Schließlich nimmt der Gesetzentwurf auch neue Entwicklungen im Naturschutz auf. Ich möchte den Schutz von Alleen hervorheben. Zu Beginn der Legislatur haben wir erleben müssen, dass in Birx über hundert überwiegend gesunde Alleebäume gefällt worden sind. Einige von den Bäumen waren bis zu hundert Jahre alt. Damals gab es durchaus – wie ich finde – berechtigt die Frage: Muss das sein? Denn Alleen prägen, wo sie noch vorhanden sind, die Landschaft und sind auch Lebensraum für Insekten und Vögel. Schutz ist also wichtig. Deswegen muss der so ausgestaltet sein, dass wir nicht sofort in Richtung Verkehrssicherheit übereilte Maßnahmen ergreifen. Deswegen ist der Alleen
Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Punkt hervorheben, den ich besonders wichtig finde: das Thema Umweltbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung in den Nationalen Naturlandschaften. Auch das stärken wir, denn ich bin fest davon überzeugt, wir können nur das schützen, was wir auch kennen. Das gilt ganz besonders für die kommenden und folgenden Generationen. Deswegen haben wir die ausdrückliche Aufnahme einer entsprechenden Regelung zum Stärken von BNE im Gesetz verankert. Die Nationalen Naturlandschaften bieten nämlich schon heute auf einem Drittel des Landes Thüringen unzählige Bildungs- und Erlebnisangebote an – Betreuung von Junior-Rangern im Hainich bis hin zum Schulen vor Ort in den Naturparken vieler Kinder – und zeigen damit, wie wichtig es ist, sich für Natur und Umwelt einzusetzen. Das ist der Weg, den wir mit Ihnen gemeinsam gehen wollen. Ich freue mich auf eine gute Debatte zum Landesnaturschutzgesetz. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich eröffne damit die Beratung. Als erstem Redner erteile ich Abgeordneten Gruhner von der CDU-Fraktion das Wort.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank, Frau Ministerin, zur Einbringung des Gesetzes! Es ist gut, dass wir mal wieder über Naturschutz hier im Landtag reden.
Ich glaube, das ist durchaus ja fraktionsübergreifend auch anerkannt, denn Naturschutz gehört natürlich zur DNA dieses Freistaats.
Natur bedeutet aber für Thüringen – glaube ich – auch immer Heimat und Identität. Ich denke, das ist uns allen klar. Es geht darum, dass das ein Wirtschaftsfaktor ist. Ich glaube, unser Tourismus ist vor allem auch dadurch getragen, dass die Natur in Thüringen intakt ist. Es geht um Bewahrung der Schöpfung, es geht um Verbindung von Ökonomie und Ökologie. Wenn man all das zusammenbringen will, dann ist es in der Tat wichtig, dass man ein ausgewogenes Gesetz macht.
Nun hat die Ministerin hier gesagt, 2010 hat der Bund das Bundesnaturschutzgesetz novelliert. Wir sind jetzt im Jahr 2018. Ketzerisch könnte man sagen: Guten Morgen, Frau Ministerin, gut, dass wir jetzt auch acht Jahre später schon anfangen. Dafür, dass Sie beim Naturschutz immer so lautstark unterwegs sind, sind Sie doch reichlich spät dran, wenn es um die Novellierung des Landesnaturschutzrechts geht. Das will ich schon sagen.
Nun kann man sagen: Gut, davor haben wir regiert, das war auch bis 2014. Aber Sie sind jetzt vier Jahre in der Verantwortung und deswegen muss man schon sagen,
dafür, dass Sie das immer so groß auf Ihre Fahnen schreiben, haben Sie vier Jahre in diesem Bereich nichts getan.
(Zwischenruf Siegesmund, Ministerin für Um- welt, Energie und Naturschutz: Wir sind ja erst seit 2014 in der Regierung!)
Deswegen muss man zumindest mal anmerken, dass Sie etwas spät dran sind, wenn es um die Modernisierung des Naturschutzrechts in diesem Lande geht. Ich will das auch deswegen sagen und unterstreichen, weil wir als Fraktion vor einigen Monaten schon mal einen Anlauf unternommen haben, das Landesnaturschutzrecht anzupassen, indem wir gesagt haben: Bevor wir das Grüne Band als Nationales Naturmonument ausweisen, wäre es klug gewesen, vielleicht erst einmal den ersten Schritt zu wagen und unser Recht im Land auch so anzupassen, damit man die Grundlagen dafür schafft, so ein Nationales Naturmonument überhaupt ausweisen zu können, weil genau das der Bundesgesetzgeber bereits im Bundesnaturschutzrecht gemacht hatte.
Was haben Sie gemacht? Sie haben erst das Nationale Naturmonument per Gesetz festgelegt und haben dann jetzt als Zweites das Nationale Naturmonument in Ihre Novelle des Landesnaturschutzrechts eingefügt. Da kann ich nur sagen, das ist zumindest eine merkwürdige Systematik. Das zeigt auch, dass da ein Stück weit auch die Stringenz in dem fehlt, was Sie hier naturschutzrechtlich machen. Das will ich zumindest noch mal unterstreichen, will aber auch noch mal deutlich machen, dass wir tatsächlich systematisch richtig hier zunächst eine Novelle vorgelegt haben.
(Zwischenruf Siegesmund, Ministerin für Um- welt, Energie und Naturschutz: Sie haben systematisch nichts gemacht!)
rufen, was unsere Alternativen sind: Da gab es die Alternative, vernünftig vorzugehen. Das sei als Erstes angemerkt.
Als Zweites will ich anmerken, dass sich natürlich dieser Vorschlag hier eigentlich in das einreiht, was wir so oft erleben, wenn die grüne Umweltministerin herangeht, um Gesetze zu machen. Wir erleben, dass auf das, was beispielsweise der Bundesgesetzgeber vorgibt, noch eine Schippe draufgelegt wird. Da könnte man sagen, das muss nicht immer schlecht sein. In der Tat, es muss auch nicht immer schlecht sein. Aber in diesem Fall gibt es eben auch wieder einige Beispiele, wo Sie über das Bundesrecht hinausgehen, wo wir in der Beratung jetzt in den nächsten Wochen sehr kritisch auch hinterfragen müssen, ob das notwendig ist und ob das auch im Sinne des Naturschutzes ist.
Ich will nur drei Beispiele nennen, wo wir schon sehr genau hinschauen müssen, ob das Sinn macht, dass Sie da auch über den Bundesgesetzgeber hier im Landesrecht hinausgehen. Das Erste ist, Sie verschärfen deutlich das Vorkaufsrecht. Sie dehnen es deutlich aus. Da muss man noch mal hinschauen, ob das tatsächlich so Sinn macht. Das Zweite: Beim Thema „Schutz von Alleen und linienhaften Anpflanzungen“ treffen Sie auch eine andere Regelung als der Bundesgesetzgeber.
Der Bundesgesetzgeber hat – wie ich finde – eine sehr sinnvolle Befristungsregelung für den Schutzstatus dieser Bereiche ins Gesetz geschrieben. Sie sagen jetzt, wir nehmen hier keine Befristungen vor. Da muss man zumindest mal die Frage stellen, ob das nicht am Ende sogar für den Naturschutz negativ ist, weil natürlich, wenn ich dann künftig Freiflächen im Sinne des Naturschutzes schaffen will, hier durchaus ein rechtliches Hindernis entstehen kann. Deswegen müssen wir das noch mal tatsächlich auch diskutieren, ob das am Ende auch im Sinne des Naturschutzes ist.
Das dritte Beispiel, wo wir schon unsere Zweifel haben, gerade auch wenn es um die Frage des Einklangs von Ökonomie und Ökologie geht, ist die Tatsache, dass Sie die Mitwirkung der Naturschutzvereinigungen durchaus ausweiten, dass Sie die Mitwirkungstatbestände im Landesrecht ausweiten, die deutlich über das Bundesrecht hinausgehen. Da muss man natürlich am Ende sagen: Klar, möglichweise ist das – und das ist offensichtlich auch Ihre Absicht – im Sinne von Naturschutzvereinigungen, aber – ich habe das gesagt – am Ende geht es immer um die Abwägung von Ökonomie und Ökologie. Da werden wir am Ende schon noch mal diskutieren müssen, ob diese Balance am Ende auch durch diese Regelung gewahrt ist. Wir haben da zumindest Zweifel, aber wir sollten das in einem offenen Prozess miteinander auch besprechen.
Dann will ich unabhängig von der Frage, wo Sie über das Bundesrecht hinausgehen, noch zwei andere Aspekte ansprechen, die uns durchaus wichtig sind. In § 6 Ihres Gesetzes implementieren Sie einen Flächenpool für Kompensationsmaßnahmen. Ich denke, das ist etwas, was durchaus sinnvoll ist und was man durchaus auch begrüßen kann.
Trotzdem will ich an dieser Stelle, und das ist uns als Fraktion auch wichtig, wirklich noch mal ausdrücklich unterstreichen, dass wir aufpassen müssen, dass bei Kompensationsmaßnahmen nicht immer nur wertvolle Grünland- und Landwirtschaftsflächen ins Visier genommen werden, und dass wir durchaus auch vorbeugen müssen, dass das eben dann nicht allein in den Fokus gerät, weil natürlich die Landwirtschaft zu Recht immer wieder auf Flächenfraß hinweist, der zum Nachteil der Landwirtschaft ist. Deswegen müssen wir uns hier, glaube ich, genau auch das Gesetz anschauen, damit wir hier nichts verschlimmbessern oder damit wir vielleicht auch Regelungen finden, wie wir dieses berechtigte Anliegen der Landwirtschaft mit dem Anliegen des Naturschutzes in Einklang bringen können.
In dem Zusammenhang ist es uns auch wichtig, dass wir, wenn wir über Kompensationsmaßnahmen reden, am Ende auch sicherstellen, dass Kompensationsmaßnahmen in den Regionen auch schwerpunktmäßig, sofern das möglich ist, erfolgen sollen, wo tatsächlich der naturschutzrechtliche Ausgleich notwendig geworden ist, und dass wir eben nicht vorrangig nur die Entwicklung entfernter Naturschutzgebiete hier in den Blick nehmen. Dort, wo Kompensation in den Regionen notwendig ist, sollte sie schwerpunktmäßig oder zumindest vorrangig erfolgen. Das ist ein Aspekt, den wir durchaus hier noch mal betonen wollen.
Das Thema „Natura-2000-Stationen“ haben Sie angesprochen. Auch hier will ich sagen, dass es, glaube ich, durchaus richtig ist, dass wir hier auch das, was die Europäische Union von uns verlangt – das ist ja nicht etwas, was sozusagen einfach ausgedacht wird, sondern es wird ja durchaus verlangt und deswegen ist es auch richtig, dass man das konsequent umsetzt. Dennoch will ich einfach mal darauf hinweisen und damit müssen wir uns auch als Haushaltsgesetzgeber beschäftigen, so schön, wie das auch alles klingt: Wir zementieren hier natürlich auch – und Sie haben in der Regierungsmedienkonferenz von über 40 Stellen in diesem Bereich gesprochen – enorme Personalverantwortung. Wir haben einen Personalaufwuchs durch das Grüne Band. Wir werden den auch hier haben.
Gleichzeitig diskutieren wir in diesem Freistaat auch immer wieder über die Frage eines Stellenabbaupfads. Wir sind uns, glaube ich, einig, dass man Schwerpunkte setzen muss, aber wir müssen das im Blick haben. Deswegen – bei allem Jubel, Trubel über Natura-2000-Stationen, die man im Sinne des Naturschutzes sichern will – sollten wir am Ende auch im Blick haben, dass es Zeiten geben wird, wo Sie nicht das Glück haben, finanziell aus dem Vollen zu schöpfen, weil die Menschen und die Unternehmen in diesem Land fleißig arbeiten und die Steuern sprudeln, sondern wir müssen am Ende schauen, ob wir das sozusagen langfristig auch so aufrechterhalten können.
(Zwischenruf Siegesmund, Ministerin für Um- welt, Energie und Naturschutz: Bei Natur- schutz geht das gar nicht!)
Da sei zumindest mal ein nachdenkliches Fragezeichen erlaubt, ohne dass man hier sagen sollte, dass das alles ganz schlecht ist. Natürlich ist das schön, wenn man Naturschutz hier auch personell absichern kann. Aber denken Sie bitte auch daran, dass irgendwann die Zeit der sprudelnden Steuereinnahmen vorbei ist, und dann sollten wir nicht in eine Situation kommen, wo wir Standards haben aufwachsen lassen, wo wir am Ende dann nur noch Kahlschlag betreiben müssen, sondern wir sollten behutsam vorgehen. Wir sollten das als Haushaltsgesetzgeber solide besprechen, damit am Ende auch langfristige Seriosität hinter diesen Vorschlägen steht.
Ich glaube, das sind durchaus Punkte, die man in aller Nüchternheit besprechen muss. Es ist gut, das will ich noch mal sagen, dass diese Novelle hier kommt. Es ist überfällig, höchste Zeit nach acht Jahren, nachdem das Bundesnaturschutzrecht hier geändert wurde. Deswegen würde ich sagen: An die Arbeit! Lassen Sie uns konstruktiv über dieses Thema sprechen! Vielen Dank.
Vielen Dank. Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Kobelt, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Gruhner, Sie haben mit Ihrem Beitrag, mit Ihrer Eröffnung eigentlich schon den Beweis geliefert, dass es gut ist, dass Naturschutz jetzt in einem eigenen Umweltministerium ist. Sie haben gesagt: Naturschutz ist in erster Linie Wirtschaftspolitik. Der Zusammenhang mag an einzelnen Punkten auch durchaus da sein, aber was ist denn, wenn Naturschutz mal nicht Wirt
schaftspolitik ist? Heißt das dann, dass die CDU das nicht mehr unterstützt? Oder was ist, wenn Naturschutz auch mal nicht Landwirtschaftspolitik ist, wie es teilweise ja in Konflikten auch in der letzten Legislatur zu sehen ist? Heißt das dann, dass Naturschutz dann weniger wert ist? Wir denken, das ist gerade nicht so. Ich möchte an dieser Stelle auch vor allem an erster Stelle den über 10.000 ehrenamtlichen Menschen danken, die sich in Thüringen für den Naturschutz engagieren,
ob beim BUND, ob beim NABU oder bei lokalen Initiativen, die gar nicht so organisiert sind. Die machen das eben gerade nicht, um einen wirtschaftlichen Vorteil zu haben, sondern weil ihnen Natur wichtig ist, das Naturerlebnis, Umweltschutz wichtig ist, und dafür meine große Hochachtung für diese Arbeit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben durch das Naturschutzgesetz die Möglichkeit, Punkte des Naturschutzes zusammenzufassen, aber das heißt ja nicht, dass in den letzten vier Jahren nichts im Naturschutz geschehen ist und wir jetzt zusammen mit dem Ministerium vier Jahre lang gewartet haben, um uns beim Naturschutz zu engagieren. Wir haben das Grüne-Band-Gesetz beschlossen, wir haben zum Wassergesetz Diskussionen geführt und es auf den Weg gebracht, dass gerade Natur mehr geschützt ist. Wir haben im Zwiespalt zwischen Landwirtschafts- und Umweltpolitik einiges erreicht, dass biologische Landwirtschaft zum Beispiel stärker gefördert ist. Aber wir werden auch zum Beispiel erreichen, dass an Gewässerrandstreifen Natur besser geschützt ist.
Der zweite Punkt, wo es auch erst eine Konfliktlinie gegeben hat, war, Forst- und Naturschutz zusammenzubringen. Dort ist es uns gelungen, zum Beispiel am Possen ein großes Gebiet an Waldwildnis zu etablieren. Ich bin da auch sehr dankbar, dass in Zusammenarbeit zwischen Umweltministerium und Infrastrukturministerium es dort eine Lösung gegeben hat und dass wir sowohl große Flächen als auch kleine Initiativen zur Waldstilllegung mit unterstützen konnten und diese Diskussion jetzt beendet ist und gerade jetzt durch das Naturschutzgesetz dann auch gesetzlich so verankert ist, dass Sie es eben nicht als CDU im Wahlkampf benutzen und sagen können: Wir machen das wieder rückgängig. Denn ich denke, das Wichtigste ist beim Naturschutz, dass es eine Kontinuität gibt, dass auch die Menschen dahinter stehen, und das haben die Initiativen in den letzten Jahren bewiesen, dass sehr viele Menschen dieses Thema unterstützen.
Ich möchte – vieles wurde schon von unserer Umweltministerin Anja Siegesmund gesagt – noch mal einen Punkt auf ein vielleicht kleineres Fachgebiet
hinlenken, und zwar geht es um Flächenverbrauch. Wir haben jetzt die Möglichkeit, mit einer veränderten Kompensationsverordnung dem im Naturschutzgesetz auch eine höhere Stellung zu geben. Um was dreht es sich dabei? Was haben wir für Chancen? Das ist auch, glaube ich, eine große Gemeinsamkeit, wo wir sagen können: Als Grüne ist Naturschutz auch zusammen mit der Landwirtschaft zum Beispiel ein erklärtes Ziel. Es geht nicht mehr, dass wir so weitermachen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir immer mehr Flächen verbrauchen für Infrastrukturmaßnahmen, für neue Gebäude, die vielleicht eingeschossig statt drei- oder viergeschossig gebaut sind, für immer mehr Parkraum, was wir benötigen. Das geht nicht mehr, dass wir das einfach so machen und da Naturschutzflächen in Anspruch nehmen, aber auch Forstflächen, Waldflächen und Landwirtschaftsflächen.