir als Fraktion, als Koalition zu der Einschätzung gekommen, die Beiträge per Gesetz abzuschaffen. Ich bitte um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf und zu dem Entschließungsantrag. Danke.
Danke, Frau Präsidentin.
Öffnungszeiten des Bürgerbüros der Polizei in Arnstadt
Die Thüringer Polizei unterhält in Arnstadt am Markt ein Bürgerbüro. In der Vergangenheit war das Büro öfter geschlossen, was auf Kritik in der Öffentlich
keit stieß. In dem Zusammenhang gab es Zusagen, die Öffnungszeiten des Bürgerbüros abzusichern.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie gestalten sich derzeit die Regelöffnungszeiten des Bürgerbüros der Polizei in Arnstadt am Markt?
2. An welchen Öffnungstagen war aus welchen Gründen das Bürgerbüro seit dem 1. Januar 2019 geschlossen – bitte Einzelaufstellung?
3. Wie wird die Öffentlichkeit über die Schließung des Bürgerbüros an Öffnungstagen informiert?
4. Welche Maßnahmen werden für geboten erachtet, um die Öffnungszeiten des Bürgerbüros der Polizei in Arnstadt vollständig abzusichern?
Danke, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, sind Sie der gleichen Auffassung wie ich, dass eine Öffnungszeit von vier Tagen von 10.00 Uhr bis 14.00 Uhr nicht die große „Wucht“ ist? Und dann noch diese Schließzeiten. Deshalb also die Frage: Ist an eine Ausweitung der Öffnungszeiten im Bürgerbüro gedacht, natürlich unter der Voraussetzung, dass erst mal diese jetzt vorhandenen Öffnungszeiten personell abgesichert werden?
Ich würde gleich meine zweite Frage stellen wollen. Im Eingangsbereich des Rathauses einen Aushang zu machen, dass das Büro geschlossen ist, ist nun auch nicht die Form der Öffentlichkeitsarbeit, die heute geboten ist. Deshalb die Frage: Werden weitere Formen der Information an Bürgerinnen und Bürger, zum Beispiel über das Internetportal der Stadt oder über die Tagespresse, für angemessen gehalten, damit der Ärger aufhört, dass Leute letztlich erst vor dem Büro erfahren, dass heute wieder mal geschlossen ist? Danke.
Danke, Frau Präsidentin. Frau Staatssekretärin, gab es denn schon Gespräche mit dem kommunalen Schulträger zur Zukunft der Schule?
Die zweite Frage: Ist mal untersucht worden, weshalb in Ilmenau und Weimar die Nachfragen so differenzieren, in Weimar die Nachfrage da ist und am Standort Ilmenau entsprechend nicht?
Danke, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, es verwundert, dass Sie in Ihrer Antwort nicht auf die Rechtsprechung in Thüringen abgestellt haben, zum Beispiel, was die Kreisumlagenproblematik betrifft, Klage der Stadt Bleicherode gegen Landkreis Nordhausen. Deshalb also die Frage, inwieweit es unter Einbeziehung dieser Rechtsprechung, die im Grundsatz davon ausgeht, dass die Landkreise bei freiwilligen Aufgaben eine absolute Zurückhaltungspflicht haben, weil sich alles auf die Kreisumlage durchschlägt – Wie ist dort dieser Vorgang zu bewerten? Also unter Hinzuziehung dieser Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts in Bezug auf die Kreisumlage und die Zurückhaltungspflicht bei freiwilligen Aufgaben durch die Landkreise.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Schulze, das Gesetz richtet sich vorrangig, aber nicht nur, an Menschen mit Behinderungen, sondern an alle. Es geht um einen barrierefreien Zugang zu Dokumenten, einmal populär-wissenschaftlich gesprochen, im Internet – elektronischer Zugang. Das ist eine Herausforderung. Da sind viele gegenwärtig überfordert. Von daher muss es so gestaltet sein, dass man auch diese Form der Information für sich selbst erschließen kann.
Dass Menschen mit Handicaps besondere Anforderungen brauchen, ist dabei unstrittig. Ich kann es nur noch einmal wiederholen, es geht insgesamt um diesen barrierefreien Zugang. Wir setzen damit eine EU-Richtlinie um. Wann hier ein Vertragsverletzungsverfahren droht und in welchem Umfang, ist spekulativ. Wir regeln es jetzt. Insofern braucht man sich darüber nicht mehr groß zu verständigen. Wo Sie natürlich recht haben: Die ursprünglich von der EU vorgegebene Frist – das war Ende 2018 – ist verstrichen. Aber andererseits gibt es bisher auch noch keine Aktivitäten seitens der EU – und klar, unser Ziel war es schon, noch vor Ende dieser Legislaturperiode die entsprechende Umsetzung in nationales oder Landesrecht zu vollziehen.
Meine Damen und Herren, es geht also um die Bereitstellung detaillierter und umfassender Barrierefreiheit und um die barrierefreie Möglichkeit auch der elektronischen Kontaktaufnahme mit Landesund Kommunalbehörden. Wer das gegenwärtig schon einmal versucht, verzweifelt bei einigen – gerade bei den kleinen Kommunalbehörden. Das wird die große Herausforderung sein. Wir haben nach wie vor eine Kommunalstruktur, die sehr kleingliedrig ist. Ob die kleinen Gemeinden wirklich in der Lage sein werden, das zu bewältigen und zu sichern,
ist eher zweifelhaft. Sie müssen sich oftmals externen Sachverstand einkaufen, und damit entsteht natürlich eine hohe Abhängigkeit von Externen, wenn das nicht in der eigenen Verwaltung vorgehalten werden kann.
Es geht darüber hinaus um eine Überwachungsund Durchsetzungsstelle, die jetzt beim Thüringer Finanzministerium eingerichtet wird. Das ist sicherlich vernünftig, weil dort auch der Beauftragte für ITTechnik sitzt, derzeit der gegenwärtige Staatssekretär. Insofern haben wir uns dazu entschlossen, hier nicht eine Doppelstruktur auf Landesebene aufzubauen, sondern dort auf eine schon vorhandene Kompetenz im Finanzministerium zurückzugreifen.
Nach der Beratung im Ausschuss sind einige Punkte modifiziert worden, so unter anderem bei Ausnahmetatbeständen, was die Reproduktion von Kulturerbesammlungen betrifft. In dem Punkt besagt jetzt die neue Regelung, dass die Umstände für die Ausnahme alle drei Jahre überprüft werden sollen. Auch das ist sicherlich eine Frist, die erst den Praxistest bestehen muss, aber sie ist als Kompromiss so entstanden, weil es von vielen Faktoren abhängig ist, unter anderem auch von der Entwicklung von Hard- und Software. Von daher sind Dinge, die heute noch fast unmöglich erscheinen, möglicherweise in einigen Jahren eine Selbstverständlichkeit.
Weiterhin sollen Inhalte, die gegenwärtig nur einer geschlossenen Nutzergruppe zugänglich sind, nach fünf Jahren überprüft werden, und auch dort wird dann entsprechend die Barrierefreiheit angestrebt. Sieht eine öffentliche Stelle von diesem barrierefreien Zugang ab, sind wir als Fraktion der Meinung, dass die Gründe dafür zu dokumentieren sind und eben auch periodisch überprüft werden muss, ob diese Gründe dann noch vorliegen. Deshalb zielt eine Änderung auch auf dieses Verfahren ab. Wir haben aber auch einen Hinweis des Wissenschaftlichen Dienstes aufgenommen, den Landtag aus der gesetzlichen Regelung herauszunehmen, weil der Landtag selbst nicht als Behörde gilt. Der Appell ist natürlich an uns, im Landtag gemeinsam mit der Landtagsverwaltung gleiche Standards zu sichern wie bei den Landesbehörden und den Kommunalbehörden, nicht nur beispielhaft, sondern wir haben selbst Interesse, dass das, was wir hier machen, auch barrierefrei elektronisch zugänglich ist. Aber in einem Gesetz ist das nicht regelbar, sondern das müssen wir für uns selbst regeln. Ich bin aber davon überzeugt, das wird hier nicht auf Widerstände stoßen.
Eine letzte Anmerkung zu der reflexartigen Ausführung der CDU, was die Kostenfolgebetrachtung betrifft. Da darf ich noch mal daran erinnern, wir ha
ben in Thüringen eine Besonderheit, die eben so in den anderen 12 Flächenbundesländern und den drei Stadtstaaten nicht gilt: Wir haben einen Finanzausgleich, der sich an den Bedarfen orientiert. In keinem anderen Bundesland gibt es eine solche Ausrichtung des Finanzausgleichs, sondern in den anderen Bundesländern gilt die sogenannte Verbundquotenmethode. Das heißt, da legt der Landtag einfach politisch fest, welcher Anteil der Landeseinnahmen in die kommunale Ebene fließt. Wir müssen – dazu sind wir verpflichtend durch Vorgaben des Verfassungsgerichts angehalten – periodisch die Bedarfe ermitteln. Natürlich sind wir bei gesetzlichen Veränderungen und bei der nächsten Revision beim Finanzausgleich und bei der Ermittlung der angemessenen Finanzmasse verpflichtet, dann diese gesetzlichen Regelungen, die jetzt neu kommen und möglicherweise Mehraufwendungen verursachen, mit zu berücksichtigen. Das ist aber Aufgabe der Revision im Finanzausgleich. Das ist der Vorteil dieses Systems, das wir haben. Kommunen können auch darauf vertrauen, dass wir – alle zwei Jahre kleine Revision, alle vier Jahre große Revision – diese Veränderungen dann fast spitz abgerechnet berücksichtigen können. Das ist besser, als jetzt zu spekulieren, welche Aufwendungen entstehen. Es kann niemand seriös die jetzigen Aufwendungen definieren. Niemand kann das seriös.
Insofern hier noch mal ein deutliches Signal an die kommunale Ebene: Es ist klar, entstehen Mehraufwendungen, dann werden die bei der nächsten Revision, Finanzausgleichsgesetz und Finanzmasse berücksichtigt. Darüber hinaus gehe ich davon aus, dass auch jede kommunale Behörde daran interessiert ist, erstens, dass ihre Informationen barrierefrei über das Netz zu beziehen sind, und zweitens, dass jeder Bürger von außerhalb einen elektronischen Zugang zur Behörde haben kann. Insofern muss man hier auch eine, wie ich es immer nenne, kommunale Eigeninteressenquote mit unterstellen. Sie machen nicht nur etwas in unserem Auftrag, sondern eben auch im eigenen Interesse, weil dieser elektronische Zugang insbesondere die Dienstleistungsfunktion der kommunalen Ebene erhöht. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die AfD versucht, sich hier wieder im finanzpolitischen Tiefflug zu bewegen. Ein paar ergänzende Bemerkungen machen sich noch erforderlich, damit klar wird, was die AfD hier eigentlich will und wie das Gemeinwesen dadurch insgesamt Schaden nehmen würde.
Zunächst erst mal: Wer finanziert denn diesen Staat? Zu 84 Prozent entstammen die Steuern aus lohnabhängiger Arbeit und dem Verbrauch im Allgemeinen, und nur 16 Prozent stammen aus wirtschaftlicher Tätigkeit und Vermögen. Dieses Verhältnis war 1992 60:40, also 1992 kamen aus wirtschaftlicher Betätigung und Vermögen noch 40 Prozent des Steueraufkommens. Das ist eine Verwerfung, mit der müssen wir uns beschäftigen. Die Grundsteuer ist die letzte verbliebene Steuer, die Anlagevermögen in diesem Lande besteuert, nachdem die Vermögenssteuer ausgesetzt ist. Wenn Sie daran auch noch rütteln wollen, heißt das, Sie wollen künftig, dass nur noch die lohnabhängig Beschäftigten und Verbraucher das Gemeinwesen finanzieren,
und das wollen wir nicht. Wir wollen eine ausgewogene Steuerpolitik,
bei der auch Vermögen und Ertrag aus wirtschaftlicher Betätigung angemessen zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen. Das Fiskalvermögen in diesem Lande wird noch über die Abgeltungssteuer gesteuert. Deshalb wäre es auch ungerecht, die Grundsteuer abzuschaffen, weil dann eine weitere „Unwucht“ eintritt, dass nämlich das Fiskalvermögen weiter besteuert wird und das Grundvermögen nicht. Das sollen Sie Ihren Wählern sagen und dann können die mal entscheiden, ob das wirklich zukunftsfähig ist.
Das ist es nicht. Danke.
Danke, Frau Präsidentin, auch für den Tausch der beiden Anfragen.
Kahlschlag an der Landesstraße 1048 zwischen Marlishausen und Stadtilm
An der Landesstraße 1048 zwischen Marlishausen und Stadtilm wurden im April dieses Jahres durch eine Firma im Auftrag des Landesamts für Bau und Verkehr Bäume ausgeästet und gefällt – vergleiche Bericht in der „Thüringer Allgemeinen“ vom 17. Mai 2019. Bei vielen Bürgerinnen und Bürgern sorgte diese Maßnahme für Unverständnis. Das Thema spielte auch im Stadtrat Arnstadt eine Rolle. Demnach wusste die Stadtverwaltung nichts von den Fällungen. Auch die untere Naturschutzbehörde war nicht beteiligt. Laut dem Landratsamt seien in den Jahren zuvor die an den Bundes- und Landesstraßen erforderlichen Fällungen durch das Straßenbauamt Mittelthüringen angezeigt und abgestimmt worden. Im Jahr 2019 habe die Naturschutzbehörde auch den Austausch gesucht, der allerdings bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht zustande kam. Laut dem Zeitungsbericht sieht die untere Naturschutzbehörde in Arnstadt den massiven Eingriff in die Landschaft und die Rechtsauffassung des Landesamts bezüglich der vorgenommenen Fällungen kritisch. Man lasse diese jetzt durch die obere Naturschutzbehörde überprüfen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Aus welchen Gründen wurden an der Landesstraße 1048 zwischen Marlishausen und Stadtilm im April dieses Jahres durch eine Firma im Auftrag des Landesamtes für Bau und Verkehr Bäume in welchem Umfang ausgeästet und gefällt?
2. In welcher Form waren sowohl die Stadtverwaltung Arnstadt wie auch die untere Naturschutzbehörde über diese vorgenommene Maßnahme informiert und in diese eingebunden?
3. Aus welchen Gründen erfolgte diese Information und Einbindung gegebenenfalls nicht?
4. Sind für die vorgenommenen Baumfällungen Ersatzpflanzungen in welcher Größenordnung zu welchem Zeitpunkt vorgesehen und wenn nein, warum nicht?
Danke, Frau Präsidentin. Danke, Herr Staatssekretär. Bis wann ist denn abgeklärt, in welchem Umfang, in welcher Größenordnung, in welchen Zeiträumen die Ersatzpflanzungen erfolgen? Und darf ich gleich noch die zweite Frage stellen, Frau Präsidentin?
Danke.
Wäre es nicht anzuraten aufgrund der Erfahrungen in diesem Fall und auch in anderen Fällen, künftig auch mit den betroffenen Städten und Gemeinden eine Abstimmung vorzunehmen, zumindest einen Informationsaustausch, sodass erst gar nicht solche Irritationen auftreten, wenn an klassifizierten Landes- und Bundesstraßen, wo wir als Land zuständig sind, derartige Baumfällungen stattfinden? Das wäre eine Bitte, auch wenn es nicht rechtlich vorgeschrieben ist, aber dass man das gegebenenfalls durchstellt. Ich denke, das würde manches an Irritationen möglicherweise künftig ausschließen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Thüringer Sparkassen sind gut aufgestellt. Herzlichen Dank an sie!
Trotzdem bedürfen neue gesellschaftliche Herausforderungen und Entwicklungen immer auch einer Fortentwicklung des Sparkassenrechts. Das Sparkassenrecht ist Landesrecht und insofern ist es nicht verwunderlich, dass wir uns immer mal wieder auch hier im Landtag mit den Sparkassen und dem Sparkassengesetz beschäftigen müssen.
Alle Thüringer Sparkassen erfüllen bereits die Vorgaben von Basel III und alle Angriffe gegen die Sparkassen und ihr Konstrukt konnten bisher erfolgreich abgewehrt werden. Wir wissen, die Sparkassen sind eine deutsche Besonderheit im Finanzwesen der Europäischen Union. Selbst die österreichischen Sparkassen, die noch das gleiche Logo, die gleiche Farbe verwenden, sind inzwischen privatisiert. Es gibt eine Vereinbarung der Bundesregierung mit der Europäischen Union zum Bestandsschutz der Sparkassen. Dort mussten wir einige Voraussetzungen erfüllen, zum Beispiel die Gewährträgerschaft in die Trägerschaft umwandeln, wir dürfen keine Anstaltslasten mehr für die Sparkassen aussprechen und das Verhältnis zwischen Träger und Sparkassen muss so gestaltet sein wie zwischen einer Gesellschaft und den Gesellschaftern.
Insofern will ich nur noch mal darauf verweisen, dass der Vorschlag der AfD, der hier mal eine Rolle gespielt hat, eben diese Verständigung zwischen der Bundesregierung und der Europäischen Union stark infrage stellt und damit den kommunalen Bestand der Sparkassen auch in Thüringen gefährdet, weil die AfD der Auffassung war, wir als Gesetzgeber müssen den Sparkassen im laufenden Geschäft Vorgaben machen zum Beispiel hinsichtlich
des Filialnetzes. Das wäre ein derartiger Eingriff, das könnte die Europäische Union zum Anlass nehmen, diese Verständigung aufzuheben und damit diesen kommunalen Bestand der Sparkassen auch infrage zu stellen. Die AfD hat das bewusst in Kauf genommen und muss sich deshalb diese Vorhaltungen machen lassen, dass sie aus dem einheitlichen Block derjenigen, die den kommunalen Bestand der Sparkassen sichern wollen, ausgebrochen ist. Aber da wird die AfD selbst nicht müde, die sogenannten etablierten oder Altparteien sowieso zu separieren und sie wollen nicht dazugehören. Hier wollen Sie den kommunalen Bestand der Sparkassen einfach infrage stellen.
Mit dem heutigen Gesetzentwurf entwickeln wir das Sparkassengesetz weiter, sichern den kommunalen Bestand und die Weiterentwicklung. Diese Gesetzesinitiative war nicht Bestandteil des Koalitionsvertrags, zeigt aber, dass wir hier sehr flexibel sind und auf neue Herausforderungen reagieren. Wir konnten uns über das, was die Landesregierung für notwendig erachtet, innerhalb der Koalition noch auf zwei weitere Dinge verständigen. Darauf ist Frau Floßmann von der CDU bereits eingegangen. Sie werden Verständnis haben, dass ich Ihren Argumenten noch mal unsere Argumente entgegenstelle und sie auch abwäge, weil ich der Auffassung bin – und da spreche ich zumindest auch für unsere Fraktion und sicherlich auch für die anderen Regierungsfraktionen –, dass Ihre Vorhaltungen, insbesondere was womöglich wieder Verfassungswidrigkeit oder so betrifft, hier hilflos anzusehen sind und in der Sache nicht gerechtfertigt sind.
Zunächst zu dem Problemkreis, dass wir das Recht auf Girokonto im Gesetz verankern wollen: Uns ist bewusst, dass das bereits in der Sparkassenverordnung verankert ist. Aber eine Verordnung ist aus demokratietheoretischer Sicht nicht mit einem Gesetz zu vergleichen. Ein gesetzlicher Anspruch entwickelt eine Außenwirkung. Auf ein Gesetz können sich Menschen in diesem Land berufen. Eine Verordnung entfaltet nur Innenwirkung für die handelnden Personen, also innerhalb der Sparkasse. Darauf kann sich keine Bürgerin, kein Bürger berufen. Insofern haben wir aus demokratietheoretischer Sicht darauf Wert gelegt, es im Sparkassengesetz dementsprechend zu regeln. Wir sehen uns auch durch die Anhörung bestätigt, bei der dieser Regelung im Gesetz nicht widersprochen wurde, sondern es gab nur den Hinweis, dass man möglicherweise nicht die Notwendigkeit sieht. Wir sehen die Notwendigkeit als deutliches Signal an Bürgerinnen
und Bürger: Wir wollen einen Rechtsanspruch auf Girokonto, der auch durchsetzbar ist.
Gern.
Das sehe ich nicht so und insofern kann ich Ihnen da auch nicht recht geben. Es ist also gesetzgeberischer Brauch und auch Grundsatz, dass man den Grundsatz im Gesetz regelt und einzelne Detailregelungen dann im Rahmen einer Verordnung klarstellt, zumal die Ausschlussgründe einer hohen Flexibilität unterliegen können, aber den Rechtsanspruch, der im Gesetz normiert ist, gibt es entweder oder es gibt ihn nicht. Aber die Ausnahmetatbestände in einer Verordnung außerhalb des Gesetzes zu regeln, macht Sinn wegen der hohen Dynamik bei dem Ausschlussgrund. Sonst müssten wir jedes Mal wieder das Gesetz „anfassen“. Von daher ist das auch in vielen anderen Gesetzen gängige Praxis, das ist jetzt keine Besonderheit. Wo ich Ihnen recht gebe, ist, wir hätten es auch mit dem Risiko aufnehmen können, dass wir bei jeder Änderung von Rahmenbedingungen bei den Ausschlussgründen das Gesetz in diesem einen Punkt erneut hier beraten und neu fassen müssten.
Das Zweite, da bitte ich wirklich noch mal, auf den Wortlaut des Änderungsantrags zu achten. Dort steht drin: Die Träger haben darauf hinzuwirken, dass die Vergütungen der Vorstände veröffentlicht werden. Es ist sozusagen eine deklaratorische Aufforderung, sie entfaltet keine Rechtsverbindlichkeit. Wir haben damit natürlich eine Erwartungshaltung verbunden, aber wir mussten im Gesetzgebungsverfahren und in der Debatte die von Ihnen zitierte Rechtsprechung berücksichtigen. Ich persönlich ha
be mich ganz dafür starkgemacht, eine verbindliche Regelung in das Gesetz aufzunehmen. Um aber eben kein verfassungsrechtliches Spannungsfeld aufzumachen, haben wir uns jetzt zunächst für diese sozusagen deklaratorische Regelung entschieden.
Ich sehe diese verfassungsrechtlichen Bedenken nicht, weil es öffentliche Unternehmen sind, es ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Es ist also nicht vergleichbar mit einem privatrechtlichen Unternehmen, wo wir uns im Spannungsfeld zwischen Bundes- und Landesrecht befinden. Das ist so, weil GmbH-, Aktien- und Handelsrecht eben Bundesrecht sind. Hier sind wir ausschließlich in der Landesgesetzgebung. Deswegen sehe ich diese verfassungsrechtlichen Probleme nicht, aber innerhalb der Koalition haben wir gesagt, wir gehen zunächst den ersten Schritt, der überhaupt nicht angreifbar ist, indem wir diese Hinwirkung im Gesetz normiert haben.
Ich darf nur daran erinnern, wir alle müssen uns dieser Art der Transparenz unterwerfen. Sie wird von den Bürgerinnen und Bürgern zu Recht eingefordert. Jeder Minister, jeder Staatssekretär, jeder Landtagsabgeordnete, jeder Landrat, jeder Bürgermeister muss seine Vergütung offenlegen. Sie ist für jedermann nachvollziehbar. Und jetzt muss man mal erläutern – übrigens auch der Werkleiter eines kommunalen Eigenbetriebs, weil der mit seiner Besoldung der Entgeltgruppe im Haushalt steht, das kann alles nachverfolgt werden –: Warum soll es gerade für Sparkassen eine Ausnahme geben? Andere Bundesländer sind viel weiter: In NordrheinWestfalen muss auch in den Beteiligungsberichten aller wirtschaftlichen Unternehmen, auch in Privatrechtsform, alles offengelegt werden, namentlich muss dort alles offengelegt werden. Und das ist bisher verfassungsrechtlich auch nicht beanstandet worden. Da haben wir noch eine Aufgabe vor uns für die nächste Legislaturperiode. Aber Rot-RotGrün soll ja auch in der nächsten Legislaturperiode spannend bleiben. Da werden wir uns auch dieser Frage noch mal zuwenden, welches Transparenzbedürfnis es bei den Menschen gibt. Wir reden von Politikverdrossenheit und eine Ursache für diese Politikverdrossenheit ist, dass man eben solche Dinge als geheime Verschlusssache betrachtet. Und die Zeiten müssen vorbei sein. Ich glaube, Menschen haben einfach einen Anspruch darauf zu erfahren, was ein Vorstand einer Sparkasse verdient. Was ist denn daran so schlimm?
Ich kann daran nichts Schlimmes finden. Ich bedauere, dass die kommunalen Spitzenverbände,
insbesondere der Landkreistag – der Gemeindeund Städtebund nicht in dem Sinne –, da eine sehr dogmatische Auffassung verfolgen, die mit dem heutigen Zeitgeist nichts mehr zu tun hat. Wir müssen staatliches Handeln insgesamt – das schließt kommunales Handeln und das Handeln der kommunalen Unternehmen der Sparkassen ein – viel transparenter gestalten, wenn wir Menschen wieder mitnehmen und für Politik und Entscheidungsprozesse begeistern wollen, meine Damen und Herren.
Von daher ist das ein weiterer Schritt. Wir werden sehen, wie die Träger diese Regelung zur Anwendung bringen. Wir setzen dort darauf, dass die Träger dieser gesetzlichen Vorgabe folgen. Sollte sich in der Praxis etwas anderes herausstellen, werden wir noch mal in einiger Zeit eine Debatte führen müssen, ob wir die Regelung nicht verbindlicher fassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir als Linke sehen weitere Diskussions- und Änderungsbedarfe zum Sparkassengesetz, die möchte ich nur kurz noch benennen, weil das auch eine Aufgabe für die nächste Legislaturperiode ist, das konnten wir jetzt im Rahmen des laufenden Gesetzgebungsverfahrens nicht abschließend in der Koalition klären. Wir haben uns aber dazu verständigt, SPD und Grüne wissen, in welche Richtung es da geht. Wir wollen also die starre Anwendung der sogenannten Mustersatzung lockern, um die Selbstverwaltung der Sparkassen und die Aufgaben der Träger dort einfach auch zeitgemäßer zu gestalten, damit dort ein höheres Ermessen vorliegt. Wir wollen also die starren Regelungen, was die Eigenständigkeit der Organe betrifft, die Flexibilität des kommunalen Wirtschaftens, was wir 2002 in der Kommunalordnung geregelt haben, angleichen. Ich bin überzeugt, da brauchen wir eine Harmonisierung.
Das betrifft zum Beispiel das Weisungsrecht an Mitglieder des Verwaltungsrats. Ich darf daran erinnern, die Kommune hat ein begrenztes Weisungsrecht gegenüber den Vertretern in Aufsichtsräten, zum Beispiel was die Kreditaufnahme betrifft, wenn sie nicht im Wirtschaftsplan steht und dergleichen. Ähnliches brauchen wir sicherlich auch im Bereich der Sparkassen. Der Jahresabschluss muss aus unserer Sicht nicht mehr nur den Kreistagen und Stadträten zur Kenntnis gegeben werden, sondern die Stadträte und Kreistage müssen auch darüber befinden können. Sie müssen also den Jahresabschluss auch bestätigen. Das ist bei anderen kommunalen Unternehmen genauso, dass der Aufsichtsrat einen Wirtschaftsplan und die Jahresrechnung vorher bestätigt, das ist klar, aber es muss dann noch mal im Stadtrat oder im Kreistag die Ent
lastung erfolgen. Das folgt unserem Ansatz der stärkeren Transparenz, was auch schon bei der Veröffentlichung der Vorstandsbezüge deutlich wird.
Wir müssen uns aus unserer Sicht noch mal mit der Größe des Verwaltungsrats und der Zusammensetzung beschäftigen. Wir können uns dort eine Bindung an die Bilanzsumme vorstellen. Zurzeit ist das Verhältnis sehr starr; es ist das Besetzungsverfahren nach d’Hondt vorgeschrieben, das benachteiligt kleinere Fraktionen, das wissen wir. Es ist begrenzt – nur die Hälfte der entsandten Verwaltungsräte dürfen Kreistagsmitglieder und Stadträte sein. Das ist alles, wo wir sagen: Warum wenden wir nicht einfach die Regelung wie bei kommunalen Ausschüssen auch für den Verwaltungsrat an? Das ist relativ flexibel. Und wir haben ein hohes Vertrauen, dass die einzelnen Kreistage und Stadträte der kreisfreien Städte damit sehr verantwortungsbewusst umgehen.
Uns geht es darüber hinaus noch um die Frage der Verwendung der Jahresüberschüsse. Das ist eine ständige Diskussion. Darüber entscheidet zurzeit nur der Verwaltungsrat auf Vorschlag des Vorstands, nicht aber die Trägerversammlung. Ich hatte schon gesagt, alle Sparkassen erfüllen die Voraussetzungen Basel III. Die Träger, also die Landkreise und kreisfreien Städte, haften für Verluste der Sparkassen. Insofern ist es auch vernünftig, dass die Landkreise und kreisfreien Städte am wirtschaftlichen Erfolg der Sparkassen beteiligt sind. Da tun sich manche Sparkassen sehr schwer. Ich weiß, da gibt es auch steuerrechtliche Gründe, weil natürlich bei einer Ausschüttung noch mal Kapitalertragsteuer fällig wird und dergleichen; das müssen wir alles regeln. Aber die jetzige Regelung, dass ausschließlich die Sparkassenorgane selbst, nämlich der Vorstand und der Verwaltungsrat, diese Entscheidungen treffen und nicht die Träger an sich, also die Eigner, das müssen wir in der Zukunft, also in der nächsten Wahlperiode, noch mal diskutieren.
Abschließend der Dank an das Finanzministerium für die enge Begleitung, gerade in der Debatte zu den Änderungsanträgen. Da sind wir auf die Fachkompetenz des Ministeriums angewiesen gewesen und es war ein sehr ergebnisorientierter Dialog. Dafür möchte ich mich noch mal bedanken und ich bitte um Zustimmung zu den Änderungsanträgen und zum Gesetz. Danke.
Danke, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, so ein Gesetzentwurf einer Koalition ist immer ein Kompromiss. Auch innerhalb unserer Fraktion haben wir über einzelne Punkte gestritten und nach Lösungen gerungen. Ich sage gleich: Die jetzt gefundene Lösung findet auch meine persönliche Zustimmung. Aber an zwei Punkten – darauf will ich verweisen – habe ich eine etwas abweichende Meinung und die will ich zumindest zur Debatte stellen, weil uns das auch künftig noch begleiten wird.
Zum Ersten bilden wir jetzt 20 Pflichtverbände, weil wir zu der Auffassung kommen, dass die Gemeinden in der jetzigen Struktur nicht in der Lage sind, diese Aufgabe zu lösen. Eine Übertragung auf das Land – wie es mein Kollege Tilo Kummer in Erwägung gezogen hat – halte ich nicht für die Lösung, sondern ich bin eher dafür, die gemeindlichen Strukturen zukunftsfähig zu gestalten, sodass sie ihre Aufgaben erfüllen können. Da sind wir in einem Widerspruch, dass wir jetzt einerseits Pflichtverbände bilden, andererseits bei der Gebietsreform aus
schließlich das Prinzip der Freiwilligkeit verfolgen – selbst dort, wo die Thüringer Kommunalordnung normiert, dass wir eingreifen müssten, zum Beispiel nach § 46 Abs. 3. Das ist ein Widerspruch, damit werden wir vor Ort konfrontiert und damit müssen wir uns weiter auseinandersetzen.
Ich habe dieselbe Einschätzung wie das Ministerium: In der jetzigen Struktur sind die Gemeinden nicht in der Lage, diese Aufgabe sachgerecht zu erfüllen. Die hundertprozentige Finanzierung der Unterhaltung der Gewässer zweiter Ordnung halte ich aus verfassungsrechtlichen Gründen tatsächlich für etwas problematisch. Weil wenn wir es zu 100 Prozent finanzieren, ist es eher eine Landesaufgabe, wo wir uns der Zweckverbände oder der Verbände nur noch als Beliehener bedienen. Auch damit müssen wir uns beschäftigen.
Und das Zweite sind die Kleinkläranlagen. Dort bedaure ich, dass wenige Zweckverbände der Abwasserentsorgung hier dieses Modell, auf das wir uns ursprünglich verständigt haben, nicht mitgetragen haben, und ich appelliere nur daran, wir müssen mal mit den Zweckverbänden reden. Das hatten wir heute schon mal an einer anderen Stelle. Für wen sind sie denn eigentlich da? Ich sage: für Bürgerinnen und Bürger und nicht für sich selbst.
Von daher werden wir dort die Debatte weiter fortsetzen. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Präsidentin hat es schon gesagt, es ist die zehnte Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes. Das zeigt, wie viel Dynamik in diesem Rechtsbereich ist und wie oft wir uns hier im Thüringer Landtag bereits mit dieser Thematik beschäftigen mussten. Bis 2017 hatte Thüringen aus Sicht der Beitragspflichtigen die härtesten gesetzlichen Regelungen im Zusammenhang mit der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen.
Bis dahin mussten die Gemeinden unabhängig von ihrer finanziellen Leistungskraft diese Beiträge erheben, und das auch noch in einer vorgegebenen Mindesthöhe und auch rückwirkend bis August 1991. 2017 hat dann Rot-Rot-Grün diese harten Regelungen gelockert und hat für die Gemeinden ein Ermessen mit wenigen Voraussetzungen eingeführt. 85 Prozent der Gemeinden erfüllen diese Voraussetzungen, dieses Ermessen auszuüben. Trotzdem, obwohl viele Gemeinden über Jahre ein solches Ermessen eingefordert haben, ist diese Ermessensregelung auf Vorbehalte und Kritik gestoßen. Insofern hat sich dann Rot-Rot-Grün entschieden, auch auf Anregung des Gemeinde- und Städtebunds, sich mit der Möglichkeit der gesetzlichen Abschaffung der Straßenausbaubeiträge zu beschäftigen. Das Ergebnis dieser Debatten, an denen auch der Gemeinde- und Städtebund, aber auch die CDU beteiligt waren, liegt heute vor.
Der Gesetzentwurf regelt die gesetzliche Abschaffung der Straßenausbaubeiträge für alle Maßnah
men, die am 1. Januar 2019 neu begonnen wurden. Beginn der Maßnahme ist dabei immer die Vergabe des Auftrags. Diese gesetzliche Abschaffung wird auch angewendet für alle laufenden Maßnahmen, bei denen zum 31.12.2018 die sogenannte sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden war. Nicht Bestandteil des Gesetzes sind Fallgruppen, wo die sachliche Beitragspflicht bereits vor dem 01.01.2019 entstanden war, aber die Gemeinden in Anwendung der Abgabenordnung und der Festsetzungsfrist von vier Jahren noch keine Bescheide versendet haben. Wir als Linke regen an, im Rahmen der Anhörung mit den Sachverständigen und den Anzuhörenden noch mal diese Thematik zu besprechen, um möglicherweise eine Lösung zu erwägen. Bayern hat da den Versuch gestartet, ist dort aber noch nicht am Ende, was die Detailregelungen in der entsprechenden Verordnung betrifft.
Wird das Gesetz so verabschiedet, wie wir das heute vorgelegt haben, würde das dazu führen, dass Gemeinden noch Beitragsbescheide für Maßnahmen versenden müssten, für die die Beitragspflicht also vor dem 01.01.2019 entstanden ist. Das ist eine etwas unglückliche Situation und möglicherweise finden wir gemeinsam einen Weg, um das noch zu verhindern.
Mit dem heutigen Gesetzentwurf vollziehen wir in Thüringen eine Entwicklung, die in anderen Bundesländern schon auf den Weg gebracht wurde. Baden-Württemberg hat schon in den 90er-Jahren die Straßenausbaubeiträge abgeschafft, Bayern im vergangenen Jahr, Berlin übrigens bereits 2012. In Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg laufen die Gesetzgebungsverfahren bereits, in Brandenburg übrigens mit fast gleichem Regelungsinhalt wie hier in Thüringen. Wir vollziehen also jetzt eine Entwicklung – vor Jahren hätten wir da noch eine Vorreiterrolle spielen können – nach. Wir bringen heute das Gesetz ein und können in der gesamten Gesetzesfolge alle Fristen einhalten und noch in dieser Legislaturperiode dann dieses Gesetz beschließen. Alles andere dann in der Debatte. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße auch die Verbandsvertreter vom Gemeinde- und Städtebund. Danke, dass Sie der Debatte folgen. Dann können Sie gleich die Positionen der Fraktionen in Ihre Gremien tragen. Sie werden sicher unbestritten auch bei der Anhörung eine wichtige Rolle spielen. Also herzlichen Dank.
Die Rechtssicherheit ist ein Kriterium, woran sich jeder Gesetzentwurf orientiert. Weil hier manche Redner darauf eingegangen sind, will ich es auch noch mal betonen: Auch Die Linke ist dafür, dass immer rechtssichere Gesetzentwürfe diesen Landtag erreichen und dann auch verabschiedet werden. Da gibt es keinen Unterschied. Einen Unterschied gibt es dort, wie man möglicherweise die Rechtssicherheit im Vorfeld einer Gesetzesverabschiedung bewertet.
Die PDS und Die Linke streiten seit 1994 um die Abschaffung dieser Straßenausbaubeiträge.
Auch, ja. – Damals 1994 wurde der erste Versuch unternommen, das aus dem Jahr 1991 stammende Gesetz zu ändern. Damals wurden unter anderem die wiederkehrenden Beiträge, also Straßenausbaubeiträge, eingeführt und schon damals haben die damalige PDS und auch ich persönlich formuliert, dass diese Form der Mitfinanzierung kommunaler Investitionen und Verkehrsanlagen nicht mehr zeitgemäß sein kann.
Der politische Irrtum ist mir persönlich nicht fremd. Also insofern halte ich jetzt das Umdenken bei der CDU durchaus für glaubwürdig, dass sie jetzt – auch nach 25 Jahren – die Erkenntnis von 1994 teilt, dass das keine zeitgemäße Finanzierungsform mehr ist. Ich bin dankbar für dieses Umdenken, aber diesem Umdenken müssen jetzt auch Taten folgen.
Herr Geibert, Sie haben berechtigt Fragen formuliert, das ist immer gut, aber ich habe von Ihnen nicht vernommen, was Sie denn eigentlich politisch wollen. Zu Recht hat Dirk Adams gesagt, in der ersten Lesung können Sie noch Fragen formulieren –
das ist unstrittig – und müssen auch nicht sagen, was Sie wollen. Aber spätestens in der zweiten Lesung müssen Sie sich positionieren, indem Sie dem Gesetzentwurf zustimmen, ihn ablehnen, Änderungsanträge machen oder wie auch immer. Das ist die Aufforderung.
Ich möchte mich – und da spreche ich sicherlich auch für die Fraktion als Ganzes – sehr gern mit Ihren konkreten Vorstellungen beschäftigen und auseinandersetzen.
Es ist eigentlich müßig, jetzt noch einmal zu debattieren, welche Qualität der Gesetzentwurf von 2017 hat. Aber ein paar Dinge, die Herr Geibert gesagt hat, müssen klargestellt werden. Erstens: Ob ein Gesetz verfassungswidrig ist oder nicht, kann kein
Gutachter feststellen, sondern nur das Verfassungsgericht. Der Gutachter des Gemeinde- und Städtebunds vertritt die Auffassung, dass das Gesetz angeblich gegen die Verfassung verstoßen würde. Allerdings hat der Gemeinde- und Städtebund – mit Verlaub – es taktisch klug angestellt, indem er das Gutachten erst nach Ablauf der Jahresfrist vorgelegt hat, wo ein Gang zum Verfassungsgericht nicht mehr möglich war. Das heißt, wenn der Spitzenverband tatsächlich völlig überzeugt wäre, das Gesetz wäre verfassungswidrig, hätte man das auch in der Jahresfrist machen können. So deutet sich zumindest an, dass man sich nicht ganz sicher ist. Es ist eine Auffassung eines renommierten Gutachters, aber keineswegs kann man sozusagen diese Meinung dann als Verfassungswidrigkeit definieren.
Und es ist falsch, was Herr Geibert gesagt hat, dass nur sogenannte reiche Gemeinden von dieser Ermessensregelung hätten Gebrauch machen können. Wobei die Frage ist: Was ist reich? Ich definiere „reich“: abundante Gemeinden. Also abundante Gemeinden, die keine Schlüssel-/allgemeinen Zuweisungen bekommen, gelten als so leistungsfähig, dass ihr eigenes Steueraufkommen ausreicht, um alle Aufgaben zu erfüllen. Unser Gesetzentwurf von 2017 nimmt aber darauf nicht Bezug, ob eine Gemeinde Schlüsselzuweisungen bekommt oder nicht, sondern hatte nur zwei Voraussetzungen für das Ermessen definiert, nämlich dass ein Haushalt da ist und dass in den zurückliegenden drei Jahren keine Bedarfszuweisungen erhalten wurden oder notwendig gewesen wären. Deswegen hatte ich gesagt, 85 Prozent der Gemeinden haben formal diese Voraussetzungen erfüllt.
Formal! Ob Sie das Ermessen nutzen, ist ihre Entscheidung. In anderen Bundesländern – ich darf darauf verweisen – gibt es diese Ermessensentscheidungen schon länger, in Sachsen beispielsweise 2007 durch Gerichtsentscheidung und dort haben inzwischen 95 Prozent der Gemeinden von diesem Ermessen Gebrauch gemacht und erheben diese Straßenausbaubeiträge nicht mehr. In Niedersachsen gibt es diese Regelung seit 2008. Dort erhebt ein Drittel der Gemeinden dann letztlich diese Beiträge nicht mehr.
Es ist immer so, kommunale Selbstverwaltung zeichnet sich dadurch aus, dass gleiche Sachverhalte verschieden bewertet werden. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Die Hebesätze bei der Grund- und Gewerbesteuer sind unterschiedlich; die Friedhofsgebühren, die Kindertagesstättengebühren sind alle unterschiedlich. Das nehmen wir bewusst hin, denn das macht kommunale Selbst
verwaltung aus. Ausgerechnet hier – bei Straßenausbaubeiträgen – wird in der öffentlichen Debatte der Eindruck erweckt, als würde ein Ermessen zu einer Überforderung der Gemeinden führen. Das sehen wir nicht.
Ich habe das damals als sehr guten Ansatz empfunden, aber ich hatte auch schon bei der Einbringung gesagt: Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Akteure, obwohl sie jahrelang dieses Ermessen gefordert haben, es kritisch und auch mit Distanz bewerten. Deshalb haben wir hier reagiert.
Und die AfD soll sich nicht so wichtig nehmen. Wir brauchen nicht den Impuls der AfD.
Ich sage es noch einmal: Was die AfD wollte, hätte dazu geführt, dass frühestens ab 2030 oder 2035 die Gemeinden auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen hätten verzichten können, weil Sie nämlich den Tatbestand der Herstellung und Anschaffung aus der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge herausgenommen haben. Sie hatten nur die drei Tatbestände Erneuerung, Erweiterung und Verbesserung. Jede Erstinvestition in Verkehrsanlagen nach 1990 ist aber eine Herstellungsinvestition, weil das Bundesverwaltungsgericht gesagt hat, alle Verkehrsanlagen sind Provisorien und erst durch die Erstinvestition wird sozusagen der eigentliche Ausbauzustand außerhalb des Baugesetzbuchs erreicht. Dass heißt, Sie wollten nach dem Grundsatz „Gleichheit im Unrecht“ verfahren. Sie haben es offen gesagt: Sie wollen, dass erst alle einmal bezahlen und dann wollen Sie es abschaffen. Deshalb war Ihr Gesetzentwurf ungeeignet und hat wie immer die Leute geblendet. Das wollen Sie.
In Ihrem Wahlprogramm stand übrigens das Wort „Straßenausbaubeiträge“ überhaupt nicht. Bis vor Kurzem wussten Sie wahrscheinlich gar nicht, dass es die gibt, sondern Sie sind populistisch auf eine Entwicklung in Bayern „aufgesprungen“. Sie haben von Bayern abgeschrieben und dabei vergessen, dass die Bayern eben eine Herstellung und Anschaffung nicht brauchen, aber die neuen Bundesländer eben diese Tatbestände drin haben.
Selbst beim Abschreiben haben Sie Fehler begangen. Das ist nichts Schlimmes, aber Sie müssen das zur Kenntnis nehmen: Wenn Sie so etwas hier in den Landtag einbringen, kann man sich damit nicht ernsthaft auseinandersetzen. Wir als Rot-RotGrün wollen die Straßenausbaubeiträge jetzt abschaffen und nicht im Jahr 2030 oder 2035.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Geibert hat also einige Fragen aufgeworfen, mit denen man sich tatsächlich auseinandersetzen muss. Einige Fragen sind aber auch selbst beantwortbar. Hier haben wir den Eindruck, man hat sehr krampfhaft nach einzelnen Punkten gesucht, um den Entwurf kritisch zu bewerten. Das ist die Aufgabe der Opposition, das habe ich zehn Jahre lang auch in diesem Haus gepflegt. Von daher müssen Sie Verständnis haben, dass wir uns mit einem Teil dieser Fragen beschäftigen, mit anderen nicht. Was zum Beispiel die Vorausleistungen betrifft, beinhaltet der Gesetzentwurf eine aus meiner Sicht eineindeutige Regelung. Wenn Sie da Bedenken haben, bin ich gespannt, was Sie uns vorschlagen. Bei den Rechtsmittelverfahren, auch das ist klar, ist ein Bescheid nicht bestandskräftig. Wenn dann entschieden wird, er ist bestandskräftig, dann zählt immer die Rechtslage zum Zeitpunkt der Bescheiderstellung. Natürlich kann zum Beispiel eine Fallgruppe auftreten, dass im Jahr 2024 das OVG eine kommunale Straßenausbaubeitragssatzung für rechtswidrig erklärt und die Bescheide aufhebt, zum Beispiel aus dem Jahr 2008. Dann müsste – obwohl die Beiträge gesetzlich ab 01.01.2019 abgeschafft sind – die Gemeinde trotzdem eine Satzung erlassen und erneute Beitragsbescheide verschicken, weil es das Jahr 2008 betrifft. Ob wir das politisch wollen, muss noch entschieden werden. Das brauchen wir jetzt nicht zu entscheiden, es gibt irgendwann einen neuen Landtag, der sich mit diesen Fallgruppen beschäftigen kann. Das ist nicht auszuschließen. Herr Geibert braucht das jetzt aber nicht als ein Problem zu definieren, weil das, wie gesagt, eigentlich gelöst ist.
Zu den Sanierungsgebieten, die Herr Geibert erwähnt hat: Sanierungsgebiete sind dort, wo die Gemeinden per Satzung ein städtebauliches Sanierungsgebiet ausgewiesen haben. Das ist nach Baugesetzbuch Bundesrecht. Davon profitieren alle Beteiligten, alle Grundstückseigentümer, weil dort Städtebaufördermittel mit einer Förderquote von 80 Prozent zum Einsatz kommen können. Die Investitionen in die öffentlichen Verkehrsanlagen dort führen zu einer Erhöhung der Grundstückpreise – nicht der Immobilien, nur das Grundstück spielt dort eine Rolle, dort, wo der Grundstückseigentümer selbst nichts tut. Das kann die Gemeinde dann mit bis zu 90 Prozent über einen Abgeltungsbetrag ausgleichen und daran wollen wir tatsächlich nichts ändern. Erstens können wir es gar nicht als Land, aber wir wollen es auch inhaltlich nicht ändern, weil das eine andere Rechtsmaterie ist. Was Herr Geibert hier sagt, dass dann Gemeinden flächendeckend diese Sanierungssatzungen aufheben, ist nicht zu erwarten, weil es ohne Sanierungssatzung
keine Städtebaufördermittel gibt. Das ist der Zusammenhang. Von daher gibt es keine bis zu 80prozentige Förderung. Wir müssen aufpassen, dass wir das nicht vermischen. Im Übrigen hat auch niemand hier im Hause infrage gestellt, dass die Ersterschließung eines Grundstücks über Erschließungsbeiträge nach wie vor bleibt nach Baugesetzbuch, weil damit erst mal die Voraussetzung geschaffen wird, dass ein Grundstück überhaupt baulich nutzbar ist. Das ist also etwas völlig anderes, während wir hier beim Straßenausbaubeitragsrecht von Grundstücken reden, die im unbeplanten Innenbereich schon bestehen, also auch baulich oder wirtschaftlich genutzt werden können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch die von Herrn Geibert noch mal benannte Problematik, was mit den Verfahren wird, bei denen Gemeinden die vier Jahre Festsetzungsfrist für Bescheide unterschiedlich genutzt haben, ist im Gesetz geklärt. Das haben wir erst mal nicht erfasst. Wir wollen versuchen, jetzt im Rahmen der Gesetzesbefassung vielleicht da eine Lösung zu finden. Also ich persönlich bin dafür, aber wir brauchen eine Mehrheit. Jetzt wurde gesagt, das ist möglicherweise nicht rechtssicher – das müssen wir weiter prüfen. Ich halte zum Beispiel das ausschließliche Abstellen auf den Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht für genauso kompliziert, weil die Gemeinden dort völlig unterschiedlich verfahren. Die sachliche Beitragspflicht entsteht dann, wenn alle Aufwendungen ermittelbar sind, das ist der Grundsatz. Aber die Gemeinden verfahren unterschiedlich. Einige sagen, die technische Freigabe der Verkehrsanlage ist für uns der Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht, andere sagen, die Schlussrechnung. Wann die Schlussrechnung kommt, entscheidet aber dann der Auftragnehmer. Das kann bis zu einem Jahr dauern. Wieder andere Gemeinden sagen, die Prüfung der Schlussrechnung ist der Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht. Und noch andere Gemeinden sagen, erst wenn alle Mängel im Rahmen der Abnahme abgearbeitet sind, ist sozusagen der Zeitpunkt der sachlichen Beitragspflicht entstanden.
Wie kompliziert das ist, macht ein Beispiel aus Neustadt am Rennsteig deutlich. Dort hat das Land 1997 die Landesstraße saniert. In dem Zusammenhang hat die Gemeinde die Gehwege und Straßenbeleuchtung ausgebaut und musste dabei, um die Gehwege DIN‑gerecht zu machen, zwischen 20 bis 50 Zentimeter in der Tiefe bei den Anliegern Grundstücke in Anspruch nehmen. Sie hatte die Genehmigung der Grundstückseigentümer, das zu machen. Aber bis heute ist diese Grundstücksnutzung im Grundbuch nicht umgesetzt, warum auch immer. Die waren bisher Mitglied einer Verwaltungsge
meinschaft, die haben das irgendwie nicht auf die Reihe bekommen. Das heißt, für diese Ausbaumaßnahme aus dem Jahr 1997 ist demnach die sachliche Beitragspflicht überhaupt noch nicht entstanden. Jetzt haben wir 2019. Wer will das den Menschen in irgendeiner Art und Weise noch vermitteln? Wer will das vermitteln?