Ich will aber an einer Stelle, ohne dass ich jetzt eine übergroße Lust habe, meine Rede dem Abgeordneten Höcke zu widmen, vielleicht doch auf einen Sachverhalt noch mal eingehen: Es ist ja durch Ihren parlamentarischen Geschäftsführer darauf hingewiesen worden, Herr Höcke, dass das einzige Ziel der AfD bei der Kandidatur für die Europawahl nicht darin besteht, dort in irgendeiner Form konstruktive Politik zu machen,
sondern nur anzutreten, damit andere Parteien entsprechende Mandate nicht bekommen. Wer diese Form von Politikverständnis teilen möchte, der kann die AfD wählen. Wenn die aber Tausende Euro im Monat als Diäten bekommen, um mal in dem Duktus der AfD zu sprechen, dann sollen die verdammt noch mal ihre Arbeit machen
und sich nicht dort hinsetzen und nur deshalb im Parlament sein, weil man der Auffassung ist, dass man dort eine bestimmte Position einfach nur vor sich hertragen kann, aber keine Verantwortung für die Europäische Union mitträgt.
Und wenn ich sehe, sehr geehrter Herr Höcke, dass Sie als AfD dort neben so einem ehrenwerten Abgeordneten wie Udo Voigt von der NPD sitzen und mit dem inhaltlich die gleiche Position im Hinblick auf die EU vertreten, und wenn Sie dann mit Salvini und einer ganzen Reihe von anderen Gestalten, wie Le Pen etc. mit dem Geld der europäischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler schlecht über die Europäische Union und schlecht über die Werte der Europäischen Union sprechen, dann kann das aus Ihrer Sicht möglicherweise richtig sein, aber es nützt in keiner Weise den politischen Positionen, von denen Sie vorhin versucht haben, den Eindruck zu erwecken, als ob Sie in irgendeiner Weise die Position der europäischen Bürgerinnen und Bürger vertreten, sondern Sie haben in der Gestalt Ihres parlamentarischen Geschäftsführers die Katze aus dem Sack gelassen.
Es geht Ihnen nicht in irgendeiner Form um die Rentenzahlerinnen und Rentenzahler, um die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, um die Arbeitslosen, sondern es geht Ihnen ausschließlich darum, im Europaparlament mit der Öffentlichkeit des
Europaparlaments und auf Kosten der Steuerzahler, die dann die AfD-Diäten bezahlen, im Europäischen Parlament eine Anti-EU-Politik zu machen.
Es ist nun so, dass ich mit Sicherheit dem Kollegen Oettinger nicht in jeder EU-politischen Frage zustimme. Aber an einer Stelle hat er doch recht, indem er sagt: 27 Rechtspopulisten aus 27 EU-Ländern – aus den von ihnen einzeln jeweils aus dem sogenannten „Europa der Vaterländer“ vorgetragenen vaterländischen Positionen, bei denen es sich um nichts anderes handelt als um Positionen, die jeweils an der eigenen nationalstaatlichen Grenze aufhören, entsteht in der Summe keine Konsistenz, sondern sie sind nichts weiter als 27 einzelstaatliche Positionen. Der Wert der Europäischen Union und die Idee von Robert Schuman bestehen darin, dass man aus den einzelstaatlichen Interessen dazu kommt, einen europäischen Konsens zu formulieren. Und dieser Konsens heißt mit Sicherheit nicht, dass sich jeder Nationalstaat in jeder Entscheidung durchsetzen kann. Aber in der Summe der Entscheidungen kommen die einzelnen Nationalstaaten nicht nur zu ihrem Recht, sondern sie kommen in der Summe der europapolitischen Positionen zu einer neuen Qualität. Und das ist das, was den Wert der Europäischen Union ausmacht.
In Ihrer Rede – und Sie sprechen ja ihre Reden in der Regel ausschließlich für die Videokanäle der AfD, in denen Sie sich in Ihrer Filterblase gegenseitig bestätigen – haben Sie heute wieder einen neuen Begriff gesetzt, nämlich den der „Tyrannei der Werte“. Ich sage Ihnen dazu nur eines: Diese vermeintliche …
Ja, jetzt hören Sie doch mal auf, mir dazwischenzuquatschen, Sie haben doch die Möglichkeit zu reden. –
Sondern es geht darum, dass sie unter dem Begriff der „Tyrannei der Werte“ diejenigen Werte und Rechte denunzieren, die Ihnen überhaupt die Möglichkeit geben, Ihre Position frei äußern zu können.
Und vor dem Hintergrund dieser Ausführungen lassen Sie mich auf den Sofortbericht zur Subsidiarität kommen, über den heute hier zu sprechen sein wird. Die Vereinbarung – und das ist deutlich gemacht worden – überträgt die mit dem Vertrag von Lissabon eingeführte und seitdem kontinuierlich gewachsene Mitwirkung der Regionen auf ganz konkrete Art und Weise auf den Freistaat. Wir haben in unserem Bericht auf den allgemeinen rechtlichen, politischen Rahmen der Beteiligung des Landtags aufmerksam gemacht und haben die Umsetzung des hier schon mehrfach benannten Frühwarnsystems analysiert. Die Verfahren haben sich aus Sicht der Landesregierung bewährt, und ich freue mich, dass das Parlament das genauso sieht und an der Vereinbarung, wie bereits bei der letzten Evaluierung, erneut insbesondere punktuelle Änderungen vornehmen möchte.
Die bedeutendste dieser Änderungen bezieht sich auf die in den letzten Jahren etablierte Praxis, die Landesregierung bei fachlichen Bedenken zu bitten, zu der betreffenden Vorlage im Bundesrat sogenannte Subsidiaritätsbedenken zu erheben. Wir haben die Evaluierung zum Anlass genommen, klarzustellen, dass diese Beschlussart keine Bindungswirkung für die Landesregierung entfalten kann, aber uns trotzdem in jedem einzelnen Fall bemüht, die Position des Landtags dann auch im Bundesrat entsprechend deutlich zu machen, und darauf ist der Ausschussvorsitzende bereits eingegangen.
Es ist aber auch Herr Abgeordneter Wucherpfennig gewesen, der in einer der letzten Sitzungen des Ausschusses zutreffend bemerkt hat, dass die von der Landesregierung vorgelegten Berichte aus dem Bundesrat belegen, dass inhaltliche Bedenken oft von anderen Ländern geteilt werden und deshalb auch in zahlreiche Bundesratsbeschlüsse eingeflossen sind.
Es zeigt sich aber auch, dass bestimmte generell übergreifende Fragen mit dem Begriff der Subsidiaritätsbedenken nicht weitergeführt werden können, sondern dass es hier eher darum geht, nicht Bedenken zu äußern, sondern eine Stellungnahme abzugeben, was noch einmal was anderes ist, als nur Bedenken zu haben, weil man auch verstärkend Positionen in einer Stellungnahme artikulieren kann. Dass dieses Verfahren festgeschrieben wird, schafft, glaube ich, Klarheit für alle Beteiligten.
Das Bestreben des Landtags, künftig noch mehr im prälegislativen Bereich tun zu wollen, ist nachvollziehbar. Wir werden sicher ein Verfahren finden, dem Wunsch des Landtags nachzukommen und mit der Landtagsverwaltung dann auch unbürokratisch – und ohne eine Vorauswahl zu treffen – über
die eingeleiteten Konsultationen effektiv und zeitnah informieren. Das Gleiche gilt auch für die von der EU-Kommission veröffentlichte Mitteilung.
Ich werde dem Kabinett die seitens des Landtags erbetenen Anpassungen in Kürze vorlegen und bin zuversichtlich, dass wir zur Sommerpause eine Neufassung der Vereinbarung unterzeichnen werden können. Wir werden uns auch bemühen, den in Teil III des Antrags geäußerten Bitten des Landtags nachzukommen, soweit dies in unserer Macht steht. Das in Ziffer III angesprochene Prüfraster könnte nach Auffassung der Länder – und es gab dazu eine entsprechende Erörterung auch seitens des Bundesrats – zu einem gemeinsamen Verständnis von Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit bei allen an der Politikgestaltung der EU Beteiligten Akteuren beitragen. Hier werden wir auch am Ball bleiben und werden zum Stand der praktischen Umsetzung des Vorschlags berichten.
Ich wünsche mir sehr, dass mit der Positionierung, die der Landtag heute hier vornimmt und der wir uns als Landesregierung ohne jede Einschränkung anschließen werden, der Landtag alle Bürgerinnen und Bürger im Freistaat Thüringen aufruft, zur Europawahl zu gehen. Den Begriff der Schicksalswahl für Europa halte ich für überzogen. Aber dass es bei dieser Europawahl tatsächlich darum geht, auch eine Entscheidung zu treffen – erstens –, wie das Parlament zusammengesetzt ist, aber in der Zusammensetzung des Parlaments auch, ob es uns gelingt, tatsächlich an diesen fünf Strategiemöglichkeiten der Europäischen Union arbeiten zu können. Es hat – das ist hier auch seitens der Mehrheit der Fraktionen im Haus mehrfach ausgeführt worden – eine Entscheidung gegeben, sich für eines der Szenarien zu entscheiden, das nicht mein persönliches Szenario ist.
Ich persönlich vertrete die Auffassung, dass es möglich sein muss, dass sich Gruppen von Willigen innerhalb der europäischen Staatengemeinschaft zusammenschließen und vorangehen und damit auch andere Staaten in der Europäischen Union unter Druck setzen. Ich bedaure sehr, dass es innerhalb des Europäischen Rats für dieses Szenario derzeit keine Mehrheit gibt, und würde mir wünschen, dass dies gelingt. Ich glaube, dass es die Europäische Union wert ist, und insofern ist die Europawahl am 26. Mai auch in Verbindung mit der Kommunalwahl ein Ausdruck von Freiheit, die Möglichkeit, die Stimme abzugeben. Wir haben vor ein paar Tagen an die gefälschte Kommunalwahl in der DDR von 1989 gedacht und dass die Offenlegung dieser Wahlfälschungen einer der Punkte war, der das SED-Regime in der DDR zu seinem Ende gebracht hat. Dass wir zu dieser Wahl gehen können,
ist ein Ausdruck von Freiheit. Wer gegen diese Freiheit ist, der spricht über diese Freiheit als „Tyrannei der Werte“. Vielen Dank.
Ach, ganz so schlimm ist es doch nicht. Ich gehe auch gar nicht so sehr auf Sie ein. Natürlich hat mich Herr Hoff noch einmal vorgetrieben. Ich meine, Sie haben jetzt eben eigentlich noch ein wunderschönes Plädoyer dafür gehalten, warum man AfD wählen sollte.
Allein die Tatsache, mit welchem Hass und mit welcher Aggression Sie hier gegen meine Fraktion argumentieren, dass Sie uns als „Gestalten“ herabwürdigen. Allein dieser Sprachgebrauch, der ist doch schon unglaublich entlarvend, Herr Hoff. Der ist doch schon unglaublich entlarvend und der zeigt doch, dass Sie eigentlich auf der argumentativen Ebene völlig platt sind.
Das zeigt sich auch unter anderem daran, dass Sie hier versuchen, ein Märchen aufzutischen nach dem Motto: Die AfD tritt nur an, um der Linken die Stimmen wegzunehmen.
Natürlich treten wir auch an, um der Linken, um den Grünen, um der SPD und der CDU Stimmen wegzunehmen, aber aus einem ganz einfachen Grund: weil wir es besser können. Das ist der Grund.
Genau. Weil wir dazu ein alternatives Konzept entwickelt haben, wie wir Europa besser machen, wie wir es wieder auf ein Maß zurückführen, als es funktioniert hat,
und nicht nur ein Ring um einzelne Partikularinteressen war, an dem Deutschland nie teilnimmt, wo Deutschland im Grunde genommen immer nur die Verfügungsmasse ist, die das Ganze dann bezahlt.