Protokoll der Sitzung vom 30.04.2015

(Ministerin Taubert)

in den letzten Jahrzehnten in diesem Land schon immer gewünscht haben.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, der Haushalt ist zu spät vorgelegt worden. Er ist nach 138 Tagen als auswertbares Papier in diesem Landtag angekommen und wir haben das soeben gehört und auch in vielen Wortmeldungen in den letzten Tagen immer wieder vernommen. Andere machen andere Rechnungen auf und verweisen gern auf 2009 und 2010 und ich will das gern noch einmal rekapitulieren für das Protokoll, damit es auch nicht untergeht: Von der Vereidigung der Regierung bis zur Drucksachennummer jetzt im Haushaltsentwurf 2015 sind 137 Tage vergangen und im Vergleichszeitraum für den Haushaltsentwurf 2010 von der Regierung von Christine Lieberknecht waren es eben nur 105 Tage. Das heißt, der Unterschied zwischen dieser Koalition und zwischen der vorherigen Regierung beträgt einen ganzen Monat. Wenn man noch dazunimmt, dass wir im Jahr 2009 für 2010 einen fertigen Haushalt hatten und es Bestandteil der Koalitionsgespräche war, diesen Haushalt für 2010 nicht einzureichen, sondern neu zu verhandeln und neu vorzulegen, dann relativiert sich selbst der 105-Tage-Zeitraum. Sie haben Ihren Haushalt so spät wie lange keine Regierung mehr in diesem Landtag vorgelegt.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, hier nicht nachvollziehbar war der widersinnige Umbau der Landesverwaltung, der Ministerien, der ja immer noch anhält und seit Ihren Regierungstagen sozusagen markant ist für das, wie Sie sich dieses Land zur eigenen Beute machen. Das zeigt auch, Sie haben die guten Vorarbeiten in den Ressorts...

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Tja, eure ist es nicht mehr!)

Sie haben die guten Vorarbeiten in den Ressorts in die Tonne getreten. Wer natürlich widersinnig die Verwaltung umbaut, wer das eine Referat in die eine Abteilung in das andere Ministerium packt, plötzlich eigentlich beim Kollegen einziehen will, weil er merkt, er hat ein viel zu großes Ressort und passt gar nicht mehr ins Haus, der hat mit anderen Dingen zu tun und dann passt auch die Struktur der vorherigen Haushaltsstruktur nicht mehr auf den neuen Haushalt. Auch das hat dazu geführt, dass Sie diesen Haushalt zu spät vorgelegt haben.

(Beifall CDU)

Das zu späte Vorlegen hat natürlich auch Folgen für das Land. Die größten Folgen will ich Ihnen der Reihe nach beschreiben: 100 potenzielle Existenzgründer konnten durch den fehlenden Haushalt nicht gefördert werden, die Feuerwehren melden

Alarm an, weil sie in diesem Jahr kein Katastrophenschutzfahrzeug anschaffen können,

(Beifall CDU)

weil das verspätete Haushaltsvorlegen nicht mehr die Ausschreibung und den Kauf in diesem Jahr ermöglicht. Die Kommunen können nicht investieren wie sie wollen, weil viele Kommunen abhängig sind, ob Sie nun Ihre Wahlversprechen einhalten oder nicht. Sie wissen jetzt schon, das Geld kommt nicht, was ihnen versprochen wurde, das führt aber dazu, dass sie ihre Haushalte nicht schließen können und nicht investieren können. Das hat große Folgen für dieses Land. Das haben Sie zu verantworten!

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Weil ihr sie pleite gemacht habt!)

Der Bauindustrieverband schätzt zu Recht, dass 40 Prozent der öffentlichen Ausschreibungen in diesem Jahr fehlen werden, Und wer weiß, was öffentliche Ausschreibungen für Nachfolgeinvestitionen bei der privaten Hand auslösen können, aber nicht auslösen, wenn diese Ausschreibungen um 40 Prozent zurückgehen, der kann sich ein Bild davon malen, mit welcher wirtschaftlichen Entwicklung sie zu rechnen haben, weil Sie den Haushalt nicht rechtzeitig vorgelegt haben.

(Beifall CDU)

Weil Sie den Haushalt bis zum heutigen Tage nicht vorgelegt haben und es leider noch braucht bis zur Verabschiedung, kommt auch der Breitbandausbau in diesem Land nicht voran. Die, die Breitbandausbau machen wollen, können das nicht tun, weil die Fördermittel nicht zur Verfügung stehen, und das wirft uns ein ganzes Jahr zurück; es bleibt in Ihrer Verantwortung.

(Beifall CDU)

Und natürlich hat das auch Folgen für den Thüringer Landtag. Seine 137 Tage hat der Ministerpräsident zur Vorlage des Haushalts unter das Motto „Schnelligkeit geht vor Gründlichkeit“ gesetzt.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: 30 Jahre Verzögerung beim Breit- bandausbau!)

137 Tage ist also nach den Maßstäben von RotRot-Grün schnell und das „Schnell“ relativiert sich dann, wenn man weiß, dass dieser erste Satz „Schnelligkeit vor Gründlichkeit“ beim Ministerpräsidenten noch einen zweiten Satz zur Folge hat, nämlich den, er hat der Öffentlichkeit versprochen: Ja, wir machen jetzt ganz schnell den Haushalt, damit wir in die Puschen kommen, aber dann im Landtag gilt Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Und

das ach so große und großzügige Zeitbudget, was uns diese Regierung zur Verfügung stellt, heißt doch tatsächlich bis zur Verabschiedung des Haushalts am 19. Juni: 57 Tage. Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, parlamentsfreundlich sieht anders aus.

(Beifall CDU, AfD)

Das ist nicht Gründlichkeit vor Schnelligkeit, das ist unverschämt, was Sie dem Parlament zumuten. Fünf Wochen Zeit für die Haushaltsberatungen, wo Sie Monate gebraucht haben, überhaupt etwas vorzulegen, das gab es lange nicht mehr, das haben Sie in Ihren Zeiten manchmal zu Recht oder auch zu Unrecht kritisiert, dann haben wir uns auf längere Beratungszeiten vereinbart, aber dass Sie diesem Parlament nur fünf Wochen Beratungszeit zugestehen, das ist ziemlich unerhört.

(Beifall CDU)

Und, lieber Egon Primas, wenn du mir einen Gefallen tun würdest, diese zwei blauen Teile einfach nur einmal hochzuhalten. Das reicht vollkommen aus, ich habe vergessen, sie mit vorzunehmen. Nimm sie mal auseinander, einfach nur, dass die Leute das sehen. Danke, das reicht vollkommen aus. Ich will das nur beschreiben, damit Sie gleich sehen, was ich sagen möchte.

Das parlamentsunfreundliche Verhalten findet nicht nur seinen Ausdruck in diesen 57 Tagen angeblicher Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Es findet seinen Ausdruck auch in der Vorlage dieses Haushalts, festgemacht am Beispiel des Einzelplans 01. Noch nie, noch nie in diesem Freistaat hat eine Landesregierung den Entwurf des Landtagspräsidenten zu seinem Einzelplan 01 mit einer eigenen Vorlage konterkariert und damit in die Hoheit dieses Parlaments eingegriffen. Noch nie hat sich eine Landesregierung dem Verfassungsorgan Landtag gegenüber erlaubt, in die Haushaltsberatungen

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Unerhört!)

einzugreifen und eine eigene Vorlage zum Einzelplan zu machen.

(Beifall CDU, AfD)

Ich erwarte, dass Sie diesen Einzelplan 01 an Ihrer Stelle zurückziehen.

(Beifall Abg. Gentele, fraktionslos)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das wird auch Zeit, denn der Entwurf des Land- tagspräsidenten taugt nichts. Ihr Präsident hat versagt!)

Man muss das so deutlich sagen, denn das ist ein neuer Tabubruch, den Sie begangen haben. Der manifestiert sich in dieser eigenen Vorlage des Einzelplans 01, aber er beschreibt auch, wie Sie jetzt Ihr Regierungshandeln verstehen. Sie denken, der

Freistaat ist jetzt Ihrer. Da täuschen Sie sich aber. Sie täuschen sich genauso, wie Sie gedacht haben, das Ende der DDR ist mit Ihrer Wahl besiegelt. Auch das stimmt nicht. Aber auch dieser Freistaat ist nicht Ihrer. Sie haben noch viereinhalb Jahre Zeit, verderben Sie nicht unseren Fortschritt in diesem Freistaat, werden Sie Ihrer Verantwortung für dieses Land gerecht. Da liegt die große Aufgabe Ihrer Regierungszeit.

(Beifall CDU, AfD)

Meine Damen und Herren, dieser Haushalt verstößt gegen Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit, weil Rot-Rot-Grün nicht gewillt ist, die seit 2007 begonnene Haushaltskonsolidierung fortzusetzen. Alles hat mit der Stornierung eines beschlossenen Schuldenabbaus und der Aufnahme neuer Kredite für die Rücklage begonnen. Es bleibt dabei: Wolfgang Voß hat gut daran getan als Finanzminister der Regierung Lieberknecht, die Schulden abzutragen, die wir Anfang 2010 und 2011 aus Koalitionsgründen aufnehmen mussten, damit wir am Ende der Wahlperiode sagen können: In der gesamten Wahlperiode der Regierungszeit von Christine Lieberknecht ist der Freistaat Thüringen ohne neue Schulden ausgekommen.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Jetzt ist es aber gut!)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und die Kommunen haben es be- zahlt!)

Sie haben das zurückgedreht, Sie haben diesen Pfad der Tugend verlassen und das muss man Ihnen zuschreiben: Sie haben neue Schulden am Beginn Ihrer Wahlperiode gemacht.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wo denn?)

Und jetzt manipulieren Sie auch noch bei den Ausgaben für 2014, und nur aus einem Grund, um Ihre hohen Ausgaben von 300 Millionen Euro in diesem Jahr gegenüber 2014 zu verschleiern.

Es bleibt dabei: Ausweislich Ihrer eigenen Vorlage heute an diesem Tag, Frau Finanzministerin – es ist nicht die Unsere, es ist die Ihre –, ausweislich Ihrer eigenen Vorlage wissen Sie doch genau wie wir, dass das Haushaltsvolumen 2014 in den bereinigten Ausgaben nur 8,977 Milliarden Euro betragen hat. Wenn Sie jetzt einen Haushalt mit knapp 9,3 Milliarden Euro vorlegen, dann bleibt es Ihre erste Botschaft, die Sie in diesem Land in dieser Wahlperiode senden, Sie haben das Ausgabenvolumen erhöht, so wie wir jahrelang dafür gesorgt haben, das Haushaltsvolumen herunter zu dimmen. Sie gehen den entgegengesetzten Weg

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist doch kein Wert an sich! Ist doch kein Wert an sich! Du meine Güte!)

und dieser Weg ist falsch, dieser Weg ist falsch.

(Beifall CDU, AfD)

Ich kenne auch keine Landesregierung und ich kenne auch keine Bundesregierung,

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist doch die Höhe!)