Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Da mich der Kollege Wolf ja direkt angesprochen hat, will ich ihm auch die Antwort nicht schuldig bleiben, weil ich dazu neige, mir die Fakten anzugucken, vor allen Dingen auch in der Region, die ich vertrete. Ich will Ihnen die Zahlen einfach mal sagen, basierend auf Ihrem Gesetz, weil wir als CDU-Fraktion auf Fakten basierend zu argumentieren versuchen und nicht auf Fiktion und nicht auf Vorstellungswelten und auf Schlössern, die man sich baut, die am Ende aber dann halt nicht gelten. Jetzt gucken Sie sich Folgendes an: Wir haben im Saale-Holzland-Kreis vier Gymnasien und ich habe mir jede einzelne Zahl aus Ihrem Schulgesetz, was Sie vorgelegt haben, angeschaut und habe quasi den Faktencheck gemacht. Die Zahlen der Mindestgröße, die 540, dann die Frage, wie viele Schüler in der 5. Klasse, 26, da sein sollten, wie viele in der Oberstufe da sein sollten, und das habe ich durchgeprüft. Und wissen Sie, was rausgekommen ist? Wir haben in Hermsdorf ein Gymnasium, das hat 363 Schüler momentan. Wir haben in Kahla ein Gymnasium, das hat 396 Schüler. Wir haben in Stadtroda ein Gymnasium mit 392 Schülern. Wir haben in Eisenberg eines, das hat 700. Da habe ich mir die 5. Klassen angeguckt: Kein einziges dieser vier Gymnasien schafft die 26 Schüler. Wenn ich mir das anschaue und das für die nächsten drei Jahre, weil auch das Ihr Gesetz sagt, dann stelle ich fest, dass drei von vier Gymnasien latent unter Ihrem Schulgesetz gefährdet sind. Das können Sie auch nicht wegdiskutieren, denn das sind Zahlen,
Sie tun dann so: Es gibt eine Kannbestimmung, du kannst unterschreiten; ja, so ist das dann halt. Aber das ist doch der Vorwurf, den wir machen. Wissen Sie, Sie beachten gar nicht, was die regionalen Besonderheiten sind, warum es wichtig ist zum Beispiel, dort ein einziges Gymnasium im südlichen Teil des Landkreises zu haben.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wenn es keine andere Schule gibt, bleibt das Gymnasium doch bestehen! Es gibt die Ausnahmeregelung!)
Deswegen setzen wir uns als CDU-Fraktion ein, dass die Landkreise auch weiterhin die Schulträgerschaft und die Planung so weit haben, wo am Ende nicht durch Zentralismus das Ministerium entscheiden kann: Daumen hoch oder Daumen runter. Und das ist der substanzielle Unterschied zu unseren bildungspolitischen Vorstellungen und zu Ihren und das werden wir den Leuten in diesem Land auch erzählen. Das ist die Unehrlichkeit,
die Sie hier vorweisen, Herr Wolf. Das Schulgesetz wollen Sie erst in 2021 wirken lassen. Warum? Damit die Leute ja nicht vor der Kommunalwahl und vor der Landtagswahl sehen, was Sie da eigentlich produzieren, nämlich bildungspolitischen Kahlschlag.
(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was Sie selber denken oder tun, müssen Sie uns nicht in die Schuhe schie- ben!)
Und noch mal: Ich könnte es Ihnen für die Grundschulen in meinem Kreis vorrechnen, ich könnte es Ihnen für die Regelschulen in meinem Kreis vorrechnen. Das ist das Schöne an Ihrem Gesetz, man hat Fakten, man hat Zahlen, man kann den Leuten vor Ort auch ganz genau sagen, was es für Auswirkungen hat. Jetzt kommen Sie mir bitte nicht mit den Kooperationsmöglichkeiten in § 41. Ich habe Ihr Gesetz genau gelesen. Diese Kooperationsmöglichkeiten heißen nichts anderes, als den Leuten Sand in die Augen zu streuen und so zu tun, als ob man kooperieren kann. Am Ende bedeutet das für die vier Gymnasien, von denen drei latent gefährdet sind, nichts anderes, als dass mindestens eines oder zwei draufgehen würden, weil Ihre Kooperation gar nicht anders funktionieren dürfte – zumindest in Ihrer Vorstellungswelt.
Weil Sie vorhin gesagt haben „Ja, wir wollen Bildungsregionen“: Ja, wir wollen auch Bildungsregionen, aber wir glauben, wir haben schon welche, die nennen sich Landkreise – das sind diejenigen, die Schulträger sind und die auch die inhaltlich-konzep
tionelle Planbarkeit gewährleistet haben. Wir haben in meinem Heimatlandkreis einen Schulnetzplan, der bis 2021 steht. Und wissen Sie was: Ihre Fraktion hat sogar mit zugestimmt, den haben wir einstimmig beschlossen. Das heißt, wir haben Planungssicherheit,
wir haben die Bildungspolitiker an einen Tisch geholt, wir haben das mit den Leuten gemeinsam diskutiert.
Und jetzt kommen Sie um die Ecke und tun so, als ob wir Ihre Erklärungsvorschläge brauchen. Nein, die brauchen wir nicht. Wir brauchen endlich mehr Lehrer, dafür können Sie etwas tun.
Wir brauchen endlich Qualitätssicherheit, und wir brauchen vor allen Dingen eines: Wir brauchen keine Bildungskombinate oder Einheitsschulen, sondern wir brauchen die Vielfalt in der Thüringer Schullandschaft. Auch das schleifen Sie mit dem Schulgesetz. Deswegen regen wir uns so darüber auf, weil Bildungspolitik am Ende eine zutiefst innere Überzeugung davon ist, was gut für das Kind ist, was wir auch an qualitativen Maßstäben erwarten, aber vor allen Dingen, was wir an Leistungsbereitschaft auf der einen Seite von den Lehrern erwarten – es gibt sehr viel und gute Leistungsbereitschaft in der Lehrerschaft, im Kollegium in Thüringen –, aber vor allen Dingen auch an Qualitätsstandards und Leistungserfordernissen gegenüber den Schülern wollen.
Wir haben die große Sorge, dass Sie mit dem Schulgesetz eben genau nichts anderes machen als eine Standortdebatte. Und das wollen wir vermeiden.
Wir wollen eine Qualitätsdebatte, wir wollen keine Bildungspolitik nach Gutsherrenart, wo am Ende der Minister darüber entscheiden darf, welche Schule überleben darf oder nicht. Deswegen setzen wir uns mit der Vehemenz ein. Ich freue mich auf die Diskussion, aber ich kann Ihnen eines sagen: Ich werde nicht darin zurückweichen, dass ich mit all meinen Schulen in meinem Wahlkreis
das werden auch meine Kollegen tun – über die Planzahlen und Fakten, die tatsächlich in den Schulnetzplänen enthalten sind, diskutieren werde, mit den Schülern, aber vor allen Dingen auch mit den Lehrern und Direktoren.
Denn eines ist auch klar: Sie versuchen jetzt, Nebelkerzen zu werfen, indem Sie mit Ist-Zahlen argumentieren, aber realerweise muss Ihr Gesetz auf Planzahlen zurückgreifen, die in Schulnetzplänen niedergelegt sind. Und genau mit diesen Zahlen werden wir argumentativ vor die Wählerinnen und Wähler treten.
Ich kann Ihnen eines sagen: Das wird eine spannende Debatte und ich freue mich echt darauf, denn da wird endlich mal sichtbar, dass Sie geistig anderen Kindes sind als wir, und das werden wir auch sichtbar machen. Schönen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, Herr Voigt, Sie sollten mit Ihrem Puls etwas heruntergehen.
Soweit ich weiß, ist Thüringen das einzige Bundesland, für das bisher keine Größen von Klassen oder Schulen vorgegeben sind. Alle anderen Bundesländer haben es, und soviel ich weiß, gibt es dort auch CDU-Bildungsminister und -ministerinnen. Da regen sich Ihre Kollegen vor Ort nicht so auf.
Aber ich bin nicht deswegen nach vorn gegangen, sondern in meiner Funktion als behindertenpolitische Sprecherin. Ich habe vorhin eingeworfen, als Frau Muhsal hier in den Raum stellte, dass es ja nur um das Thema „Integration“ ginge. Um das noch mal richtigzustellen: Frau Muhsal, wir reden heute über das Bildungsgesetz. Und wenn man darüber spricht, sollte man sich auch mit Bildung und der UN-Behindertenrechtskonvention, die vor zehn Jahren durch Deutschland in Kraft gesetzt worden ist und vorher durch vier deutschsprachige Staaten übersetzt worden ist, auseinandersetzen. Die Staaten waren – ich will es an der Stelle ein
fach noch mal erwähnen –: Deutschland, Schweiz, Liechtenstein und Österreich. Diese Staaten haben einfach aus der englischen Übersetzung Dinge übernommen, die so – vor allen Dingen durch die Betroffenenverbände – nicht akzeptiert werden. Dabei will ich noch mal ganz deutlich auf den Verein – Artikel 3 des Grundgesetzes – hinweisen: Dieser Verein hat eine „Schattenübersetzung“ auf den Weg gebracht. In dieser Schattenübersetzung steht das Wort „Inklusion“. Viele Behindertenverbände haben jahrelang dafür gekämpft, dass genau eine ordentliche Übersetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auf den Weg gebracht wird, allen voran Frau Dr. Sigrid Arnade. Das ist diejenige Frau, die für Deutschland an der UN-Behindertenrechtskonvention mitgeschrieben hat. Österreich hat auf Druck eines UN-Ausschusses im Jahr 2018 seine Übersetzung geändert. Ich kann nur hoffen, dass es Deutschland sehr bald tut. An der Stelle bin ich sehr dankbar dafür, dass die rot-rot-grüne Landesregierung über Inklusion spricht und nicht über Integration, sondern dass wir an der Stelle weiter sind und im Interesse der Menschen mit Behinderung, auch das Thema „Inklusion“ leben wollen.
Ich denke, wenn es hier zu einer Anhörung im Bildungsausschuss kommt, dann werden wir natürlich auch Behindertenverbände einladen und mit ihnen dieses Thema diskutieren. Ich bin froh, ich bin einfach froh, dass Sie diese veralteten Themen hier an diesem Pult laut und öffentlich machen, damit jeder weiß, wie Sie als AfD-Fraktion denken. Danke schön.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich bin vorhin von Frau Muhsal falsch zitiert worden. Sie hat mir unterstellt, ich hätte gesagt, unser Gesetz wäre ursprünglich ein Schulschließungsgesetz gewesen. Ich habe versucht, das in einer Nachfrage zu klären, da hat sie das bekräftigt. Ich habe die Gelegenheit genutzt und habe mir das im Livestream noch mal angeschaut. Es ist nicht wahr, ich habe es nicht gesagt und es hätte auch nicht der Wahrheit entsprochen. Dieses Gesetz war nie ein Schulschließungsgesetz. Ich habe gesagt, das wiederhole ich an dieser Stelle noch mal: Wir haben zeitgleich die Schulgrößen, die Schulparameter eingefügt und die Ausnahmen und die Kooperationsmodelle. Und ich habe gesagt: Hätten wir das
nicht getan, hätten wir nur die Schulgrößen festgeschrieben, dann wäre es ein Schulschließungsgesetz gewesen. Das habe ich gesagt. Ich lasse mich hier ungern falsch zitieren, auch auf Nachfrage nicht. Vielen Dank.