Die Kollegin Becker hat eben in ihrer Berichterstattung den doch langen Werdegang dieses Gesetzes dargestellt, wann es eingebracht worden ist, wie viele Anhörungen es gegeben hat und wie viele Änderungen auch die Regierungskoalition dann letztendlich hier eingebracht hat. Diese vielen Anhörungen, die mündlichen Anhörungen zeigen doch, wie viel Sprengstoff in diesem Gesetz liegt.
Nein. Gerade diese vielen Anhörungen und diese zum Schluss Änderungsanträge und Ihre Sommerbereisung in Thüringen, die dann zu den Änderungsanträgen geführt haben, die haben doch ganz
deutlich gemacht, dass das Gesetz am Anfang handwerkliche Fehler hatte, dass es auf die Themen gar nicht eingegangen wäre. Wenn es eine ordentliche Gesetzesvorlage vom Ministerium gegeben hätte, wären viele Dinge gar nicht erst in das Gesetz reingekommen. Wenn im Vorfeld mal mit allen gesprochen worden wäre und alle Belange in den Blick genommen worden wären – der Naturschutz, die Erinnerungskultur und was alles dazugehört, die offenen Fragen nach Wegen, nach Verkehrsadern und, und, und –, dann hätte die Einbringung Ihres Gesetzentwurfs anders ausgesehen. Als nach der dritten oder vierten Anhörung – liebe Dagmar Becker, auch ich kann es schon gar nicht mehr zählen –
das Knäuel an Fragen, gerade durch die Kommunen und auch die Betroffenen – viele Betroffene haben uns noch mal geschrieben – einfach nicht aufgelöst werden konnte, wurde dann nach „Augen zu und durch und jetzt wird abgestimmt, es ist genug geredet und jetzt wird das Gesetz verabschiedet“ verfahren. Denn – da brauchen Sie gar nicht so zu lachen, wie Sie sich immer aufführen im Ausschuss mit Ihren Bockigkeiten, Herr Kobelt – Sie haben sich selbst das Ziel gesetzt, heute, am 9. November, das Gesetz zu verabschieden, egal ob es noch offene Fragen gab, egal ob es Redebedarf gab, egal ob das mit der Ausweisung der Grundstücke alles so sachgerecht war. Das war ganz egal, es musste heute sein. Und das bedauern wir sehr.
Eine Aufarbeitung durch die sprachliche Ökologisierung, also einfach Gras über die Diktatur in der ehemaligen DDR wachsen lassen,
bagatellisiert das. Der Begriff „nationales Naturmonument“ für diese Ausweisung des Grünen Bands und die Vermeidung des Begriffs „Todesstreifen“ wird dem nicht gerecht, was neben naturschutzfachlichen Fragen auf der anderen Seite steht, nämlich dass es sich hier um den Todesstreifen gehandelt hat. Den Todesstreifen im wahrsten Sinne des Wortes, es sind Menschen dort umgekommen, es war doch kein Zaun, wo man hätte darüber klettern können, da sind Menschen zu Tode gekommen.
Und auch die Enteignung – ich will das hier auch noch mal feststellen – der Grundstücke an der ehemaligen innerdeutschen Grenze ist und bleibt doch Unrecht. Und gerade das muss uns doch immer wieder auch vor Augen geführt werden, dass wir dieses Unrecht, was damals geschehen ist, auch bei weiteren Aktivitäten, die wir dort an den Tag legen, nicht vergessen. Die fehlende Augenhöhe zwischen den Folgen des Todesstreifens und der na
turschutzrechtlichen Behandlung des Gebiets ist ja auch die Grundlage der Auseinandersetzung im Gesetz. Bei der Anhörung der Grenzlandmuseen, aber auch bei Herrn Dietrich, die ja im ersten Verfahren überhaupt gar nicht zu Wort gekommen sind, ist das noch mal ganz deutlich geworden. Die haben erst darauf aufmerksam gemacht, dass, wenn ein Erinnerungsstein, eine Tafel vielleicht für einen Getöteten oder für irgendetwas aufgestellt wird, jetzt immer die untere Naturschutzbehörde die Genehmigung zu erteilen hat. Das kann doch nicht unser Ziel sein.
Auch werden mit dem Gesetzentwurf schrittweise viele neue Verbote und Naturschutzeinschränkungen verpflichtend eingeführt. Die Flächeneigentümer haben sich doch mehrfach geäußert, dass sie nicht ordentlich am Verfahren beteiligt werden. Liebe Frau Ministerin Siegesmund – jetzt hört sie mir nicht zu –, der Pflege- und Entwicklungsplan, der kommt, wird die strukturellen Defizite des Gesetzes dann deutlich machen und da werden die Probleme zutage kommen. Die Probleme werden dann zur Lösung auf die unteren Naturschutzbehörden abgeschoben. Die einzelnen unteren Naturschutzbehörden werden sicher unterschiedlich damit umgehen, aber die Konflikte vor Ort werden nach unten verlagert. Dann heißt es: Wir haben ein Gesetz gemacht, jetzt löst ihr das mal unten vor Ort. Der Ärger – ich gucke Sie jetzt auch an – ist vorprogrammiert in dem einen oder anderen Fall.
Das muss nicht sein. Auch auf die Kommunen kommt viel Arbeit und kommen viele Ausgaben zu. Die Instandhaltungsmaßnahmen für den Kolonnenweg, die finanzielle Mehrbelastung,
Ja, das muss ich doch vorher wissen. Wenn ich als Gemeinde eine Aufgabe zugewiesen bekomme, muss ich doch im Vorfeld wissen, was ich bekomme und nicht irgendwann mal im Pflege- und Entwicklungsplan, in einer Haushaltsstelle und, und, und. Die Aufgabe ist doch auch von Dauer zu erledigen, das ist doch nicht nur eine einmalige Aufgabe, die Gemeinden haben die dauerhaft.
Dieser Gesetzentwurf hat unserer Meinung nach viel zu viel Ideologie, zu wenig praktischen Naturschutz und zu viele Verbote.
Verbote hatten wir vor 29 Jahren genug und satt. Jetzt haben wir kommunale Selbstverwaltung. Wir sind kein zentral geführtes Land, sondern wir haben
die kommunale Selbstverwaltung. Aber in diesem Gesetz wird wieder mit Verboten regiert, in jede Gemeinde, in jeden Flächeneigentümer. Es kann nicht sein am 9. November 2018, dass wir in solche Muster fallen, die es früher gegeben hat,
wo man auch von zentraler Stelle aus, vom Kreis oder vom Bezirk immer wusste, was jede Gemeinde zu tun hatte oder nicht. Das finde ich nicht gut, auch als jemand, der sich kommunalpolitisch engagiert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb haben wir als Fraktion einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, weil wir die Möglichkeit und die Idee des Bundesgesetzgebers aus dem Jahr 2009 in § 24 des Bundesnaturschutzgesetzes zur Aufnahme der Schutzkategorie Nationales Naturdokument in die Naturschutzgesetze der Länder nutzen. Ziel des Bundesgesetzgebers ist es, national bedeutsame Schöpfung von Natur und Landschaft auch auf kleineren Flächen einem herausragenden Schutz zu unterwerfen, der international Anerkennung und Beachtung findet. Dementsprechend sollen als Gebiete Nationale Naturmonumente ausgewiesen werden, die räumlich und kulturell Erscheinungen enthalten, die außerordentlich und einzigartig sind.
Eigentlich war es in der bisherigen Praxis im Umweltausschuss immer so, dass wir einen breiten Konsens erzielt haben. Wir haben ein paar mal auch Anträge gestellt, weil uns das zum Schluss einfach zu schnell ging. Zur Klärung der Fragen, die das Bundesverkehrsministerium aufgeworfen hat, hat die Zeit nicht ausgereicht. Auch im zuständigen Infrastrukturausschuss hatten wir nicht genügend Zeit, weil einfach dieses Enddatum von vornherein feststand. Dem heutigen Tag musste sich alles unterordnen. Deswegen auch die Sondersitzung und dann zum Schluss einfach Augen zu und durch. Es wird in der Öffentlichkeit auch darüber viel diskutiert, gerade in den Landkreisen, die an der ehemaligen innerdeutschen Grenze lagen. Da nutzt auch ein Besuch von Herrn Kobelt mit Herrn Sondermann und Herrn Wandt am Grünen Band nichts – die Bedenken sind einfach da.
Uns oder mich haben auch viele Briefe aus dem Eichsfeld erreicht, denen große Befürchtungen zu entnehmen sind, was mit ihrem Eigentum war.
Deshalb will ich noch mal betonen – das habe ich von hier vorne oft gesagt –, was die Philosophie der CDU-Fraktion hinsichtlich Naturschutz ist, und das bleibt so: Mensch und Natur gehören zusammen. Die kann man nicht auseinanderdenken. Menschen leben in der Natur und Menschen haben berechtigtes Interesse an der Natur und Menschen leben
Und weil sie nicht auseinander gehören, muss nämlich hinter den Satz „Nationale Naturmonumente sind wie Naturschutzgebiete zu schützen“ auch der zweite Satz: Wenn Mensch und Natur zusammengehört, ist dabei die ordnungsgemäße Landund Forstwirtschaft im bisherigen Umfang zu gewährleisten, weil Mensch und Natur zusammengehören. Die Natur ernährt den Menschen. – So ist das.
Sie haben auch des Öfteren verglichen, weil wir von Anfang an gesagt haben, wir wollen einen anderen Weg gehen, den Weg, das Gesetz für Natur und Landschaft zu ändern und um diesen Schutzbegriff zu erweitern und dann am Grünen Band die Flächen auszuweisen. Frau Siegesmund, da haben Sie immer den Hainich verglichen. Für den Hainich haben wir auch ein Extragesetz gemacht, aber den Hainich – diesen kleinen Hainich – kann man nicht mit 763 Kilometern an einer Landesgrenze vergleichen. Als ich hierhergekommen bin, habe ich mir die Karte vom Hainich extra noch mal kurz angeschaut, das ist einfach gar nicht vergleichbar. Da gehört das Eigentum dem Freistaat, man kann Entwicklungsziele darüberlegen – viele, viele. Aber am Grünen Band hier sind ja Hunderte Privateigentümer betroffen und auch Gemeinden.
Was wir auch sehen, sind die berechtigten Interessen der Land- und Forstwirtschaft, aber auch in Bezug auf den vorgesehenen Ausbau der Verkehrsund Energieinfrastruktur gibt es Befürchtungen mit Blick auf das Gesetz. Ich meine, ein Fünftel der 763 Kilometer Grünes Band hat heute bereits Lücken wie Straßen, Wege, Eisenbahntrassen, Landwirtschaftsflächen. Darauf hat das Bundesverkehrsministerium auch 2017 im Schreiben zur Herstellung des Benehmens hingewiesen. Ich kann nur sagen, wir haben weder im Umweltausschuss noch im zuständigen Infrastrukturausschuss auf unsere Fragen eine Antwort bekommen, die Fragen, die das Bundesministerium stellt zu Schiene und Straße, und ich kann mir das nur so erklären, Frau Siegesmund, dass Sie keine Antwort darauf haben. Schade, dass Herr Ramelow jetzt nicht dabei ist.
Ach, Herr Ramelow! Was sagt Ihnen Frau Siegesmund? Sie haben gestern in Ihrer Regierungserklärung angesprochen, die Höllentalbahn wieder zu reaktivieren. Ich weiß, Siegfried Wetzel hat in seinen 20 Jahren Mitgliedschaft das Projekt immer wieder angesprochen. Sie haben gestern gesagt, Sie wer
den alles dafür tun, um die Höllentalbahn wieder zu aktivieren. Diese Höllentalbahn liegt aber im Grünen Band, das jetzt wie ein Naturschutzgebiet zu bewerten ist. Dann frage ich mich: Wie soll das in der Praxis wirken?
(Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Das ist eine gewidmete Eisenbahnstrecke! Die ist immer noch gewidmet!)
Ja, sie ist gewidmet, aber da ist kein Gleiskörper mehr da, kein Unterbau. Wie soll da ein Eingriff in die Natur genehmigt werden?
Man kann aber nach 70 Jahren, in denen da kein Zug mehr lang gefahren ist, sicher auf den Gleisen nicht mehr langfahren. Aber an diesem Beispiel wird für mich deutlich, dass es in der Praxis
(Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Sie waren offenkundig seit Jahren nicht mehr dort! Ich lade Sie mit Sigi gerne ein!)
Und das ist für mich nur ein Beispiel und die Konflikte werden auch bei Kali und Salz in der Umsetzung folgen.
Ich freue mich auch, dass der Betriebsrat von Kali und Salz heute hier ist. Denn die haben auch Befürchtungen, wie es weitergeht und wie dann im Gesetzesvollzug dieser § 24 Abs. 3, die Gebiete sind zu schützen wie Naturschutzgebiete, die haben einen hohen Schutzstatus, in der Praxis umgesetzt werden soll. Also es kommen genug Konflikte auf uns zu.